Wiesbaden: „KATJA KABANOVA“
Besuchte Auff. 21.01.2016
Matthew Wild führte Regie in Leos Janaceks psychologischem Musikdrama „Katja Kabanova“ am Hessischen Staatstheater, verlegte die Handlung ins Putin-Russland und verstand es die diversen Charaktere individuell in Szene zu setzen. Matthias Schaller sowie Susanne Füller (Kostüme) sorgten gemeinsam für die entsprechende Bühnenausstattung: ein Plattenbau, Bushaltestelle, Spielplatz mit zwei Sandkästen jedoch mit Wasserfüllung. Katja hebt öfters einen Gullydeckel, blickt in Todessehnsucht in die Tiefe, in welcher sie sich später ertränkt. Schäbig wie die Alltagskleidung, die triste Atmosphäre aus welcher die Protagonisten ihrer ausweglosen Perspektive entfliehen zu versuchen.
Wurden einige Sänger, witterungsbedingt als erkältet angesagt, hätte man ihnen die Suhlerei im Wasser ersparen können und es wäre den absurden Regie-Aktionen ebenso gut bekommen.
Zsolt Hamar am Pult des ausnahmslos aufmerksam und bestens disponiert musizierenden Hessischen Staatstheater Orchester verstand es vorzüglich die teils schroffen Partituren differenziert zu beleuchten. Überraschte zudem mit feinnervigen, orchestralen Verästelungen voll spürbarer Sensibilität, pathetischer Ästhetik ohne sich in überdimensionierte Expressivität zu steigern.
Als Titelheldin ging Sabina Cvilak vokal ans Äußerste, mischte ihrem während der Piani und im Mittelbereich angenehm klingenden Sopran, leider in den Höhenausbrüchen unangenehm klingende Dauerschärfen bei, doch gleicht sie diesen Einwand mit einer eindringlich-intensiven Darstellung aus.
Ebenmäßig, warm strömend verleiht mit hellem Mezzoklang Silvia Hauer der Warwara, eine beachtliche Rollenaufwertung. Respekteinflößend gestaltete Dalia Schaechter in verbitterter Härte und Strenge die Kabanicha und formatierte zudem in vokaler Expansion mit schneidenden Tönen die unbarmherzige, kalte Charaktere.
In der Rolle des Liebhabers Boris machte Mirko Roschkowski beste Figur und verlieh der Partie tenorale Eleganz und schönstimmigen Nachdruck. Heller timbriert gestaltete Benedikt Nawrath den kumpelhaften Kudrjasch. Weniger tenorales Profil schenkte Aaron Cawley dem Muttersöhnchen Tichon. Sonore Bassqualitäten setzte Wolf Matthias Friedrich dagegen und verlieh dem Dikoj strenge Autorität.
Christian Balzer (Kuligin), Elisabeth Bert (Glascha), Barbara Schramm (Fekluscha), Petra Heike (Zena), Lennart König (Kuligins Sohn) sowie der bestens fokussierte Staatstheater Chor (Albert Horne) vervollständigten das ausgezeichnete Ensemble.
Bravos und kurze, heftige Zustimmung des Publikums für eine hörenswerte, gelungene Produktion.
Gerhard Hoffmann