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LUDWIGSBURG/ Ordenssaal der Residenz: DANKE, WOLFGANG GÖNNENWEIN“

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„Danke, Wolfgang Gönnenwein!“ im Ordenssaal des Residenzschlosses Ludwigsburg

EIN LEBEN FÜR DIE MUSIK

Gedächtniskonzert für Wolfgang Gönnenwein im Ordenssaal des Residenzschlosses am 24. Januar 2016

Am 26. Juli 2015 starb der langjährige künstlerische Leiter der Ludwigsburger Schlossfestspiele, Professor Wolfgang Gönnenwein. Von 1985 bis 1992 war er auch Generalintendant der Württembergischen Staatstheater Stuttgart und von 1988 bis 1991 ehrenamtlicher Staatsrat für Kunst in Baden-Württemberg in der Regierung von Lothar Späth. Zu seinen Ehren veranstalteten deswegen Mitglieder des Orchesters der Ludwigsburger Schlossfestspiele ein denkwürdiges Konzert im Ordenssaal. Zu Beginn spielten Laura Vukobratovic, Szabolcs Schütt (Trompete) sowie Andreas Kraft und Hubert Hegele (Posaune) die von Wolfgang Haas fulminant bearbeitete Suite von Tielman Susato, wo kontrapunktischer und chromatischer Feinschliff leuchtkräftig hervorblitzte. Gustavo Surgik (Violine) und Andreas Vogel (Oboe) waren dann die mitreissenden Solisten des Doppelkonzerts in d-Moll für Violine, Oboe, Streicher und Basso continuo BWV 1060R von Johann Sebastian Bach. Der melodische Fluss sprang hier wie ein elektrisierender Funke auf das Publikum über. Und auch der überaus stimmungsvoll interpretierte Adagio-Mittelsatz kam nicht zu kurz. Das erste Allegro entwickelte sich dann rasant aus dem straffen Kopfthema. Anklänge an das „Air“ der D-Dur-Suite waren deutlich herauszuhören. Forscher Schwung beherrschte zudem den Finalsatz mit Ramin Trümpelmann, Sigrid Schenker-Reitz (Violine), Thomas Bilowitzki, Lisa Barry (Violine II), Florian Richter, Gundula Vogel (Viola), Vache Bagratuni (Violoncello), Matthias Weber (Kontrabass) und Max Volbers (Cembalo). Babette Haag musizierte dann einfühlsam auf dem Marimbafon von Matthias Schmitt die klangfarbenreiche und suggestive Komposition „Ghanaia“, von Evelyn Glennie „Little Prayer“ mit magischer Ausdruckskraft und von Astor Piazzolla „Libertango“ in der facettenreichen Bearbeitung von Eric Sammut. Hier faszinierten insbesondere die knisternden Rhythmen.

Nach der Pause interpretierten Jochen Müller-Brincken, Andreas Vogel (Oboe), Manfred Lindner, Kurt Berger (Klarinette), Karen Schade, Alexander Cazzanelli (Horn) und Michael Roser, Selma Bauer (Fagott) die reizvoll gespielte Serenade Nr. 11 Es-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart, wo insbesondere der thematische Verbindungsreichtum minuziös offengelegt wurde. Das geheimnisvolle Wesen der „Zauberflöten“-Tonart machte sich dabei deutlich bemerkbar. Feierlichkeit zeigte sich zudem bei den Allegro-Sätzen. Sehr lyrisch kam der erste sonatenartige Satz daher. Und Joseph Haydn ließ beim innigen Melodienspiel des Andante und des geistvollen Schluss-Allegros grüßen.

Zum Abschluss kam es noch zu einer ergreifenden Wiedergabe von Johann Sebastian Bachs Brandenburgischem Konzert Nr. 2 in F-Dur für Trompete, Flöte, Oboe, Violine, Streicher und Basso continuo BWV 1047. Die Continuo-Gruppe von Trompete, Flöte, Oboe und Violine wurde klar hervorgehoben, was sich vor allem bei den Themen zeigte. Das Kopfthema behauptete sich kühn. Und das straffe Wechselspiel zwischen Orchester und Solisten machte zahlreiche kontrapunktische Verknüpfungen deutlich. Im Andante fiel das konzertierende Terzett der Solisten (ohne Trompete) positiv auf. Auch der Generalbass von Cello und Cembalo blieb stets in der feinen Balance. Fanfarenhaft intonierte die Trompete das Thema des Allegro. Laura Vukobratovic, (Trompete), Gunhild Ott (Flöte), Andreas Vogel (Oboe) und Gustavo Surgik (Violine) musizierten das Werk in atemberaubendem Tempo sowie mit Glut und Feuer. Ramin Trümpelmann, Sigrid Schenker-Reitz (Violine), Thomas Bilowitzki, Lisa Barry (Violine II), Florian Richter, Gundula Vogel (Viola), Vache Bagratuni (Violoncello), Matthias Weber (Kontrabass) und Max Volbers (Cembalo) wuchsen dabei ganz zusammen. Als Zugabe gefiel noch der filigran und transparent interpretierte Scherzo-Satz aus Louis Spohrs Nonett. Das Wiegende und Tänzerische des Dreier-Rhythmus‘ dominierte bei dieser Interpretation.

Festspielleiter Thomas Wördehoff moderierte diese denkwürdige Matinee. Babette Haag erinnerte sich zusammen mit ihm an den Menschen Wolfgang Gönnenwein, dessen ungeheure Tatkraft so viele beflügelt hat. Bei den Proben habe eine große Disziplin geherrscht. „Er hat mir unglaublich viele Türen geöffnet“, betonte sie. Das gelte auch für ein Konzert beim Bundeskanzler im Palais Schaumburg. Thomas Wördehoff ergänzte die Ausführungen. Gonnenweins strenger Blick habe den Raum beherrscht – aber es gelang ihm immer wieder, „unglaublich tolle Ausdrucksformen“aus dem Orchester hervorzuzaubern. Er sei auch der zeitgenössischen Musik nicht abgeneigt gewesen. Für Gustavo Surgik sei Gönnenwein wie ein Vater gewesen. Er habe als Brasilianer größten Respekt vor ihm gehabt. Wördehoff wies darauf hin, dass Wolfgang Gönnenwein Brücken gebaut habe, er habe in 32 Jahren die Ludwigsburger Schlossfestspiele erst auf die „Landkarte“ gebracht. Matthias Kleinert, der „Außenminister“ von Daimler Benz und Staatssekretär des damaligen Ministerpräsidenten Lothar Späth, meinte, Gönnenwein sei von seiner Sache überzeugt gewesen: „Das war das Begeisternde an ihm.“ Die Auslandsreisen mit Gönnenwein seien legendär gewesen. In Kiew habe er das Publikums mit einer Aufführung des Mozart-Requiems zu Tränen gerührt. Im Programmheft erinnert sich auch Inge Jens an den „Freund und Förderer“ Wolfgang Gönnenwein. Die Jahrzehnte währende „Arbeitsfreundschaft“ zwischen ihm und ihrem Mann (dem Tübinger Rhetorikprofessor Walter Jens) falle ihr als erstes ein. Des Weiteren erinnert sie sich an die Debüts von später recht bekannten Musikern. „Er war, kein Zweifel, ein ebenso begeisterter wie begnadeter Cicerone durch dieses oft schwierige Gelände…“

Alexander Walther

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