Mainz, Staatstheater: Verdi: Rigoletto Vorstellung am 24.Jänner 2016
Gilda Marie-Christine Haase (Bildmitte) als Gilda und Höflinge. Copyright: Martina Pipprich
LORENZO FIORONI konnte in den vergangenen Spielzeiten hier und da mit frechen und klugen Regiekonzepten überzeugen. Nun inszeniert er in Mainz Verdi´s Rigoletto.
Die praktikable Bühne PAUL ZOLLERs und die ebenfalls stimmungsgebenden Kostüme KATHARINA GAULTs schaffen eine seltsam schwelende Atmosphäre, in der organisierte Männerhorden sich auf Mädchenraub, Vergewaltigung und Mord aufmachen, angeführt vom Herzog von Mantua. Jonglierend zwischen Lanzerszenen der Renaissance und eher heutigem Alltagsgewand gelingt Fioroni sowohl eine fingerzeiglose Aktualisierung männlicher Gruppengewalt sowie eine bedrohliche Grundstimmung, in der die Handlung ihren düsteren Verlauf nimmt. Leider schießt manche Idee über das Ziel hinaus: beim Raub Gildas missbraucht Rigoletto als Vater seine eigene Tochter. Die weitere Handlung und seine persönliche Schuld würden ein anderes Verhalten provozieren als es das Libretto dann vorsieht. Auch die Motive der stark aufgewerteten Maddalena sind nicht nachvollziehbar. Und dass Sparafucile die Leichenübergabe nicht im Sack vollzieht, macht die Handlung schwächer als sie im Originalbuch steht, zumal man zuvor in der Inszenierung schon einige Säcke mit Mädchenkadavern gesehen hat. Der Schluss ist so emotional verschenkt.
Gesungen wird auf gutem Niveau, stark das Regiekonzept mittragend und denkend.
WERNER VAN MECHELEN lässt sich zwar noch erkältet ansagen, aber abgesehen von einer kleinen Schwäche im ersten großen Duett gelingt ihm eine absolut solide Vokalleistung. Mehr vom Text als von der Cantilene kommend gestaltet er eine eindrückliche Titelfigur.
Die Gilda spielt MARIE-CHRISTINE HAASE als skurilles, verhaltensauffälliges, eingesperrtes Mädchen -wobei man in dieser Regie Rigolettos Einsperren besser verstehen kann, da draußen die Mädchen ermordet werden. Sie singt mit schöner Stimme und differenziert, zieht sich etwas zu oft in abrupte Piani mitten in den Phrasen zurück.
PAUL O´NEILL als Duca hat italienisches Legato und die geforderte Höhe für diese unangenehme Partie. Manchmal drückt er zu sehr auf seine Stimme, dass er sich sekundenweise gefährdet. Dennoch wirft er sich mit Verve und Intensität ganz in die Rolle des Draufgängers.
Blass und wenig gefährlich bleibt KS. HANS-OTTO WEIß als Sparafucile, seine Schwester Maddalena TAMTA TARIELI spielt zwar beherzt, singt aber sehr vordergründig und wenig delikat.
BERND HOFMANN -als Monterone eingesprungen – donnert mit mächtigem Heldenbariton den Fluch. KS JÜRGEN RUST gibt sich einmal mehr mit aller Energie, diesmal in die Rolle des Borsa. Von den übrigen Komprimari gefällt STEFAN KEYLWERTH als Ceprano und RUTH KATHARINA PEEK als Giovanna am besten.
Der Herrenchor macht auch spielerisch eine gute Figur, ohne die Farben (beim Entführungschor: „zitti, zitti“) ganz auszureizen. (Leitung: SEBASTIAN HERNANDEZ-LAVERNY).
Hervorragend im Griff hat der noch sehr junge Dirigent CLEMENS SCHULDT Orchester und Partitur. Mit eloquenter Schlagtechnik und Sinn für Melodik und Rhythmus leitet er das Staatsorchester unaufgeregt und sicher durch manche schwierige Klippe. Manchmal liesse sich nach Rubati und Fermaten ein Grundtempo wieder zügiger aufnehmen, aber das Orchester klang sehr gut disponiert, wenn man von der mangelnden Intonation des Blechs im ersten Bild absieht.
Eine gute, nicht überragende Aufführung zeigt das Staatstheater Mainz mit diesem Rigoletto, dem auch das voll besetzte Auditorium dankbar Anerkennung zollt.
Christian Konz