Baden: „CAN-CAN“ von Cole Porter – 28.02.2016
Ensemble © Christian Husar
Das Musical an sich und diese Inszenierung von Alexandra Frankmann-Koepp mit den stimmungsvollen Bühnenbildern des verdienten Pantelis Dessyllas und den fantasievollen und abwechslungsreichen Kostümen aus der Werkstatt Friederike Friedrich sind eine Liebeserklärung an Paris. Für den Paris-Kenner eine begrüßenswerte Idee auf dem Zwischenvorhang immer einen Lageplan der wechselnden Handlungsorte projiziert zu finden.
Lässt sich eine so phänomenale Bühnenpräsenz wie die von Elisabeth Ebner beschreiben? Statische Fotos eines Augenblicks im vorbildlich kleinformatigen Programmheft können das Erlebnis Ebner nicht einfangen. Ich denke an Rilkes berühmtes Gedicht „Die Rosenschale“ und zitiere „Gebärden von so kleinem Ausschlagwinkel“, die in die Weite „ausstrahlen“. Ein Genuss war ihre dunkel getönte Stimme, die zwar laut Angabe in ihrer Biografie ein Sopran mit Belt (= kraftvoller, vom Brustraum kommender, „dröhnender“ Klang) ist. Mit Trampeln vergönnte ich ihr die höchste Auszeichnung.
Ihr Partner Oliver Arno als Richter Aristide ist vom Typ her gut gewählt, seine Stimme aber nicht ansprechend. Gesanglich kein adäquates Gegenstück zu Ebners Pistache. Da sind die „baritonalen“ Männer Hans Neblung als Jussac und Georg Leskovich, die Claudine umwerben, schon wohltönender. Lisa Habermann singt und spielt diese Claudine so natürlich, als ob Spiel und Gesang das Selbstverständlichste der Welt wären.
„Kleinere Rollen geben einer Aufführung erst ihr Profil.“ Diesen Ausspruch aus einem alten Programmheft der Wiener Staatsoper bestätigten die „Wäschermädeln“ Daniela Nitsch, Barbara Castka und Angelika Ratej, die Bohemiens Nathanaele Koll, Johannes Nepomuk und Artur Ortens sowie der Gerichtspräsident Beppo Binder. Ortens ist mir in der Bassrolle des Kaiphas in „Jesus Christ Superstar“ in bleibender Erinnerung und ich hätte mir gewünscht, dass die Rolle des Theophile gesanglich mehr hergegeben hätte.
Nach dem musikalisch unbedeutenden Vorspiel des Musicals konnten Oliver Ostermann und das Orchester der Bühne Baden erst später so richtig zeigen, was in der Partitur steckt. Der Chor der Bühne Baden war auf gewohnt gutem Niveau und auf das Ballett des Stadttheaters (Choreografie Marcus Tesch) freue ich mich immer besonders. Der Kritiker einer Tageszeitung schreibt von einem langweilig getanzten Can-Can. Natürlich geht in unsrer erotisch überreizten Zeit das Prickelnde dieser Szenen verloren. Die Besetzungsliste führt diesmal auch einen Dance Captain in der Person von Daniela Nitsch an, die anscheinend Verantwortung für das gleichbleibende Niveau der Tanzeinlagen und Bewegungsabläufe während der ganzen Aufführungsserie trägt.
Lothar Schweitzer