Europäische Erstaufführung in Linz: „McTeague – Gier nach Gold“ von William Bolcom (Vorstellung: 11. 3. 2016)
Szenenbild aus dem Wilden Westen (Foto: Patrick Pfeiffer)
Die Oper „McTeague – Gier nach Gold“ von William Bolcom, die im Jahr 1992 in Chicago uraufgeführt wurde (mit Ben Heppner und Catherine Malfitano in den beiden Hauptrollen), erlebte nun im Musiktheater Linz ihre Europäische Erstaufführung. Sie spielt in Kalifornien im Jahr 1900 und ist eine Geschichte von Pionieren und vom Goldrausch des Wilden Westens.
William Bolcom, der 1938 im Bundesstaat Washington geboren wurde, ist in den USA eine musikalische Größe und hat drei Oper und neun Symphonien sowie unter anderem Orchesterliederzyklen für Plácido Domingo und Marilyn Horne komponiert. Er erhielt seine Ausbildung in den Vereinigten Staaten und in Europa, wo er unter anderem von Darius Milhaud und Olivier Messiaen unterrichtet wurde. Seine drei Opern McTeague (1992),
A View from the Bridge (1999) und A Wedding (2004) wurden alle unter der musikalischen Leitung von Dennis Russell Davies uraufgeführt, der nun auch die Europäische Erstaufführung in Linz dirigierte. 2008 komponierte Bolcom noch die Kammeroper Lucrezia. Im Jahr 1988 wurde der Komponist mit dem Pulitzer-Preis für Musik ausgezeichnet, 2005 erhielt er vier Grammy-Awards und 2007 wurde er von der Fachzeitschrift „Musical America“ zum Komponisten des Jahres gewählt.
Die Oper McTeague, deren Libretto Arnold Weinstein und Robert Altman nach dem Roman McTeague – A Story of San Francisco von Frank Norris verfassten, trägt nicht umsonst den Untertitel Gier nach Gold. Im Jahr 1924 wurde McTeague von Erich von Stroheim unter dem Titel Greed verfilmt.
McTeague (Corby Welch) mit Trina (Çiğdem Soyarslan) in seiner Zahnarztpraxis (Foto: Patrick Pfeiffer)
Die Handlung in Kurzfassung: Die Hauptfigur, ein bärenstarker Zahnarzt ohne Diplom, verliert seine Existenzgrundlage, als ihn sein ehemaliger Freund Marcus Schouler aus Neid und Eifersucht – McTeague hatte ihm seine Freundin Trina ausgespannt – bei der Gesundheitsbehörde anzeigt. Trina hortet aus Gier ihren Lotteriegewinn (5000 Dollar in Gold) und hilft ihrem Ehemann auch nicht aus seinen finanziellen Nöten, als er seine Praxis schließen muss. McTeague kommt erst an das Gold, als er Trina ermordet. Auf der Flucht wird er von Schouler in der Wüste aufgespürt. Im Kampf um das Gold durchlöchert ein Revolverschuss Schoulers Feldflasche. McTeague tötet auch ihn, doch der Sterbende kann sich noch mit Handschellen an ihn ketten. An die Leiche seines einstigen Freundes gefesselt, ist nun auch der schon halb verdurstete McTeague dem Tod in der Wüste preisgegeben.
Matthias Davids schuf eine realistische Inszenierung mit eindrucksvollen Bildern und guter Personenführung. Sehr anschaulich und praktisch zu verwandeln ist die Bühne von Mathias Fischer-Dieskau, die mit Hilfe der Drehbühne stets stimmungsvolle Bilder hervorzauberte – von Holzhütten im Wilden Westen über die Zahnarztpraxis von McTeague bis hin zur Wüste mit gleißender Sonne. Die dazu trefflich passenden Kostüme schuf Susanne Hubrich.
Die Titelrolle verkörperte der amerikanische Tenor Corby Welch sowohl stimmlich wie darstellerisch auf eindrucksvolle Art und Weise. Seine kräftige Stimme und sein männliches Auftreten entsprachen ideal dem Profil von McTeague. Trina, die sich stets einen bärenstarken Mann wünschte, wurde von der türkischen Sopranistin Çiğdem Soyarslan dargestellt. Sie schaffte eindrucksvoll den Wandel von einer verklemmten Bürgerstochter zu einer begehrenswerten und schließlich krankhaft-geizigen Frau. Schade, dass anfangs ihre Stimme in der Höhe ziemlich schrill klang. Schauspielerisch eindrucksvoll ihre Liebesszene mit McTeague.
Den beiden Hauptdarstellern ebenbürtig der österreichische Bassbariton Michael Wagner als Marcus Schouler und die österreichische Mezzosopranistin Christa Ratzenböck als Maria Miranda Macapa. Beide spielten und sangen ihre Rollen exzellent – er als Nebenbuhler und Freund-Feind von McTeague, sie als Haushälterin, die von einer Hazienda mit goldenem Tafelservice phantasiert.
Für die gute Ensembleleistung sorgten in den kleineren Rollen auch der britische Bassbariton William Mason als Trinas Papa und die australische Mezzosopranistin Kathryn Handsaker als Trinas Mama sowie der südafrikanische Tenor Jacques le Roux als Sheriff, der ukrainische Bass Nikolai Galkin als Lotterieagent und der finnische Bass Ville Liguell in der Rolle des neuen Dentisten. Stark auch der Chor des Landestheaters Linz (Leitung: Georg Leopold).
Das wie immer erstklassig aufspielende Bruckner-Orchester Linz wurde von ihrem Chefdirigenten Dennis Russell Davies geleitet, den man wohl als größten Kenner der Bolcom-Opern bezeichnen kann, hat er doch alle Uraufführungen seiner Opern dirigiert. Kein Wunder, dass die klanglich und stilistisch breitgefächerte Partitur des Komponisten, die von starker Expressivität geprägt ist, aber auch lieblich-warme, ins Ohr gehende Klänge aufweist, in allen Facetten dargebracht wurde.
Das Publikum im ausverkauften Linzer Musiktheater bedachte am Schluss alle Mitwirkenden mit lang anhaltendem Applaus, in den sich auch Bravorufe für Corby Welch und Çiğdem Soyarslan sowie für das Bruckner-Orchester und seinen Dirigenten Dennis Russell Davies mischten.
Udo Pacolt