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MAGDEBURG: DAMON von Georg Philipp Telemann – Opernrarität

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Opernrarität in Magdeburg: „Damon“ von Georg Philipp Telemann (Vorstellung: 13. 3. 2016)

Im Rahmen der 23. Magdeburger Telemann-Festtage, die vom 11. bis 20. März stattfinden, präsentierte das Theater Magdeburg die selten gespielte Oper „Damon“ von Georg Philipp Telemann, die als Scherzhaftes Singspiel in drei Akten im Jahr 1718 in Leipzig uraufgeführt wurde. Sechs Jahre später überarbeitete der Komponist das Werk für die Oper am Gänsemarkt in Hamburg, wobei er sie „Der neumodische Liebhaber Damon oder Die Satyrn in Arcadien“ nannte. Die Produktion in Magdeburg ist eine Kooperation mit der Opera Fuoco.

Die Handlung von „Damon“ in Kurzfassung: Damon ist mit seinem Gefolge aus Satyrn in Arkadien eingefallen, um die dortige Frauenwelt gehörig durcheinanderzuwirbeln. Ob die schöne Mirtilla, die sich in Wahnsinn versucht zu retten, oder die unglücklich verliebte Elpina – keine ist vor ihm sicher, seitdem sein Widersacher Tyrsis zu Grabe getragen wurde. Was Damon nicht ahnt: Hinter der ebenso begehrten Nymphe Caliste verbirgt sich kein anderer als Tyrsis, der seinen Tod bloß vorgetäuscht hat. Nach einem Beziehungskarussell, das Liebesschmerz und Eifersuchtsszenen nach sich zieht, wird Damon überlistet und gefangen genommen. Nigella präsentiert ihm den gemeinsamen Sohn Pales, der von den Arkadiern sofort als Geisel genommen wird, damit Damon abzieht. Zerknirscht reist er mit Nagella ab – und die Arkadier singen ein Loblied auf die Macht der Liebe.

Der deutsche Regisseur Aron Stiehl lässt die Oper mit dem vorgetäuschten Begräbnis von Tyrsis beginnen, wobei der Dirigent David Stern als Pfarrer – im schwarzen Talar mit weißem Kragen – die Bühne betritt und vom Rednerpult das Publikum im Tonfall eines Priesters als Trauergemeinde begrüßt. Er vergisst auch nicht, darauf hinzuweisen, dass die Handys ausgeschaltet werden müssen und keine Fotos gemacht werden dürfen. Danach steigt er in den Orchestergraben und die Oper beginnt.

Die Inszenierung ist von Anfang an sehr humorvoll und lebt von pfiffigen Ideen. So lässt der Regisseur den vermeintlich begrabenen Tyrsis stets mit einer vollbusigen weiblichen Puppe auftreten, wobei er im zweiten Teil das gesamte Sängerensemble mit solchen Puppen ausstattet. Ein Gag, der anfangs komisch wirkt, aber dann doch leider in Klamauk ausartet. Alle Sängerinnen treten mit hoch toupierten Frisuren und poppig-bunten Barockkostümen auf, es wird eine Sauna benützt, Tischtennis gespielt, des Öfteren telefoniert und häufig mit Gewehren geschossen (Gestaltung der Bühne mit Wald: Frank Philipp Schlößmann, Entwürfe der Barock-Kostüme: Dietlind Konold).

Das gesamte Sängerensemble befand sich in bester Spiellaune und bot neben den erstklassigen stimmlichen Leistungen auch darstellerisch exzellente Komik, die die Lachmuskeln der Zuschauerinnen und Zuschauer, die immer wieder mit Szenenbeifall reagierten, gewaltig strapazierte. Star der ausverkauften Vorstellung war in der Titelrolle der niederländische Bass-Bariton Martin-Jan Nijhof, der schon durch seinen hohen Wuchs eine enorme Bühnenpräsenz hatte und durch sein köstlich-diabolisches Spiel zu begeistern wusste. Auch stimmlich wusste er immer wieder zu brillieren.

Die mit bunten Barockkostümen gewandeten Damen Mirtilla und Elpina, die mit List den Nachstellungen Damons zu entkommen versuchten, wurden von den beiden hübschen französischen Sopranistinnen Natalie Pérez und Jennifer Courcier sehr humorvoll gespielt, wobei Jennifer Courcier in der Sauna mit dem französischen Bariton Alexandre Artemenko, der die Rolle des Laurindo (ein Freund des Tyrsis-Vertrauten Ergasto) spielte, eine erotisch-komische Szene von besonderer Delikatesse hinlegte. Die dritte Dame Nigella, die sich schließlich als Ehefrau von Damon entpuppt, wurde von der deutschen Mezzosopranistin Sylvia Rena Ziegler gleichfalls mit viel Komik ausgestattet. Sie wandelte in der Pause als Putzfrau verkleidet durch das Foyer und die Gänge des Theaters, um sich, wie es den Anschein hatte, einen Überblick über das Publikum zu verschaffen.

Tyrsis, der sich als Nymphe Caliste verkleidete, wurde vom französischen Tenor Martin Candela dargestellt. Er blieb ein wenig farblos, wenngleich er mit der vor sich hertragenden Puppe immer wieder die Lachmuskeln des Publikums reizte. Seinen Vertrauten Ergasto gab der amerikanische Bariton Thomas Florio. Ihm gelang es recht gut, für komische Szenen zu sorgen.

Das Orchestre d’Opera Fuoco, das – wie schon eingangs erwähnt – vom amerikanischen Dirigenten David Stern mit großem Einfühlungsvermögen geleitet wurde, brachte die oft virtuose Partitur Telemanns exzellent zur Geltung. Das begeisterte Publikum bejubelte am Schluss das Sängerensemble und das Orchester mit seinem Dirigenten minutenlang mit Getrampel und Bravorufen.

Udo Pacolt

 

 

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