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LUZERN/ KKL: MATTHÄUSPASSION. Sir John Eliot Gardiner liess die Musik sprechen

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KKL Luzern: MATTHÄUSPASSION – 17.3.2016

Sir John Eliot Gardiner liess die Musik sprechen

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Mark Padmore, John Elliott Gardiner. Copyright: Peter Fischli  

Auch ohne kirchlichen Rahmen stimmt einen auch im grossen Saal des KKL Luzern das Gipfelwerk J.S.Bachs österlich ein. Dafür war der erfahrene Sir John Eliot Gardiner eigens mit dem Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists angereist. Unaufgeregt geht Gardiner das grosse Werk an Er musiziert die komplexen Strukturen schon im gewaltigen Eingangschor klar und ohne Nachdruck, als wäre es das Natürlichste auf der Welt.  Die Luzerner Sängerknaben (Eberhard Rex Einstudierung) sangen den Cantus firmus wie auch in den Schlüssen mit reinem Knaben-Chorklang. Mit grossem Ernst gingen es diese Jungs an. Der Evangelist unserer Tage Mark Padmore gestaltete bis ins feinste Detail den Bericht wie ein Augenzeuge. So lebendig erlebte er die Passion Christi und brachte sie mit tiefempfundener Ernsthaftigkeit und ohne Eitelkeit rüber. Man kann sich allerding auch einen Evangelisten vorstellen, der mehr aus der rein erzählerischen Distanz durch die Passion führt. Beides ist möglich. Als Christus war Stephan Loges mit etwas trockenem Bariton nicht gerade der charismatische Erlöser. Gerade zu Padmore hätte etwa ein Christian Gerhaher besser gepasst. Die Solo-Arien wurden mit wechselndem Erfolg von Sängerinnen und Sängern aus dem Monteverdi.Choir vorgetragen. Leider wurden sie letztlich nur bedingt den gesangstechnischen Anforderungen dieser Musik und auch ihrer Ausdrucks-Palette gerecht. Eine löbliche Ausnahme war der Counter Reginald Mobley, der mit wunderbar freier Linienführung sang. Nicht umsonst konnte er von den Solisten – natürlich neben Padmore – den grössten Applaus ernten.

Alles in allem erlebten wir eine bedeutende Interpretation dieser Passion. Sir John Eliot Gardiner spannt den Bogen von Anfang an über die drei Stunden Aufführungsdauer – unterbrochen von einer Pause nach dem 1. Teil – und als umspannende Klammer sieht er den Anfangs-, den ersten Schluss- und finalen Chor. Dazwischen entwickelt er die Passion mit rein musikalischen Mitteln, ohne jede Eitelkeit und Selbstnachsicht. Noch lange klingt der wiegende Klang des Schlusschors nach. Und wie Bach das Werk mit einem Vorhalt beendet und dabei alles offen lässt – das muss einem schon mal einfallen. Eben einem Genie! – Leider wurde der Beginn des Abends auf 19.30 Uhr festgesetzt, sodass während der letzten halben Stunde mehrere Konzertbesucher den Saal verliessen, um die öffentlichen Verkehrsmittel noch zu erreichen. Könnte man bei einem solchen Werk nicht eine halbe Stunde früher beginnen?

John H. Mueller

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