WIEN / Winterpalais des Belvedere:
FÜRSTENGLANZ
DIE MACHT DER PRACHT
Vom 18. März 2016 bis zum 26. Juni 2016
Zeigen, was man hat
Heute sind Villen und Jachten die Statussymbole der Reichen und Mächtigen. In anderen Zeiten sammelte man Kunst, mehr noch, man wetteiferte, die kostbarsten Werke der größten Künstler zu besitzen. Genau so wichtig war es, herzuzeigen, was man hat – in einer Welt, wo sich nichts in Sekundenschnelle per Facebook vermittelte, wo es keine Fotografie gab, keine Möglichkeiten, schnell zu reisen. Und dennoch gelang es den Fürsten der Renaissance, des Barocks, ihre Schätze zu präsentieren. In einer Vorform dessen, was heute ein „Ausstellungskatalog“ wäre, ein Museums-Kompendium. Wie prächtig diese Werke ausgefallen sind, zeigt eine Ausstellung im Winterpalais des Prinzen Eugen.
Von Heiner Wesemann
Das Winterpalais Das Winterpalais des Prinzen Eugen in der Himmelpfortgasse 8 ist nicht so bekannt wie seine Sommerresidenz, das Schloß Belvedere, aber trotzdem ein mächtiger barocker Prachtbau inmitten der Inneren Stadt, hineingedrängt in ihre engen Gassen. Der Palast entworfen von Fischer von Erlach, weitergeführt von Lucas von Hildebrandt (größere Namen gab es damals nicht), diente (und dient noch in vielen Räumen der großen Anlage) dem Finanzministerium als Büroräumlichkeiten. Doch seit dem Prinz Eugen-Jahr 2013 ist das Belvedere in eine Flucht seiner Räume im ersten Stock eingezogen und „bespielt“ sie seither mit zwei Großausstellungen pro Jahr. Im Winter widmet man sich der Verpflichtung der modernen Kunst, im Sommer, wenn die Touristen kommen, sucht man für das barocke Ambiente Themen, die diesem Rahmen entsprechen. Tobias G. Natter, Gestalter des „Fürstenglanzes“, der nun als „Die Macht der Pracht“ diese Räume füllt, hätte nach eigener Aussage keinen besseren Ausstellungsort finden können.
Der Sammler „in“ seinen Werken Als Sammler nehmen die Habsburger ihren herausragenden Rang ein, nicht immer nur die Kaiser selbst als vielmehr jene, die – gut betucht – am richtigen Ort waren wie jener Erzherzog Leopold Wilhelm (1614-1662), der als Statthalten in den Spanischen Niederlanden an der Quelle Wertvolles kaufen konnte. Sein Hofmaler David Teniers d. J. zeigte ihn inmitten seiner Gemälde, die dicht aneinander an der Wand hängen, viele liegen auch noch herum, auch die Fülle macht es in diesem Zusammenhang. Ein neues Genre war geboren, das „Galeriebild“, der Fürst in seinen Schätzen, um zu zeigen, was man hat, besitzt, worauf man stolz ist… (Später ließen sich auch reiche Bürger, die ebenso Sammler waren, auf diese Art porträtieren.)
Sammlungen und ihre Geschichte Dass ein großartiges Gemälde einen doppelten Wert darstellte, den künstlerischen sowie den monetären, wussten die Fürsten des Barocks und investierten große Summen. Auch Prinz Eugen, der Herr dieses Winterpalais, war ein solcher adliger Sammler. Allerdings passt er nicht vollständig in diesen Rahmen, weil er es zum einem an der Dokumentation seiner Bestände fehlen ließ, was hier vordringlich das Thema ist, zum anderen, weil seine Bildersammlung nach seinem Tod zerstreut wurde. Hingegen sind die Museen der (verkürzt gesprochen) republikanischen Nachfolgeländer heute die Erben dessen, was ihre Kaiser, Könige und Fürsten sammelten.
Die Lust auf Kunst Die großen Sammler, um die es hier geht, erscheinen selbst in hocheigenster Gestalt auf pompösen Gemälden – Frankreichs Ludwig XIV. und Ludwig XV., August III., der Kurfürst von Sachsen, englische Herzöge, die es sich leisten konnten – und sogar Katharina die Große, die eine solche englische Sammlung geschlossen kaufte und nach St. Petersburg bringen ließ. (Auf Geld kam es ihr nicht an. Die Eremitage profitiert bis heute noch davon). Es gab die Kurfürstlich-Bayerische Gemäldesammlung, die Preußische, es gab die Königliche Galerie der Uffizien. Jeder besaß singuläre Kostbarkeiten – und wollte, dass die anderen wussten, wo sie sich befanden. Kunstbesitz als Machtbeweis.
Mit höchster Sorgfalt am Werk Das „Theatrum Pictorum“, das Leopold Wilhelm 1660 in Brüssel von seiner Gemäldesammlung anfertigen ließ, ist sozusagen das „Ur-Werk“ aller noch folgenden Verzeichnisse dieser Art. David Teniers d.J. malte kleinformatige farbige Kopien der Gemälde, und zwar im gewünschten Maßstab des zu erzielenden Druckes. Diese Vorlagen wurde dann im Verhältnis 1:1 von einem Kupferstecher gestochen. Davon stellte man dann die gewünschten Kopien her.
Sachsens Herrscher August III. beispielsweise hat darauf bestanden, die Kopien seiner Dresdener Gemälde nur in Paris auf Kupferplatten stechen zu lassen, und es bedurfte mehrerer Probeabzüge, bevor die Erlaubnis erteilt wurde, mit dem eigentlichen Abdruck zu beginnen. Der damit verbundene Aufwand die Objekte zwischen Dresden und Paris hin und her zu schicken, sprengt das heutige Vorstellungsvermögen, vor allem im Zeitalter der leicht verfügbaren Kopien.
Davon gibt es zahlreiche, überaus kostbare Beispiele in dieser Ausstellung zu sehen, voluminöse, kostbar gebundene, prächtig gestaltete Bände, Kunstwerke für sich, an signifikanten Stellen aufgeschlagen.
Diese „Galeriewerke“, auf die Tobias G. Natter nun sein Auge warf, sind – wie er sagt – nie ausreichend um ihrer selbst willen gewürdigt worden. Seine Beziehungen zu den wichtigsten Museen haben Kostbarkeiten hervorgezaubert, die in Wien nun in einer einzigartigen Fülle zu bestaunen sind.
Noch einmal die Habsburger Kaiser Karl VI. hatte große Pläne, seine Sammlung in Riesenbänden überblicksmäßig darzustellen, aber es wurde zu teuer, einzig der „Prodromus“ (die Vorschau) blieb, für die Nachwelt noch informativ genug darüber, was an Kaiserlichen Schätzen damals in der Stallburg gehütet wurde. Sein Enkel Joseph II. ließ die Werke dann ins Belvedere bringen – „auf allerhöchsten Befehl“, heißt es im Buchtitel, wurde 1871 das Verzeichnis der Gemälde in Buchform hergestellt. Weit bescheidener als die Vorgänger. Das Zeitalter des Barocks mit seiner Opulenz war vorbei… Von da an wurden solche Kunstbücher kleiner, handlicher und häufiger, wurden auch von Interessenten in die Hand genommen, die auf der Suche nach kostbaren Bildern nach Dresden oder Florenz reisten…
Buch und Bild Die Ausstellung kombiniert nicht nur die Galeriewerke mit ihren Schöpfern, manchmal gelingt ein Coup: Der Louvre etwa hat Guido Renis „Heiligen Franziskus“ von 1630 geliehen, darunter liegt der aufgeschlagene Band von „Tableaux du Cabinet du Roi“ von 1677, dieses Werk (gestochen von Gilles Rousselet) zeigend, wobei die Kunst der Kupferstecher nicht zuletzt darin bestand, die Gemälde, die sie solcherart „kopierten“, seitenverkehrt darzustellen, damit sie auf dem abgezogenen Blatt dann wieder so erschienen, wie vom Maler gestaltet.
Eine andere Besonderheit der Ausstellung ist jener Raum, in dem man versucht hatte, Gemälde nach dem Beispiel des Barocks zu hängen, wobei es genaue Vorschriften gab, wie sie sich der Größe nach zu verhalten hatten, wie die Kostbarkeiten zentral und die weniger kostbaren Bilder als Staffage herum zu postieren waren, dass die Abschlüsse in einer geraden Reihe erfolgen mussten usw. Denn alles war Kunst damals – und alles diente der Zur-Schaustellung der Macht.
Winterpalais (Himmelpfortgasse 8, 1010 Wien)
Bis 26. Juni 2016 , täglich 10 bis 18 Uhr
Katalog im Ueberreuter Verlag