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BERLIN/ Philharmonie: DUO-RECITAL ARGERICH / BARENBOIM

Berlin/Philharmonie: DUO-RECITAL Argerich / Barenboim, 26.03.16

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Daniel Barenboim, Martha Argerich, Foto Thomas Bartilla

Daniel Barenboim und Martha Argerich beim Applaus. Copyright: Thomas Bartilla

Der vorösterliche Spaziergang zu den Festtagen der Staatsoper hat die Musikliebhaber erneut und en masse in die Philharmonie geführt. Wieder ist der große Saal bis auf den letzten Platz gefüllt. Alle Anwesenden wollen Daniel Barenboim und Martha Argerich als Klavier-Virtuosen bei diesem Duo-Recital erleben.

Sonderbarerweise sind beide Flügel so gestellt, dass sie längs aneinander stoßen. Vielleicht um dem Publikum vor und hinter der Bühne eine seitliche Sicht auf die beiden Interpreten zu bieten. Das funktioniert aber nur, wenn man/frau mittig sitzt. Schon auf den halbseitlichen Plätzen ist auf der gegenüberliegenden Seite bestenfalls ein Stück vom Kopf zu erblicken, was leider auch ein recht einseitiges Klangbild zur Folge hat.

Bei den sensiblen „Sechs Studien in kanonischer Form“ op. 56“ von Robert Schumann, die Claude Debussy nachträglich für zwei Klaviere bearbeitete, fällt mir das besonders auf. Schumann bezog sich dabei auf Johann Sebastian Bach. Im Rücken von Barenboim sitzend, höre ich von dem „polyphonen Gespinst“ hauptsächlich ihn und weit weniger Martha Argerich. Denen auf der gegenüberliegenden Seite dürfte es ähnlich gehen.

Auch die Kommunikation zwischen den beiden Künstlern, die solchermaßen ungewöhnlich viele Meter voneinander entfernt sind, scheint darunter etwas zu leiden. So jedenfalls mein Höreindruck von linksaußen. Das gleichgewichtige Miteinander stellt sich an meinem Platz nicht ein. Auch scheinen beide ziemlich an den Noten zu kleben.

Bei Claude Debussys Stück „En blanc et noir für zwei Klaviere“, im Original so komponiert, fällt mir wegen der impressionistischen Klangwelten dieser Mangel weniger auf. Der Werktitel spielt auf die weißen und schwarzen Klaviertasten an, aber auch – laut Programmheft – auf den Gegensatz zwischen dem edlen (weißen) Patriotismus und dem (schwarzen) Schrecken des Krieges. Erlebnisse, die Debussy zunächst in eine Schaffenskrise gestützt hatten. Das Publikum quittiert die beiden Darbietungen mit jeweils herzlichem Beifall.

Richtig Stimmung kommt aber erst bei Béla Bartóks „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug Sz 110“ auf, zumal die beiden Flügel nun im spitzen Winkel nebeneinander stehen und Platz lassen für Torsten Schönfeld und Dominic Oelze. Mit 3 Pauken, 2 kleinen und einer großen Trommel, mehreren Becken, Xylophon und Tamtam sorgen sie für mitreißenden, beflügelnden Rhythmus. Das Werk, entstanden Ende der 30iger Jahre, ist eine der letzten Kompositionen, die Bartók, den 2. Weltkrieg vorausahnend, noch in Europa komponierte hat, bevor er in die USA emigrierte.

Bei dieser dreiteiligen Sonate, die zu seinen sog. „Nachtstücken“ zählt, kann sich niemand mehr entspannt zurücklehnen. Das packt wegen oder trotz seiner klanglichen Härten, das fesselt die Aufmerksamkeit. Beide Pianisten hämmern nun, angetrieben von den Percussionisten, in die Tasten. Bei den clusterartigen Akkorden zeigt sich Martha Argerich wie einst als „die Königin der Löwen.“ Das wilde Stück überrascht mit einem wehmütig-leisen Ausklang. Bartóks schmerzliches Adieu.

Argerich und Barenboim durften sich wegen des heftigen Beifalls noch nicht verabschieden, und sind bei ihren drei Zugaben – anders als zu Konzertbeginn – ganz in ihrem Element.

Ursula Wiegand

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