BERLIN/ Philharmonie Berlin Kammermusiksaal, SCHUMANN/ENGEL – Mandelring Quartett, 15.4.2016
Mandelring-Quartett, einmal ohne Instrumente. Copyright: Agentur
Im Rahmen eines vierteiligen Zyklus hat das Mandelring Quartett wieder einmal Station an der Spree gemacht. Diesmal mit zwei Hauptwerken von Robert Schumann, dem Streichquartett in a-moll, Op. 41, Nr. 1 und dem Klavierquintett in Es-Dur Op. 44. Als Einschub haben die Musiker das faszinierende Klavierquintett von Paul Engel „Hommage an Robert Schumann“ gewählt.
Das Mandelring Quartett schöpft seinen spezifischen Klang aus dem singend schwebenden Ton des Primgeigers Sebastian Schmidt und dem satt-expressiven Spiel des Andreas Willwohl auf der Viola. Seit Thomas Kakuska vom Alban Berg Quartett hat mich kein Bratschist mehr so in einer Kammermusikformation überzeugt wie nun Willwohl. Ganz grundsätzlich ist das Zusammenwirken der vier Streicher beim Mandelring Quartett immer exzeptionell harmonisch abgestimmt und auf einen spezifischen gemeinsamen Klang bedacht, auf dem erst die Inhaltsdichte und die formalen Strukturen der gespielten Werke entwickelt werden. Das kommt gerade einem Komponisten wie Robert Schumann zu Gute, der in seinen Werken so viel von sich, seinen Sehnsüchten und seiner Ortung in der Welt preisgibt. Klingt die Introduzione des a-Moll Quartetts noch verhalten, so blühen die Mandelring Musiker beim an Mendelssohn gemahnenden Scherzo und erst Recht beim Presto ganz auf. Die Zitate aus Beethovens 9. Symphonie im Adagio sind Anlass, den Zuhörer in eine eigene Welt zu entführen, vielleicht wie Schumann in seinem Autograph selbst meinte, „mit Gott“.
Paul Engel, dessen „Hommage an Schumann“ ein Brückenschlag von Schumanns Empfinden zu unserer heutigen Lebens-, Denk- und Fühlweise sein soll mit dem Ziel, das scheinbar Unvereinbare zu vereinen. Diesmal tritt als formidabler Mitstreiter zur Erkundung dieses siebenteiligen Auftragswerks des Förderkreises HambacherMusikFest 2014 Ian Fountain am Klavier hinzu. Sechs Sätze bauen auf Assoziationen und Reminiszenzen an Werke Robert Schumanns bzw. des Bewunderers aus Hamburg, Johannes Brahms, auf, der vierte Satz „Clara – Liebe und Mitgefühl im Ur-Melos nicht. Und tatsächlich transponiert Paul Engel die Stimmung und Befindlichkeit des Schumannschen Kosmos ins Hier und Jetzt mit ganz eigenen, vielfältigsten musikalischen Ausdrucksmitteln. Vom Himmel zum Hades geht die fantastisch fantasievolle Reise und macht wohl auch auf der Erde Halt („Kindheit und Jugend – Fröhlicher Landmann, Fremder Mann, Ungeliebtes Studium“). Die stilistische Bandbreite ist ebenso immens breit und geht von impressionistischen Anklängen und wilden Clusterwirkungen bis hin zu stampfenden Rhythmen. Ein Zauberer überbrückt da mit seinem Sternenstaub die Welten. Großartig. Das Publikum feierte den im Publikum anwesenden Komponisten wie auch die virtuosen Musiker ausgiebig.
Nach der Pause kam dann das berühmte Klavierquintett in Es-Dur von Schumann. Mit diesem Werk begründete Schumann die so attraktive Gattung des Klavierquintetts. Wie schon beim Klavierquintett von Paul Engel war Ian Fountain ein kongenialer Partner für eine intensive, vor Kraft und Energie strotzende Wiedergabe, ohne freilich auf die noble Grundierung im Spiel und die daraus mit unglaublicher Delikatesse abschattierten dynamischen Details verzichten zu müssen. Ein alter Meister neu entdeckt! Herzlicher und dankbarer Jubel im gar nicht so voll besetzten Saal.
CD-Empfehlung Mandelring Quartett: Die Kammermusik von Mendelssohn und die Streichquartette von Shostakovich, erschienen beim Label AUDITE.
Dr. Ingobert Waltenberger