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MANNHEIM: DER GOLEM von Bernhard Lang. Uraufführung

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Mannheim: DER GOLEM  von Bernhard Lang, 16.4. 2016 Uraufführung


Raymond Ayers, Stephen Scheschareg, Raphael Wittmer, Uwe Eikötter. Copyright: Hans Jörg Michel

 Mit „Der Golem“von B. Lang und seinem Video-Librettisten/Regisseur Peter Misotten wurde am Nationaltheater Mannheim ein äußerst komlplexes Musiktheater in 22 Kapiteln uraufgeführt. Der renomierte österreichische Komponist, der bereits sieben Musiktheaterwerke komponiert hat, wollte mit seinem ‚Golem‘ wieder Neuland beschreiten. Die Komposition fußt auf einem sog. Video-Libretto von Peter Misotten, das gänzlich im Web (Internet) einzusehen ist, von dem einige Fotos aber auch im Programmheft abgedruckt sind, die fantastisch Imaginationen von Golem-Figuren zeigen. Das Video-Libretto konditioniert die Komposition insofern, als die 22 Szenen/Kapitel alle gleiche Länge haben, d.h. bei einer Gesamtdauer von 80 Minuten relativ kurz stakkatiert sind. Die Idee zum Golem nach dem Roman von G.Meyrink kommt  aus der Prämisse, dass besonders die Hauptperson Anathasius  Pernath ca. drei Doppelgänger hat, und auch weitere Personen teilweise in ihre Mitspieler übergehen, was Lang für eine für seine fächerhaft in verschiedene Sphären sich verwandelnde Musik besonders inspiriert hat. Ein eigentliches Handlungsgerüst ist dabei sehr schwer zu erkennen. Alles bleibt mehr oder weniger episodenhaft  angedeutet.

 Auf der „rohen“ völlig offenen,weit dimensionierten schwarze Bühne spielen sich diese Szenen mit viel Magie und Spiegelungen ab, hinten immer von einem Breitwandvideo gesäumt, das zumeist heidenartig kahle Baumgerippe zeigt (Caspar Wortmann, Peter Misotten, von dem zusätzlich die ganze Bühne stammt). Davor mittig ein hohes Architekturteil mit schrägen Wänden, das innen begehbar ist. Rechts davon noch eine Art Unterstand, in dem der dauerpräsente Athanasius seinen Posten bezieht. Die ganze linke Seite durch eine Tribüne wird von dem aber nie ins Geschehen eingreifenden Chor bestimmt. In den sich überlagernden szenischen Begebenheiten ist die Musik oft durch schiere Lautstärke dominant. Lang wollte die Gegebenheiten des Nationaltheaters nutzen und schreibt wohl zum 1. Mal für ganz großes Orchester, was ihm aber nicht reicht, es muß noch Elektronik wie Synthesizer und großes Schlagzeug dazukommen. Das wieder zieht die elektronische Verstärkung, sogar sublim beim Chor und bei den Sängern, nach sich, die öfter mit Mikrofonen auftreten. In den Begleitungen nehmen minimalistische Strukturen überhand, was besonders bei B. Lang wichtig erscheinenden Wortwiederholungen leicht penetrant zum Ausdruck kommt. Bei den weitgehend atonalen Verläufen kann der Musikfluß über weite Strecken eher nicht für sich einnehmen, auch wirken die elektronisch verstärkten bzw.generierten Teile nicht wirklich signifikativ. Da kamen vorherige Kompositionen wie ‚Der Alte vom Berge‘ oder ‚Montezuma – Fallender Adler“ besser an, da sie einfach pointierter und in ihren Mitteln signifikanter waren.

 Performer auf der Bühne sind Nick Bos, Jelle Hoekstra und Casper Wortmann, die nackt und weiß angemalt mit langen über die Köpfe gezogenen Spitzhüten wohl als Golems in allen Richtungen über die Bühne schreiten. Eine weiße Kinderstimme singt der solistisch auftretende Lukas Stadlmüller in einem kleinen  ‚altklug‘ über die Liebe handelnden Gedicht. Als Medium und  Lustmörder  sowie als Ferry tritt Tenor Uwe Eikötter auf, mikroverstärkt wirken seine Kurzgesänge auch nicht grade verklärt. Weitere Kurzrollen als Prokop, Polizist, U-Richter und Portier führt der Bariton Gary Martin aus. Zwack, Wenzel und Schaffranek übernimmt Raphael Wittmer, auch sein Tenor kommt nicht so gut wie sonst zur Geltung. Eine der leider besonders klein gehaltenen Damenrollen ist die schöne Mirjam des Mezzo Marie-Belle Sandis in einem grau glitzernden Taftkleid, indem sie den Wunsch äußert, dass sich zwei Wesen zu einem Hermaphroditen vereinigen.(Kost.: Lotte Milder) Die Männer treten mehrheitlich in Bratenrock-ähnlichen Gewändern auf, wovon auch die Figur des Hillel, eines Athanasius-Doubles, vom Baßbariton Steven Scheschareg mit passionaler Ausstrahlung gesungen, zeugt. Die andere Frauenrolle ist die Angelina der Astrid Kessler mit ’sprechendem‘ Sopran. Die stimmlich vielleicht am besten zur Geltung kommende Charge ist Charousek, ein mittelloser Medizinstudent, auch in die wirren Verwandtschaftsverhältnisse des Gesamtpersonals involviert, gesungen von dem warm timbrierten Altus Alin Deleanus, während Athanasius Pernath unnachahmlich vom besten Mannheimer Bariton Raymond Ayers gegeben wird.                                                                        

Friedeon Rosén

 

 

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