NEW YORK/ Wien/ Die Met im Kino: ELEKTRA am 30.4.2016
30.04.2016 MET/Kino „Elektra“
Nina Stemme. Copyright: Metopera/Marty Sohl
Zum Abschluss der heurigen MET-Übertragungen wurde die letzte Inszenierung Patrice Chereaus, Richard Strauss‘ Elektra gezeigt. Ohne Schnörkel und Mätzchen zeigt der Regisseur detailliert den – gedanklichen – Rachefeldzug Elektras, die der Handlung gleichsam als Zuseherin miterlebt, ihre Gefühle, schwankend zwischen tiefer Trauer, Hass und letztendlich Jubel. Die gute Personenführung Chereaus, eine Bühne (Richard Peduzzi) in bedrohlichem Dunkel gehalten, mit wenigen Versatzstücken als passender Rahmen für die antike Tragödie, waren beste Voraussetzungen für eine packende Aufführung.
Das Orchester – in Maximalbesetzung – leistet Großartiges, präzise und nicht zu knallig ließ Esa Pekka Salonen die Musiker aufspielen, das war Spannung pur. Aus dem Sängerquintett ragte natürlich Nina Stemme in der Titelrolle heraus. Ihr kraftvoller, ja mächtiger Sopran schaffte alle Höhen und Tiefen, alle Ausbrüche ohne Makel. In der Darstellung waren ihrem Aktionsradius, wie schon erwähnt. vernünftige Grenzen gesetzt. Auch Adrienne Pieczonka als Chrysothemis war mit großem Einsatz am Werk. Ihre an sich eher lyrische Stimme konnte auch die dramatischen Passagen bestens bewältigen. Waltraud Meier, die lebende Legende der Opernbühne, war auch als Klythämnestra sehr präsent. Es ist erstaunlich, mit welcher Kraft und Intensität sie diese schwere und undankbare Partie meisterte. Die beiden Herren (quotenhalber) des Abends mussten sich mit eher kleinen Rollen zufrieden geben. Eric Owens als Orest durfte seinen voluminösen und profunden Bass wenigstens vor dem Schlussgemetzel erklingen lassen, Burkhard Ulrich als Ägisth musste sich mit wenigen Takten Gesang begnügen, ehe er dem Stiefsohn zum Opfer fiel.
Der Jubel an der MET war durchaus berechtigt, die Übertragung hätte sich im Kinosaal eine höhere Besucherzahl verdient.
Johannes Marksteiner