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MAX KURZWEIL – LICHT UND SCHATTEN
Vom 11. Mai 2016 bis zum 4. September 2016
Die Schwester der „goldenen Adele“…
Fast exakt zum hundertsten Todestag von Max Kurzweil (* 12. Oktober 1867 Mähren, + 9. Mai 1916 in Wien) widmet ihm das Belvedere (das auch schon zu seinem 50. Todestag eine Ausstellung brachte) eine Präsentation seiner Werke, zwei Räume nur, klein aber fein. Nicht so üppig, wie das Leopold Museum derzeit Theodor von Hörmann huldigt, aber wohl mit derselben Tendenz: jene herausragenden Maler des ausgehenden 19. Jahrhunderts in den Mittelpunkt zu rücken, die sonst im Schatten der Großen, der Größeren ihrer Zeit stehen.
Von Renate Wagner
Max Kurzweil Der Sohn eines böhmischen Zuckerfabrikanten lebte mit seiner Familie ab dem 12. Lebensjahr in Wien, studierte an der Akademie, ging für zwei Jahre nach Paris und „verliebte“ sich als Künstler in die Bretagne und in das Mittelmeer. Aus der bretonischen Küstenstadt Concarneau brachte er seine Gattin Marthe mit, die zahllose Male sein Modell war. In Wien ging Kurzweil den Weg der Modernen vom Künstlerhaus zur Secession, an deren Ausstellungen er stets beteiligt war. Neben Ölgemälden widmete er sich ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts dem Holzschnitt nach japanischer Technik. Zum Ersten Weltkrieg wurde Kurzweil eingezogen, starb aber nicht im Feld, sondern aus tragischer Liebe: Gemeinsam mit seiner Geliebten Helene Herger nahm er sich am 9. Mai 1916 in seinem Atelier das Leben, ein Doppelselbstmord mit seiner Dienstpistole.
Werkauswahl Das Belvedere selbst besitzt von Kurzweil acht Ölgemälde und neun Skizzen. Kurator Markus Fellinger, der gemeinsam mit Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco den informativen Katalog herausgegeben hat, der Kurzweil auch bildlich in Beziehung zu den Zeitgenossen setzt, konnte einige der ausgestellten 45 Werke aus Privatbesitz holen. Bedauerlicherweise dürfte das Wien Museum nicht bereit gewesen sein, eines der berühmtesten und spektakulärsten Bilder von Kurzweil auszuleihen, die „Dame im gelben Kleid“ von 1899, wo dieses Kleid auf grünem Sofa die Dame so spektakulär schmückt, wie man es sonst von Klimt kennt. Dafür aber konnte man aus Privatbesitz ein Exemplar des Holzschnitts „Der Polster“ von 1903 beisteuern, wo die Frau das Gesicht in den Armen birgt und der Polster vor ihr den Blickfang darstellt – Kurzweil hat das Motiv in verschiedenen Druckstöcken und Farbnuancen variiert, und es gilt zurecht als eine der berühmtesten und schönsten Graphiken der Jahrhundertwende.
Die „Dame in Gelb“ fehlt, die „Dame mit Polster“ ist ausgestellt…
Entwicklung durch die Stile… Zehn Jahre lang hat Kurzweil jeden Sommer in Concarneau verbracht. Seine Bilder – Dorfszenen, Menschen in heimischer Tracht und immer wieder Hafen- und Meeresdarstellungen – verdanken den französischen Künstlern viel. Der Weg vom Impressionistischen („Licht und Schatten“, im Titel der Ausstellung erwähnt, zählen hier zu seinen besonderen Stilmitteln) bis in düstere Expression ist in den ausgestellten Werken nachzuvollziehen: der in dunkelstem Grün, Rot sowie Schwarz gehaltene „Tod der Dryade“ scheint von einem anderen Maler zu stemmen, und auch ein Frauenakt aus späten Jahren hat jegliche Verbindlichkeit von Form und Ausdruck hinter sich gelassen. Nicht nur hier hat sich Kurzweil auch dem Symbolismus verschrieben.
Frauen, Frauen, Frauen… Kurzweil war ein Meister des Porträts, des Frauenbildnisses, wobei er immer wieder Gattin Marthe malte, obwohl das Paar bald getrennt lebte. Äußerst signifikant für die Stellung Kurzweils auch in der Kunst seiner Zeit – wo er an sich hoch geschätzt war – ist ein Vergleich mit Klimt, der sich aufdrängt. Zur gleichen Zeit, als dieser das Bildnis der Adele Bloch-Bauer schuf (die „Goldene Adele“, die das Belvedere restituiert hat), malte Kurzweil deren Schwester Therese – und wo Klimt seine Dame herausfordernd spektakulär in Gold und Ornament tauchte, dass man den Blick nicht wenden kann, ist das Gemälde von Therese Bloch-Bauer (es war ihre Tochter Maria Altmann, die übrigens das Bild der Tante zurück bekam) von ruhiger Selbstverständlichkeit und Eleganz, und die durchaus kostbare Robe lenkt nicht davon ab, dass das verschlossene Gesicht der Porträtierten die Hauptsache ist. Dass Klimt mehr Aufsehen erregte – wen wundert es? Im übrigen ist das Belvedere in der glücklichen Lage, noch zwei Kinderbildnisse aus der Bauer-Familie zu besitzen: Bettina und Mira, die Nichten von Adele und Therese, die Töchter ihres Bruders Eduard, wurden 1907 von Kurzweil in Grado gemalt und sind von hinreißender Schönheit… Im Katalog gibt es übrigens die Erinnerungen von Betttina Ehrlich-Bauer an die Entstehung dieser Gemälde.
Meisterwerke im Fokus: Max Kurzweil
Bis 4. September 2016, Oberes Belvedere
Täglich 10 bis 18 Uhr