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TRIER: DIE AUSFLÜGE DES HERRN BROUCEK von Leos Janacek – Ver-rückt!

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„Die Auflüge des Herrn Broucek“ von Leos Janacek – Theater Trier am 14. Mai 2016

DIE AUSFLÜGE DES HERRN BROUCEK – Ver-rückt!

Seit September 2015 ist Karl M. Sibelius Intendant am Theater Trier. Viel Neues gab es seit dem Intendantenwechsel, die Reaktionen der Presse und des Publikums auf den neuen Spielplan sind sehr gemischt. Das Motto lautet „Ver-rückt euch!“ – ein Motto, das ebenso gewagt, wie treffend ist.

Leos Janaceks sehr selten gespielte Oper „Die Ausflüge des Herrn Broucek“, uraufgeführt 1920 in Prag, erzählt die Geschichte von Mathias Broucek, einem versoffenen, faulen Hausbesitzer in Prag, der in den Tag hinein lebt und sich über die Geschichte seines Landes keine Gedanken macht. Plötzlich erwacht er auf dem Mond, wo alle Menschen intellektuell denken. Broucek wird als Kannibale verurteilt, weil er ein Würstchen essen will. Dann findet er sich mitten im Krieg im mittelalterlichen Tschechien wieder. Zum Schluss kommt er wieder nach Hause.

Dort wo die Handlung Schwächen aufweist, macht Janaceks wunderschöne, impressionistische Musik das Defizit wieder wett. Insofern ist es Intendant Sibelius und seiner Operndirektorin Katharina John, der eine höchst interessante Werkeinführung gelang, hoch anzurechnen, diese Oper auf den Spielplan zu setzten.

Wouter Padberg dirigiert dieses sehr opulent besetzte Werk mit großer Feinfühligkeit für Details, besonders bei den Bläsern.

Regisseurin Jasmina Hadziahmetovic entschied sich für eine düstere, unkonventionelle, dennoch spritzige und lustig überzeichnete Interpretation. Paul Zoller und Valentin Köhler unterstützten sie tatkräftig in der Ausstattung. Besonders witzig ist die Mondsequenz. Effektvoll sind die Lichteinstellungen. Hadziahmetovic gelingt am Schluss noch eine eindringliche Regieidee: Die Kinder im Heute spielen mit Papier-Pistolen und kleinen Panzern den Krieg nach, den ihre Vorfahren einst führten.

Event des Abends war die für die erkrankte Talia Or eingesprungene Sopranistin Silja Schindler. Während Frau Schindler hinreißend an der Bühnenseite sang, wurde die Partie der Málinka, Etherea und Kunka von Regieassistentin Ulla Wentenschuh szenisch dargestellt. Johannes Preissinger gab einen glaubwürdigen Broucek. Hörenswert: Bernadette Flaitz als Franzi/Gertrude. Besonders hervorzuheben ist die Brillanz, mit der Countertenor Fritz Sprengler die Partie des Piccolos veredelte. Ansprechend gesungen wurde von Lukas Schmid als Sakristan von St. Veit sowie von László Lukács als Gastwirt, Zauberlicht bzw. Schöffle. Das Ensemble wurde durch Eva Maria Amann (Komponist/Harfenklang/Miroslav), Bonko Karadjov (Maler/Farbenspiel/Voijta) und Dieter Goffing (Dichter/Wolkengrau/Vacek) bestens ergänzt.

Das Publikum war durch die Bank begeistert und spendete viel Applaus.

Fazit: Janacek-Liebhaber kommen bei dieser Aufführung ebenso auf ihre Kosten, wie Besucher, die sich mit der tschechischen Oper bisher noch nicht beschäftigt haben. Der Besuch ist dringend empfohlen!  

Sebastian Kranner

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