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DAVOS? – JA, GERNE!

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Davos? – ja, gerne!   10.01.2014

von Ursula Wiegand

Die weltweit bekannte Destination Davos Klosters ist ein Magnet, und nicht wenige kommen immer wieder. Denn dort hat der Urlaub viele Facetten und vereint Wintersport aller Art mit Kultur, Gourmet und großartigen Gipfelpanoramen, die sofort abgelichtet werden.

Davos, Parsenn, Gipfelpanorama ablichten
Davos, Parsenn, Gipfelpanorama ablichten. Foto: Ursula Wiegand

Sportliche finden in diesem Verbund 112 km klassische und 83 km Skating Loipen, 5,5 km Nachtloipen und in Davos sogar eine 16 km lange Hundeloipe. Gehfreudige nutzen gerne die gepflegten Winterwanderwege, 111 km in Davos, 45 km in Klosters.

Beliebt ist auch das Rodeln, auf Eidgenössisch Schlitteln. Die längste Bahn ist die 8,5 km lange Strecke von der Madrisa hinunter nach Serneus, Höhendifferenz 850 m. Für noch mehr Nervenkitzel sorgt nach Ansicht von Fans die steile, 3,5 km lange Strecke am Rinerhorn. Zu denen gehöre ich jedoch nicht und auch nicht zu den Langläufern.

Davos, Parsenn, breite Pisten, schöne Abfahrten
Davos, Parsenn, breite Pisten, schöne Abfahrten. Foto: Ursula Wiegand

Am liebsten schwinge ich die Berge hinunter, habe nun aber die Qual der Wahl unter 6 Skibieten mit insgesamt 320 km Pisten. Die Palette reicht bei guter Schneelage von der Wiederentdeckung der Langsamkeit auf der Schatzalp bis zu Fun & Freestyle am Jakobshorn. Familien fühlen sich auf der Madrisa wohl, dem Hausberg von Klosters, denn dort gibt es – genau wie auf der Pischa – ein Kinderland. Das Rinerhorn überlasse ich den Einheimischen und entscheide mich an diesem verlängerten Wochenende für den Klassiker – die Parsenn.

Davos, Skisturz-Brunnen von Wilhelm Schwerzmann, 1936
Davos, Skisturz-Brunnen von Wilhelm Schwerzmann, 1936. Foto: Ursula Wiegand

„Aber nicht so!“ habe ich zuvor beim Anblick des Skistürze-Brunnens von 1936 in Davos Dorf gedacht. Hatte der Künstler, Wilhelm Schwerzmann, das ironisch gemeint, oder wollte er zur Vorsicht mahnen?

Doch dafür bin ich die falsche Adresse. Zu schnell fahren und in den Schnee fallen – nein danke und schon gar nicht in Sichtweite von Skilehrer Remo, einem braungebrannten Beau im Davoser blau-gelb. Gleich steigen wir in die Parsennbahn und rattern hinauf zum 2662 m hohen Weissfluhjoch. Breite, gepflegte Pisten führen hier hin und her und hinunter ins Tal. Traumhaft lässt es sich hier carven und kurven, Remo flott, ich – an den Dorfbrunnen denkend – in gemäßigter Geschwindigkeit.

Derweil hat mich mein Begleiter getestet und nimmt die Bahn zum 2.844 Meter hohen Weissfluhgipfel. Welch eine Aussicht! Endlos dehnt sich die kristallweiße Pracht, stolz recken die Dreitausender ihre Glitzergipfel empor.

Parsenn, Bergrestaurant Weissfluhjoch + Institut für Schnee- und Lawinenforschung
Parsenn, Bergrestaurant Weissfluhjoch + Institut für Schnee- und Lawinenforschung. Foto: Ursula Wiegand

Die Abfahrt ist als schwarz gekennzeichnet, d.h. steil, aber breit genug zum Schwingen. Also Herz in die Hand und runter, nicht immer in perfekter Haltung, doch sturzfrei und immer fein auf der Piste bleibend. Eine leckere Mahlzeit im Bergrestaurant Weißfluhjoch wird nun fällig. Das graue Gebäude gleich daneben ist – gut zu wissen – das Institut für Schnee- und Lawinenforschung.

Die Waldabfahrt Schifer liegt mir weniger, zumal plötzlich Nebel aufkommt. Dicht muss ich Remo auf den Fersen bleiben und komme mir manchmal vor wie ein blindes Huhn. Andere schließen sich an, und sicher bringt er uns alle zurück nach Davos.

Davos, St. Theodul, Christusfresko von 1350
Davos, St. Theodul, Christusfresko von 1350. Foto: Ursula Wiegand

Die weiteren Skiberge müssen nun erstmal warten. Downhill ohne Sicht – nein,  danke. Lieber schaue ich mir in St. Theodul die Fresken aus dem 14. Jahrhundert an, die im ehemaligen Chorraum der ursprünglich romanischen Kirche erhalten sind.

Danach noch ein Ausflug zur früheren Walser-Siedlung oberhalb von Klosters Dorf. Häuser, Scheunen und Ställe sämtlich aus altersschwarzem Holz. Gemütlich wirkt das.

Klosters, ev.ref. Kirche von 1493, Fenster von Augusto Giacometti
Klosters, ev.ref. Kirche von 1493, Fenster von Augusto Giacometti. Foto: Ursula Wiegand

Auch die ev.ref. Kirche dort oben umfängt die Besucher drinnen mit warmem, aber hellbraunem Holzschnitzwerk. Intensiv leuchten die drei von Augusto Giacometti 1928 gestalteten Fenster im spätgotischen Chor.

Klosters, Walser-Holzhaus mit Inschrift, abends
Klosters, Walser-Holzhaus mit Inschrift, abends. Foto: Ursula Wiegand

Wieder draußen erblicke ich vor einem alten Holzhaus ein Go-Kart, an einem anderen den Spruch: „Hab Ehrfurcht vor dem Alten, und Mut, das Neue zu wagen.“

Diesen Mut hatte Davos schon immer, vor allem in der Architektur. Die das Ortsbild dominierenden Flachdächer sind keineswegs Bausünden der 70er Jahre. „In Davos wurde das alpine Flachdach erfunden und ist ein Markenzeichen. Wegen des Schneereichtums sind Flachdächer in Davos Dorf und Davos Platz Vorschrift, niemand soll durch Dachlawinen zu Schaden kommen,“ erklärt Architekturführer Peter Levy.

Insbesondere Rudolf Gaberel (1882–1963) setzte sich für das unterlüftete Flachdach als ideale Dachform für das Hochgebirgsklima ein. Regen- und Schmelzwasser werden in einem zentralen Kanal in der Hausmitte abgeleitet.

Davos Platz, Kirche St. Johann und Flachdachbauten, 3
Davos Platz, Kirche St. Johann und Flachdachbauten. Foto: Ursula Wiegand

Ausnahmen machen jedoch die Kirchen. Weit überragtin Davos Platz der 1481 errichtete, 72 Meter hohe Turm von St. Johann all’ die Flachdachbauten. Auch für dieses Gotteshaus schuf Augusto Giacometti Fenster in flammenden Farben. Der erste war er damit nicht. Schon 1912 hatte das Atelier Schnell die kleine katholische Marienkirche (von 1892) mit fabelhaft farbstarken Fenstern geschmückt.

Gaberel propagierte außerdem das „Neue Bauen“ in kubischen, ornamentlosen Formen. So entstanden moderne Sanatorien mit großen Fenstern, die zu Gunsten der nach Davos strömenden Lungenkranken Licht und Sonne in die Zimmer ließen.

Andererseits zeigt das schon 1900 errichtete Luxussanatorium Schatzalp eine fröhliche Verbindung von Jugendstil und Flachdach. Seit 1954 fungiert es als Edel-Berghotel. Der Speisesaal, eine Sinfonie in weiß mit ockerfarbenen Rüschengardinen, beschwört die vergangenen Zeiten. Ungezwungener sitzt es sich jedoch im Terrassenrestaurant mit Blick in die verschneite alpine Landschaft.

Berghotel Schatzalp, Südseite
Berghotel Schatzalp, Südseite. Foto: Ursula Wiegand

Auf der sonnigen Südseite der Schatzalp relaxen einige Besucher. Früher ruhten hier tagsüber die Patienten, um dann am Abend aufs Feinste zu speisen und bis zum letzten Schnauferl zu feiern. Thomas Mann, dessen Frau Katia 1912 in Davos (aber drunten im Waldsanatorium) behandelt wurde, schilderte das morbide Gesellschaftsleben der reichen Kranken in seiner bekannten Novelle „Der Zauberberg“.

Als das Buch 1924 erschien, war man in Davos pikiert, hat dann aber den PR-Wert des renommierten Schriftstellers erkannt. Inzwischen gibt es einen  2,6 km langen Thomas-Mann-Weg mit 10 Stationen vom Waldhotel bis zur Schatzalp, die sich gerne „Zauberberg der Langsamkeit“ nennt. Entschleunigung und Skilauf wie anno dunnemal sind dort bei guter Schneelage angesagt.

Davos, Kirchner Museum von Gigon-Guyer, 1
Davos, Kirchner Museum von Gigon-Guyer. Foto: Ursula Wiegand

Mut zeigte man auch bei der Auftragsvergabe für das Kirchner Museum Davos. Das damals kaum bekannte Zürcher Architektenduo Annette Gigon & Mike Guyer – seither über die Schweiz hinaus tätig – erhielt 1989 den Zuschlag. Im September 1992 war das lichte Gebäude fertig.

Ausgehend von den Klima- und Lichtverhältnissen sowie der Davoser Flachdacharchitektur entwarfen die beiden vier Kuben (die Ausstellungssäle), verbunden durch eine verzweigte Wandelhalle mit Aussicht. Breite Fensterfronten bieten einen Blick in die Bergwelt.

Kirchner, Davos im Winter, 1924-26
Kirchner, Davos im Winter, 1924-26. Foto: Ursula Wiegand

Aus Glas, Beton, Stahl und Holz schufen sie dieses aufs Wesentliche reduzierte Gebäude und damit die passende Hommage für den deutschen Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner, der von 1918-38 dort lebte und malte. Seine lustig bunten Davos-Bilder von 1925 gehören zu den Schätzen des Kirchner Museums, dessen Gestaltung anderen Museumsbauten zum Vorbild geworden ist.

Davos, Blick aufs Kongresszentrum, 3
Davos, Blick aufs Kongresszentrum. Foto: Ursula Wiegand

Ebenfalls gut gelungen ist die im November 2010 beendete Erweiterung des Kongresszentrums durch den Baseler Architekten Heinrich Degelo. 37,8 Mio. Franken ließ sich Davos, die höchstgelegene Kongressstadt Europas, die Aus- und Anbauten kosten. Das wohl vor allem wegen des Weltwirtschaftsforums, zu dem jeden Januar – diesmal vom 22.-25.01.2014 – rund 2000 illustre Teilnehmer anreisen.

Davos, Eisstadion, Vaillant Arena, 2
Davos, Eisstadion, Vaillant Arena. Foto: Ursula Wiegand

Ob sich einige von ihnen auch mal in die nahe Vaillant Arena mit dem ausnahmsweise geschwungenen Dach wagen? Die ist die Heimstatt des Eishockeyclubs HC Davos. Dort geht es sicherlich noch turbulenter zu als bei den Diskussionen der Staats- und Wirtschaftslenker.

Infos aller Art auf Deutsch unter www.myswitzerland.com, www.davos.ch und www.klosters.ch.  Ich habe mich im Hotel Meierhof wohlgefühlt und die gute Küche genossen.

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