Fotos: Theater der Jugend
WIEN / Theater der Jugend im Theater im Zentrum:
DER HUND DER BASKERVILLES von Arthur Conan Doyle.
Fassung: Thomas Birkmeir
Premiere: 14 Jänner 2014,
besucht wurde eine Voraufführung
Sherlock Holmes ist jedermann ein Begriff, aber vermutlich eher aus zweiter Hand – die Filme einerseits, die neuen, witzigen, modernisierten Fernsehadaptionen andererseits. Und nun kann man der Welt berühmtesten Detektiv und seinen tollpatschigen Gefährten Dr. Watson auch auf der Bühne sehen – in der Dramatisierung jenes Werks, das schon vom Titel her das wahrscheinlichste berühmteste der Holmes-Serie ist: „Der Hund der Baskervilles“ (was in der Bearbeitung von Thomas Birkmeir die korrektere Übersetzung des Originals ist als das übliche „Der Hund von Baskerville“).
Nun ist das eine höchst komplizierte, vielschichtige Story, die mit ihrem ganzen viktorianischen Pomp (zuerst Holmes’ Wohnung in Bakerstreet, dann ein Schloss im Dartmoor) und ihrem horrormäßigen Außen-Ambiente mit dem heulenden, grünschillernden Hund auf keine normale Bühne zu bringen wäre. Der Trick, den Birkmeir für sein Theater der Jugend gefunden hat, ist brillant und dürfte Chancen haben, allerorten nachgespielt zu werden: vier Darsteller und – Puppen.
Jene lebensgroßen Handpuppen, die von Schauspielern getragen werden, denen man an aufopferndem Können alles abverlangt: Die Puppen so zu tragen und zu bewegen, dass sie „lebendig“ werden (und es ist erstaunlich, wie schnell man die grotesken Pappköpfe als „Menschen“ und legitime Mitspieler nimmt), und die sie durch ihre Stimmen zu charakterisieren. Da jeder der beiden Puppenspieler viele Charaktere verkörpern muss, ist der Anspruch an die Interpreten, die im Grunde „unsichtbar“ im Hintergrund bleiben müssen, noch größer.
Nun braucht der Regisseur nicht mehr viel Ambiente (Bühne: Vincent Mesnaritsch, Kostüme: Susanne Özpinar), ein paar Stühle, ein paar verschiebbare Wände, ein paar possierliche Scherenschnitte, die im Hintergrund die ganze Schauderwelt von Moor und Höllenhund en miniature zeigen – und die Darsteller. Michael Schachermaier, der immerhin schon im Burgtheater einen halbschrägen Raimund’schen „Alpenkönig“ gezeigt hat, bietet hier vor allem den virtuosen Spaß, die Schauspieler punktgenau zu führen.
Und er hat ein prächtiges Quartett: Uwe Achilles ist der hochmütige, ach so britische, gewissermaßen tänzerisch affektierte Sherlock, der den Fall des angeblich von einem Höllenhund in den Tod gehetzten Sir Charles Baskerville nicht übernehmen will, weil er ihm zu simpel scheint. Dafür springt Dr. Watson in die Bresche, der in Gestalt von Frank Engelhardt geradezu bezaubernden Lustspielumriss enthält, bemüht und überfordert, so dass Holmes doch noch einschreiten muss…
Und die beiden anderen: Clemens Matzka und Christian Pfütze führen ihre Puppen so virtuos, erwecken so viele Figuren der komplizierten Geschichte zum Leben, dass das Vergnügen in den zwei pausenlosen Stunden nie abreißt.
In diesem Fall liefert das Theater der Jugend nicht Kindertheater, sondern gewissermaßen höheren Boulevard auf bestem Level, das man sich auch als „normaler“ Theaterbesucher genau so zu Gemüt führen kann wie etwa die „Mausefalle“ in den Kammerspielen. Beste Unterhaltung und Theaterfreude garantiert.
Renate Wagner