Quantcast
Channel: KRITIKEN – Online Merker
Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208

MAINZ: MEPHISTOFELE von Arrigo Boito

$
0
0

Mainz:   Boito: Mephistofele.   Aufführung am 21. Januar 2014

 Der geniale späte Librettist Verdis Arrigo Boito suchte Anerkennung als Komponist. Mit Mephistofele konnte er einen großen Achtungserfolg erzielen, der sich vereinzelt bis ins heutige Repertoire gehalten hat.

Kompositorisch ist es eben kein Verdi oder Leoncavallo, aber sein sorgfältiger Blick auf Goethes Text legt es genauer und näher an die Intentionen Goethes, als es der sehr verbürgerlichten Textfassung von Gounods Oper gelang. Und auch musikalisch gibt es einige Highlights, wie die Arie der Margherita oder ihr Duett mit Faust.

 Dem Staatstheater Mainz und dem Regisseur LORENZO FIORONI ist es gelungen, aus dem teilweise sperrigen Stück ein lebendiges Musiktheater zu machen. Mit klugen szenischen Verweisen auf nicht komponierte Faust II -Stellen (z.B. Sorge, Not, Mangel, Schuld  oder die choristisch auftretenden multiplen Philemons und Bauci´) und einer gehörigen Portion großer Theater- und Gestaltungslust wird hier im wahrsten Sinne des Wortes gezaubert.

Manchmal ist das sich zu viel des Guten und die Regie verliert den Überblick oder den Fokus, aber im Wesentlichen lebt und bebt die Bühne, und alle Beteiligten legen sich beherzt ins Zeug.

 Auch musikalisch hat Mainz in den letzten Jahren aufgeschlossen in die obere Kategorie. Die Sängerleistungen dieser Aufführung waren erstklassig.

Nur beim etwas verquollenen Beginn merkte man JOSE GALLISA  noch an, dass er an diesem Abend als Mephisto debütiert hat. Mit behender Fingerfertigkeit und  schwer-dunklem, dräuendem Bass spielt und singt er sich rasch frei und übernimmt souverän die Regie der Tragödie.

ANDREA SHINs Faust ist ein körperlich eher zurückhaltende, zaghafter  Faust. Und er singt fabelhaft. Sein Legato, seine Stimmkultur und seine Strahlkraft suchen ihresgleichen.

 Das Ereignis aber ist VIDA MIKNEVICUITE als Margarete. Dankenswerterweise übernimmt sie von der Seite singend den ersten Teil der Partie. Als sie aber im für sie vorgesehenen Teil als sonnenbebrillte, mit Kopftuch scheue Frau die Bühne betritt -fast wie in einem Film Noir – beginnt jeder Takt Boitos doppelt lebendig zu werden. Sie singt vom zartesten Piano bis ins völlig unforcierte Forte alle Schattierungen, spielt fragil und gestaltet singulär. Eine ganz große Begabung hat sich Mainz da ans Haus geholt.

 Undankbarerweise muss direkt danach AISTE MIKNYTE den Folgeakt als Helena auftreten. Auch sie macht ihre Sache gut, singt offen und spielt ansprechend. Aber selbst die Partitur gibt ihr nicht den Platz, diese Dichte weiter herzustellen. In kleineren Partien, hervorragend aus dem Chor rekrutiert, überzeugen AUGUSTIN SANCHEZ  als hibbeliger Wagner, KATJA LADENTIN als Marthe und Pantalis.

Die Regieassistentin KAI ANNE SCHUMACHER hat bemerkenswert extrovertiert und bühnentauglich den szenischen Part der erkrankten Sängerin übernommen.

 Der Chor und der Kinderchor des Domes spielen mit Verve und singen meist homogen. Das Orchester unter dem agilen STEPHAN ZILIAS spielt konzentriert, diesmal mit Punktsiegen für die Streicher und das Blech. Beim Holz fiel manches auseinander.

 Dem Mainzer Staatstheater ist damit eine bejubelte Aufführung von Mefistofele gelungen, von der es leider nur noch eine Folgevorstellung gibt.

 Damian Kern

 

 

 

Diese Seite drucken


Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>