Quantcast
Channel: KRITIKEN – Online Merker
Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208

WIEN/ Theater an der Wien: I DUE FOSCARI

$
0
0

I DUE FOSCARI – Theater a.d. Wien, 23.1.2014

Von Heinrich Schramm-Schiessl

 Placido Domingo als Bariton – es gibt wahrscheinlich kaum ein Thema, daß die Opernfreunde derart polarisiert, wie die “2. Karriere“ des früheren Spitzentenors. Ich persönlich war nie ein Domingo-Fan und stand ihm immer etwas reserviert gegenüber, habe ihn aber immer als großén Künstler respektiert und gebe durchaus zu, auch wirklich große Abende mit ihm erlebt zu haben, wobei es oft die Randrollen seines Repertoires waren, die mich besonders beeindruckt haben, wie z.B. der Hermann in „Pique Dame“, wo er für mich eine der besten Interpretationen dieser Rolle bot, die ich, vielleicht mit Ausnahme von Atlantow beim Bolschoi-Gastspiel 1971, je gehört habe.

Als er dann ankündigte, er wolle den Simone singen, so glaubte ich zunächst, er erfüllt sich mit dieser Rolle einen persönlichen Traum und begeht damit gleichzeitig seinen Abschied an allen Häusern, an denen er aufgetreten ist. Aber dies war ein Irrtum meinerseits, er begann tatsächlich eine Bariton-Karriere und damit beginnt für mich das Problem. Eine liebe Bekannte, die schon sehr lange zum Wiener Stammpublikum gehört und deren Meinung ich sehr schätze, versucht mir zwar seit geraumer Zeit zu vermitteln, daß es ja die echten Bariton-Stimmen, wie wir sie aus den 50er-70er-Jahren kennen, ohnehin nicht mehr gibt und man daher mit Domingo als Bariton leben könne, doch leider kann ich ihr beim zweiten Teil dieser Aussage nicht folgen.

 Womit wir bereits bei der gestrigen Aufführung wären. Placido Domingo als Francesco Foscari hinterläßt für mich einen zwiespältigen Eindruck. Sicher, Gestaltung und Ausdruck sind so intensiv und großartig wie wir es von ihm kennen, aber es fehlt einfach die „dritte Dimension“ – der echte Baritonklang, zumal ja Verdi gerade für diese Stimmlage genial schreiben konnte, wie kein anderer. Domingo hat nun einmal das Timbre eines Tenors und das läßt sich auch bei allem Bemühen nicht verbergen. Gerade in den Szenen mit der „echten“ Tenorrolle fällt das besonders auf, weil die wirkliche Differenzierung fehlt. Wenn jetzt jemand sagt, daß sei klar, muß ich entgegnen, warum macht er es dann. Es zwingt ihn niemand, diese Rollen zu singen, aber wenn er es tut, muß er sich der Kritik stellen. Ob seine Fans ihm mit ihrem undifferenzierten Jubel hier etwas gutes tun, müssen diese selber wissen.

 Auch die Leistungen der anderen Hauptrollenträger bleiben durchwachsen, wenn auch auf anderem Niveau. Davinia Rodriguez (Lucrezia) verfügt über eine durchaus kräftige Stimme, die sie schonungslos einsetzt und „pfeffert“ die Höhen nur so heraus. Leider neigt die Stimme dazu, in der Höhe schrill zu werden. Darstellerisch bleibt sie blaß. Nicht ganz schlau wurde ich aus Arturo Chacón-Cruz (Jacobo Foscari). Er verfügt über ein durchaus ansehnliches Material, das er zunächst ebenfalls ohne Rücksicht auf Verluste einsetzt, was das Gefühl des Dauerforte entstehen läßt. Im Laufe des Abends nimmt er sich dann allerdings etwas zurück, wodurch ihm ein durchaus ordentliches Finale des 2. Aktes und ein passabler Abschied im 3. Akt gelingt.

 Die übrigen Rollen waren mit Roberto Tagliavini (Loredano) ordentlich, sowie Gaia Petrone (Pisana), Andrew Owens (Barbarigo), Ioan Hotea (Fante) und Marcell Korkovay (Diener) durchschnittlich besetzt.

 Der Arnold-Schönbergchor war verläßlich wie immer, während ich mit dem Orchester diesmal nicht glücklich wurde. Der Dirigent James Conlon hat sich offenbar mit der heiklern Alkkustik des THW nicht wirklich auseinandergesetzt, denn so knallig und undifferenziert laut habe ich Verdi schon lange nicht gehört. Das Zeitmaß stimmte zwar, aber Italianita war überhaupt nicht zu spüren.

Über die Inszenierung hat Renate Wagner schon in ihrer Premierenkritik alles geschrieben, sodass sich ein weiterer Kommentar erübrigt.

 Am Ende – wie im THW üblich – großer Jubel für alle und Blumen für die Hauptrollensänger und den Dirigenten.

 Heinrich Schramm-Schiessl

Diese Seite drucken


Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>