Ab 31. Jänner 2014 in den österreichischen Kinos
MANDELA
Mandela: Long Walk to Freedom / GB, Südafrika / 2013
Regie: Justin Chadwick
Mit: Idris Elba, Naomie Harris u.a.
Nelson Mandela (1918-2013) war eine Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts, deren Bedeutung und auch moralische Qualität außer Frage steht. Er als Individuum hat das Interesse der Welt auf Südafrika gerichtet. Jeder Film über den erst im Dezember des Vorjahrs Verstorbenen kann nur ein Biopic der Bewunderung sein. Es gab schon andere Filme über Mandela (etwa ausführlich über seine Gefängniszeit) – dieser entstand noch zu seinen Lebzeiten, er lief an, als die Todesnachricht Mandelas um die Welt ging. Man kann ihn als ehrenden Nachruf nehmen.
Denn britische Regisseur Justin Chadwick versucht zwar, auch ein politisches Bild einer langen Epoche malen, schafft es aber dennoch und vor allem, eine höchst menschliche Geschichte zu erzählen – über einen besonderen Mann eben, der trotz unsagbarer Leiden das Glück hatte, sein Lebenswerk doch noch zu einem erfolgreichen Ende führen zu können. Dass die Geschichte nach Mandelas eigener Autobiographie, also nach seinem Blickwinkel erzählt wird, ist im Grunde legitim.
Man steigt in Mandelas Schicksal in den dreißiger Jahren ein, als er ein junger Anwalt ist, der entschlossen, aber noch gewaltlos gegen die Apartheit in Südafrika kämpft – hier eine privilegierte weiße Schicht, dort die weitgehend rechtlosen schwarzen Ureinwohner. Besuche zuhause und auch Rückblenden übrigens fügen Mandela von seiner Herkunft in eine hoch differenzierte Stammeswelt ein, der er als wichtiges Mitglied angehörte. Man sollte dieses Stammeswesen weder in Afrika noch in Asien unterschätzen, moderne Staaten ziehen willkürliche Linien durch Gebiete, die historisch durch Jahrhunderte von eben diesen Stämmen (und durchaus den Kämpfen untereinander) geprägt sind…
Was sich in Südafrika zur Erlangung der schwarzen Gleichberechtigung abspielte, ist ein viel zu differenzierter Vorgang, um ihn anders als vereinfachend auf die Leinwand zu bringen. Wesentlich ist, dass Mandela anfangs nach und nach begriff, dass man auch zu Gewalt greifen musste, um die verkrusteten Strukturen aufzubrechen und sich nachhaltig gegen den Druck der Weißen zu wehren. Er und eine Handvoll Mitstreiter liefen Gefahr, hingerichtet zu werden, wurden aber dann zu lebenslanger Haft verurteilt.
Die 27 Jahre, die er im Gefängnis verbrachte, sind höchst plastisch dargestellt, die Bedingungen waren zweifellos brutal (und ein Teil des weißen Wachpersonals auch), aber Mandela hat offenbar den Widerstand der anderen mit Gandhi-Methoden aufgeweicht und nach und nach sogar ihre Bewunderung errungen. Bis die weiße Regierung zu ihm kam, um Probleme zu lösen, die nach Jahren des Kampfes endlich befriedet werden mussten.
Mandela hat ja nun nach seiner Entlassung das Wunder vollbracht, nicht nach blutiger Rache für alles Erlittene zu rufen, sondern jene Versöhnung zu verkünden, die dann – mit ihm als Präsidenten – auch möglich wurde (obzwar die Zustände in Südafrika, wie Augenzeugen berichten, nach wie vor alles andere als erfreulich sind).
Weil der Film – in fast drei Stunden Länge! – keine politische Abhandlung bietet, sondern eine Menschengeschichte vor politischem Hintergrund, ist er immer fesselnd, zumal Hauptdarsteller Idris Elba über die Jahrzehnte hindurch nicht nur überzeugend „altert“, sondern immer die Führerqualitäten und das Besondere dieses Mannes klar macht.
Spannend auch die Entwicklung von Mandelas Gattin Winnie (Naomie Harris) von der wackeren Mitkämpferin schließlich zur blutrünstigen Fanatikerin, von der Mandela sich bekanntlich (vermutlich schweren Herzens) getrennt hat. Im übrigen scheut der Film Einseitigkeit, schattiert das Verhalten auf der weißen wie auf der schwarzen Seite, fährt nicht mit dem Holzhammer durch „Gut“ hier und „Böse“ dort. Das ist alles sehr brav, aber auch recht gescheit gemacht. Viel mehr kann man angesichts einer Ikone nicht verlangen.
Renate Wagner