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NOAH

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FilmPlakat Noah R. Crowe 1  FilmPlakat  Noah 2

Ab 4. April 2014 in den österreichischen Kinos
NOAH
USA  /  2014 
Regie: Darren Aronofsky
Mit: Russell Crowe, Anthony Hopkins, Jennifer Connelly, Emma Watson, Ray Winstone, Logan Lerman u.a.

Die Zeiten sind vorbei, da ein Bibel-Film eine simpel-schöne Angelegenheit war wie bei den „Zehn Geboten“, spannend und spektakulär, Star-Kino und Bombast: Der liebe Gott blickte auf Hollywood herab und sorgte für die Kassenrapporte. Heute ist es nicht mehr so einfach, Bibel allein genügt nicht. Da muss noch jede Menge Sci-Fi dazu (!), da fügt sich die politische korrekte Öku-Diskussion hinein, und wilde Action und staunenswerte Effekte, die allerdings unverblümt aus dem Computer kommen, sind offenbar unverzichtbar.

Dazu hat Regisseur Darren Aronofsky, als er die Geschichte des biblischen „Noah“ nach eigenem Drehbuch verfilmte, vor Kitsch und Pathos nicht zurückgescheut. Das Ergebnis ist ein Konglomerat von zweieinviertel Stunden, das man am richtigsten als „seltsam“ bezeichnen kann. Zur Beruhigung – selbst, wenn angeblich der Papst die „Noah“-Crew empfangen hat und Freundliches sagte (so richtig für die Werbung wollte er sich klugerweise ja doch nicht einspannen lassen) – mit Religion hat der Film im Grunde gar nichts zu tun. Es ist ein Monsterspektakel, in dem es ganz zuletzt (wenn überhaupt) um Frömmigkeit geht.

Dass Gott einem ehrenwerten Mann befahl, eine Arche zu bauen, um die Natur über die Sintflut hinaus zu retten, wäre für heutiges Kino eine wohl zu einfache Geschichte. Also wird dazu erfunden, dass es nur so kracht. Anfangs sind Noah (der gelegentlich unter seltsamen Träumen leidet), seine Frau und seine drei Söhne unterwegs, finden ein kleines Mädchen (später ganz nötig als Gattin des ältesten Sohnes) und schlagen sich zu Opa Methusalem durch: Anthony Hopkins spricht im Gegensatz zu allen anderen wunderbar britisches Englisch, begehrt Beeren zum Genuss und hat eigentlich keine wirkliche Funktion. In späteren Szenen haben ihm die Maskenbildner noch mehr Falten gemacht und er darf ein bisschen zaubern. Hätte er diese Fähigkeit früher schon vernünftig benützt, wäre Enkel Noah manches erspart geblieben.

Dieser steht in engem Kontakt mit Gott und erhält den Auftrag, die Arche zu bauen. Aber wie, in einer steinigen, öden Welt? Da greift Science-Fiction: Methusalem ist von so genannten „Wächtern“ um geben, die irgendeine Art abgefallener Engel sind – deshalb agieren sie nun auch als riesige steinerne Monster, wie man sie aus jedem Horrorfilm kennt (ein bisschen erinnern sie auch an „Transformers“): Die müssen nur fest auf den Boden klopfen, Wasser bricht hervor, und buchstäblich in Sekundenschnelle ist die Erde mit Wald übersät. Weil aber Noah in seiner Familie (außer seiner Frau: lauter Kinder, dann Halbwüchsige) ja nicht unbedingt eine Baufirma bei der Hand hat, müssen wohl die „Wächter“ Hand angelegt haben – denn in kürzester Zeit ist die Arche als Riesenkasten aus Holz, durchaus komplex und kompliziert gebaut, da.

Und mehr noch – die Tierchen kommen freiwillig, die Vogel fliegen ein und lassen sich auf offenbar vorhergesehene Stellagen nieder, auch Schlangen und Kriechtiere kommen, den Einzug der anderen sieht man eher vage und von der Seite: Einen Triumphmarsch von Elefant, Nashorn, Löwe usw. bleibt der Film schuldig.

Immerhin, man ist fertig, es könnte losgehen – wären da nicht böse Menschen, jene, die Gott vernichten will (wie Noah so genau weiß), die natürlich keine Lust auf ihren Untergang haben und die Arche stürmen wollen: Das ist nun die übliche Schlachten-Action, wobei ein ganz böser König im Mittelpunkt steht.

Nun, die Wächter wehren sie ab, Noah lässt seine Mitmenschen zugrunde gehen (er ist ein sturer Untergangs-Fundamentalist), Wasserfontänen strömen aus der Erde, vom Himmel regnet es, die Sintflut ist da, Noah und die Seinen (und der aufs Schiff gelangte feindliche böse König) sind nun einmal in Sicherheit…

… und nun stellt sich das große Problem: Noah ist so überzeugt, dass die Erde nur gerettet werden kann, wenn keine Menschen auf ihr leben (ein sinnvoller Gedanke…), dass er sogar bereit ist, seine eigenen Enkelkinder umzubringen, nur damit mit ihm und seinen Söhnen alles zu Ende sei. Dass das der Familie nicht gefällt, ist klar – großes Drama, Konflikte, Verzweiflung. Hat der Film bis jetzt schon zu tremolierendem Pathos (reichlich mit Musik unterlegt) geneigt, jetzt wird es kitschig, dass es höher nicht geht… Bis zum „Happyend“, für das der Regisseur nicht einmal davor zurückschreckt, kuschelige Bilder von Tierbabys zu zeigen. Das Leben geht weiter…

Noah Crowe

Russell Crowe ist sicher einer der großen Darsteller Hollywoods in seiner Generation, aber er wurde schon mehr gefordert als hier. Er verschmäht für den Bibelhelden, der schließlich viele Jahre durchschreitet, die Hilfe von Maskenbildnern und Friseuren nicht (die Kostüme geben ja nichts her) – wie Haartracht und Bart einen Mann verändern und jeweils auch „psychologisch“ anders aussehen lassen, schöpft er mit zahlreichen „Looks“ aus. Im übrigen ist so ein Bibelheld ein edler, sturer, starker Mann mit tragischem Blick. Es gibt interessantere Rollen.

Auch die Frauen haben meist beunruhigt dreinzusehen: Jennifer Connelly, die treue Ehefrau, die dem Gatten erst Gefolgschaft versagt, als er doch glatt bereit ist, seine Enkelkinder umzubringen, und Emma Watson, über „Harry Potter“ hinausgewachsen, als sanft-schöne, aber doch entschlossene junge Schwiegertochter. Logan Lerman, der wie der junge Christian Slater aussieht, ist jener Sohn, der den Vater bekämpft, weil er sich nicht um eine Frau für den Sprössling bemüht, Douglas Booth ist, weil verheiratet, friedlicher. Als feindlicher König macht Ray Winstone keine besonders eindrucksvolle Figur.

Die 3 D-Brille muss man in diesem Film ziemlich sinnlos auf die Nase setzen – mit Ausnahme von ganz wenigen Unterwasser-Szenen, wo man dann meint, dass einem Fische ins Gesicht schwimmen, gibt es kaum diesbezügliche Effekte. Am Ende war’s immer wieder langweilig und tremolierend, ziemlich kitschig und sehr pathetisch. Und bei allem Aufwand und scheinbarem geistigem „Impakt“ doch auch eher angeberisch. Trotzdem: Die 125 Millionen Dollar, die in den Film hineingebuttert wurden, werden schon mit Zinsen wieder herauszuholen sein. Hollywood hat – auch mit zahlreichen weiteren Projekten – ganz einfach beschlossen: It is bible-time. Again. Alles kommt wieder.

Renate Wagner

 

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