MÜNCHEN / Bay. Staatsoper – CARMEN mit Anita Rachvelishvili, ein Naturereignis - 3.4.14
Anita Rachvelishvili / BB 1. A. © Hösl
Diese rassige Georgierin mit der wilden schwarzen Haarmähne (original!) ist ein fesselndes Ereignis auf der Bühne. Zwar spielt Anita Rachvelishvili eher zurückhaltend in der kaum mehr vorhandenen Wertmüller-Inszenierung, aber der immer noch brauchbaren Szenerie von Enrico Job, aber sie wirkt allein schon durch ihre Erscheinung und Persönlichkeit. Und wenn sie dann den Mund aufmacht, dann hat man es mit dem erwähnten Naturereignis zu tun. Es gelingt ihr die Habanera und Seguidilla in lockerem Chansonton darzubieten, aber wenn sie schließlich „voll aufmacht“ haut es einen schier um ob dieser orgelnden Stimmgewalt. Dabei ist diese außergewöhnliche Stimme nicht unbedingt „schön“ timbriert, aber sie zieht einen regelrecht in ihren Bann. – War Anita Rachvelishvili der Antrieb, diese Aufführung zu besuchen, so lohnte sich der Besuch nicht minder wegen Olga Mykytenkos gar nicht seelchenhafter Micaela. Was sie mit jubelndem Sopran an Interpretationsnuancen allein in ihrer Arie zelebrierte war großartig, und auch im Schmugglerbild konnte sie sich neben der Rivalin bestens behaupten.
Der Mann um den man sich stritt war hier leider mit einem Tenor jenseits seiner Top-Jahre besetzt: Marcello Giordani. Wir liebten ihn einst, als er als Jüngling in Günter Krämers immer noch existierender Traviata der Premieren-Alfredo war, später kam er u. a. als Boheme-Rodolfo wieder und immer bestach er durch sein natürliches Spiel und seinen unbekümmert aufsingenden, strahlenden Tenor. Nun ist Herr Giordani an der Met zum italienischen Heldenhaustenor avanciert, ist in Erscheinung und Gestik etwas behäbiger geworden und das Timbre klingt jetzt mehr in Richtung Charaktertenor. Spitzentöne kommen nach wie vor kraftvoll, jedoch immer im Forte, so steigt seine Blumenarie eben nicht zum Ende zu einem ppp-B hinauf, sondern Giordani schmettert ein B in munterem ff. Darstellerisch hat er sich zwar seine Natürlichkeit erhalten, aber er ist halt jetzt kein Jüngling mehr, auch wenn er sich im Finale so verausgabte, dass er bei den Vorhängen ganz und gar k.o. aussah. – Kyle Ketelsen, seines Zeichens Bass (Repertoireliste), kreist auf der ganzen Welt mit seinem Escamillo herum und wird dieser Machopartie sowohl optisch wie vokal gut gerecht.
Eine Freude, all die prächtigen Jungsänger in den Nebenrollen. Alle bis auf einen entstammen dem Münchner Opernstudio (einer ist dort noch) und sind Teile des Jungen Ensembles geworden: Tareq Nazmi als Zuniga, Andrea Borghini als Morales, die jubelnd alle Ensembles überstrahlende Iulia Maria Dan als Frasquita, Yulia Sokolik als Mercedes und Dean Power als Remendado. Ergänzend dazu Alexander Kaimbacher als Dancairo.
Als besonders glücklich erwies sich das Dirigat durch Carlo Montanaro. Selten habe ich eine derart differenziert musizierte Carmen gehört, und sowohl das Staatsorchester als auch die Chöre (Stellario Fagone) klangen überwiegend herrlich. Ganz besonders toll die Chöre (Damen!!!) im 1. Akt; im letzten kämpften sie ein bisschen mit dem Maestro, der es hier sehr eilig hatte.
Kräftiger Beifall, gewürzt mit zahlreichen Bravorufen war de Dank an die Künstlerschaft.
DZ
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Musikalische Leitung Omer Meir Wellber
Nach einer Produktion von Lina Wertmüller
Bühne und Kostüme Enrico Job
Licht Franco Marri
Chor Stellario Fagone
Besetzung:
Zuniga Tareq Nazmi
Moralès Andrea Borghini
Don José Yonghoon Lee
Escamillo Gábor Bretz
Dancairo Alexander Kaimbacher
Remendado Dean Power
Frasquita Eri Nakamura
Mercédès Angela Brower
Carmen Clémentine Margaine
Micaela Golda Schultz
Bayerisches Staatsorchester / Chor der Bayerischen Staatsoper