Foto: © Natascha Unkart
WIEN / Winterpalais des Prinzen Eugen:
DER ZORN DER ELEONORE BATTHYÁNY
Ein Theatermonolog über den abwesenden Prinzen Eugen
von Erwin Riess
Premiere: 2. April 2014,
besucht wurde die Vorstellung am 9. April 2014
Himmelpfortgasse 8 im Ersten Bezirk war bislang keine „kulturelle“ Adresse, hier fand (und findet) man nur das Finanzministerium. Das hat sich nun geändert. Das Belvedere – jenes Wiener Museum, das im Sommerpalais des Prinzen Eugen luxuriös „wohnt“ – hat im Vorjahr angesichts des 350. Geburtstags des Prinzen (1663-1736) dessen Winterpalais in der Himmelpfortgasse teilweise wieder in Besitz genommen und die Prunkräume in eine hochelegante Ausstellungs-Szenerie verwandelt, die die barocke Lebenswelt dieses so besonderen Mannes beschwört.
Man versucht, diesen Raum in Permanenz zu „bespielen“ (derzeit mit einer Anzahl künstlerisch bebilderter Bücher aus der Sammlung von Giovanni Aldobrandini, über den selbst man nichts erfährt, der aber wohl aus dem florentinischen Adelsgeschlecht stammt), aber weitere Initiativen, den singulären Ort „Winterpalais“ ins Gespräch zu bringen, sind wohl nötig. Es ist zweifellos eine glänzende Idee der Belvedere-Medienverantwortlichen, hier Theater spielen zu lassen. Und wenn man sich auch schwer täte, den Prinzen Eugen selbst auftreten zu lassen (das könnte peinlich ausfallen) – ein Stück über ihn ist allemale eine Idee.
Was bei Martin Walser einst ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe war (nämlich ein Monolog der äußerst frustrierten Frau von Stein), ist bei Autor Erwin Riess, dessen Vorliebe für historische Sujets bekannt ist, in vermutlich bewusster Paraphrase „ein Theatermonolog über den abwesenden Prinzen Eugen“, der den „Zorn der Eleonore Batthyány“ auslöst. Das 2003 geschriebene Stück passt hervorragend in das Schlafzimmer des Prinzen, wohin Regisseur Karl Baratta es auch versetzt.
Die Gräfin Eleonore Batthyány, geboren als Tochter des Hofkanzlers Theodor Heinrich von Stratmann (der Papa stammte aus Kleve am Niederrhein und machte in Wien Karriere, wie man in der Prinz Eugen-Biographie von Ernst Trost nachlesen kann), nimmt zwar in den dickleibigen Büchern über den großen Feldherrn meist nur ein paar Seiten ein, wird aber doch die bedeutendste Frau seines Lebens genannt.
Sie war die Witwe des Grafen Batthyány und Mutter von zwei Söhnen, als sie Eugen kennen lernte und sich ihm offenbar unentbehrlich machte. In, wie Autor Erwin Riess meint, jeder Hinsicht – wobei sich die Eventualität, dass Prinz Eugen von seiner entschieden homosexuellen Ausrichtung gelegentlich in Richtung Weiblichkeit ausschwärmte, weder zu bestätigen noch zu widerlegen ist. Der Wiener Klatsch, immer schon eine starke Komponente (auch der historischen Überlieferung), hatte hier jedenfall viel zu tun.
Erwin Riess lässt seinen Monolog der Gräfin Batthyány („die schöne Lori“ genannt) im Jahre 1719 spielen, als Eugen 56 Jahre alt war und in Karl VI. (dem Vater Maria Theresias) bereits seinem dritten Habsburgischen Herrscher diente (die übrigens damals absolut nicht als „Kaiser von Österreich“ bezeichnet werden konnten, wie es im dem Monolog fälschlicherweise geschieht – das Kaisertum Österreich gab es erst ab 1804). Und im Gegensatz zu Leopold I. und Joseph I. war die Situation zwischen Eugen und Karl (der aus Spanien nach Österreich gekommen war, um die Krone seines Bruders, dessen einziger Sohn im Kindesalter gestorben war, zu übernehmen) stets gespannt. Darum lieh der Kaiser auch einer Intrige sein williges Ohr, als Eugen beschuldigt wurde, unter dem verheerenden Einfluss der Gräfin Batthyány zu stehen.
Während Eugen nun – als Ausgangssituation des Stücks – zu einer klärenden Aussprache mit dem Kaiser gegangen ist, bleibt die Gräfin zurück und monologisiert sich durch ihre begreifliche Erregung.
Allerdings ist das, was Erwin Riess für eine knappe Stunde zusammen geschrieben hat, nicht allzu ergiebig. Er erzählt so einigermaßen die Geschichte der beiden, etwas über besagte Intrige und will den Frust der Gräfin formulieren, von Eugen nie als die Frau seiner Seite anerkannt zu werden. Wenn sie am Ende davonrauscht, tut sie es mit dieser Forderung – und lässt den Theaterbesucher gänzlich unbeleckt zurück, wie die an sich nicht unspannende, in Riess’ umständlichem Text allerdings auch nicht sehr stringent erzählte Geschichte weiterging.
Nun, tatsächlich wurden am Ende die Intriganten verurteilt, Prinz Eugen zwar einigermaßen aufs Altenteil abgeschoben, aber die Gräfin Batthyány blieb immer an seiner Seite, hat noch am Abend vor seinem Tod am 21. April 1736 mit ihm Piquet gespielt. Also alles in Butter.
Und hätte Erwin Riess genauer in der profunden Biographie von Nicholas Henderson nachgelesen, hätte er auch gefunden, was man der Gräfin alles vorwarf (man verdächtigte sie sogar, für ausländische Mächte zu spionieren!). Dann hätte der Text mehr Grip bekommen und weniger Geschwafel, was einigermaßen an der Wirkung kratzt.
Man wundert sich nicht, dass Johanna Orsini-Rosenberg (auch sie trägt einen großen österreichischen Adelsnamen, wenn das – „entadelt von Karl Renner“ – auch nichts mehr bringt) gelegentlich Schwierigkeiten hatte, sich durch die künstliche Sprache zu kämpfen und zur Selbstverständlichkeit ihres Protests zu finden. Aber vermutlich redet sie sich, über besagte Künstlichkeiten hüpfend, im Lauf der folgenden Vorstellungen noch überzeugender in Rage. Dass sie ausgerechnet in Prinz Eugens authentischem Schlafzimmer protestieren darf – das allein macht das Unternehmen schon zum Ereignis der besonderen Art.
Renate Wagner
Weitere Termine: 11., 23., 25., 28. und 30. April, 14. und 16. Mai
Information: www.belvedere.at