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MÜNSTER/ Musica Sacra Festival: VOM SPIRITUAL ZUM LUTHER-CHORAL – Christoph Prick dirigiert das Symphonieorchester Münster

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Münster Musica Sacra Festival für geistliche Musik. 15.April 2014   Vom Spiritual zum Luther-Choral

 Christof Prick dirigiert das Sinfonieorchester Münster

Unbenannt
Foto Sigi Brockmann mit freundlicher Genehmigung des Theaters Münster

 Ältere Opernfreunde, besonders aus dem Südwesten Deutschlands, geraten ins Schwärmen, erinnern sie sich an  Christof Prick als GMD des Badischen Staatstheaters Karlsruhe, der zweiten Station seiner internationalen Karriere. Das gilt besonders für seine Wagner-Interpretationen. So sangen Spas Wenkoff Tristan, Ute Vinzing Isolde und Brünnhilde, Sabine Hass die Sieglinde, Manfred Jung den Siegmund, und – jede fängt einmal bescheiden an – Deborah Polaski eine der Walküren.

Im Rahmen des Festivals für geistliche Musik „Musica sacra“ dirigierte er nun mit Musik ganz anderer Art als Gast das Sinfonieorchester Münster, nämlich mit Werken von Britten, Zimmermann und Mendelssohn Bartholdy, die sie alle drei  jeweils im Alter zwischen zwanzig und dreissig Jahren mit religiösem Hintergrund komponierten.

Dies galt gleich zu Beginn für die dreisätzige ohne Unterbrechung zu spielende „Sinfonia da requiem“ von Benjamin Britten, geschrieben mitten im und gegen den II. Weltkrieg. Der markante Paukenschlag zu Beginn des ersten Satzes „Lacrymosa“ ging gleich über in einen unerbittlichen Trauermarsch, die gewaltige Steigerung des zuerst sehr ausdrucksvoll von den Celli vorgetragenen Themas durch die verschiedenen Gruppen der Bläser bis zum Höhepunkt fast gegen Ende zeigte schon, wie zupackend Christof Prick das Orchester anspornte. Die  schwierigen Rhythmen insbesondere der Bläser des an einen Totentanz erinnernden zweiten Satzes „Dies irae“ waren – auch dank exakter Zeichengebung – hörbar. Zum Schluß des Satzes ließ er die Musik sich verzweifelt fast ins Nichts auflösen.  Das folgende „Requiem aeternam“ gab im Mittelteil den Streichern Gelegenheit zu einer fast hymnischen Melodie, bevor das Werk in einem ausdrucksvollen p der Klarinetten schloß.

In eine musikalisch ganz andere Welt führte das Trompetenkonzert „Nobody knows the trouble I see“ von Bernd Alois Zimmermann. War das „normale“ Orchester bei Britten schon durch Elda Laro am Flügel verstärkt, so so traten zusätzlich jetzt das sonic.art Saxophon-Quartett und etwa Gitarre zur  Begleitung des einsätzigen Konzertes hinzu, sodass schon optisch sich Orchester und Jazz-Band zusammenfanden. Dies passte zur titelgebenden Spiritual-Melodie. Da auch in beiden musikalischen Welten die Trompete zu Hause ist, konnte Reinhold Friedrich als Solist die ganze Breite seiner Trompetenkünste zeigen – die Spiritual-Melodie erklang zuerst choralartig und klagend. Rhytmisch schwierig  in der kontrapunktischen Durchführung des Themas insbesondere mit den Bläsern erlebte man kunstvolle Koloraturen der Trompete wechselnd mit swingenden Jazzrythmen, wo auch die Technik der dort gebräuchlichen Flatterzunge bewundert werden konnte. Der Spagat zwischen zeitgenössischen Zwölf-Ton-Klängen und sinfonischem Jazz gelang dem begleitenden Orchester unter Prick ausgezeichnet. Wie bei Britten endete das Werk ganz zurückgenommen p. Dem Publikum gefiel diese musikalische Stilmischung, wie der Beifall zeigte. Für diesen bedankte sich Friedrich begleitet von den Streichern des Orchesters mit dem Choral „Nun komm der Heiden Heiland“ von J. S. Bach ganz wunderschön in leuchtendem Legato gespielt.

Als musikalisch wenig aufregenden Programmteil dirigierte Prick nach der Pause auswendig die fünfte (eigentlich zweite) Sinfonie von Felix Mendelssohn-Bartholdy mit dem Beinamen „Reformations-Sinfonie“ Im ersten Satz waren wir dann wieder bei Wagner. Hier ließ Prick das „Dresdner Amen“ so eindrucksvoll crescendo aufblühen, dass man sich fast bereits im „Parsifal“ wähnte. Energisch und rasch folgte das zugehörige Allegro wirklich „con fuoco“. Tänzerisch besonders im walzerartigen Mittelteil gelang der zweite Satz. Nach dem edlen Streicherklang zu Beginn des letzten Satzes stimmte die Flöte, die bei allen am Abend gespielten Stücken besondere Aufgaben hatte, den titelgebenden Choral „Ein feste Burg ist unser Gott an“. Gut durchhörbar gelang die kontrapunktische Verarbeitung des Themas bis hin zur hymnischen Verbreiterung der Choralmelodie – zügig und nicht zu bombastisch gespielt.  Das Publikum freute sich offenbar darüber und dankte Dirigent und Orchester mit langem herzlichen Beifall für einen Konzertabend der sich als weiterer Höhepunkt der Aufführungsreihe geistlicher Musik  erwies.

 Sigi Brockmann 17. April 2014

 

 PS: Das Trompetenkonzert von Zimmermann mit Reinhold Friedrich als Solisten ist als CD beim Label „Capriccio“erhältlich   

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