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MISS SIXTY

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FilmPlakat Miss Sixty~1

Ab 25. April 2014 in den österreichischen Kinos
MISS SIXTY
Deutschland  /  2014 
Regie: Sigrid Hoerner
Mit: Iris Berben, Edgar Selge, Jördis Richter, Björn von der Wellen, Carmen-Maja Antoni, Michael Gwisdek u.a.

Der Titel des Films ist blöde, aber das soll wohl so sein – vieles an der Geschichte ist schräg, so gut wie alles amüsant, manches aus dem Leben gegriffen. In alt gewordenen „Achtundsechzigern“ mag noch immer ein Restposten ihres einstigen Widerstands gegen das Herkömmliche wohnen. Und um diese, die jetzt Sechzig (plus) sind, geht es.

Vielleicht sollte man gleich sagen, was diesen Film von Regisseurin Sigrid Hoerner so gut macht, nämlich die Besetzungen – an sich durch die Bank, aber vor allem die beiden Hauptdarsteller. Was die Sache gelegentlich ein bisschen schwächeln lässt, sind allzu „originelle“ Wendungen des Drehbuchs und allzu gewaltsam auf Pointe gestrickte Dialoge. Aber Schauspieler wie diese erspielen alles.

Das ist zuerst, Überraschung, Iris Berben. Im Fernsehen kann sie mit den glatten Kunst-Frauen, die sie meist zu spielen bekommt – gestylt, tüchtig, leidensfähig und all der Kitsch und Schlatz – , ganz schön nerven. Hier ist die Luise, die sie spielt, die eher reizlose Außenseiterin schlechthin, wie es sie im Alltag immer wieder gibt. Besessen und gut in ihrem Beruf, aber ohne die sozialen Fähigkeiten, sich beliebt zu machen, ohne Privatleben, spannungsreich-liebevoll mit der alten Mutter zusammen lebend. Vermutlich bekäme diese Frau überhaupt kein Problem mit sich, wenn ihr Chef (ihr fieser Ex-Liebhaber) nicht die Gelegenheit ihres „60ers“ benützte, sie in den Ruhestand zu schicken – mit dem Vorwand, dass ohnedies niemand sie leiden kann.

Und da merkt die Arbeitslose, des Lebenssinns Beraubte, plötzlich, dass ihr etwas fehlt: ein Kind. Glücklicherweise ist sie Biologin, und es klingt natürlich wie ein Scherz, der aber die Geschichte erst möglich macht: Einst hat sie ihre „Eier“ eingefroren, nun könnten ihr diese mit Hilfe eines Samenspenders zu spätem Mutterglück verhelfen. Obwohl alle Welt halb hämisch, halb entsetzt natürlich die Hände über dem Kopf zusammenschlägt: Mutter werden – mit 60? Man muss sich schon dermaßen nicht um seine Mitmenschen scheren wie Luise, um das durchziehen zu wollen.

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Selge Berben

Parallel läuft ein männliches Sechziger-Schicksal, und auch hier hat man eine Idealbesetzung gefunden: Edgar Selge, der so gar keinem „attraktiven“ Männlichkeitsklischee entspricht und ein so hinreißend differenzierter Schauspieler ist, hier mit demselben Sinn für Komik und Selbstironie durchdrungen, wie ihn auch Iris Berben beisteuert. Dieser Frans ist Galeriebesitzer mit Johannistrieb, der mit allen Anzeichen der Begeisterung ein Verhältnis mit seiner jugendlichen Assistentin (Jördis Richter) durchzieht, der er natürlich gänzlich egal ist. Die Schicksale von Frans und Luise verknüpfen sich durch seinen sympathischen Sohn Max (Björn von der Wellen), der ganz locker bei ihm lebt und sein Budget durch Samenspenden aufbessert. Als Luise sich heimlich den möglichen Kindesvater ansehen will, stolpert sie über Frans…

Was jetzt kommt, ist der beiden Widerspenstigen Zähmung, die sich an sich ganz gut verstehen, aber dauernd auf einander lospecken müssen. Der Weg zum Happyend ist gewunden, aber logisch, und die Regisseurin baut noch einiges am Weg ein – Luises flotte alte Mutter (die köstliche Carmen-Maja Antoni), den souverän das Leben belächelnden Kunstagenten (Michael Gwisdek), und eine köstliche Parodie auf eine zeitgemäße „Kunst-Aktion“ gibt es auch (weil eine Galerie, die keine Performance bietet, ja am Markt nicht mitspielt).

Am Ende ist Zweisamkeit das beste Mittel gegen Einsamkeit, und die Moral von der Geschichte ergibt für die Frauen die Erkenntnis: Jedes Ding hat seine Zeit, man sollte auch das Kinderkriegen (ebenso wie das Studieren und anderes) mehr oder minder im vorgesehenen Zeitfenster erledigen. Denn die Mutterfreuden mit 60 brächten doch mehr Probleme, als man lösen könnte… Um darüber rechtzeitig nachzudenken, müssten allerdings junge Frauen und nicht nur die Sechzigerinnen in diesen Film gehen.

Renate Wagner

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