WIENER STAATSOPER: 07.05.2014 - NABUCCO – Alle gegen einen!

Prägte die Veranstaltung: Placido Domingo als Nabucco. Foto: Michael Pöhn
Nur ein Ausnahmekünstler der Marke Placido Domingo kann unter solch widrigen Umständen ein Debakel verhindern. Alle gegen einen, das war das Motto des Abends. Aber wenn der Eine sein ganzes Können ausspielt und diese zerrissene Figur des Nabucco in allen Facetten zeigt, wenn er singt, als gäbe es keine fast 5 Jahrzehnte anstrengenden Opernlebens, mit einer unvergleichlich schönen Stimme, die nun auch wieder leicht tenoralen Glanz zeigt, dann darf der Rest des Ensembles mit relativem Wohlwollen bedacht werden.
Anna Smirnova schreit als Abigail zum Steinerweichen, um den Preis, dass selbst ihr kräftiges Organ kurz den Dienst verweigert. In den lyrischen Passagen merkt man dann die fehlende Klasse. Marian Talaba sang den Ismaele, es war keine Überraschung, dass man sich an seiner mitunter leicht distonierenden Stimme bald sattgehört hat. Auch Zoryana Kushpler versströmte als Fenena wenig Wohlklang, und Dmitri Belosselskiy bestach durch Kraftmeierei, guter Höhe, aber auch durch das beständige Verfehlen der tiefen Töne.
Bleibt noch zu erwähnen, dass das Orchester unter Jesus Lopez-Cobos einen Klangorkan der Sonderklasse bescherte, erst nach 55 Minuten hatte es Erbarmen mit den gemarterten Trommelfellen der Zuhörer. Der Chor war Lichtblick Nummer zwei an diesem Premierentag einer UHD-Live-Stream-Übertragung. Man kann nur hoffen, dass das Publikum via Internet ebenso wie das anwesende Publikum ob der Extraklasse eines Domingo den Rest nicht allzu tragisch nahm.
Johannes Marksteiner