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WIEN / Leopold Museum: TROTZDEM KUNST

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OLYMPUS DIGITAL CAMERA  Fotos: Wesemann

WIEN / Leopold Museum: 
TROTZDEM KUNST!
Österreich 1914-1918
Vom 9. Mai 2014 bis  zum 15. September 2014 

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Kunst als Gegenwelt

Allein in Wien haben sich schon Nationalbibliothek, Jüdisches Museum und Technisches Museum zum Ersten Weltkrieg gemeldet. Historisch, soziologisch, technisch. Das Leopold Museum fragt -, als Kunstmuseum, das selbst sehr viele Exponate aus dieser Epoche besitzt –  nach der Kunst der Zeit. 1918 starben Gustav Klimt und Egon Schiele, die Säulenheiligen des verstorbenen Rudolf Leopold. Schiele, Egger-Lienz und Anton Kolig sind die Hauptzeugen der Ausstellung „Trotzdem Kunst!“ Der englische Titel, den man gefunden hat, „And yet there was art!“ ist vielleicht noch deutlicher.

Von Heiner Wesemann

Leopold 2014 Egger Lienz Finale 
Egger-Lienz: Finale 1918

Krieg als Anti-Krieg    Nur im Katalog zu dieser Ausstellung werden jene Künstler gestreift, die ihr Können in den Dienst der Kriegspropaganda gestellt haben. Das sei eine „Anti-Kriegs-Ausstellung“ vermerkte leidenschaftlich Elisabeth Leopold, die zusammen mit Ivan Ristić und Stefan Kutzenberger hier als Kurator fungierte, bei der Pressepräsentation. Darum stünde auch gleich zu Beginn das „Finale“, die Leichenberge, die Egger-Lienz 1918 malte. Ist man die Räumlichkeiten der  Ausstellung ausgeschritten, so weiß man durch den Vergleich, dass kein anderer Künstler  den Krieg deutlicher und unmissverständlicher dar- und damit ausgestellt hat wie er.

Egon Schiele     Man hat den Ersten Weltkrieg nie sonderlich mit Egon Schiele in Zusammenhang gebracht  Aber die Ausstellung wird bei Schiele, der zwar nicht an die Front musste, sondern nur „Kanzleisoldat“ war, dennoch fündig: Sowohl in den Kriegstagebüchern wie in Briefen (einige sind in einem Sonderraum ausgestellt) und auch mit einigen Graphiken: Es ist nicht das blutige, eher das stille Elend (etwa von Kriegsgefangenen), das er gezeichnet hat.
Elisabeth Leopold ließ es sich allerdings nicht entgehen, die großen Schiele-Gemälde des Hauses, soweit sie während des Krieges entstanden sind, in einem eigenen Raum als spektakuläre Blickpunkte auszustellen. Nicht alle sind der allseits beliebte „erotische“ Schiele (wie die „Liegende Frau“ von 1917, die eines der Plakate ziert): eine Mutter mit zwei Kindern aus dem Jahre 1915 hat mehr vom Tod als von Leben.

OLYMPUS DIGITAL CAMERALeopold 2014 Kolig Hauptmann  Leopold 2014 Schiele Einjährig Freiwilliger 
Alfons Walde / Anton Kolig / Egon Schiele

Soldatengesichter: Kolig, Walde, Boeckl     Viele österreichische Künstler malten den Krieg, wobei Anton Kolig mit seinen Offiziersporträts noch am ehesten die „offizielle“ Kunst streift, während Soldatengesichter, wie Alfons Walde oder Herbert Boeckl sie zeigten, die Trostlosigkeit dieses Daseins reflektieren. Leise in Richtung Parodie tendieren Skizzen von Bertold Löffler.

Kunst als Gegenwelt    Ein wichtiger Schwerpunkt der Ausstellung gilt einem „Protest durch Kunst“, wie ihn Josef Hoffmann organisierte, als er 1917 für Stockholm (!) eine Ausstellung österreichischer Kunst zusammen stellte – 600 Objekte, eine Leistungsschau ohnegleichen, die sich auch thematisch dem vollen, bunten Menschenleben widmete, als versänke die Welt nicht seit drei Jahren im Krieg. Anton Faistauer war in diesem Rahmen einer der erfolgreichsten Künstler, die Stunde der großen Schätzung Oskar Kokoschkas erfolgte dann erst später.

Die Positionen der Moderne      Keine historische Ausstellung wagt es heutzutage, ohne einen Beitrag zeitgenössischer Künstler – gewissermaßen als „Intervention“ – auszukommen. Das Leopold Museum fragte eine Italienerin und eine Rumänin, einen Serben und einen Russen (also die damaligen „Feinde“) nach frei gewählten Assoziationen. Es entstanden traurige Fotografien vom Isonzo (Paola de Pietri), wie leichtfüßige Graphiken zum Thema „Übergang“ (Raluca Popa), Gleichniswelten mit Badewannen und Blut (Rasa Todosijevic), schließlich politische Texte digital (Dmitry Gutov). Sie stehen am Ende der Ausstellung. In einem Video zum modernen Beitrag überlegt Gutov angesichts der Ereignisse in der Ukraine, ob es hundert Jahre danach, wo man sich allgemein in Europa so „sicher“ fühlt, nicht auch einen großen Krieg geben könnte…

 Bis 15. September 2014, täglich außer Dienstag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr
Katalog Verlag Christian Brandstätter

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