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Wien/ Volksoper: CABARET von John Kander- mit dem Prädikat wertvoll. Premiere

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Wiener Volksoper:

„CABARET“, 14.9.2019 – mit dem Prädikat wertvoll

Wertvoll, besonders wertvoll: Mit diesem Prädikat ist dieses bizarre „Cabaret“ zu bewerten. Vor über einem halben Jahrhundert in der Blütezeit des US-Musicals am  Broadway uraufgeführt, vermag dieses Stück brillante Show und erschreckende Realität originell gestaltet zu verbinden. Berlin Ende der 20er Jahre, das Aufkommen des Nationalsozialismus, die Brutalitäten bei der faschistischen Machtergreifung. Der englische Schriftsteller Christopher Isherwood hat damals in der Stadt gelebt, hat den in den ‚Goldenen Zwanziger‘ aufgekommenen Libertinismus genossen und in seinen autobiografischen ‚Berlin Stories‘ literarisch fein psychologisierend über humane Befindlichkeiten und die tragische politische Entwicklung geschrieben. Die Story wurde nach dem Krieg in New York als Bühnenstück adaptiert, hierauf 1966 vertont von John Kander mit Liedtexten von Fred Ebb und dem Szenario von John Masteroff uraufgeführt. Und schließlich folgte noch der Welterfolg im Kino (Liza Minelli und Joel Grey, Regie: Bob Fosse).

„Cabaret“ ist in der letzten Jahren recht häufig auf den deutschen Bühnen zu sehen gewesen. Nun auch in die Wiener Volksoper geholt, vermögen Kanders profiliert eingängige Musik wie die menschlich-politische Geschichte ihre Wirkung zu erzielen. Der Musical-bewanderte Gil Mehmert und sein gastierendes Team machten es auf ihre in Deutschland bewährte Art: Weniger auf Stimmungszauber zielend, mehr in Richtung aufgekratzter Showpalast-Manier. Wohl auch dazu mit den geforderten tragischen Untertönen. Das funktioniert dank so eindringlicher Hits wie „Money, Money“ oder „Willkommen!“ und anderen bekannten Songs. Die Szenerie: Auf der Drehbühne sind die Bildwirkungen im ruppig-frivol aufgemascherlten  Kit Kat Club, in der Pension des ältlichen Fräuleins Schneider oder im Laden des jüdischen Obsthändlers Schultz nüchtern und düster gehalten, die Choreographie (Melissa King) beschränkt sich auf schrullenhaftes Statieren, und die Dialoge wirken gelegentlich nicht gerade allzu spannungsgeladen.

Die Besetzung vermag unterschiedlich zu gefallen. Bettina Mönch als die in Berlin gelandete englische Sängerin Sally Bowles ist gesanglich mit Abstand die Beste, wirkt aber im Spiel etwas fahrig, wird vom Regisseur nicht zu einer klaren Charakterzeichnung geführt. Entsprechend stimmig: Jörn-Felix Alt als der in Berlin angekommene dichtende Amerikaner Clifford Bradshaw (Bradshaw = ist Isherwoods zweiter Familienname), Dagmar Hellberg als vereinsamt gebliebenes Fräulein Schneider, Robert Meyer (als Jude Schultz muss er vor den Schlägertruppen flüchten), Johanna Arrouas (das die Männer verzehrende schlichte Fräulein Kost) und Peter Lesiak als schmeichelnd einladender, doch verbohrter und zuschlagender Jungnazi. Und die Paraderolle, der „Willkommen, Bienvenue, Welcome!“-Conférencier im Kit Kat Club? Ruth Brauer-Kvam mimt einerseits eindrucksvoll eine quecksilbrige wie schauerliche zarte Groteskfigur, andererseits kann man ihre schrilles, herausschreiendes „Money, Money“ mögen, oder …. Dirigent Lorenz C. Aichner brachte das Ensemble am Premierenabend mit Fortdauer richtig in Schwung, und ein interessiertes Publikum hat den Wert der Aussage des Stückes zu schätzen verstanden.  

Meinhard Rüdenauer


BERLIN/ Deutsche Oper/ Werkstatt: WOLFSSCHLUCHT – Webers „Freischütz“ modern

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Foto: Marcus Lieberenz

BERLIN/ Deutsche Oper/ Werkstatt: WOLFSSCHLUCHT – Uraufführung am 14.9.2019

Samiel hilf!

Wunderbar verwandelt zu haben vom Regie-Saulus zum Regie-Paulus scheint sich Paul-Georg Dittrich, der bei einer Diskussion während des Symposions „Oper und Film“ noch vollmundig erklärt hatte, er wolle noch „hinterfragen,….ob man Striche macht, Umstellungen vornimmt oder einen zeitgenössischen Komponisten etwas hinzufügen lässt“, nämlich zu bereits bestehenden Opern. Eine Jahr später lässt er den Leser der Berliner Morgenpost am Tag der Uraufführung von „Wolfsschlucht“ durch die Feder des Interviewers wissen: „Dittrich tastet die Musik selbst in der Oper nie an, sie wird nicht zur Verhandlungsmasse, zum Steinbruch, sondern ist Teil des strengen „Korsetts“ der Gattung Oper…“

Und wie sieht das in der Praxis, bei der Uraufführung von „Wolfsschlucht“ am 14.9. in der Tischlerei der Deutschen Oper aus? Das ist eine Werkstattbühne, ein Experimentiertheater, für das wohl andere Maßstäbe gelten, das aber zum Erstaunen des Besuchers es schafft,

in nur 75 Minuten alle Ingredienzien des Regietheaters unterzubringen als da sind: Videobilder, Verlesung fremder Texte, seien es Parteiprogramme, Internetkommentare, Pornographie, viel Blut, dazu alle die beliebten Themen wie Klimaveränderung, Abhängigkeit von Computer und Smartphone, tote Säuglinge, und da Der Freischütz ja bekanntlich im Wald spielt, darf das Waldsterben in Form eines dürren Zweiges nicht fehlen. Ob die türkische Hochzeit- Bräute mit rotem Schleier fahren herein- auch noch Migration und Asylanten zum Thema machen will, ist nicht auszumachen, so wie für denjenigen, der einen der sechs im Raum befindlichen Stühle ergattert hatte, sowieso kaum etwas zu sehen war, er die Pressebilder der Deutschen Oper zu Hilfe nehmen musste, um sich ein Bild von dieser wieder einmal schlechtesten aller Welten zu machen, die an diesem Abend mit einem wie der moderne Mensch von burn out geplagtem Max oder einer offensichtlich mit Schuld beladenen (Verhältnis mit Kaspar? Uneheliches Kind?) Agathe ein weiteres Mal alles Leid der Welt thematisierte.  

Zu Webers Musik kommt an diesem Abend die von Malte Giesen, die vor allem laut und eintönig ist, das Orchester unter Tilman Wildt besteht aus Horn, Schlagzeug, Klavier, Synthesizer und Elektronik, für Bühne und Kostüme sind Pia Dederichs und Lena Schmid verantwortlich, die phantasievollen Kopfschmuck für den Kinderchor (Leitung Christian Lindhorst) zu verantworten haben. Dieser leistet nicht nur musikalisch, sondern auch darstellerisch Erstaunliches, betätigt sich sogar als Bühnenhandwerker, so wenn es allerlei Poster an der Hütte, die in den Saal herabgelassen wird, zu befestigen gilt.

In der Wolfsschlucht treffen bekanntlich Samiel, Kaspar und Max aufeinander, an diesem Abend geht es um Agathe, Max und Kaspar, es gibt keine Handlung, sondern Teile des Originalgeschehens werden in buntem Durcheinander dargeboten, immer mal wieder taucht Max‘ große Arie in Bruchstücken auf, Agathe singt nicht ihr Gebet, sondern Ännchens „Kommt ein schlanker Bursch“, um sie laut Programmheft „anzureichern“, alle drei werden durch Miniports verstärkt. Der Max von Andrew Dickinson hat einen an sich angenehmen Tenor, irritiert jedoch durch häufige Intonationstrübungen. Ganz und gar keine Agathenstimme besitzt Susanna Fairbairn, sondern einen scharfen, schrill klingenden Sopran. Gern mehr gehört hätte man von dem Kaspar von Florian Spiess, der einen schlanken, dabei farbigen Bass für das Trinklied einsetzen konnte. 

Es hat in der Reihe „Überschreibungen“ auch schon bemerkenswert gute Beiträge wie für den Hoffmann gegeben, dieser aber war nur einer der eher peinlichen Versuche mehr, einem beliebten Werks tatsächliche oder eingebildete Probleme unserer Zeit, mehr noch die eigenen Befindlichkeiten überzustülpen und es damit ungenießbar zu machen.

 

Ingrid Wanja/ www.deropernfreund.de

Film: AD ASTRA – ZU DEN STERNEN

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Filmstart: 20. September 2019
AD ASTRA – ZU DEN STERNEN
Ad Astra / USA / 2019
Regie: James Gray
Mit: Brad Pitt, Tommy Lee Jones, Donald Sutherland u.a.

Sci-Fi ist eine Welt, die der Phantasie breiten Raum gibt. Aber wenn eine Story ganz bierernst und tragisch daher kommt, wäre es ganz gut, wenn sie auch Glaubwürdigkeit ausstrahlte. Und das vermisst man bei „Ad Astra“ (irgendwann nicht allzu bald in der Zukunft, der Mond ist schon bewohnt, auf den Maris kann man reisen). Nicht wegen der Hauptfigur: Dass es semi-autistische Astronauten gibt, glaubt man gern, denn ein normaler Mensch kann sich wohl kaum vorstellen, dass er in den Weltraum echappiert – aus welchen Gründen auch immer. Und so, wie Brad Pitt starr in die Welt sieht und einem seinen täglichen Zustand kontrollierenden Computer versichert, es gehe ihm ausgezeichnet, hat man einen langen Film hindurch (mehr als zwei Stunden) einen höchst rätselvollen Begleiter auf einer rätselvollen Reise ins Weltall…

Pitt als Roy McBride (er fungiert auch, aus dem Off, teilweise als der Ich-Erzähler der Geschichte) ist also Astronaut in den Fußstapfen seines hoch berühmten Vaters, der seine Familie vernachlässigt hat, um das Leben im Weltraum zu erforschen. Er gilt mit seiner Crew als verschollen, bis man Roy von höchster Stelle her unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitteilt, dass man vermutet, er lebte noch am Neptun… und solle eigentlich zurück geholt werden. Der immer bewegungslose Sohn (es scheint, als habe Brad Pitt Alain Delon als eiskalten Engel verinnerlicht, so sehr geht er wie ein Mann „nicht von dieser Welt“ durchs Geschehen) nimmt die Mission natürlich an, auch weil ihm gar nichts anderes übrig bleibt.

Wer nun irgendwelche Weltraumabenteuer erwartet oder erhofft, wenn es „ad astra“ geht, zu den Sternen, wie der deutsche Titel so schön übersetzt, der wird herb enttäuscht. Regisseur James Gray (zuletzt mit „Die versunkene Stadt Z“ wenig erfolgreich) schlägt eine durchwegs langsame, man kann sogar sagen behäbige Gangart ein. Aber nun nicht, um etwa die Schönheit und Heiligkeit des Alls zu feiern, davon merkt man wenig. Wobei das ja – außer dem Grauen vor der dunklen Endlosigkeit und Ewigkeit – meist eines der Motive ist, das Kinopublikum (samt irgendeinem Helden) da hinaus zu schicken (was sich als oft erstaunlich kassenträchtig erwiesen hat – „Gravity“, wo Sandra Bullock einst handlungslos durchs All geschwebt ist, spielte über 700 Millionen Dollar ein!). Hier vermisst man diesen Aspekt, das All zu zelebrieren – und anderes mehr.

Roy macht sich erst einmal zum Mond auf, wo ihm ein alter Gefährte seines Vaters (Donald Sutherland) kurzfristig und dramaturgisch wenig einsichtig Gesellschaft leistet. Weiter geht es auf den Mars. Dort stellt man eine Sprechverbindung zu seinem Vater her, wobei zwei maulfaule Männer einander wenig zu sagen haben. Als man ihn danach heim schicken will, kidnappt er ein Raumschiff (keine Angst, es ist nicht spannend), um sich auf den Neptun abzusetzen.

Hier findet dann die Begegnung mit einem optisch wahrlich abgewrackten, alten Tommy Lee Jones statt, der in aller Ehrlichkeit sagt, dass er sich nie viel aus seiner Familie gemacht hat… Obwohl er ganz allein auf dem Neptun haust (wie?) und seine Crew offenbar tot ist (was ist passiert?), weigert er sich, auf die Erde zurückzukehren. Die Begegnung, um die es psychologisch die ganze Zeit ging, ist also ein Rohrkrepierer. Ja, und man verrät kein Geheimnis, dass es Roy McBride zurück auf die Erde schafft – und hier so autistisch vor sich hin blickt als wie zuvor…

Wie viele Löcher diese Geschichte hat, darüber mag man im nachhinein gar nicht nachdenken. Wieso sollte der einsame Mann am Neptun irgendeine Gefahr für die Welt darstellen, dass man solche wahnwitzigen Anstrengungen zu unternimmt, ihn in der Tiefe des Alls auszuschalten (niemand würde ernsthaft annehmen, dass er aus einer Entfernung von über 400 Millionen Kilometern Schaden anrichten kann)? Wie brechen in einem Raumschiff plötzlich blutrünstige Menschenaffen aus und bedrohen die Astronauten? (Sollte man sie mitgeführt haben, aus welchen Gründen auch immer, sollte man meinen, dass sie als Säugetiere – so wie die Menschen – hier Sauerstoff brauchen?) Wer sind die Feinde, die auf dem Mond plötzlich zu einer Hetzjagd in Landrovern (oder Mondrovern) ansetzen? Wieso fliegt unser Roy McBride, der am Hinweg immerhin die Stationen Mond und Mars braucht, um am Neptun landen, am Rückweg ganz problemlos offenbar in einem durch – und in relativ kurzer Zeit wohl, denn er wirkt völlig unverändert, als er nach diesem Weltraumabenteuer, das keines ist, wieder aussteigt?

Muss man bei Filmen dieser Art wirklich den Verstand abgeben? Und sich von der amerikanischen Kritik vorbeten lassen, welch großartige Sohn / Vater-Geschichte das ist? Diese Art von Entfremdung gibt es auch auf der Erde, dafür muss man nicht so weit und filmisch so frustrierend reisen…

Rente Wagner

Film: SUBMISSION

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Filmstart: 19. September 2019
SUBMISSION
USA / 2017
Regie: Richard Levine
Mit: Stanley Tucci, Addison Timlin, Kyra Sedgwick, Peter Gallagher u.a.

Wir sind beim Thema des Tages: Vergewaltigung, vielmehr behauptete Vergewaltigung, Täter – Opfer – Gesellschaft, Vorverurteilung, Glaubwürdigkeitsprobleme, und dass man gar nicht genug aufpassen kann, was man zu irgendjemandem sagt – selbst, wenn man die anderen für Freunde hält…

Vielleicht hat der Verleih den amerikanischen Film „Submission“ von 2017 jetzt hervorgeholt, weil er das alte Thema neu beleuchtet. So, wie man es heute nicht sehen will. Die Frau als bewusste Täterin, die sich als Opfer aufspielt, der man ungefragt glaubt, und der es keine Mühe macht, einen Mann zu zerstören, wenn ihr danach ist…

Man sollte meinen, das Milieu einer Universität, wie es hier gezeigt wird, sei besonders heikel, aber wie man längst weiß, funktioniert das Schema überall. Dennoch hat die kleine Welt innerhalb der Universitäten immer ihren Reiz, und das Bündel der Motive, das der Film „Submisson“ auffächert, wirkt glaubwürdig. Zumal faszinierend gespielt, schrittweise einem Untergang entgegen gehend, den man nur als Kinobesucher voraussieht, während Professor Ted Swenson sich leider nur (geradezu klischeehaft) benimmt wie ein dummer Mann, der freundlich und höflich sein wird…

Dieser Swenson wird zum Glanzstück des Schauspielers Stanley Tucci: kein attraktiver Mann, kein mächtiger Mann, aber den klugen und resignierten und höflicihen Mann glaubt man ihm jede Sekunde. Als Schriftsteller hat er mit einem ersten Buch kurzen Ruhm geerntet. Die Branche kennt die Crux des nächsten Buches, das sich nicht aus dem Ärmel schütteln lässt. Also verdient sich Ted Swenson sein Geld als Professor für kreatives Schreiben an einer amerikanischen Privatuniversität in Vermont. Unterstützt seine Schüler, die – eine kleine Klasse – ihre Werke vorstellen und auch untereinander hart aburteilen. Swensons Gattin (Kyra Sedgwick) arbeitet im Spital, ist eine angenehme, vernünftige Frau, macht das Campus-Leben mit, wo die Professoren sich privat treffen, und ist klugerweise erschrocken, wenn ihr Gatte im Kreis der Kollegen unvorsichtigerweise ausspricht, was er von der beengenden „politischen Korrektheit“ hält…

Und da taucht die Studentin Angela Argo auf (Addison Timlin blitzt die Berechnung von allem, was sie tut, aus den Augen, aber Swenson sieht es nicht). Sie macht sich an den Professor heran, verlangt private Aufmerksamkeit für ihr Manuskript, das er freundlich beurteilt, und er kann ihrer zunehmenden Aufdringlichkeit nicht Herr werden, weil er nicht der Mensch ist, sie kaltblütig wegzuschicken. Und dummerweise ist er auch nicht so klug wie seine Kollegen, die offen sagen, dass sie nur bei offener Tür mit Studentinnen sprechen oder wenn jemand dabei ist oder wenn sie ein Tonband laufen haben. Die seltsame Bedrohung des Alltags heute.

Es kommt, wie es kommen muss, und Regisseur Richard Levine führt die Handlung mit unaufgeregter Folgerichtigkeit: Angela verführt den Professor, er tappt in die geschickt aufgestellte Venusfalle (im Hintergrund irrlichtert der „Blaue Engel“ herum), er glaubt an gegenseitige Anziehung, möchte es glauben. Damit sie ihm dann entgegen schreit, sie habe es nur getan, damit er sie an seinen Verleger in New York vermittle… Obwohl der Sex dann im letzten Endeffekt nicht stattgefunden hat (er brach sich offenbar beim Küssen einen Zahn aus, was dramaturgisch etwas seltsam wirkt), klagt sie ihn der Vergewaltigung an – und niemand kommt auf die Idee, daran zu zweifeln oder auch nur seine Argumente zu hören.

Dass die tapfere loyale Ehefrau ihn ohne weiters fallen lässt, wirkt seltsam, nicht hingegen, dass das von der Uni einberufene „Gericht“ ihn absolut für schuldig erachtet und den chancenlosen Swenson, dem man gar nicht zuhören will, relegiert. Auch dass Angela nach diesem Skandal einen Buchvertrag bekommt, liegt im Trend unserer Zeit. Und dass der verachtete, einsame Swenson nun wieder schreibt… schwacher Trost für alles, was geschehen ist.

Da zeigt ein Film, wie der Zeitgeist auch laufen kann. Früher ergab die Geschichte der berechnenden Frau (die dann auch immer bombensexy war) im Kino einen aufregenden Thriller. Heute ist das trockener, trauriger, reizloser Alltag. Zeigt, wie man Trends instrumentalisiert. Wie hoffnungslos die Situation der Opfer ist – und das Opfer findet sich diesmal auf der anderen Seite. Weil man die scheinbar missbrauchte, gedemütigte, benützte Frau für ihren Mut, alles öffentlich zu machen (!) noch bewundert, sie bestärkt – und das als Topos so selbstverständlich findet, dass man der Gegenseite nicht die geringste Chance gibt.

„So schaut’s aus“, würden die Wiener Kabarettisten sagen. Natürlich schaut es nicht immer so aus. Aber dass jedes Ding zwei Seiten hat und die Kehrseite der Medaille beachtet werden sollte – vielleicht lernen das die #metoo-Aktivisten noch. Obwohl sie so von ihrer Unfehlbarkeit überzeugt sind, dass ein einzelner, wenn auch sehr guter Film daran wohl wenig ändern wird.

Renate Wagner

Film: DOWNTON ABBEY

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Filmstart: 19. September 2019
DOWNTON ABBEY
GB / 2019
Regie: Michael Fengler
Mit: Maggie Smith, Hugh Bonneville, Imelda Staunton u.a.

Es gibt so viele TV-Serien auf dieser Welt, viele auch langlebig, und doch muss etwas Besonderes dabei sein, wenn ein Name zum Begriff wird: „Downton Abbey“, der fiktive britische Adelssitz, der ein Millionenpublikum mit seinen Generationen übergreifenden Schicksalen fasziniert hat – wobei es nicht nur um die Lords und Ladies ging, deren Schicksale die Briten im wahren Leben so gerne im „Tatler“ nachlesen, sondern auch, und das war ein geschickter Trick, um das Personal, so dass sich auch „der kleine Mann“, der vor dem Fernsehapparat saß, vertreten fühlen konnte.

Obwohl außer der großen Maggie Smith und einmal vorbeischauend Shirley MacLaine als Amerikanerin keine wirklichen Stars dabei waren, erfreuten sich Herrschaften und Diener in ihren Darstellern bald großer Popularität. Man muss ja nur Menschen, Typen, Exzentrik, Tragik und Humor sowie die zwingenden Ereignisse der Geschichte geschickt mischen (als ob das so leicht wäre) – und schon funktioniert’s…

Aber alles hat ein Ende, nach fünf Staffeln, 52 Folgen und einer Menge Specials ging die Fernsehserie zu Ende, um offenbar ein so großes Loch im Bedürfnis der Fans zu hinterlassen, dass nun ein Film nachgeschoben wird. Er spielt nach dem Ende der Familiengeschichte im Jahre 1927 und hat an sich nur ein Handlungs-Zentrum: den Besuch von König George V. und Queen Mary (deren Tochter gesellt sich dann auch noch dazu), die damals von Adelssitz zu Adelssitz reisen. Auch wenn die königlichen Herrschaften nur einen Tag bleiben, die Vorbereitungen für einen königlichen Besuch können ein Haus schon auf den Kopf stellen..

Nun gibt es in England auch starke antimonarchistische Bewegungen (man muss nur den „Guardian“ lesen), und darum haben es die Drehbuchautoren, an der Spitze Julian Fellowes, geschickt vermocht, den Schwerpunkt auf die Bediensteten zu legen. Dennoch wurlt man sich als Zuschauer in den Herrschaftsräumen wie in den Dieneretagen durch die bekannte Unzahl von Personen…

Die Dienerschaft ist hoch beleidigt, als eine Crew aus dem Buckingham-Palast erscheint, erklärt, man übernehme hier das Ganze und das heimische Personal möge sich zurückziehen (wobei man auch noch die Bemerkung fallen ließ, wie unwichtig Downton Abbey und seine Familie Crawley sei). Na, mehr brauchen die Hochmütigen aus London nicht! Das Kinopublikum – wenn es sich auf die Geschichte einlässt – darf sich nun höchst dabei vergnügen, wie die Angestellten des Kings ausgetrickst werden… selbst wenn einiges davon untergriffig ist.

Interessant, wie sehr an den Rand der „regierende Lord“ (Hugh Bonneville) gerückt ist, aber Maggie Smith als die Dowager Countess of Grantham muss natürlich ihren zentralen Platz einnehmen: Damit sie sich auf ihre unvergleichliche Art entrüsten kann, hat man eine reiche Verwandte (Imelda Staunton) aus dem Hut gezaubert, die die Unverschämtheit besitzt, dass sie ihr Geld nicht den Crawleys, sondern ihrer Zofe (Tuppence Middleton) vermachen will… Die ist so entzückend, dass man sie dem verwitweten Crawley-Schwiegersohn (Allen Leech) herzlich gönnt, der auch noch einen Attentäter unschädlich macht…

Damit alle nötigen Ingredienzien in die Geschichte verarbeitet werden (wenn der alte Butler zu Hilfe geholt wird, ist der neue böse und dergleichen Menschelndes), gibt es noch eine schwule Nebenhandlung, und King und Queen (Simon Jones und Geraldine James) sind natürlich sehr freundlich und huldvoll (die Royals haben schließlich noch genug Fans)… und am Ende ist alles gut.

Regisseur Michael Fengler hat das mit nobler Hand zusammen gemixt, wird nie peinlich, lässt den nötigen britischen Humor walten – kurz, wenn man da keine Vorurteile gegen Menschen dieser Art, Filme dieser Art hegt, kann man sich prächtig unterhalten.

Renate Wagner

KASSEL/ Staatstheater: SIEGFRIED. Premiere

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Daniel Brenna. Foto: Agentur

SIEGFRIED

Staatstheater Kassel, 14. September 2019, Premiere

Der zweite Tag ist geschafft, nun steht noch das große Weltende bevor – das Staatstheater Kassel hat seine Neuproduktion vom Ring des Nibelungen mit dem Siegfried  um einen weiteren Baustein vorangebracht.

Für die Inszenierung zeichnet Markus Dietz verantwortlich, Oberspielleiter des Schauspiels in Kassel, der in den letzten Jahren bereits einige Werke des Musiktheaters inszeniert hat und sich nun der herausfordernden Tetralogie annimmt. Dietz und sein Team mit Ines Nadler, Bühne, und Henrike Bromber, Kostüme, verlegen den ersten Akt in eine ziemlich unaufgeräumte Behausung, der Amboss ist eine Art Schaltpult, ansonsten gibt es zwischen Töpfen und Waschmittel allerlei Requisiten; etwas weniger wäre hier sicher mehr gewesen, doch die unsympathische Schmuddeligkeit passt genau zum Charakter der hier Lebenden. Das Spiel in diesem Raum hat Dynamik und Tempo. Im zweiten Akt erlebt der Zuschauer dann einige nur in Unterwäsche gekleidete Menschen, die in einem Käfig leben; offenbar sind sie Fafners Gefangene. Der wird in bühnengroßen Videoprojektionen als schmieriges Wesen dargestellt, das gern frisst, und das wohl Menschenfleisch. Seine Tötung kann also als Befreiung der gefangenen Menschen verstanden werden. Doch diese Befreiung, vielleicht symbolisch auch als Befreiung der Welt und Erlösung aus der verfahrenen Situation um den Ring, nützt scheinbar nicht viel. Denn im dritten Akt sind diese Menschen zu fast unbeweglichen Statuen erstarrt, ähnlich wie Erda, die müde,  energielos und fahl weiß geworden nichts mehr zur Weltrettung beitragen kann. Lichtblick schließlich im weißen Raum in weißem Gewand, ähnlich dem seiner Mutter – Siegfried bekommt es im ersten Akt von Mime – ist die Erweckung Brünnhildes. In welche Richtung die Reise der nun Vereinten weitergeht, wird die Götterdämmerung im kommenden März zeigen.  

Musikalisch ist dem Haus eine insgesamt sehr überzeugende Aufführung gelungen. Das lag vor allem an einer Besetzung, die überwiegend viel Erfahrung mit Wagner, auch an großen internationalen Bühnen, mit nach Kassel bringt. Daniel Brenna, der beide Siegfriede zuletzt in San Francisco verkörperte, brauchte am Premierenabend zwar ein wenig Zeit, um sich frei zu singen. Aber er verfügt über genau den Stimmtyp, den der junge Siegfried braucht, konnte mit metallisch-strahlenden Spitzentönen genauso überzeugen wie mit wunderbaren Piano-Passagen. Sehr respektabel war, dass er nach einem Sturz auf der Bühne nach dem zweiten Akt den dritten mit verbundenem Bein nicht nur sang, sondern auch weiter spielte. Brenna fand sich überhaupt als Darsteller genau in die Rolle und die Regie ein. Dabei half ihm zweifelsohne der großartige Arnold Bezuyen als Mime. Stimmlich und darstellerisch ließ Bezuyen – der den Mime im kommenden Ring in Bayreuth übernehmen wird – keinerlei Wünsche offen. Wie sehr er die Verschlagenheit des besessenen Zwergs herauskehrte, war wunderbar anzusehen und zu hören.

Ebenfalls rundum konnte Egils Silins als Wanderer überzeugen. Mit seiner voluminösen, üppig strömenden und über jede Orchesterwoge erhabenen Stimme verlieh er Wotan bei seinen letzten Auftritten auf der Opernbühne große Autorität, aber auch die nötigen Zwischentöne. Kelly Cae Hogan verfügt nicht über einen metallischen, hochdramatischen Sopran, fand aber doch mit leuchtenden Höhen und berührend innig gesungenen Phrasen zu einem starken Rollenprofil, das neugierig darauf machte, wie ihr die Brünnhilde in der Götterdämmerung gelingen wird.

Die übrigen Rollen waren mit Edna Prochnik als tief und geheimnisvoll tönender Erda, Thomas Gazheli und Runi Brattaberg als imposanten Alberich und Fafner sowie Elizabeth Bailey als koloratursicherem Waldvogel mehr als passend besetzt.

Weitere Garant für einen dramatisch packenden Abend war Francesco Angelico am Pult des Staatsorchesters Kassel. An einigen Stellen ließe sich durch straffere Tempi der Spannungsbogen sicher noch weiter intensivieren. Insgesamt aber hat Angelico seine Musiker mit ausgesprochen ausbalanciertem Klangvolumen sehr gut auf die an Farben und Nuancen so reiche Partitur eingestimmt, das ausgewogene und differenzierte Musizieren sowohl der großen Höhepunkte, der dramatisch packenden und der stillen, zurückgenommenen Szenen gelang sehr gut. Von kleinen Unkonzentriertheiten abgesehen, folgte ihm das Orchester dabei sehr aufmerksam und mit üppiger Klangschönheit.

Starker Beifall und viele Bravos für das Ensemble sowie Franceso Angelico und das Staatsorchester. Und auch das Regieteam wurde mit durchaus freundlichem Applaus auf der Bühne empfangen. 

Christian Schütte

SPILIMBERGO/ Friaul/ Italien/ Cinema Teatro Miotto: DON PASQUALE

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14.09.2019: Spilimbergo, „Cinema Teatro Miotto“ : „DON PASQUALE“

     In Friaul, auf einer Terasse circa 100 m über dem Tagliamento liegt das entzückende Städtchen “Spilimberc” – auf friulanisch – oder Spengenberg auf deutsch, bekannt für seine Mosaikschule;  in Sichtweite, jenseits des Flusses die „Schinkenstadt“ San Daniele.

     Der in Wien lebende Dirigent Tiziano Duca stammt hier aus der Nähe und hat ein ambitioniertes „Progetto Donizetti“ initiiert und selber organisiert und in dessen Rahmen das humorvolle und musikalisch so gelungene Alterswerk von Donizetti an drei Orten in Friaul  zur Aufführung gebracht. In Pozzuolo del Friuli, Tolmezzo und eben die letzte Aufführung in Spilimbergo.  Wenn auch der Name des Orchesters „Operaprima Wien“ ein wenig irreführend ist, waren doch allesamt lauter junge Musiker aus der Region Udine, Pordenone  und Trieste mit vollster Konzentration und erstaunlichem Können bei der Sache und boten das Fundament dieses wahrhaft beglückenden Abends, den Maestro Duca mit spritzigem Musizieren und hervorragendem Gespür für die feine Partitur des Bergamasker Meisters leitete und voran trieb. Von einer außergewöhnlichen Präzision und enormer Spielfreude ist auch vom Chor zu berichten, der aus lauter Laien (!) der Region zusammengestellt war, den die sowohl als Korrepititorin, Begleiterin von Soloabenden und Chorleiterin erfolgreiche Sabina Arru perfekt vorbereitet hatte. 

      Mit einfachen Mitteln wurde szenisch eine stimmungsvolle, beschwingte Aufführung erreicht, die dem Werk auf beste Weise gerecht wurde. Alfonso de Filippis aus Verona demonstrierte, wie man in einem kleinen Haus mit wenig Geld und guten Ideen weit mehr zusammen bringen kann, als – wie leider sehr oft! – an einem großen Haus im umgekehrten Falle…!  Zudem schlüpfte er gleich in die Rolle des Notars und setzte damit echt großartige komische Akzente.  Das Solistenquartett agierte mit größtem Engagement und Freude und bot auch musikalisch ausgezeichnete Leistungen. Der aus China stammende und nun in Triest lebende Hao Wang konnte mit einem sicher geführten, angenehm timbrierten Kavaliersbariton aufwarten und war als Drahtzieher des Geschehens souverän geschäftig. Aus Lecce stammt der Tenor Federico Buttazzo, der mit schlanker Tongebung und geschmackvoller Phrasierung seine herrlichen Kantilenen schmachtend darbot und in die Cabaletta mit einem sicheren „Des“ krönte!  Eine famose Leistung bot die zierliche Francesca Bruni:  im „Gesamtpaket“  habe ich tatsächlich in meinen langen Opernjahren keine überzeugendere Interpretin der Norina erlebt! Sie singt mit golden getöntem, nicht großem, aber perfekt sitzendem Sopran die Partie differenziert und mühelos, kann an den entscheidenden Stellen „Aufdrehen“ und spielt, nein „ist“ die kapriziöse Norina einfach großartig!  Und das ohne Peinlichkeiten oder Übertreibungen , die man da oft zu sehen bekommt. Protagonist war der erst 25 jährige Rumäne Benjamin Molonfalean, aus Targu Mures stammend und jetzt in Kopenhagen studierend und wohnhaft. Wie er den Alten spielte war echt berührend, sein wohlkingender  Baß tönt voll und vielversprechend, wenn er brav weiterarbeitet darf man sich auf seine Entwicklung wirklich freuen. Es war sein erstes Auftreten als Protagonist in einer Produktion – bravo!

      Am Ende großer Jubel und beste Stimmung im Auditorium –  ein wahrlich beglückender Abend, der hoffen läßt, daß dieses Projekt im nächsten Jahr seine Fortsetzung finden kann – vielleicht mit dem „Elisir“ ? –  wenn sich ein paar Sponsoren finden. Von kommunaler und Regionsebene ist ja leider nichts zu erwarten- sehr schade!

Michael Tanzler

 

WIEN/ VOLKSOPER: CABARET – Wenn einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Premiere

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Wien/ Volksoper

WENN EINEM DAS LACHEN IM HALSE STECKEN BLEIBT: SUPER-ERFOLG MIT „CABARET“(14.9.2019)

Es beginnt turbulent – das 1966 am Broadway uraufgeführte Musical „Cabaret“ von John Kander und Fred Ebb ist ein typisches Produkt der 68-Bewegung. Freiheit und Individualismus auf der einen Seite – und dagegen die braunen Schatten der Vergangenheit – haben auch die Filmversion von 1972 – mit Liza Minelli –  zu einer fsazinierenden Momentaufnahme des Berlin in dem frühen 30er Jahre .befördert. Niemand hätte aber damals damit gerechnet, dass einem 50 Jahre später das Lachen wieder im Halse stecken bleiben würde, wenn der naiv-biedere US-Schriftsteller Sally Bowles( sehr glaubhaft Jörn Felix Alt) im Berlin während der NS-Machtergreifung 1933 kapiert wie es in Deutschland weitergehen  wird. Die Produktion der Volksoper ist ein fulminanter Erfolg, wie er noch selten am Währinger-Gürtel zu erleben war. Und der Super-Erfolg hat mehrere Gründe: „Cabaret“ benötigt echte Stars und die Volksoper kann damit aufwarten: Bettina Mönch als Sally Bowles hat sich schon in der Zarah Leander-Produktion „Axel an der Himmmelstür“ zu einem Publikumsliebling entwickelt. Diesmal zieht sie alle Register ihres Könnens: sie singt mit Totaleinsatz, wirft die Beine – kurzum: jetzt ist sie zum  Wiener Superstar avanciert.  Der Jubel ist phänomenal! Und der Applaus sprengt alle Grenzen. Die Gegen-Position zum Kit-Kat-Klub – mit Life-Ball-Athmosphäre findet man bei dem Liebespaar – dem jüdischen Obsthändler Schultz –  sehr eindringlich  und „still“ gespielt vom Hausherrn Robert Meyer und der Pensions-Betreiberin „Fräulein Schneider“- sehr glaubhaft Dagmar Hellberg. Dann ist der Conferencier  eine Schlüsselrolle: Ruth Brauer-Kwon ist – zumindest im Klub ständig im Bild. Gefährlich aktuell und ein geschlechtsloses „Irrlicht“: Peter  Lesiak spielt einen erschreckend vitalen Ober-Nazi „Ernst Ludwig“.Dazu kommt eine tolle Volksopern-Orchester-Leistung unter dem Dirigat von Lorenz C. Aichern.

Die Regie von Gil Mehmert (Bühne Heike Meixner) ist praktikabel und die Choreographie von Melissa King perfekt. Jedenfalls hat  sich die Volksoper mit diesem Start die Latte für diese Saison sehr hoch gelegt. Und Bettina Mönch – sie muss man als Sally Bowles einfach erlebt haben. Und die aktuelle Diskussion über „Umvolkung“ wird man vielleicht in einen anderem Kontext verfolgen!

Peter Dusek


BERLIN/ Staatsoper: Ringzyklus 1 GÖTTERDÄMMERUNG

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Berlin Staatsoper/ Ringzyklus 1/ Götterdämmerung vom 15.09.2019

Festspielwürdige musikalische Darbietung mit umstrittener Inszenierung

Das Team für die Regie:

Inszenierung und Bühnenbild: Guy Cassiers, Enrico Bagnoli, Kostüme:  Tim Van Steenbergen, Licht: Enrico Bagnoli, Video:  Arjen Klerkx , Kurt D’Haeseleer, Choreographie:  Sidi Larbi Cherkaoui, Chor-Choreographie: Luc de Wit

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Beginn 1. Akt, die Nornenszene, im Hintergrund die Nornenseile, Foto: Monika Ritterhaus

Nach jahrelangen „ringlosen Aufführungen bei den Bayreuther Festspielen“ hat die Staatsoper Berlin, gleich zu Beginn der neuen Saison zwei komplette Ringzyklen auf den Spielplan gesetzt. Es handelt sich um eine Koproduktion mit der Mailänder Scala, die im Jahre 2010 mit dem Rheingold begann und im Jahre 2013 mit der Götterdämmerung abgeschlossen wurde und im Schillertheater wegen des Umbaues der Oper unter den Linden, stattfand. 

Das Relief „Die Menschlichen Leidenschaften“ von Jef Lambeaux

Menschliche Leidenschaften, im Tempel der Leidenschaften, Jubelpark, Brüssel

Ausgangspunkt und tragende Säule der Tetralogie ist dieser in Brüssel beheimatete Tempel. Der implementierte Drang menschlicher Leidenschaften ist Grundlage für eine große Liebesbereitschaft, aber zugleich bewirkt er auch, von inneren Ehrgeiz getrieben, unermessliches Leiden. Für die Regie ist dies das Synonym für skrupelloses, gewaltbereites Machtstreben, Lieblosigkeit und Intoleranz.

Das spartanisch eingerichtete Bühnenbild ist nur mit einigen Requisiten ausgestattet und vermittelt auf einer Videoleinwand teilweise einen archaischen Hintergrund, aber auch zusätzliche Informationen, wie beispielsweise blaues Glitzern für den Rhein und hell blitzende Funken für Loges Feuerring und das Inferno des Unterganges der Götter. Daneben doubeln Tänzer die Protagonisten, welche den szenischen Hintergrund vertiefen sollen, manchmal eine interessante Idee, aber auch in einigen Passagen übertrieben. 

Die Produktion arbeitet weitgehend synchron mit der musikalischen Interpretation, ist klar strukturiert, setzt durch die Visualisierung beim Besucher Phantasien frei und erfordert kein zusätzliches Informationsmaterial. So kann man getrost auf die bekannten Einführungsvorträge verzichten, die meist viel Eigenwerbung beinhalten, obgleich im Programmbuch für alle Ringteile, neben  “Altbekanntem“ auch  “Wissenswertes“ zu finden ist. 

Diese szenische Gestaltung der gesamten Ringteile bewirkt beim Publikum eine zwiespältige Würdigung. Für einen Teil ist sie ein gelungenes Gesamtkonzept von Oper und Drama, andere vermissen eine etwas modernere Sichtweise und Hinweise auf soziologische Ursachen. Eventuell musste die Regie Kompromisse eingehen, da die Erwartungshaltung in Mailand und das Anforderungsprofil bei uns nicht immer identisch sind. Auch könnten die unterschiedlichen Bühnenverhältnisse verantwortlich für die etwas karge Bühnenausstattung sein.  

Bildergebnis für berlin staatsoper götterdämmerung
Iréne Theorin als Brünnhilde auf dem berühmten Walkürenfelsen im 1. Akt, umgeben von Loges Flammenmeer,  Foto: Monika Rittershaus 

Eine musikalische Interpretation, die mit frenetischen Beifall zurecht gewürdigt wurde.

Der GMD Daniel Barenboim versteht es in beeindruckender Weise, die unterschiedlichen Formen der Partitur, spannend, präzise und mit gut abgestimmten Orchesterteilen, insbesondere vom Blech und den Streichern, zu einem besonderen Hörerlebnis zu formen. Beispielsweise im ersten Akt der Übergang von Siegfrieds Abschied von seiner geliebten Brünnhilde, seiner abenteuerlichen Rheinfahrt bis hin zu der Gibichungenwelt, einer Gesellschaft mit gefühllosen kapitalistischen Strukturen. Im zweiten Akt die gedanklichen Pläne der Protagonisten, meisterlich kammermusikalisch ausgearbeitet und im dritten Akt natürlich der emotionale Trauermarsch, der beinahe die Mauern des ehrwürdigen Opernhauses zum Wanken gebracht hätte. Auch die gute Textverständlichkeit der Sängerdarsteller resultiert aus den ausgewogenen Tempi des Dirigenten.  Selbstverständlich kommt es bei dieser extrem langen Spieldauer auch zu kleinen fehlerhaften Einsätzen, aber das ist entschuldbar.


Foto: Monika Rittershaus,  Iréne Theorin als Brünnhilde,  Chor mit Ensemble, im Hintergrund ein Glaskasten mit Menschenteilen, Synonym für die Brutalität  im “Ring“

Überzeugender sängerischer Gesamteindruck und der Staatsopernchor mit einem choreographischen Auftritt

Der Chor wurde in der Premiere von Eberhard Friedrich geleitet, der aber inzwischen zu der Hamburger Staatsoper gewechselt ist. Jetziger Chorleiter ist Martin Wright

Brünnhilde, Iréne Theorin, besitzt eine leuchtende und sichere Höhe, ausgestattet mit einem schönen Timbre, gestaltet ihre Partie mit emotionaler Überzeugung, sängerisch und darstellerisch eine eindrucksvolle Leistung. Ihr ganzes Handeln ist ausschließlich von inneren Gefühlen geprägt,  beispielsweise im 1. Akt ihre hingebungsvolle Liebe zu Siegfried, im 2. Akt der Verrat an Siegfried, nachdem dieser sich Gutrune zugewandt hat und im 3. Akt ihr bewegender Schlussgesang.  

Siegfried,  Andreas Schager, mit langer wilder Mähne, die auf die Herkunft eines Naturwesen schließen lässt, hat sein stimmliches zuhause im oberen Fortebereich und ist der Brünnhilde stimmlich und darstellerisch ebenbürtig. Manchmal benötigt er dazu erheblichen Energieaufwand, kann aber bis zum Ende mit seiner enormen Strahlkraft aufwarten.

Hagen, Falk Struckmann, Alberich, Jochen Schmeckenbecher und Gunther, Roman Trekel, hatten mit ihrem Auftreten einen wesentlichen Anteil bei der erfolgreichen musikalischen  Gestaltung. 

Außerdem mit eindrucksvoller Präsenz:

Gutrune, Anna Samuil, Waltraute, Waltraud Meier

Die Nornen: Anna Lapkovskaja, Waltraud Meier,  Anna Samuil 

Die Rheintöchter: Evelin Novak, Natalia Skrycka, Anna Lapkovskaja

Das Tanzensemble: Daisy Phillips, Elias Lazaridis, Laura Neyskens, Jonas Vandekerckhove

Bei einem Vergleich zwischen dem renovierten  Opernhaus und der ehemaligen Wirkungsstätte im Schillertheater, stellt man unweigerlich fest, dass durch die enorm verbesserte Akustik und dem Ambiente der Oper unter den Linden ein ganz neues Musikgefühl entsteht, das die hohen Kosten für die Renovierung  ein wenig besser verschmerzen lässt.  Die Staatskapelle mit ihrem langjährigen GMD Daniel Barenboim, ist zu einem  homogenen Klangkörper zusammengewachsen, der vor allem durch die Streicher über einen eigenen Charakter verfügt und zurecht weltweit zu den Spitzenorchestern gezählt werden darf. Das hat sie mit der Interpretation des Ringzyklus 1 unter Beweis gestellt. 

Ringzyklus 2:   21 September bis 29 September 2019

Franz Roos

 

 

 

 

 

 

 

WIEN / Vienna’s English Theatre: THE CHILDREN

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WIEN / Vienna’s English Theatre:
THE CHILDREN Lucy Kirkwood
Premiere: 16. September 2019

Dass wir uns an der englischen Ostküste befinden, muss man im Programmheft nachlesen, man erführe es aus dem Stück nicht, wenn da plötzlich Rose in der Küche von Hazel steht und von ihr offenbar zur Begrüßung einen Schlag auf den Kopf erhalten hat. Erschrocken über den fremden Eindringling? Wenn sehr, sehr schnell klar wird, wie wenig die beiden Frauen sich leiden können, wäre da Absicht zu vermuten (noch dazu, weil man es der extrem unsympathischen Hazel ohne weiteres zutraute): Aber andererseits haben sich die Damen seit 38 (!) Jahren nicht mehr gesehen. Einst jung, nun 60 plus.

Was will Rose mit diesem Besuch? Und warum heißt das aus dem Jahre 2016 stammende, unerklärlicherweise sogar preisgekrönte Stück der Britin Lucy Kirkwood „The Children“? Was übrigens nicht das einzige ist, was an diesem Abend nicht klar wird.

Die Aufführung in Vienna’s English Theatre wird von Adrienne Ferguson inszeniert, die im Programmheft mutmaßt, es sei eine Stärke des Stücks, dass man so lange nicht wisse, worum es geht. Da irrt sie – man fragt sich gelangweilt, wann die Geschichte endlich auf den Punkt kommt. Stückchenweise erfährt man, dass alle Beteiligten einmal Nuklearingenieure waren. Dass es offenbar eine Reaktorkatastrophe gab, die die Gegend immer noch verstrahlt. Und als sich dann Robin, der Gatte von Hazel, zu den Frauen gesellt, kommt schnell heraus, dass er einst und noch lange Zeit darüber hinaus ein Verhältnis mit Rose hatte, von der man nicht viel mehr zu wissen bekommt, als dass sie offenbar Brustkrebs überstanden hat… Hazel darf sich ohnedies nur als unausstehliche Zicke gerieren. Und warum ist (Titel: „The Children“) das Leben ihrer 38jährigen Tochter missglückt? Genau, was Genaues erfährt man auch hier nicht.

Als die Autorin endlich, endlich, nach der Mühsal eines unsinnigen Drittabschlagens zwischen ihren Figuren, zur Sache kommt, schlägt sie ein ganz anderes Thema an, das dann aber auch nicht ausgeführt wird. Lucy Kirkwood hat sich für ihr Stück von der Atomkatastrophe in Fukushima im Jahre 2011 inspirieren lassen – und von einer Aktion heldenhafter Japaner, über die man im Programmheft unter dem Titel „Pensioners turned Heroes“ liest. Genau das will Rose von den beiden: Sie sollen mit ihr in dem verseuchten Werk arbeiten, was den sicheren Krebstod bedeutet – aber wenn sie es tun, Menschen, die gewissermaßen ihr Leben gehabt haben, können sie junge Menschen von dieser tödlichen Arbeit befreien…


Foto: Copyright: Reinhard Reidinger/VET

Wie gesagt, in diesem Stück, das so schrecklich künstlich und konstruiert und so gar nicht, wie versprochen, spannend ist, gibt es keine Lösung: Zu einem Song von einst tanzen die drei in Erinnerung an ihre Jugend, ein Happyend ist es nicht, Robin wird sich Rose anschließen, was die immer zänkische Hazel tut, weiß man nicht, interessiert aber auch nicht. Das Problem, ob Nuklearingenieure für Katastrophen verantwortlich sind (diese ereignete sich allerdings auf Grund von Sturm und Tsunami, nicht auf Grund menschlichen Versagens) und also die Folgen ausbaden sollen, wird ebenso wenig auch nur ansatzweise diskutiert wie die Frage, ob die Alten den Jungen etwas schuldig sind.

Sicher liegt die Mühsal des Abends auch daran, dass Amanda Osborne als Rose und Anna Kirke als Hazel zwar als Typen überzeugen, aber so viel Alltagsschlamperei in ihrer Sprache haben, dass man ihnen ungern zuhört (abgesehen von so viel Unsinn, den sie zu reden haben). Mark Elstob als Robin ist überzeugender, obwohl auch sein Text nicht besser ist.

Diesmal hat Vienna’s English Theatre auf der lobenswerten Suche nach neuen Stücken keinen sonderlich guten Griff getan. Das Premierenpublikum applaudierte höflich, aber nicht besonders beeindruckt.

Renate Wagner

FRANKFURT/ Alte Oper: FRANKFURTER OPERN- UND MUSEUMSORCHESTER . Lorenzo Viotti (Strauss, Beethoven)

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Lorenzo Viotti| Dirigent
Frankfurt Opern- und Museumsorchester

Richard Strauss | Ein Heldenleben op. 40
Ludwig van Beethoven | Symphonie No. 3 Es-Dur op. 55 „Eroica“

Besuchtes Konzert am 16. September 2019, Alte Oper Frankfurt

Musikalische Denkmäler

Im ersten Museumskonzert des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters standen zwei Gipfelwerke der symphonischen Musik im wirkungsvollen Kontrast.

Ludwig van Beethovens berühmte „Eroica“ Symphonie traf auf das musikalische Selbstportrait „Ein Heldenleben“ von Richard Strauss. Ein gewaltiger Kraftakt für das Orchester, stilistisch und konditionell äußerst anspruchsvoll.

Bedauerlicherweise wurde die ursprüngliche Programmabfolge geändert, so dass das Konzert mit dem „Heldenleben“ begann. Hintergrund für diese Entscheidung war der programmatische Aspekt, der in diesem Monat in der Alten Oper in zahlreichen Veranstaltungen Beethovens „Eroica“ in den Mittelpunkt stellt.

Eine falsche Entscheidung, die dem Konzert deutliches Wirkungspotential nahm. Gerade dieses musikalische Epos von Richard Strauss, welches ein ganzes Leben durchschreitet, ist ein formidabler Schlusspunkt für ein gelingendes Konzertprogramm. Eine befremdliche Erfahrung also, ein Symphoniekonzert mit einem vorgezogenen Schlusspunkt zu eröffnen.

Am 03. März 1899 führte das Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter Leitung von Richard Strauss erstmals dessen Tondichtung „Ein Heldenleben“ auf. Mit gut fünfzig Minuten Spielzeit zählt diese symphonische Dichtung zu den längsten Musikstücken seiner Gattung. Ursprünglich hinterlegte Strauss für die sechs Abschnitte konkrete programmatische Satzbezeichnungen, die er aber dann wieder entfernte. Leitmotive tragen erheblich zur Orientierung dieser sehr komplexen Partitur bei.

Der einleitende Satz „Der Held“ lässt an Beethovens „Eroica“ denken, zumal Strauss auch hier, wie Beethoven, Es-Dur als Tonart verwendete. Die Lebenslust und der Vorwärtsdrang wurde von Viotti mustergültig erfasst und vom Orchester mit Verve vorgetragen. Ein optimistischer, kraftvoller Held trat da dem Zuhörer entgegen.

Disharmonisch, atonal, lautmalerisch krächzend und quäkend traten dann „Des Helden Widersacher“ in Erscheinung. Ein „Loblied“ also auf die Kritiker, namentlich auf den gefürchteten Eduard Hanslick, der auch bereits bei Richard Wagner einen bleibenden Eindruck hinterließ. Lorenzo Viotti schärfte diese Kontraste, so dass hier in diesem kurzen Satz sehr viel musikalische Illustration zu vernehmen war.

Fast schon ein kleines Violinkonzert ist der dritte Satz „Des Helden Gefährtin“, der dem Konzertmeister reichlich Gelegenheit bot, seine überragende sensible Virtuosität im Verbund mit dem Orchester eindrucksvoll zu demonstrieren. Liebe und pures Glück atmen diese seligen Minuten, die Viotti mit dem kantabel musizierenden Orchester bewegend auszukosten verstand.

In „Des Helden Walstatt“ hat ein Großaufgebot an Schlagzeug und vielfältigen Blechbläsern seinen hörbar lautstarken Auftritt. Musikalische Heerscharen bekämpfen sich lärmend und dröhnend, bis am Ende dieses Satzes der Held sich majestätisch emporschwingt.

Erstaunlich dann der fünfte Satz „Des Helden Friedenswerke“, in welchem Richard Strauss eine Vielzahl seiner Werke zitiert, so z.B. „Also sprach Zarathustra“ und vor allem „Don Juan“.

Im beschließenden Satz „Des Helden Weltflucht und Vollendung“ werden die wichtigsten Motive aus der Komposition nochmals zusammengeführt. Kurz ist das Schlachtengetümmel wieder zu vernehmen, bis am Ende in sensiblen Holzbläserfärbungen dann die Solovioline mit dem vollen Orchesterklang in ein großes beschließendes Crescendo aufsteigt.

Dirigent Lorenzo Viotti und das sehr motiviert aufspielende Frankfurter Opern- und Museumsorchester verstanden sich an diesem Abend prächtig. Sehr aufmerksam und reaktionsschnell agierte das Orchester. Herausragend wurden die vielen solistischen Einlagen bestens bewältigt. Neben der fabelhaften Solo-Violine war auch das Solo-Englischhorn im finalen Satz tief berührend dargeboten. Die große Streichergruppe spielte glanzvoll und zugleich wuchtig auf. Ein besonderes Lob geht an die an diesem Abend viel geforderten Blechbläser, die hoch konzentriert und sehr gut aus balanciert agierten. Und auch die Schlagzeuger des Orchesters zeigten ihre spielerische Kompetenz durch ihre rhythmische Präzision und die perfekte dynamische Abstufung.

Lorenzo Viotti zeigte auch als symphonischer Dirigent seine besondere Klasse, die er z.B. bei seinem „Werther“ Dirigat in Frankfurt so eindrücklich bewies. Seine Interpretationen, ob Strauss oder Beethoven, gerieten in ihrer Klarheit und Stringenz überzeugend. Bereits jetzt ist zu erkennen, dass Viotti eigenen Interpretationsansätzen folgt und diese klar einem Orchester vermitteln kann.  Im „Heldenleben“ agierte er als Dirigent dabei zurückhaltend und überließ dabei immer dem Orchester den Vortritt. Der hervorragende Klangkörper nutzte diese Freiheit bestens und musizierte tief empfunden aus. Hierzu trugen auch die getragenen Tempi bei, die Viotti wählte. Das Zusammenspiel des Orchesters in dieser schwierigen Partitur geriet mustergültig.

Beethoven komponierte im Jahr 1803 seine Symphonie und widmete diese zunächst Napoleon Bonaparte. Jedoch verwarf er diese Widmung und widmete so dann das Werk „zur Erinnerung an einen großen Mann“. Die Musikwissenschaft vermutet, dass es sich hierbei um Prinz Louis Ferdinand handelte, der am 10. Oktober 1806 verstarb.

Es war spannend zu erleben, wie Lorenzo Viotti, sich diesem symphonischen Giganten näherte. In seiner Interpretation stand das Revolutionäre, das Schroffe und zugleich rhythmisch Prägnante im Vordergrund. Anders als bei Strauss, so wirkte der Dirigent hier wesentlich fordernder und animierender auf sein Orchester ein.

Bereits im einleitenden ersten Satz nahm er die Tempobezeichnung „Allegro con brio“ sehr wörtlich und stürmte mit dem herrlich mitgehenden Orchester nach vorne. Die vielen Dissonanzen in den markanten Orchestertutti-Akkorden wurden deutlich herausgestellt. Dabei fächerte er die Dynamik weit auf, so dass es zu z.T. zu frappierenden Spannungseffekten kam.

Im folgenden Trauermarsch betonte er die fahle, bleierne Grundstimmung. Gleichzeitig nahm er sich hinreichend Zeit, Steigerungen aus einer großen Ruhe zu entwickeln und dabei Transparenz zu wahren.

Wie leichtfüssig wirkte dann der dritte Satz, das Scherzo, das geradezu tänzerisch anmutete und den glorios aufspielenden Hörnern reichlich Gelegenheit bot, zu brillieren.

Furios dann das hereinstürmende Finale, in welchem Streicher, Holzbläser, Hörner und Pauken um die Wette spielten. Die beschließende Coda mit den wiederum jubilierenden Hörner war in ihrem Überschwang unwiderstehlich.

Lorenzo Viotti hatte das Frankfurter Opern- und Museumsorchester bestens vorbereitet. An allen Pulten wurden Bestleistungen in der musikalischen Ausführung realisiert, so dass das Publikum völlig zurecht in Verzückung geriet. Diese Beethoven Interpretation wirkte klar in den Akzenten, sehr gut durch gehört, dabei immer wieder das Kantable suchend, ohne dabei dissonante harmonische Schärfen beiseite zu lassen.

Das Publikum würdigte dieses besondere Konzert mit deutlicher Anerkennung.

WIEN / Weltmuseum: THE MAJLIS

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WIEN / Weltmuseum:
THE MAJLIS – Cultures in Dialogue
Eine Ausstellung des Sheikh Faisal Bin Qassim Al Thani-Museums in Doha, Katar
Vom 17. September 2019 bis zum 7. Jänner 2020

Zusammensitzen
ist das Zauberwort

Ein „Majli“ ist das Wohnzimmer, die gute Stube eines Hauses in der arabischen Welt, dort, wo man zusammen kommt, zusammen sitzt, Tee trinkt und miteinander redet. Diese Idee der Begegnung steckt auch hinter der Wanderausstellung, die das Sheikh Faisal Bin Qassim Al-Thani Museum aus Doha auf in die Welt geschickt hat und die nun nach Malta und Paris im Weltmuseum in Wien gelandet ist. Drei Räume „nur“, aber diese mit exquisiten Kunstwerken bestückt. Das ist der Islam, wie man ihn lieben und bewundern kann – in seiner Kultur.

Von Renate Wagner

Sheikh Faisal Bin Qassim Al-Thani Katar ist ein Emirat am Persischen Golf, östlich von  Bahrain und westlich von den Vereinigten Arabischen Emiraten gelegen, von der Familie Al Thani als Erbmonarchie regiert. Die meisten der etwa 2,7 Millionen Einwohner konzentrierten sich in der Hauptstadt Doha, denn rundum befindet sich vordringlich Wüste. Erdgas und Erdöl haben das Land reich gemacht. Arabischer Reichtum wird gern mit dem Luxusleben der Prinzen im Westen gleich gesetzt. Ganz anders bei Sheikh Faisal Bin Qassim Al-Thani, Jahrgang 1948, mit der königlichen Familie eng verbunden, aber seines Zeichens Geschäftsmann und auf der Forbes-Liste der reichsten Männer der Welt. Schon als Junge hat er mit seinem Vater die berühmtesten Museen Europas bereist, und nach jedem Besuch fühlte er sich bereichert, als habe er „ein gutes Buch gelesen“, wie er bei der Pressekonferenz in Wien sagte. Als er begonnen hat, Kunst zu sammeln, tat er es nicht aus persönlicher Eitelkeit, sondern in dem Wunsch, Kostbarkeiten für die Menschen seines Landes zugänglich zu machen und für die Nachwelt zu bewahren. Sein Museumskomplex in Doha (gut 15.000 Objekte in 15 Hallen) genießt internationales Renommée. Wichtig ist es dem Scheich, Werke aus allen Kulturen zu sammeln – und alle Religionen sind in seinen Augen gleichwertig. „Alle predigen dasselbe“, meint der Scheich: „Liebet einander, helft einander, sorgt für die Familie.“

Plaudern mit dem Scheich   Sheikh Faisal ist in einem europäischen Anzug zur Pressekonferenz gekommen, und als man sich dann im „Majli“ niederlässt, der den zentralen Raum der Ausstellung ausmacht und benützt werden soll, darf, muss, erzählt er auf Anfrage auch von seiner Vorliebe für Autos: Gut 600 besitzt er, ein kurzer Film hat einen Blick auf die erstaunliche Anzahl von Oldtimern und Luxuskarossen erlaubt. Aber! Als er mich fragt (keine Berührungsängste mit unverschleierten Frauen), was mein erstes Auto gewesen sei und ich sage, ein VW Käfer, wundert mich gar nicht, dass er nicht ohne Stolz erzählt, sämtliche Versionen des „Käfers“ in seiner Sammlung zu haben, vom allerältesten an, dessen Heckfenster noch geteilt war… Nach seinen Rolls und Jaguars und Mercedes und BMWs muss man ihn wohl nicht fragen. Der Scheich hat, wie man im Internet nachlesen kann, sein erstes Geld mit Autos verdient, heute steht er einem Konzern vor, der Luxushotels in aller Welt besitzt, mit Pharmazeutika handelt, in Industrie und Transport, Bildung und Untrhaltung tätig ist u.a. Sein holländischer Museumsdirektor Kees Wieringa (in seiner Heimat übrigens auch als Komponist bekannt!), der stolz alle Fragen über das von ihm geleitete Museum in Doha beantwortet, weicht nur aus, als ich wissen will, wie viel Geld ihm für Ankäufe zur Verfügung steht. Das sagt er nicht. Wahrscheinlich könnte man damit ganz Österreich finanzieren…

Im Zentrum der Majli   Die Ausstellung umfasst drei Räume im Erdgeschoß des Museums, im zenntralen ist der Majli (sprich: „Madschli“)  eingerichtet. Grundsätzlich laufen die Sitzbänke an der Wand entlang, damit niemand dem anderen den Rücken zukehrt. Es gibt auch keinen „Vorsitz“ (so wie es König Artus bei dem runden Tisch der Tafelrunde wichtig war – kein Oberhaupt). In der Mitte des Raumes stehen Tischchen, darauf findet man Brettspiele oder Bücher. Hier kommen alle zusammen, von den Ältesten bis zu den Jungen, hier bringt man Gäste her, denn ohne die Garantie der berühmten arabischen Gastfreundschaft könnten Wüstenvölker nicht existieren. Dieser Raum soll den Besuchern des Weltmuseums das Gefühl von Zusammengehörigkeit vermitteln – wichtig in Zeiten, wo in Feindseligkeit getrennt wird.

Kunstschätze und Kuriositäten   Klein, aber fein, was die Zahl der Objekte betrifft, was bedeutet, dass man sich Zeit nimmt, genauer hinzusehen. Groß ist ein Prunkzelt, groß sind die Teppiche, darunter auch Originelles: Man kennt die starken Interessen, die der deutsche Kaiser Wilhelm II. im Orient hatte (er war führend an dem Bau der Bagdad-Bahn beteiligt): Man dankte es ihm, indem man ihn und seine Familie auf einem Teppich abbildete… Und es gibt auch einen Teppich mit hinduistischen Göttern. Und jüdische Objekte. Und chinesische. Maurisches aus Spanien. Eine Schüssel mit der Darstellung des heiligen Georg (!) aus dem Irak. Und immer wieder den Koran – von großartigen Handschriften bis zu einer schmalen Schrifttolle des Korans aus Indien, die man beim Reisen mit sich tragen konnte… Eine starke Auswahl aus Künsten und Religionen.

Weltmuseum Wien (in der Hofburg, Heldenplatz):
The Majlis – Cultures in Dialogue
Bis zum 7. Jänner 2020
Täglich außer Mittwoch, 10 bis 18 Uhr

DORTMUND: MADAMA BUTTFLY – Premiere

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DORTMUND: MADAMA BUTTERFLY- Premiere am 15.9.2019

Spaß mit Selfies

Insgesamt betrachtet ein passabler Saisonbeginn für die neue Intendanz von Heribert Germeshausen. Man setzt erkennbar aufs Abovolk, die Volksbühnen und Theatergemeinden – was verständlich ist. Das große Haus muß ja gefüllt werden. Eine werktreue, das Premierenpublikum geradezu begeisternde Produktion von Regisseur Tomo Sugao im verschlafen langweiligen Bühnenbild unselige einfallsloser Schiebetürenromantik von Frank Philipp Schlössmann

https://www.deropernfreund.de/dortmund-19.html

Peter Bilsing/ www.der opernfreund.de

Wien/ Konzerthaus: ELINA GARANCA – DEM FACHWECHSEL ENTGEGEN – EIN  UMJUBELTES GEBURTSTAGS-KONZERT

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Wien/ Konzerthaus: ELINA GARANCA – DEM FACHWECHSEL ENTGEGEN-EIN  UMJUBELTES GEBURTSTAGS-KONZERT (16.9.2019)

Zunächst ging es um „Große Oper“- Elina Garanca sowie das Wiener Kammerorchester unter Ehemann Karel Mark Chichon wollten offenbar beweisen, dass der bevorstehende Fachwechsel zu Amneris und Kundry perfekt platziert ist: im kommenden  Frühjahr wird sie  ja in Gran Canaria unter der Leitung von Karel Mark Chichon erstmals die ägyptische Königstochter übernehmen, ein paar Monate später dürfte es die erste Kundry in Wagner’s „Parsifal“ werden.. Also begann die lettische Star-Mezzosopranistin mit den beiden Arien der Eboli aus  Giuseppe Verdi’s „Don Carlos“, außerdem gab es die Arie der Adriana aus „Adriana Lecouvreur“ (Io son L’umile Ancella) von  Francesco Cilea.- ein Rolle, mit der Anna Netrebko in den letzten Jahren immer wieder Triumphe erzielt. .Und Garanca-Fans können sich beruhigen.Elina Garanca ist für den Wechsel ins dramatische Fach bestens gerüstet. Die strahlende „Goldhöhe“ ist geblieben, die Stimme ist  viel größer geworden. Und in der Tiefe hat sie um eine halbe Oktave dazu gewonnen . Nach dem „O don fatale“ raste bereits das Publikum. Und schon in der Pause gerieten selbst abgebrühte Fans ins Schwärmen: die lettische Sängerin sah besonders gut aus, das Timbre ist noch verführerischer geworden – ein Weltstar mit 45 Jahren am Zenit ihrer Kariere! Und außerdem hatte sie einen echten-August-Familienurlaub hinter sich. .Nach der Pause verwandelte sich das Konzert rasch zu einem „Geburtstagsständchen“ der Extraklasse. Spanische und französische Salonmusik im Stil der „Drei Tenöre“, Fallweise sogar Tango-Rhythmen und dazwischen als „Drüberstreuer“ Franz von Suppé  (1819-1095)„Leichte Kavallerie“. Da raste das Publikum auch ohne Garanca. Die Komponisten des 2.Teils waren Edvard Grieg  „T’estimo“(bekannt durch Carreras-Auftritte),Stanislao Gastaldon (1861-1939) „Musica proibita“; sowie Rosendo Mato Hermida „Lela“, Carlos Gadel (1890-1935)- „Tango Cancion,“;oder Pablo Sorozabal(1897-1988).“Non puedo ser“. Bei den Zugaben begeisterte Elina Garanca mit Chapi „Canceleras“, mit „Granada“ von Agostin Lara und mit der Habanera aus Carmen von  Georges Bizet. Es gab  mehrfach„“standing ovations“, Blumen und einmal sogar ein „Happy birthday“- Ständchen -gesungen vom Publikum und dirigiert vom Ehemann!

Peter Dusek

DRESDEN/ Semperoper: SOL GABETTA UND DANIELE GATTI IM 2. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN

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Dresden / Semperoper:  SOL GABETTA UND DANIELE GATTI IM 2. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN 17.9.2019

 Sol Gabetta und Daniele Gatti, zwei Künstlerpersönlichkeiten, denen Werktreue und Intuitionen des Komponisten mehr bedeuten als die jetzt um sich greifenden äußerlichen Effekte, gestalteten das 2. Symphoniekonzertes der Sächsischen Staatskapelle Dresden mit viel Engagment und großem Können. Auf dem Programm standen die in Dresden sehr bekannte und geschätzte „Symphonie Nr. 5 cis‑Moll“ von Gustav Mahler und das hier kaum bekannte, weil in den Konzertsälen bisher nicht zu hörende „Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 a‑Moll“ (op. 33) von Camille Saint-Saëns aus dem Jahr 1872, einem der Paradestücke für Cellisten, von dem Hans von Bülows meinte, es sei voller „Technik und Eleganz, bon sens und Originalität, Logik und Anmut“

In diesem Sinne interpretierte Sol Gabetta mit der ihr eigenen Hingabe und Intensität und fröhlich singendem, klingendem Ton das virtuose, „dreiteilig einsätzige“ Konzert als erstes von drei bedeutenden Cellokonzerten (Camille Saint-Saëns, Robert Schumann und Dmitri Schostakowitsch), die sie als derzeitige Capell-Virtuosin in der Saison 2019/20 nebst einem Duo-Rezital mit Bertrand Chamiayou auf ihrem Instrument von Matteo Goffriller von 1730 spielen wird. Für sie ist „der große Tonumfang und die damit verbundenen Möglichkeiten des Ausdrucks das größte Potential des Violoncellos“.

Bei ihr wirkt nichts aufgesetzt, konstruiert oder auf äußerliche Effekte bedacht (bis auf ihren scheinbaren – jetzt üblichen – „Flirt“ mit dem Konzertmeister und seinem Stellvertreter). Alles erscheint bei ihr wie selbstverständlich und teilt sich dem Zuhörenden unmittelbar mit. Sie empfindet die Musik und gibt sie sehr natürlich und ungekünstelt wieder, auch spontan, aber ohne das Werk zu verändern oder gar zu „verfälschen“. Für Christian Thielemann gehört sie „zu den wenigen Künstler*innen, mit denen man beim Musizieren spontan neue Facetten finden kann und die ein subtiles musikalisches Sensorium mitbringen“.

Ihre feinsinnigen Solo-Passagen, den mitunter auch volksliedhaften Melodienreigen im ersten Teil (Allegro non troppo) und besonders im zweiten (Allegretto con moto), setzte Gatti mit der Kapelle kongenial fort, ließ das Ende des zweiten Teiles schwebend verklingen und das Orchester im dritten und letzten Teil (Un peu moins vite) auch folgerichtig temperamentvoll auftrumpfen. Beide Seiten musizierten auf gleiche Weise und veredelten gleichsam dieses virtuose, in der musikalischen Erfindung mitunter auch etwas naiv anmutende, Werk.

Mit kurzen, freundlichen Worten kündigte Gatti eine vom Publikum erhoffte Zugabe an, nicht nur von der Solistin, sondern für Violoncello und Orchester von Gabriel Fauré, für den Saint-Saëns der „vollkommenste Musiker, den wir je hatten, vergleichbar mit den großen Meistern vergangener Tage“ war. „Sein unbegrenztes Wissen, seine wunderbare Technik, seine klare, erlesene Sensibilität, seine Integrität“ wurden durch das Können von Sol Gabetta, jetzt mit sonorem Celloton, und der sehr einfühlsamen Begleitung der Kapelle unter Gatti in kongenialer Gemeinsamkeit präsent.

Als starker Kontrast zu diesen beiden unterhaltsamen Kompositionen wurde die „1. Abteilung“  von Mahlers „Fünfter“ mit der Bezeichnung „Trauermarsch …“ wie ein Kondukt solo von den ersten einsamen, sehr sauberen Trompetentönen eingeleitet, wie sie auch ferner wieder zu hören waren. Möglicherweise haben sie ihren Ursprung in Mahlers Kindheitserinnerungen an die habsburgische Militärmusik in seiner böhmischen Heimat. Gatti leitete das Orchester mit fließenden Bewegungen und unmissverständlich klarer Mimik, die von den Musikern sofort umgesetzt wurde, denn Dirigent und Kapelle verstanden sich hier erst recht auf „gleicher Wellenlänge“. Die Kapelle setzte seine Intentionen auf sehr hohem Niveau um. Feine Instrumentalsoli schmückten das Werk in seiner akribisch gestalteten Wiedergabe, bei der Gatti mit besonderer Sorgfalt die melodiösen Passagen, im feinsten Pianissimo mit zuweilen „himmlischen“ Klangwirkungen, aber auch mit der Mahler eigenen, unterschwelligen Melancholie und Wehmut wie ein fernes Weltgetümmel, das den geistig und gefühlsmäßig in weltferner Abgeklärtheit lebenden Menschen kaum berührt, herausarbeitete und manch zarte Passage leise im Raum verschweben ließ, dem immer wieder hereinbrechenden Weltschmerz aber in kraftvollem Fortissimo Ausdruck verlieh.

Hier gab es keine übertriebenen Kontraste um äußerer Effekte willen, alles war stets „im Fluss“ und entwickelte sich folgerichtig. Es wurde mit Hingabe, Gefühl und Verständnis für das Werk musiziert, alles wohl proportioniert und entsprechend dem geistigen Gehalt ausgelotet, voller innerer Spannung und trotz aller innerer Zerrissenheit in einer gewissen Harmonie. Gatti setzte die Vorgaben des Komponisten genau um und erfüllte sie mit Leben. Die Kapelle folgte ihm mit gleichem Verständnis und setzte es instrumental mit ihrem besonderen Klang um bis zum triumphalen Schluss. Es war eine grandiose Wiedergabe auf höchstem Niveau, die Dirigent und Kapelle alle Ehre machte.

… und noch eine, für die Dresdner sehr traurige, für die Wiener vermutlich sehr erfreuliche Angelegenheit gab es an diesem Abend. Der langjährige Orchesterdirektor der Sächsischen Staatskapelle, Jan Nast, wurde verabschiedet, um seine neue Tätigkeit bei den Wiener Symphonikern aufzunehmen, nachdem er sich in 22 Jahren täglich „24 Stunden“ die Geschicke des Orchesters hat angelegen sein lassen, „unermüdlich für das Orchester gedacht“ und „gehandelt“ und persönliche Belange oft hintangestellt hat, um es international weiterzuentwickeln.

Ingrid Gerk

 


WIEN / Staatsoper: Solistenkonzert Elisabeth Kulman

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Elisabeth Kulman mit Eduard Kutrowatz und Franz Bartholomey. Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper: Solistenkonzert Elisabeth Kulman und Band mit LA FEMME C’EST MOI

17. September 2019

Von Manfred A. Schmid

Eklat an der Wiener Staatsoper: Die mit dem Lied „I Hate Men“ von Cole Porter eröffnete „Multi-Genre Music Show“ von Elisabeth Kulman droht nach der Pause – ausgelöst durch eine wüste Männerbeschimpfung – zu eskalieren. Als sich die männlichen Mitglieder ihrer Band gegen die fortgesetzten Sticheleien zur Wehr setzen, gerät die Sängerin völlig in Raserei. Nachdem auch Operndirektor Dominique Meyer herbeigeeilt ist und vergeblich versucht, das Ganze zu kalmieren, muss Kulman mit Gewalt von der Bühne entfernt werden, kehrt aber schnurstracks zurück, um mit dem Absingen der Auftrittsarie des Toreadors den Anspruch zu erheben, in der nächsten Vorstellung von Bizets Carmen den Escamillo zu singen…

Giuseppe Verdis köstliche vierstimmige Fuge „Tutto nel mondo e burla“, von ihr allein gesungen (!), beendete – eine Stunde und drei Zugaben später – einen kurzweilige Abend voll augenzwinkernder Seitenhiebe auf die Männer, die – so Kulman – „überall sitzen, nur beim Pinkeln nicht“. Vor allem aber ist es ein Abend mit einem musikalisch fein ausgewählten und von Tscho Theissig mit Witz und großem Können arrangiertem Programm, in dem ein Cross-over aus Klassik, Klezmermusik, Songs und Jazz den Ton angibt.

Elisabeth Kulman singt und zeigt dabei, dass sie tatsächlich in all diesen Genres zu Hause ist und sich souverän darin bewegt wie der sprichwörtliche Fisch im Wasser. Die Operndiva a. D. wechselt problemlos von der Bizet-Arie „L’amour es tun oiseau rebelle“ oder Mozarts „Ach, ich fühl’s“ in den stimmlichen Habitus einer Musicaldarstellerin – mit Webbers „I Don´t Know How to Love You)“, um sich dann Schuberts  „Gretchen am Spinnrad“ und „Erlkönig“ zuzuwenden und gleich darauf mit dem zynischen Lied der „Seeräuber Jenny“ aus Kurt Weill/Bert Brechts Dreigroschenoper eine so überzeugende Interpretation abzuliefern, dass man sie gerne sofort in diesem Stück auf der Bühne erleben möchte. Der Beatles-Song „When I’m Sixty-Four, darf in dieser überraschungsreichen Show-Mischung ebenso wenig fehlen wie Leonard Bernsteins „Somewhere“ aus seiner West Side Story.

Zu Beginn des Abends erklärt die Sängerin, die einst als Sopranistin angefangen hat und inzwischen zum Mezzo bzw. Alt mutiert ist, warum sie in Frühjahr als Fricka – ausnahmsweise doch wieder und nur für dieses eine Mal – auf die Bühne zurückkehren wird. Es sei dies einerseits Ihr Dank gegenüber dem Operndirektor Meyer, der für ihren Rückzug von der Bühne Verständnis gezeigt habe, vor allem aber sei sie diesen unvermuteten Schritt dem Wiener Publikum schuldig, von dem sie sich bei ihrem Rückzug von der Opernbühne nicht angemessen verabschiedet habe. Das wolle sie mit ihrem Auftritt als Fricka endlich nachholen. Ein ganzer Programmschwerpunkt – insgesamt gibt es sechs, die alle exquisit zusammengestellt sind – ist dann auch Wagner gewidmet. Unter dem pfiffigen Titel „Fricka-Dellen“ gibt es da natürlich eine Kostprobe ihrer Fricka, aber auch der „Walkürenritt“ sowie Ausschnitte aus Tannhäuser und Das Rheingold sind zu hören. Freude bereitet es Kulman offenbar, dass sie in so einem Programm in Rollen auftreten kann, die ihr auf der Opernbühne verwehrt geblieben sind. Dazu gehören etwa die fein vorgetragenen, versonnenen Monologe „Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding“ und „Kann mich auch an ein Mädel erinnern…“ der Marschallin aus Der Rosenkavalier. Wehmütig Gedanken über das Älterwerden.

Begleitet wird Kulman von einer handverlesenen Schar von Top-Musikern. Neben ihrem bewährten Liedbegleiter Eduard Kutrowatz (Klavier) sind dies der Geiger Aliosha Biz und  Clara Schwaiger an der Viola, Philharmoniker-Urgestein Franz Bartholomey und sein Kollege Herbert Mayr am Cello bzw. Kontrabass. Gerald Preinfalk mit Klarinette und Saxophon sowie die Akkordeonistin Maria Reuter komplettieren das grandios aufspielende Ensemble, das durch sein intensives, gleichzeitig von bester Laue geprägtes Zusammenspiel brilliert. Die virtuosen Soli werden – wie bei einem Jazzabend – gebührend mit Applaus bedacht. Singend und pfeifend und gegebenenfalls auch mit agierend – siehe die einleitend erwähnte Auseinandersetzung – machen sie lässig und verschmitzt mit. So gibt Kutrowatz etwa als Einspringer in der Walküren-Szene „So ist es denn aus mit den ewigen Göttern“ sogar den Wotan. Von Tscho Theissig stammen nicht nur die originellen Arrangements, sondern er kommt auch als vielseitiger Schlagwerker zum Einsatz.

Das Publikum ist begeistert, dankt der charmant und mit viel Witz und Esprit ans Werk gehenden Sängerin und ihrer Band stehend mit Applaus und erklatscht sich noch drei Zugaben. Neben der schon erwähnten Falstaff-Schlussfuge gehört dazu auch eine Liebeserklärung an die Stadt der Musik –  „Wien, Wien, nur du allein“, mit umgetexteten Zeilen, in denen vom „besten Opernhaus“ und dem „kundigsten Publikum der Welt“ die Rede ist. Den offiziellen Schlusspunkt setzte zuvor der durch Edith Piaf weltberühmt gewordene Hit „Non, je ne regrette rien“ von Charles Dumont. Nein, zu bereuen gibt es an diesem Abend tatsächlich nichts. Außer- aus feministischer Sicht vielleicht –  folgende Beobachtung: Alle Kompositionen des Abends stammen –  von Männern!

17.9.201

BIEL/ Solothurn: FIDELIO – konzertant. Premiere

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Ludwig van Beethoven: Fidelio, Konzertante Aufführung,

Theater Orchester Biel Solothurn, Kongresshaus Biel, Premiere: 18.09.2019

 „Fidelio“ zum Jubiläum

2019 feiert das Sinfonie Orchester Biel Solothurn ausgiebig sein fünfzigjähriges Bestehen. Im Sommer 1969 wurden die verschiedenen Berufs- und Amateurorchester Biels versuchsweise zu einem einzigen Klangkörper vereint. Aus dem Projekt wurde eine nunmehr schon fünfzig Jahre andauernden Erfolgsgeschichte. Ob als Orchestergesellschaft Biel, OrchestreSymphonique Bienne oder seit 2013 Sinfonie Orchester Biel Solothurn – das Orchester ist tief in der Region verwurzelt und als einziges zweisprachiges Ensemble der Schweiz landesweit bekannt.

Neben dem festlichen Galakonzert mit Magdalena Kožená (Mezzosopran), Sir Simon Rattle (Klavier), Kaspar Zehnder (Flöte), Andrew Marriner (Klarinette), Daishin Kashimoto (Violine), Rahel Rilling (Violine), Amichai Grosz (Viola) und David Adorjan (Violoncello) am 14. Oktober (https://www.tobs.ch/de/konzert/sinfoniekonzerte/stueck/prod/449/) ist eines der Sonderkonzerte des Jubiläumsprogramms die konzertante Aufführung von Beethovens Fidelio.

Mit grossem Erfolg beim Publikum setzt das Sinfonie Orchester Biel Solothurn die Feiern zu seinem fünfzigjährigen Bestehen fort.Das Sinfonie Orchester befindet sich momentan in grosser Form und kann innert kürzester Zeit Aufführungen wie die der Regimentstochter im intimen Stadttheater oder des Fidelio im 1966 eröffneten Kongresshaus bewältigen.

Chefdirigent Kaspar Zehnder hat »sein» Orchester fest im Griff und das Orchester folgt ihm bereitwillig. So erreicht er trotz passagenweise sehr gedehnter Tempi einen guten, kompakten Klang. Die Lichtregie, die die Kerkerszenen in annähernder Dunkelheit und das Finale als Kontrast dann in gleissender Helle spielen lässt, findet in seiner musikalischen Konzeption leider keine Parallele. Die Welt der einfachen Leute ist nicht mehr die Welt des Volkes im Sinne der Opéra comique sondern jene des einfachen Bürgertums, das Konzertsäle besucht und Beethovens Musik unter historischen Gesichtspunkten erlebt. Hier wäre eine deutlichere Unterscheidung wünschenswert.Tempo und Lautstärke sind bei weitem nicht die einzigen Gestaltungsmittel, die dem Dirigenten zu Verfügung stehen.

Die überzeugendsten Leistungen des Abends bieten Marion Ammann als Leonore und Nikolai Schukoff als Florestan. Ammanns Interpretation des ersten Aktes ist passend burschikos angelegt. Der Wechsel zur etwas kühlen Heldin des zweiten Aktes gelingt sehr gut.Schukoff überzeugt mit seiner metallisch-heldischen Stimme und trotz konzertanter Aufführung intensiver Rollengestaltung. Beide Solisten singen absolut verständlich. Jordan Shanahan gibt einen guten, aber wenig bösen, fast zu eleganten Pizarro. Auch er überzeugt mit Textverständlichkeit. Pavel Daniluk gibt einen routinierten Rocco. Es fällt auf, dass die Singstimme weit besser trägt als die Sprechstimme. Die Aussprache ist leider arg gaumig, sodass es um die Textverständlichkeit schlecht bestellt ist. André Gass als Jaquino (und 1. Gefangener) besitzt einen wunderbar leichten Tenor und ist für diese Rolle nahezu eine Idealbesetzung. Leider ist der Sopran von Marion Grange (Marzelline) an diesem Abend zu schwer und dominant für diese Rolle. Javid Samadov ergänzt das Ensemble als Minister und 2. Gefangener.

Der Chor des Theater Orchester Biel Solothurn und die Chorgemeinschaft Biel wurden von ValentinVassilev hervorragend einstudiert.

Ein grosses Lob für das leidenschaftliche Engagement aller Beteiligten.

Weitere Aufführung: 21.09.2019 im Kongresshaus Biel.

18.09.2019, Jan Krobot/Zürich

LIEGE/ Lüttich/ / Opéra Royal de Wallonie: MADAMA BUTTERFLY- Neuinszenierung

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LIEGE/ Lüttich/ Opéra Royal de Wallonie: MADAMA BUTTERFLY- Neuinszenierung

Besuchte Vorstellung: 17. September 2019

Bei seiner Inszenierung von Puccinis „Madama Butterfly“ lässt sich Intendant Stefano Mazzonis di Pralafera ein bisschen vom Musical „Miss Saigon“ inspirieren: Im 3. Akt kommt Pinkerton mit dem Hubschrauber angeflogen und landet auf dem Dach des heruntergekommenen Mietshauses, in dem Cio-Cio-San jetzt wohnt…


Copyright: Opera Royal de Wallonie

https://www.deropernfreund.de/luettich-liege-6.html

 

Rudolph Hermes/ www.deropernfreund.de

STUTTGART/ Baustelle von Stuttgart 21: MOTOR CITY SUPER STUTTGART – Eine Stadt der Zukunft

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Premiere des Theaters Rampe, der Staatsoper und des Schauspiels am 19.9. 2019 „Motor City Super Stuttgart“ in der Baustelle von Stuttgart 21/STUTTGART

EINE STADT DER ZUKUNFT

„Ist mal einer treu, betrügen sich Millionen ohne Scheu“  lautet das Motto dieser mutmachenden Dystopie-Sinfonie von und mit Schorsch Kamerun und ganz vielen utopiefreudigen Stuttgartern. Schorsch Kamerun überzeugt hier als Sänger der Hamburger Band „Die Goldenen Zitronen“, der zusammen mit den Stuttgarter Philharmonikern unter der inspirierenden Leitung von Viktoriia Vitrenko dieses fantasievolle, fluxusgesättigte Baustellenwerk zum Leben erweckt. In der Stuttgart-21-Baustelle werden auf jeden Fall die Nervenbahnen lahmgelegt, wobei Fotos und Selfies gemacht werden dürfen. Zu den Staccato- und Crescendo-Akzenten des Orchesters intoniert der Chor „Wir bauen eine neue Stadt“ – und ein asiatisches Glockenspiel schafft eine irisierende Atmosphäre auf dem riesigen Baustellen-Areal. Da kann man dann in subtiler Weise nachvollziehen, wie eine Stadt klingt, die in die Zukunft strebt. Bei den Ostinato-Passagen trumpft der Orchesterapparat gewaltig auf: „Die Summe aller Bemühungen ist das Auslassen von Zufall!“ Man sieht Obelix und die Riesenschildkröte, sogar ein imaginäres Hochzeitspaar wird plötzlich aufgetrieben. Das Ganze treibt reichlich surrealistische Blüten. Die riesige Umgrabung „Stuttgart 21“ mutiert zu einem seltsamen futuristischen Überführungsmoment: Spektakuläre Zerrissenheit manifestiert sich sogar bei den glamourhaften Auftritten in diversen Silberkostümen oder beim suggestiven Erscheinen des Herrn mit dem Zylinder. Unter den riesigen Kelchen, die einmal das neue Bahnhofsdach tragen sollen, entwickelt sich diese Stadt zu einer großen Maschine, einem gewaltigen Klang- und Raumkollektiv: „Du bist ein Arschloch, an dem Gold an den Händen kleben bleibt…“ Der Begriff „Motor City Super Stuttgart“ und die Magnetregion „Detroit Techno City“ ergänzen sich hier auch musikalisch. Da fehlt selbst Georg Friedrich Händels „Ombra mai fu“ als Largo aus der Oper „Xerxes“ nicht. Schorsch Kamerun erweist sich dabei als ein ausgesprochen einfallsreicher und versierter Komponist, der auch von raffinierter Instrumentation einiges versteht. „Gibst du mir Steine, geb‘ ich dir Sand!“ lautet die seltsame, rhythmisch verfremdete Devise dieser ungewöhnlichen Sinfonie (Ausstattung: Katja Eichbaum; Co-Komposition: Ui-Kyung Lee). Als Medium gefällt die subtile Sopranistin Josefin Feiler, das Maskottchen mimt Daniela Walther ausdrucksvoll, Merlin Pohse ist der eigenartige Maschinist, der sich plötzlich verwandelt. So gerät die gesamte Baustelle zu diesen rhythmischen Fortspinnungen in Bewegung. In weiteren Rollen überzeugen Magda Agudelo als Katastrophenexpertin, Harry Bednarz als Flaneur, Thorsten Gohl als angriffslustige Langsamkeit, Jeiny Cortes als Braut, Simon Kluth als Bräutigam sowie Viola Marien als Mandala-Designerin und Vulkantänzerin. Zahlreiche weitere Protagonisten treten zudem als Römer und Zufallsbegrüner, mutmachende Dystopie-Planer, Extremtouristen und Superentdecker, „Ruin Porn Promotion“, Badegesellschaft und futuristischer Chor auf (Rohrer-Lied-Ensemble). Man sieht einen informativen Filmausschnitt von „Wendeschleife Schwabstraße“ von Michael  Gompf. So fließen die thematischen Verbindungslinien an diesem Abend durchaus sinnvoll zusammen. Dies ist selbst dann der Fall, wenn exotische Pflanzen hereingetragen werden. Der Klima-Skandal ist trotzdem nicht zu verhindern. 

Alexander Walther

 

WIEN/ Theater an der Wien: RUSALKA. Premiere

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Maria Bengtsson, Günther Groissböck. Foto: Herwig Prammer/ Theater an der Wien

19.09.2019   Th.a.d.Wien   „Rusalka“ – Premiere

Wenig Erfreuliches ist von der ersten Premiere der neuen Spielzeit zu berichten. Dvoraks nun doch wieder etwas öfter gespielte Oper Rusalka (Wiener Staatsoper, MET) geriet in die falschen Hände. Die Inszenierung von Amelie Niermeyer bietet eine etwas andere Sicht dieses Märchens. Ein modernes Bühnenbild (Christian Schmidt) zeigt viel Wasser, bestückt mit einer Wohnzimmereinrichtung, einen meist geschlossenen Durchgang mit der Aufschrift „Pozor“ (Gefahr), eine breite Stiege, die zur oberen Handlungsebene führt und einen riesigen Kristallluster, der als einziges Requisit den Schlossbereich des Prinzen veranschaulichen soll. Die Handlung hat man nicht bearbeitet, die Personenführung zeigt ziemlich raue Umgangsformen der Protagonisten miteinander. Die Kostüme (Kirsten Dephoff) werden kaum dem Rahmen der Handlung gerecht, sie könnten in jeder Oper verwendet werden.


Günther Groissböck. Foto: Herwig Prammer/ Theater an der Wien

Meist kann man mit guten musikalischen Leistungen den Abend retten, was hier leider nicht der Fall war. Besonders schlimm war es um den Orchesterpart bestellt. Der Dirigent David Afkham, hierorts wohl zurecht nicht sehr bekannt, feierte sein Wien-Debüt mit wenig Erfolg. Sein Dirigat war lähmend langweilig, man hat das RSO schon lange nicht mehr so mittelmäßig spielen gehört. Wenn man die geniale Musik Dvoraks derart lieblos herunternudelt, bleibt kein Auge trocken. Zudem waren die Blechbläser ziemlich außer Form, da gab es viele falsche Töne und zeitweilig einen breiigen Klang, der eines guten Orchesters unwürdig war. Der Arnold Schönberg-Chor bot wie stets eine gediegene Leistung, ein erfreulicher Aspekt. Um nun doch etwas Positives zu berichten, muss man Günther Groissböck als herausragenden Sänger nennen. Er hat – wie in den beiden ober erwähnten Produktionen – die Rolle des Wassermannes im kleinen Finger, wie etwa Ambrogio Maestri den Falstaff. Da wird man weltweit keinen Bass finden, der ähnlich mächtig mit Stimme und Spiel die Rolle des hier recht derben Herrn der Wasserwelt beherrscht. Seine Stimme ist in jeder Höhenlage ein wahres Erlebnis. Ihm am nächsten kam Maria Bengtsson in der Titelrolle. Ihr kräftiger Sopran besitzt eine bombensichere Höhe, ist aber auch in den lyrischen Passagen sehr beeindruckend.

Damit war es das auch schon mit den guten Meldungen. Ladislav Elgr sang den Prinzen mit viel Anstrengung und wenig Schmelz, die nicht immer von Erfolg gekrönt war. Sein etwas eindimensional geführter Tenor konnte in keiner Phase an seinen Kollegen aus Polen heranreichen. Als besonders fiesen Einfall der Regie hat man ihn dann in sehr unangenehmer Liegeposition sterben lassen. Auch im Falsett gelang diese Szene nicht. Natascha Petrinsky sang die Jezibaba mit wechselndem Erfolg, ihre gute Tiefe verdarb sie mit recht unausgeglichener Mittellage. Auch Kate Aldrich als fremde Fürstin konnte ihre kleine Rolle nicht zur Zufriedenheit des Publikums gestalten, hölzern und (zu) lautstark geriet ihr Auftritt. Juliette Mars war als Küchenjunge eine Lichtgestalt mit guter Stimme.

Wenig Applaus (für eine Premiere) nur ein kurzes Buh für die Regie, dann war der Abend abgehakt

Johannes Marksteiner

 

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