Quantcast
Channel: KRITIKEN – Online Merker
Viewing all 11208 articles
Browse latest View live

FRANKFURT/ Alte Oper: LONDON PHILHARMONIC ORCHESTRA (Prokofjew, Schostakowitsch). Jurowski; Rana

$
0
0


Beatrice Rana. Foto: Wonge Bergmann

Besuchtes Konzert in der Alten Oper Frankfurt am 15. Dezember 2019
London Philharmonic Orchestra

Vladimir Jurowski Leitung
Beatrice Rana Klavier

Sergej Prokofjew: Klavierkonzert Nr. 3 C-Dur op. 26
Dmitri Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 11 g-Moll op. 103

Zwei musikalische Schwergewichte präsentierte das renommierte London Philharmonic Orchestra bei seinem Gastspiel in der Alten Oper Frankfurt.

Fast auf den Tag genau, am 16. Dezember 1921, spielte Sergej Prokofjew selbst die Uraufführung seines Klavierkonzertes in Chicago. Es gilt als sein beliebtestes Klavierkonzert, weil es melodisch reich ist und weitgehend auf Dissonanzen verzichtet.

Wunderbar innig intonierte die Klarinette das Eingangsthema, welches von den samtigen Streicherklängen aufgegriffen wurde, umso dann mit stürmischem Elan nach vorne zu drängen. Als Solistin zeigte Beatrice Rana eine reife, außergewöhnlich souveräne Leistung am Klavier. Hoch virtuos und reaktionsschnell musizierte sie mit dem fabelhaften Orchester. Große Vitalität kennzeichnete ihr Spiel. Aber auch in den lyrischen Motiven zeigte sie ihre Klasse. Die ständigen Akkordveränderungen realisierte sie in zugespitzten Tempi mit größter Umsicht.

Das Andantino forderte sie in allen Belangen, denn hier kommt es zu einer Aneinanderreihung unterschiedlicher Variationen. Zahlreiche Akkordzerlegungen, sehr schnelle Tonleiterabfolgen und auch einige kräftige Dissonanzen. Eine nicht enden wollende Palette der unterschiedlichsten Farben.

Furios und dann hoch virtuos gesteigert das Finale. Technisch ist dieses Klavierkonzert extrem anspruchsvoll und doch ließ es Rana dabei nicht beruhen, hier ihre Kunstfertigkeit auszuagieren. Immer wieder war ihr Spüren und Fühlen spürbar, der musikalischen Gestaltung ein Maximum an Farben und rhythmischer Prägnanz angedeihen zu lassen. Mit Vladimir Jurowski hatte sie einen sehr guten musikalischen Partner an ihrer Seite, der sein Orchester groß aufspielen ließ. Sehr selbstbewußt nahm sich das London Philharmonic seinen Raum, um mit staunenswerter Perfektion alle Erfordernisse mit Bravour zu realisieren. Drastische Effekte bis hin zur Groteske wurden deutlich herausgestellt. Dabei vernachlässigte Jurowski aber zu keinem Zeitpunkt die romantischen Melodieabschnitte.

Ein großartiger Beginn, der heftig vom Publikum akklamiert wurde und mit einer schönen Zugabe von Beatrice Rana belohnt wurde.

Kaum ein Komponist verstand sich so sehr als musikalischer Biograph seines Zeitalters wie der Russe Dmitri Schostakowitsch. Als am 09. November 1905 Zar Nikolaus eine unbewaffnete Menge Bittsteller niederschießen ließ, wurde daraus eine weit auf Russland übergreifende Bewegung des Widerstandes. Schostakowitsch setzte mit seiner 11. Symphonie dieser furchtbaren Tat ein musikalisches Denkmal. Und doch wollte er seine Symphonie zeitlos verstanden sehen. Als dieses Werk am 30. Oktober 1957 in Moskau uraufgeführt wurde, war ihm sogleich ein großer Erfolg beschieden. Geradezu filmisch genau mit programmatischen Vorgaben bildetete Schostakowitsch die Ereignisse ab.

Bereits im ersten Satz („Der Platz vor dem Palast“) ist die einleitende Grundstimmung düster und bedrückend. Deutlich dann der Kontrast im zweiten Satz („Der neunte Januar“). Zunächst wird ein altes russisches Lied zitiert, klagend und voller Demut. Plötzlich dann stürmische Fugatopassagen, die bedrohlich anschwellen. Die zaristischen Gewehrsalven sind geradezu brutal herausgemeiselt. Dann verebbt dieser extreme Satz in der Stille.

Der dritte Satz („Ewiges Gedenken“) ist, ähnlich wie in seiner siebten Symphonie, ein Lamento. In einem Trauergesang wird der Opfer musikalisch gedacht. Im beschließenden vierten Satz („Sturmläuten“) wähnt der Zuhörer sich im Kern der Revolution. Kriegsgesänge verarbeitet Schostakowitsch in diesem drastischen Finale, das mit lärmenden Glocken dann seinen apokalyptischen Höhepunkt findet.

Es war zu jedem Zeitpunkt spürbar, dass Vladimir Jurowski und das grandios aufspielende London Philharmonic Orchestra, an diesem Abend ein musikalische Bekenntnis formulierten. Jurowski reizte die Extreme aus, in der Dynamik, wie in den z.T. aberwitzig zugespitzten Tempi. Und so war es der Reichtum der Kontraste, der seine Interpretation besonders erscheinen ließ. Immer wieder bremste der Dirigent aber dann auch die Musik herunter, um das Kantable, den seelenvollen Klagegesang in den Mittelpunkt zu stellen. Es war prachtvoll, wie leicht und mühelos das London Philharmonic Orchestra dieses fordernde Werk realisierte. Ob in der Groteske oder im Seelenklang, immer war das Orchester hoch präsent und tadellos in seiner musikalischen Gestaltungkraft. Voller Wehmut und Schwere intonierten die Holzbläser, während die groß aufspielenden Streicher körperreich, ruppig sekundierten. Gewaltig trumpften die Blechbläser und das viel geforderte Schlagzeug auf. Eine extrem fordernde Stunde Musik für alle Beteiligten auf und vor der Bühne.


Vladimir Jurowski, Beatrice Rana. Foto: Wonge Bergmann

Und doch, das Publikum, zunächst völlig erschlagen, zeigte sich lautstark begeistert von dieser so besonderen Interpretation und feierte die Ausführenden mit stehenden Ovationen. Der bescheiden agierende Vladimir Jurowski hielt sodann die Partitur gleich einer Ikone dem Publikum entgegen. Eine starke Geste. Ein großes Konzert!

Dirk Schauß

 


FRANKFURT/ Alte Oper: LONDON PHILHARMONIC ORCHESTRA – VLADIMIR JUROWSKI; BEATRICE RANA (Klavier)

$
0
0


Vladimir Jurowski, Beatrice Rana. Foto: Wonge Bergmann

 

Frankfurt / Alte Oper: „BEATRICE RANA –   LONDON PHILHARMONIC ORCHESTRA  –  VLADIMIR JUROWSKI”  –  15.12.2019

In kurzer Folge gaben sich Londoner Orchester in der Alten Oper die Ehre, heute gastierte das London Philharmonic Orchestra unter der Stabführung von Vladimir Jurowski.

Als Gastsolistin war Beatrice Rana mit von der Partie und brillierte mit dem „Klavierkonzert Nr. 3“ von Sergej Prokofjew.

Unter den Klavierwerken des russischen Avantgarde-Komponisten erfreut sich das dritte C-Dur Konzert unentwegter Beliebtheit, stammt es doch aus Zeiten der Übernahme „romantischer Konzerte“ präsentierte sich jedoch nun in tonaler Grundlage des 20. Jahrhunderts. Die italienische Pianistin Beatrice Rana verstand es prächtig die Bestandteile des Impressionismus wie auch die der Neuen Musik zu offerieren. Zarte Holzbläser  eröffneten das Andante, Violinen und Blechfraktionen formierten sich zur weiteren orchestralen Vielfalt, glitzernde Klavierkaskaden, hämmernde Akkordschläge überboten die lyrische Episode dieses Satzes  variierend in wunderbarem Interaktion.

Beherzt im Anschlag, virtuos, brillant entwickelte Rana variabel das Marschthema des Andantino mit seinen fünf Variationen, veränderte harmonisch die Farbklänge zum orchestralen Wechselspiel vortrefflich. Kompakt während der Ostinato-Rhythmen, machtvoll und knackig profilierte sich das Blech sowie herrlich intonierend bildeten die Streicher kontrastreich Paroli im Spiel des in atemberaubender Rasanz hervorragend aufspielenden London Philharmonic Orchestra unter der sachkundigen Leitung von Vladimir Jurowski.

Herrlich aufgefächert, spritzig, temperamentvoll erklang das finale Allegro dessen seltsam verdrehte Mazurka-Thematik Anlass bot für allerlei pianistische wie orchestrale Kunststücke. Technisch vortrefflich ausbalanciert, überlegen leicht in schwerelosem Anschlag meisterte Beatrice Rana mit Noblesse, unter steter Wahrung des substanzreichen Tones die finalen Sequenzen und zündete knapp zwei Wochen vor Silvester ihr persönliches instrumentales Brillant-Feuerwerk. Zwischen schwärmendem Streicher-Melos fand das Konzert seinen harten Ausklang. Als wäre es das Selbstverständlichste der Welt musizierte die bescheiden wirkende Künstlerin souverän, präzise, punktuell und erfreulich abseits jeglicher Tasten-Theatralik.

Prasselnder Applaus und Bravos für die Künstler. Mit einer herrlich intonierten Bach-Zugabe bedankte sich Rana für die herzliche Zustimmung.

Nach der Pause stand die „Symphonie Nr. 11“ von Dmitri Schostakowitsch auf dem Programm. Das außerordentlich weiträumig angelegte Werk erhielt den Untertitel „1905“, bezieht sich auf den niedergeschlagenen Aufstand gegen Zar Nikolaus II. und wurde im Jahre 1957 uraufgeführt. Entstanden unter großem Einfluss von der damaligen Sowjetunion klingt das Werk entsprechend nach offiziell eingefordertem sozialistischem Realismus-Klang. Doch diese Gefahr umging Vladimir Jurowski mit der absoluten Identifikation der Partitur ohne Kompromisse und vermittelte entgegen den breiten Pinselstrichen des Komponisten eine spannende Tonsprache.

Die vier ohne Pausen miteinander verbundenen Sätze tragen entsprechende Übertitel. In schroffem Wechsel formte der Dirigent monotone und melancholische Rhythmik zum ersten Teil Platz vor dem Palast, Harfenschläge, wie von fern abgetönte Trompetenklänge, leichte Trommelwirbel reflektierten noch den Frieden, die unterschwellige Bedrohung wurde permanent greifbarer bei den Paukenschlägen. Schneidend schier brutal erhob sich der grandios musizierende Klangkörper zur Massaker-Szene im zweiten Titel 9. Januar. In einer Art Largo in akzentuiert transparentem Klangbild mit leise pulsierenden Harfen zog das Ewige Gedenken vorüber. Interessant fand ich die instrumentale Anordnung der hellen Streicher, dahinter in zweiter Reihe die Celli und Bässe.  Auftrumpfend als ginge es um Leben oder Tod, tut es ja wirklich im niedergeschlagenen Aufstand, enthält diese Musik auch symbolisch jene Menschenwürde welche im Zarenregime thematisiert erschien und vermittelte so im Finalsatz Sturmgeläut  die Vorgänge trefflich. Das Instrumentarium schien zu bersten im monumentalen Klangrausch in seinen dunkel-schwermütigen Formteilen, dazwischen wiederum das kurze versöhnliche Intermezzo der Harfen, dem untermalenden Streicherklang zum Solo des Englischhorns, dennoch wurde dieser Finalsatz von strahlendem Hymnus des Sieges über das Böse gekrönt. Man wähnte sich regelrecht erschlagen bar dieser großartigen Interpretation.

Das Publikum hielt zuweilen den Atem an, eine unglaubliche (vorbildliche) Stille herrschte im Saal und in Bravochören und langem Beifall entlud sich die Begeisterung.

Gerhard Hoffmann

WIEN/ Theater an der Wien: HALKA. Premiere

$
0
0

Bildergebnis für theater an der wien halka
Copyright: Monika Rittershaus/ Theater an der Wien

WIEN/  Th.a.d.Wien:   „Halka“. Premiere

Stanislaw Moniuszkos polnische Nationaloper sollte für unsere Ohren eigentlich ideal klingen. Schwermütige slawische Klänge, eine Mischung aus „Eugen Onegin“ und „Verkaufte Braut“ – was kann da schiefgehen? Leider doch einiges.

Die Koproduktion mit dem Teatr Wieliki in Warschau bot für Interessenten rarer Opernwerke eine Allerweltsinszenierung (Mariusz Trelinski) mit einem denkbar einfachen Bühnenbild (Boris Kudlicka) – ein sich fast ständig drehender Hotelkomplex – und mit unauffälligen Kostümen (Dorothee Roqueplo). Das Libretto (Wlodimierz Wolski) kann man aus der Zeit des mittleren 19.Jahrhunderts verstehen, Adel plus Leibeigenschaft plus politische Bedrängnis Polens ergäbe doch einen brauchbaren Plot für eine gute Oper. Wenn allerdings sämtliche mögliche Klischees der Bühnengeschichte in geballter Ladung dargeboten werden, wenn der Komponist immer wieder im Versuch steckenbleibt, gute Melodien zu schreiben, wenn sein Bemühen, zündende Arien und Duette zu komponieren, in Verzettelung endet, dann kann der Abend nur durch ausgezeichnete Interpreten gerettet werden.

Da standen allerdings die zwei besten polnischen Opernsänger der Gegenwart auf der Bühne: Piotr Beczala bot als Jontek einen weiteren Beweis seiner großen Klasse. Seine Stimme war in jeder Höhenlage präsent, der Glanz und die Souveränität waren einfach beispiellos. Auch Tomasz Konieczny konnte in der Rolle des bösen Janusz, der seine Verlobte Halka in den Tod trieb, einen tollen Erfolg für sich buchen. Sein kräftiger Bariton ist für solche Rollen ideal. Nicht ganz glücklich konnte man mit Corinne Winters in der Titelrolle sein. Ihr an sich robustes Stimmmaterial hat die nötige Durchschlagskraft, leider sind ihrer Nuancierungskunst Grenzen gesetzt. Dramatik pur ist nicht den ganzen Abend hindurch sinnvoll.

Die Sänger der kleineren Partien waren durchaus positiv zu vermerken. Gut wie zumeist der Arnold Schönberg-Chor unter Erwin Ortner. Vor allem nach der Pause hatten die Damen und Herren ein ordentliche Arbeitspensum, das sie aber tadellos erfüllten. Die musikalische Leitung lag in den Händen von Lukasz Borowicz, der mit viel Einfühlungsvermögen das RSO-Orchesters dirigierte. Man hatte mitunter den Eindruck, dass die slawischen Klänge nicht zu den allergrößten Stärken des Klangkörpers zählt.

Das Publikum feierte vor allem den Star des Abends, Piotr Beczala, die Begeisterung übertönte ein paar zarte Buhrufe für die Regie, die aus Mangel an Vergleichen zu anderen Produktionen nicht gerechtfertigt waren. 

Johannes Marksteiner  

 

WIEN( Konzerthaus: MATINÉE MIT DEN WR. SYMPHONIKERN, CONSTANTINOS CARYDIS REGULA MÜHLEMANN

$
0
0


Foto: Helena Ludwig

15.12.2019 Matinee im Wiener Konzerthaus: Wiener Symphoniker, Regula Mühlemann und Dirigent Constantinos Carydis – präsentiert von Barbara Rett – mit Mozart und Respighi.

Im Rahmen des Zyklus „Matineen der Wiener Symphoniker“ sprach Barbara Rett wieder Einleitendes zum heutigen Konzert. Begonnen wurde mit einem Programm, das fast ausschließlich aus Jugendwerken von Mozart bestand, zusammengestellt vom griechischen Dirigenten Constantinos Carydis der darum bat, dass zwischen den einzelnen Werken nicht applaudiert wird. Besonders unterhaltsam war das Vorlesen von Textstellen aus Briefen Mozarts die er als Jugendlicher verfasst hatte, vorgetragen von Musikern und Musikerinnen der Symphoniker. Danach folgte:

 

  1. Kassation Nr. 1 G-Dur K 63 „Finalmusik“ das Andante aus dem Jahr 1769. Alle drei Kassationen Mozarts entstanden in seiner Salzburger Zeit. Diese Werke wurden damals von den fertig ausgebildeten Studenten zu Ehren Ihrer Professoren dargebracht.
  2. Arie „Ruhe sanft, mein holdes Leben“ aus dem nicht vollendeten Singspiel „Zaide oder das Serail“ K 336b, entstanden 1779-1780. Damals waren die sogenannten Türkenopern extrem beliebt. Wieso Mozart das Stück nie vollendete ist nicht geklärt, es wurde erst 1799 in seinem Nachlass wiederentdeckt. Doch wenige Jahre danach komponierte er für Wien „Die Entführung aus dem Serail“. Die wunderbare Arie´aus diesem Vorgängerwerk wurde von der jungen schweizer Sopranistin Regula Mühlemann hervorragend gesungen. Ihre glockenhelle Stimme die keinerlei Pressen oder Anstrengung kennt harmoniert hier vollkommen.
  3. Overtura zu „La Betulia liberate“ K 74c aus dem Jahr 1771. Den Auftrag zu dem geistlichen Schauspiel erhielt der 15jährige Mozart in Padua. Das Libretto war schon damals sehr oft vertont worden und es ist anzunehmen, dass man den jungen Musiker mit seinen Kollegen vergleichen wollte. Es kam allerdings keine Aufführung in einer der Akademien des Auftraggebers zustande. Mit dem heutigen Tag wurde dieses Stück im Wiener Konzerthaus zum ersten mal aufgeführt.
  4. „Exsultate, jubilate“, Motette für Sopran F-Dur, K 158a, entstanden 1773. Wolfgang und sein Vater Leopold Mozart befanden sich seit Oktober 1772 wieder auf einer Italienreise, um den vertraglichen Verpflichtungen zum Schreiben und Einzustudieren einer Oper für die Karnevalsaison in Mailand nachzukommen. Die Premiere von Lucio Silla fand am 26.12.1772 mit großem Erfolg statt, was aber auch dem Mitwirken von Venanzio Rauzzini zu verdanken war. Der Kastrat war einer der umjubeltsten Sänger seiner Zeit und so schrieb Mozart für ihn auch noch eine Solokantate, das „Exsultate, jubilate“. Diese wurde dann am 17.1.1773 in der Mailänder Theatinerkirche uraufgeführt. Heute konnte die reizende Frau Mühlemann damit brillieren. Brava!

 

Nach der Pause wurde die Besetzung der wunderbaren Wiener Symphoniker ordentlich aufgestockt und es folgten Ottorino Respighis beeindruckende Tondichtungen „Fontane di Roma“ und „Pini di Roma“.

Respighi (1879 – 1936) gehörte zur Generation der „dell´ottanta“an, Komponisten die um 1880 geboren waren und es sich zur Aufgabe machten, der Musik Italiens neue Impulse zu geben und zu zeigen, dass es auch symphonische Musik im Land der Oper gibt. Am 11.3.1917 wurde „Fontane di Roma“ uraufgeführt und vom Publikum sehr verhalten aufgenommen. Der enttäusche Komponist legte die Partitur zur Seite und erst als Toscanini im Feburar 1918 ein Werk von Respighi dirigieren wollte, sendete ihm der Komponist die Partitur. Er selbst wollte bei der Aufführung nicht anwesend sein, weil er von einem weiteren Misserfolg überzeugt war. Zu seiner großem Freude wurde die Aufführung unter Arturo Toscanini aber ein gewaltiger Erfolg und Respighi schrieb in den 1920er Jahren noch zwei symphonische Dichtungen die an das Werk anschlossen. Die „Pini di Roma“ und „Feste Romane“ welche ebenfalls unter Toscanini mit großem Erfolg in Europa und den USA präsentiert wurden.

Die Wiener Symphoniker sind ein großartiges Orchester, die auch unter Constantinos Carydis Leitung gewohnt hervorragend musizierten. Der Dirigent leitete das große Orchester mit weiten, fließenden Bewegungen ohne Taktstock. Es scheint dass schon bei der ersten Zusammenarbeit eine große Vertrautheit gegeben war. Wunderbar, Danke!

Die Sopranistin Regula Mühlemann ist am 7.1.1986 in der Schweiz geboren. Sie studierte an der Hochschule Luzern und sammelte schon früh Erfahrungen am dortigen Theater. An vielen der bedeutendsten Opernhäusern ist die junge Sängerin bereits aufgetreten und am 16. Februar 2020 gibt sie ihr Rollen- und Wiener Staatsoperndebüt als Adina in Donizettis L´elisir D´amore. Ausserdem wird sie bei den Salzburger Festspielen die Pamina in der Zauberflöte singen. https://regulamuehlemann.com/

Der 1974 in Athen geborene Dirigent Constantinos Carydis studierte Klavier und Musiktheorie am Athener Konservatorium. Sein Dirigentenstudium schloss er an der Hochschule für Musik und Theater in München ab. Er dirigierte schon an der Wiener und der Bayerischen Staatsoper, am Covent Garden und bei den Salzburger Festspielen. In der letzten Saison debütierte er bei den Berliner Philharmonikern. https://de.wikipedia.org/wiki/Constantinos_Carydis

Die Wiener Symphoniker zählen zu den besten Orchestern Europas und bestimmen die großartige, qualitativ höchstwertige symphonische Konzertszene in Wien. Gegründet wurden die Symphoniker 1900 mit der Zielsetzung erschwingliche Orchesterkonzerte der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. https://www.wienersymphoniker.at/de

Bericht von Helena Ludwig – https://www.facebook.com/helena.ludwighttps://www.instagram.com/helena_ludwig_austria/

 

WIEN/ Theater an der Wien: HALKA – Polnische Gesangsgala. Premiere

$
0
0

Bildergebnis für theater an der wien halka

Wien/ Theater an der Wien: HALKA – „Polnische Gesangsgala“. Premiere am 15.12.2019

Das Theater an der Wien hat knapp vor Weihnachten noch eine Opernrarität angesetzt: „Halka“ von Stanislaw Moniuszko. Das Werk zählt in Polen zum „nationalen Kulturgut“, wird außerhalb Polens aber nur wenig gespielt.„Halka“

Corinne Winters als "Halka" am Theater an der Wien (Theater an der Wien / Foto: Monika Rittershaus)
Corinne Winters (Halka). Foto: Monika Rittershaus

http://www.operinwien.at/werkverz/moniusz/ahalka.htm

Dominik Troger/ www.operinwien.at

DRESDEN/ Semperoper: IPHIGENIE AUF TAURIS –„Tanzoper“ von Pina Pausch

$
0
0

Dresden / Semperoper: IPHIGENIE AUF TAURIS – „TANZOPER“ VON PINA BAUSCH – 15.12.2019

1974 kreierte Pina Bausch als ihre zweite, neu- und andersartige Choreographie und Inszenierung an den Bühnen der Stadt Wuppertal, ihre „Tanzoper in vier Akten“ „Iphigenie auf Tauris“ nach der gleichnamigen Oper von Christoph Willibald Gluck (Libretto: Nicolas Francois Guillard, deutsche Fassung: J. B. v. Alxinger und Ch. W. Gluck). Sie überschritt darin die Grenzen zwischen Oper und Theatralik, erschloss dem Tanztheater neue Freiräume und schuf damit ein Gesamtkunstwerk aus Oper und Tanz. Vieles davon wurde später in vielfältiger Weise von anderen Choreografen nachgeahmt und auch in deren eigener Sprache weiterentwickelt, so dass ihr damals neuartiges Tanztheater, mit dem sie gleichzeitig irritierte und begeisterte, inzwischen zum Allgemeingut der Choreografen geworden ist. Jetzt regt das niemand mehr auf, man nimmt es als das, was es ist, eine unverfälschte, mit den Mitteln des Tanzes und der Musik unmissverständlich klar erzählte Handlung ohne Verfremdungen mit dem Versuch einer vorsichtigen Annäherung an die menschlichen Beweggründe.

Nach 45 Jahre seit der Uraufführung brachte nun Aaron S. Watkin das Werk in Kooperation des Semperoper Ballett und der Pina Bausch Foundation in Zusammenarbeit mit dem Tanztheater Wuppertal auf die Bühne der Semperoper (Premiere: 5.12.2019). Jetzt fand die 5. Vorstellung und trotz des großen Aufwandes bei der Einstudierung auch schon die letzte in dieser Spielzeit statt. Im Vergleich zur Premiere haben spätere Aufführungen oft den Vorteil, dass vieles gelöster und ausgeglichener wirkt und sich die Akteure mit ihren Rollen identifiziert haben.

Vieles an dieser puristischen Inszenierung wirkt auch jetzt noch zeitgemäß: die kahle Bühne, die reduzierten Kostüme, der nackte Look, viel Haut und die barfuß Tanzenden. Wenn sich der Vorhang mit dem ersten Ton von Glucks Musik öffnet, empfangen den Zuschauer lange, weiße „Vorhänge“, die wie Doppelbetten-Bettlaken auf der Leine hängen. Auf einer kleineren „Wäscheleine“ im Hintergrund „baumeln“ pastellfarbene Kleidchen, die die Tänzerinnen später tragen. Die gesamte Inszenierung ist im Wesentlichen in Schwarz und Weiß gehalten, was aber keine Schwarz-Weiß-Zeichung der Charaktere bedeutet.

Dazwischen liegt die große, schlanke, ebenmäßig gewachsene Sanheun Lee als Iphigenie am Boden, flattert mit den Armen aus Angst und Verzweiflung und bewegt sich später mit fliegenden Haaren, in erstarrtem Schreiten und wilden Bewegungen durch die Formationen weiß gekleideter, junger Frauen, denn ein böser Traum, ihr Vater Agamemnon sei tot und ihre Mutter habe ihr ein Schwert in die Hand gedrückt, ist ihr unerträglich geworden. Nach dem Gesetz des Thoas, König von Taurus, muss sie als Priesterin der Diana, der sie ihr Leben verdankt, weil sie von ihr einst vom Opferaltar gerettet und nach Tauris gebracht wurde, als ihre Priesterin jeden neu ankommenden Fremdling töten, auch zwei junge Griechen aus ihrer Heimat, die sie erst gegen Ende des Stücks „in letzter Minute“ als ihren Bruder Orest und seinen Freund Pylades identifieren kann, vom Opfertod befreit und für ein Happy End sorgt, ganz im Sinne Glucks und seiner Zeit mit ihrer humanistischen (utopischen) Gesinnung.

Aber so weit sind wir noch nicht. Zunächst taucht aus einer halb verdeckten, halb sichtbaren “gusseisernen“ Badewanne mit Löwenfüßen aus Urgroßmutters Zeiten, die gerade wieder modern ist, plötzlich Agamemnon (Gareth Haw) auf und wird in Rückblende von seiner Frau in einer drastischen Mordszene über der Badewanne mit einem roten Schal stranguliert (geht dann aber später mit ihr einträchtig und mit leisen Schritten durch die Bettlaken-Vorhänge von der Bühne ab. Das ist eben Theater, wo die Toten wieder „auferstehen“).

In dieser puristischen Inszenierung (Bühnenbild: Pina Bausch und Jürgen Dreier) bewegen sich die Agierenden ganz im Sinne von Handlung und Musik in ungewöhnlichen tänzerischen Bewegungen sehr gemessen zur langsamen Musik bis zur „Zeitlupe“, um die Spannung zu erhöhen, dann wieder mit ruckartigen Bewegungen, in schnellem Lauf über die Bühne oder auch als eindrucksvolle „stehende Bilder“, gelegentlich auch ganz ohne Musik. Thoas (Casey Ouzounis) betritt die Bühne wie in einem schweren, „eisernen“ Mantel und stellt ihn ab im wahrsten Sinne des Wortes, um in grotesken, ruckartigen, zackigen Bewegungen seine irrwitzige Macht und seinen Zorn auszudrücken. Mit ihren großartigen tänzerischen Leistungen gaben Rio Anderson als Klytämnestra und Svetlana Gileva als Elektra, die auch als Priesterinnen und Skyten mitwirkten, Profil.

Sehr realistisch wird hingegen nicht nur die Freundschaft zwischen den beiden, scheinbar nackt mit tänzerischen Glanzleistungen, oft in völlig synchronen Körperbewegungen ausdrucksstark agierenden, Freunden Orest (Francesco Pio Ricci) und Pylades (Julian Amir Lacey), sondern auch Zuneigung, Liebe und Emotion in Anbetracht des drohenden Todes in dramatischen und auch eindeutig erotischen Szenen, die den Kern der Choreografie bilden, dargestellt. Im dritten Akt befindet sich auf der Bühne ein riesiges quadratisches Loch, das scheinbar in den Abgrund führt und das drohende Ende für die Freunde symbolisiert.

Die Opferszene der beiden jungen Griechen im 4. Akt soll dann auf einem eigentümlichen Altar aus einer sehr langen Leiter, die das Opfer angeschleppt bringt, einem alten Holztisch und besagter Badewanne vollzogen werden. Vielleicht damit es keine Blutflecken gibt (ein Handtuch hängt jedenfalls wie beim Baden über dem Wannenrand). Eine Frau (Jenny Laudadio) bringt einen großen Strauss weißer Blumen, mit denen sie langsam den Altar dekoriert. Sehr archaisch wirkt das gerade nicht.

Die Choreographie folgt dem Handlungsablauf der Oper, wobei Sänger und Tänzer getrennt agieren. „Umrahmung“, Grundlage, Fundament und Ausgangspunkt des Bühnengeschehens sind Musik, Gesang und Text, in symbolhafte Bilder umgesetzt und illustriert. Sächsische Staatskapelle und Sächsischer Staatsopernchor teilen sich den Orchestergraben, der durch eine Abdeckung, die die Bühne in ein unregelmäßiges Vieleck verwandelt, verkleinert wird. Unter der energiegeladenen Leitung des mit der Musik Glucks vertrauten Jonathan Darlington spielte die Kapelle sehr zuverlässig und klangschön, zunächst mit feiner, dezenter Tongebung, später auf dem Höhepunkt der dramatischen Zuspitzung mit starkem Ausdruck, ergänzt von dem ebenfalls sehr zuverlässig und stilgerecht singenden Chor.

Die aus beiden Proszeniumslogen singenden Solisten bilden das Pendant zu ihren Rollenpartnern auf der Bühne, deren Tanzbewegungen und ausdrucksstarke Bilder mit Text und Gesang verschmolzen. Gabriela Scherer hatte mit der Partie der Iphigenie, die eine starke Kondition erfordert, den „Löwenanteil“ zu singen. Sebastian Wartig überzeugte als stimmkräftiger Orest und Joseph Dennis als etwas „zarterer“ Pylades. Lawson Anderson war Thoas und Roxana Incontrera eine gute Diana. Einem Diener gab Reinhold Schreyer-Morlock (Mitglied des Staatsopernchores) seine Stimme.

 Was an dieser Adaption von Glucks Oper, mit der eine antike Geschichte als psychologisches Drama erzählt wird und ganz auf die Charaktere und ihre Emotionen konzentriert ist, fasziniert, ist die Ehrlichkeit und Einfachheit im Umgang mit der Wirklichkeit in einer geradlinigen Konzentration auf das, was die Menschen bewusst oder unbewusst bewegt, ganz im Sinne Glucks, der seinerzeit die Oper diesbezüglich revolutionierte.

Ingrid Gerk

WIEN: Hofburg und Stadthalle: WEIHNACHTSSHOW FÜR DIE KLEINEN GÄSTE MIT DEN BRÜDERN KRANNER

$
0
0

Wiener Hofburg und Stadthalle: Weihnachtsshows für kleine Gäste mit den Brüdern Kranner (11. bzw. 15. 12.2019) 

Weihnachtszeit, Kinderträume: Zwei große Veranstaltungen vermitteln alljährlich in Wien vor den Weihnachtstagen jeweils rund zweitausend Kindern Theaterfreuden. Richtiger gesagt: ein bisschen Musicalzauber. Die Brüder Kranner, Gernot und Reinwald, beide international arrivierte Sänger (und und  …. ) sind in beiden Shows als Gestalter und Mitwirkende involviert, beweisen sich dabei als Tausendsasas.

‚Energy for Life‘ tritt in der Hofburg als Veranstalter des „Weihnachtsball für Kinder“ auf. Russisch angehaucht, denn Gazprom Export ist der Hauptsponsor. Und Gernot Kranner gibt als Autor, Regisseur und Haushofmeister in „Der schönste Weihnachtsbaum“ für Sandra Pires als Weihnachtsfee oder Juliette Khalil als quirlige Prinzessin Rosenrot den Märchenton an. Ja, und Bruder Reinwald ist hier der unablässig grimmig drohende Käpt’n Hook. Nur kein Grusel: Chef Thomas Schäfer-Elmayer marschiert hier zwischendurch mit seinen Tanzschülern artig ein, elegante junge Ballerinen sind aus St. Petersburg und Sopron angereist gekommen, Schulchöre oder das artistische The Freaks Showteam stellen sich ein. Also, großer Aufwand, große Show, und eine munter am Boden sitzende Kinderschar mit roten Santa Claus-Mützen am Kopf nimmt das turbulente Geschehen vergnüglich auf.

„Kalikimaka“ heißt es in der Wiener Stadthalle, und dies ist die traditionelle Weihnachtsfeier für die kleinen Gäste der Wiener Kinderfreunde. Reinwald Kranner ist hier der Autor dieses Kindermusicals, und Klaus Maria Brandauers Sohn Christian führt mit der Gitarre seine Combo an. Zu Rhythm & Blues hat sich Kranner eine familiäre Zeitreise ausgedacht: Von zuhause geht es in die  Steinzeit, nach Hawaii oder zu tanzenden Waldgeistern. Und niemand anderer als der Autor selbst spielt und singt hier Kalikimaka, den hawaiianischen Geist der Weihnacht. Er ist nun kein böser Hook, sondern der hilfreiche Ratgeber in Musical-Manier für die durch die Welt irrende chaotische Familie Kramer. Solch ein Einsatz für musikalisches Kindertheater bereitet auch dem vielseitig geforderten Brüderpaar Kranner Freude: Um in glückliche Augen zu sehen, oder dass die Kinder in ein Paar Jahren auch ins Theater gehen. Dies lehrt Kalikimaka den Jungen: „Damit zufrieden zu sein, mit dem was wir haben!“

Meinhard Rüdenauer

FRANKFURT/Oper: PENELOPE von Gabriel Fauré. Neuinszenierung

$
0
0

Bildergebnis für oper frankfurt penelope
Paula Murrihy. Foto: Barbara Aumüller

Frankfurt: Penelope  von Gabriel Fauré  15.12. 2019  Neuinszenierung

Diese Oper stellt quasi einen ‚missing link‘, ein Bindeglied zwischen französischem Wagnerisme und dem Impressionismus eines Debussy dar. Als Poeme lyrique gibt sie sich wunderbaren romantischen Klangbögen hin, und es scheint viele Leitmotive zu geben, die an der bekannten Geschichte der Penelope ansetzen, wie sie auch Monteverdi in seiner Oper Il ritorno d’Ulisse in patria (Die Heimkehr des Odysseus) komponiert hat. Also hört man Stellen aus Rheingold oder Parsifal heraus, dann ändern sich die Stimmungen, und verschleierte Klangbilder aus ‚Pelleas & Melisande‘ schieben sich in den Vordergrund, ja weisen auf Francis Poulenc  voraus. Es ist ein Verdienst der Oper Frankfurt, diese vergessene, wohl einzige Oper Faures anzusetzen, die vom Orchester mit großem Animo gespielt wird unter den Händen von Joanna Mallwitz in aufregender Weise zu Gehör gebracht wird.

Rifail Ajdarpasic hat für die Regisseurin Corinna Tetzel ein Einheitsbild geschaffen, das am Ende zerbricht, nämlich die Dachterrasse einer Villa mit Gartenstühlen und einer verrosteten Schüssel, mit Baumkronen im Hintergrund, wo man sich auch das Meer am Horizont denken kann. Im Video von Bibi Abel sehen wir oft das vergrößerte Gesicht Penelopes in schwarz-weiß über die Szene projiziert, so daß klar ist, daß Penelope, wie bei Faure und so auch bei C. Tetzel eindeutige Hauptfigur und Projektionsfläche dieser Handlung darstellt. Die auf fünf reduzierten Freier in dunklen engen Anzügen stellen sich auf der Terrasse zu lasziven Tänzen mit den Hofdamen, alle sehr hübsch und in gelben verschieden geschnittenen Kleidern, ein (Kostüme: Raphaela Rose). Es wird im Verlauf klar, daß diese ‚Hofdamen‘ als Puffer zwischen ihr und den Freiern wirken. Die ehemalige Amme des Ulysse und jetzt von Penelope, Euriclee, ist auch sehr jung und in einem dunklen Kleid drapiert, während Penelope selbst als Königin vor den Freiern einen schwarzen Anzug trägt. Unter diesem befindet sich aber das gewebte Kleid, das eigentlich für den verstorbenen Vater des Odysseus bestimmt ist, von Penelope in der Nacht aber immer wieder aufgetrennt wird, um die Frist bei den Freiern, die alles verprassen, zu verlängern. Dieses schön gewirkte weiße Kleid soll für Penelope ihre Weiblichkeit verkörpern. Bei der Bogenprobe der Freier mit dem aufgetauchtem Bettler, den sie erst bei einer Trinkprobe quälen,  verzichtet C.Tetzel auf das Bogenutensil oder ein Äquivalent, dann ist plötzlich ein großer Riß in der Terrasse zu sehen, auf der linken Seite die Freier, die dann überwältigt werden, rechts Penelope und Odysseus, die bei ihrem gegenseitigen Erkennen in Bögen um einander herum schreiten. Odysseus‘ Getreue stehen alle vor der Dachterrasse, was keinesfalls eine geniale Lösung erscheint. Am Ende geht Odysseus durch den tiefen Spalt der Terrasse ab, und Penelope sitzt wieder gedankenverloren auf deren Brüstung mit Meerblick.

Paula Murrihy gibt sie phantastisch. Mit schönem einschmeichelndem Sopran besingt sie ihr Schicksal und die Hoffnung, daß am Horizont ein Schiff mit ihrem Helden auftaucht. Sie wirkt damit in der Tat als als stolze Mitleid erregende Frau, die jederzeit mit aufblühendem Schöngesang beglücken kann. 

Der Ulysse des Eric Laporte erscheint als ein starker Mann mittleren Alters. der seiner Frau seine Liebe, aber auch größten Respekt entgegenbringt. Mit einem schon schweren etwas dunkel timbriertem Tenor begabt kann er Penelope  im Verlauf für sich einnehmen und seinem Gesinde gegenüber auch dramatisch auftrumpfen. 

Die Freier ergeben ein ausgewogenes Gesangsquintett. Es sind Peter Marsh /Antinoüs, Sebastian Geyer/Eurimaque, Ralf Simon/Leodes, Dietrich Volle/Ctesippe und Danylo Matviienko/Pisandre. Den Diener Eumée singt Bozidar Smiljanic mit angenehmem Baßbariton. Die Euriclee verkörpert mit einnehmend tiefem Mezzo Joanna Motulevic. Die Hofdamen geben auch stimmlich berückend Nina Tarandek/Cleone, Angela Vallone/Melantho, Bianca Andrew/Alkandre, Julia Moorman/Phylo, Monika Buczkowska/Lydie und Julia Katharina Heße/Eurynome. Den Hirten singt mit weißer Stimme und schwarzem Kleid Luise Rahe vom Kinderchor mit Pfeilen und Astern, die sie in die vor der Terrasse aufgestellten Vasen ablegt.

Friedeon Rosén

 


Film: THE PEANUT BUTTER FALCON

$
0
0

Filmstart: 20. Dezember 2018
THE PEANUT BUTTER FALCON
USA / 2019
Drehbuch und Regie: Tyler Nilson, Michael Schwartz
Mit: Zack Gottsagen, Shia LaBeouf, Dakota Johnson, Bruce Dern u.a.

Behinderte Menschen zu spielen, ist für Schauspieler meist eine große Herausforderung, sehr bewundert, wenn sie gelingt, oft preisgekrönt. Es ist für den Zuschauer auch bequem, hilft ihm bei seinem Rückzug von der totalen Ergriffenheit, wenn er sich sagen kann: „Ist ja nur gespielt.“

Insofern unterscheidet sich dieser Film von anderen, die Behinderte in den Mittelpunkt stellt: Wenn Zac von sich sagt, „I am a down syndrome person“, so gilt das auch für seinen Darsteller Zack Gottsagen. Er beweist uns, dass Menschen mit dieser Disposition zwar optisch unverkennbar sind, aber doch ziemlich gut sprachlich kommunizieren und auch denken und fühlen und wünschen können. Noch zwei Worte zum Background dieses Films, den das Drehbuch-Regiepaar Tyler Nilson & Michael Schwartz gestaltet haben: Der „echte“ Zack Gottsagen wollte unbedingt Schauspieler werden. Und Shia LaBeouf, der in dem Film „The Peanut Butter Falcon“ die zweite Hauptrolle übernahm, hat es ihm ermöglicht.

Nun muss man deshalb nicht vor Rührung in die Knie gehen und alles gut finden, was hier gezeigt wird. Aber vieles geht unter die Haut. Etwa, dass man diesen Zac zu Beginn in einem Altersheim findet, weil man für den jungen Mann, für den niemand zahlt, keine andere Unterkunft gefunden hat. Da lebt er unter den Alten, muss sich „Retard“ (so viel wie „Dodel“) nennen lassen und hat Sehnsucht nach dem „Leben draußen“. Man glaubt, dass er immer wieder auszubüchsen versucht. Man glaubt, dass ein pfiffiger Alter (Bruce Dern) ihn dabei unterstützt. Und man glaubt auch, dass es eine so freundliche, ambitionierte Pflegerin gibt wie Eleanor, die ihn immer wieder „einfängt“ und zu seinem Besten, wie sie glaubt, zurück bringt. Das ist übrigens eine schöne Rolle für Dakota Johnson (die Melanie Griffith / Don Johnson-Tochter), die hier nicht wie in „Fifty Shades of Grey“ Unschuld mit Sex mischen muss, sondern einfach nur eine nette, mitfühlende, verantwortungsvolle Person ist. Die von einem ärgerlichen Chef nachgeschickt wird, als Zac einmal die Flucht wirklich gelingt. Bringen Sie ihn wieder, egal wie.

Zac macht sich allein auf den Weg, um den Traum seines Lebens zu verwirklichen: er will Wrestler werden. Die Welt, in der sich der zum Road-Movie werdende Film nun bewegt, ist ein großer Fluß – logisch, dass man nicht umhin kann, an Mark Twain zu denken, zumal da auch in Vögeln, Krokodilen und Natur geschwelgt wird. Und einen alten struppigen Farbigen, wie von Twain entsprungen, gibt es dann auch.

Wenn Zac den halb kriminellen Tyler trifft – Auftritt Shia LaBeouf, der sich zu Gunsten von Zac darstellerisch zurückhält – der von wütenden Fischern verfolgt wird, deren Beute er gestohlen hat, dann gibt es auch optisch Bilder, die absolut an die großen Twain-Romane erinnern – die beiden auf einem Floß, am Flußrand entlang stapfend, unterwegs so etwas wie Freundschaft etablierend. Schließlich verspricht Tyer, Zac zu einer Wrestling-Schule zu bringen… Und Eleanor hinter den beiden her.

Wenn die Geschichte bis dahin so etwas wie – wenn auch wacklige – Glaubwürdigkeit hatte, so kommt nun der Freundschafts-Kitsch (der Tanz am Lagerfeuer), zumal wenn Eleanor das Trio komplett macht, und die Szenen im Wrestling-Milieu (mit einer absolut unglaubwürdigen Pointe) bewegen sich in der Welt von Drehbuch-Romantik, mit ziemlich spekuliertem Kitsch dazwischen.

Und dennoch – wenn die drei dann am Ende zusammen sind und man sich fragt, wie es wohl weitergehen kann, dann wünscht man sich die märchenhaft glückliche Lösung. Dass die Außenseiter ihren eigenen Weg gehen mögen, statt sich gnadenlos in die Gesellschaft einschließen zu lassen. Nur nicht daran denken, dass das wirkliche Leben sie erwischt. Aber der Fall von Zack Gottsagen, dem echten, zeigt ja, dass Träume in Erfüllung gehen können. Wenn auch nur für einen unter einer Million…

Renate Wagner

Film: GLÜCK GEHABT

$
0
0

Filmstart: 20. Dezember 2019
GLÜCK GEHABT
Österreich / 2019
Drehbuch und Regie: Peter Payer,
nach dem Roman „Das Polykrates-Syndrom“ von Antonio Fian
Mit: Philipp Hochmair, Julia Roy, Larissa Fuchs, Robert Stadlobe, Barbara Petritsch u.a.

Wenn ein Mann zu Beginn keine größeren Ereignisse in seinem Leben zu verzeichnen hat, als öden Alltag im Copyshop und einen trotteligen Nachhilfeschüler, und wenn am Ende im Badezimmer eine Leiche zerstückelt wird – wie nennt man das? Das Österreichische Filminstitut charakterisiert den Film „Glück gehabt“ so: „Genre: Thriller, schwarzhumorig“. Wenn man dergleichen denn so lustig findet.

Erfunden hat die schräge Geschichte der österreichische Autor Antonio Fian in dem Roman „Das Polykrates-Syndrom“ (2014). Regisseur Peter Payer, der zuletzt 2011 den – mittelmäßigen – Polit-Krimi „Am Ende des Tages“ gedreht hat, versucht nun, die völlig verrückte und auf der Leinwand nicht eine Minute überzeugende Geschichte, die zwischen Buchdeckeln vielleicht funktioniert, zu realisieren.

Vermutlich hat er sich darauf verlassen, Philipp Hochmair für die zentrale Rolle des Artur zu bekommen – Hochmair, der auf der Bühne immer wieder als brillanter Exzentriker überzeugt und derzeit in einem Fernseh-, Popularitäts- und Medienbeachtung-Hoch schwimmt.

Er macht als Arthur das „Zniachterl“ des Beginns glaubhaft – der mittelalterliche schwache Mann, der irgendwie durchs Leben paddelt, umgeben von starken Frauen, einer Karriere-entschlossenen Gattin (Larissa Fuchs) und einer stets räsonierenden Mutter im Altersheim (solche Schreckschrauben kann man kaum idealer besetzen als mit der schroffen Barbara Petritsch). Arthur ist ein Mann, der offenbar nichts vom Leben will – und dann tritt Alice auf. Julia Roy wirkt von Anfang bis zum Ende an einfach nicht „echt“ – die kalte Verführerin, der allerdings jeglicher Reiz abgeht, der glaubhaft machte, dass Arthur für sie sein Leben auf den Kopf stellt.

Von Anfang an kollern die Leichen (Robert Stadlober ist zwar tot, kommt aber in Rückblenden und Traumsequenzen noch recht lästig zurück), und nun soll man glauben, dass Arthur diesen Körper für Alice so einfach entsorgt? Oder ist das alles nur auf einer Tarantino-Blödelebene zu verstehen?

Von der penetrant-unguten Traumfrau, die schnell zum Alptraum wird, gestalkt, sterben andere Leute am Weg… und wer am Ende noch stirbt, sollte man nicht verraten, obwohl das wirklich kein normaler Krimi ist, der nach Gesetzen von Spannung (und ein bisschen Logik?) funktioniert.

Egal, wenn da eine Freundin (Claudia Kottal) vor der Wohnungstür steht, wenn man eigentlich eine Leiche zerstückeln will, ist das mindestens unangenehm, aber kaum so „schwarzhumorig“ komisch wie angekündigt. So wie der ganze Film. Er ist – sicher liegt es am Roman, aber muss man ihn verfilmen? – eigentlich schlicht und einfach nur blöd.

Und dem hoch geschätzten Philipp Hochmair ins Stammbuch: Man muss nicht jede Rolle annehmen, nur weil sie „schräg“ ist. Zumal, wenn sich eigentlich nichts daraus machen lässt. Kein Glück gehabt, sorry.

Renate Wagner

MANNHEIM/ Rosengarten: „ANNA VINNITSKAYA-ORCHESTER DES NATIONALTHEATERS MANNHEIM- MAREK JANOWSKI“  –

$
0
0

Mannheim / Rosengarten: „ANNA VINNITSKAYA-ORCHESTER DES NATIONALTHEATERS MANNHEIM- MAREK JANOWSKI“  –  16.12.2019

Am Vorabend hatte ich in der AOF das Vergnügen das 3. Klavierkonzert von Sergej Prokofjew zu erleben, wurde es mir heute erneut zuteil im Mozartsaal des Rosengarten beim 3. Abo-Konzert der Musikalischen Akademie ein weiteres Klavierwerk des russischen Komponisten zu erleben, es erklang das „Klavierkonzert Nr. 2“ unter dem Gastdirigenten Marek Janowski und dessen Wunsch-Solistin Anna Vinnitskaya.

Die farbige Behandlung des Soloparts, die verbindliche Melodik Prokofjews trat als liebenswürdige Mischung im „Zweiten g-moll-Konzert“ noch mehr in Erscheinung, hob die Eigenarten des kosmopolitischen Komponisten speziell hervor.  Über eine Londoner Aufführung schrieb Prokofjew selbst: … ich spielte das Konzert, der Maler Serte, welcher anwesend rief in französischer Sprache aus: Aber das ist doch ein wildes Tier!

Nun wie denn auch sei, überwältigend virtuos, expressionistisch, prachtvoll farbig, mal romantisch, mal avantgardistisch ist dieser „Zankapfel“ ohnedies und die international gefeierte Pianistin Anna Vinnitskaya interpretierte es genau so! Die Solistin spielt nach eigener Aussage nur Musik, zu der sie interpretatorisch etwas zu sagen hat, was sie auch an ihr Publikum weiter geben kann – sie malt Bilder auf dem Klavier! Für wahr, sie malte sehr experimentell in einer vortrefflichen bestens funktionierenden Mischung aus Tongestaltung und Timing. Der Solo-Kadenz im Andantino begegnete Vinnitskaya in beispielloser Bravour, in schier sportlichem virtuosem Gestus. Gilt gerade diese Kadenz in der pianistischen Fachwelt als vielleicht das Schwerste der Klavierliteratur? Das Scherzo-Vivace hat seinen besonderen Reiz in der schnurrigen, unaufhörlichen Motorik seines Ablaufs. Tonkaskaden, Tastenläufe in akkurat-technischer Brillanz dargeboten prasselten dem Hörer  in atemberaubender Präzision entgegen. In expressionistischer Rhythmik begleitete Marek Janowski mit dem bestens disponierten Nationaltheater Orchester seine Favoritin.

Stupende Akkordschläge, weiche Zwischentöne schenkte die versierte Pianistin dem Intermezzo und entfachte zum finalen Allegro tempestoso mit der zweiten prägnanten Kadenz ein klaviertechnisch atemberaubendes Brillant-Feuerwerk.

Große Begeisterung widerfuhr der sympathischen Künstlerin begleitet von lautstarken Bravorufen, für die herzliche Zustimmung bedankte sich Anna Vinnitskaya mit dem kurzen elegischen „Nocturne Nr. 3“ (Chopin) sowie dem sehr atmosphärisch gespielten März aus „Die Jahreszeiten“ (Tschaikowsky).

Als Kontrast folgte nach der Pause ganz im Sinne der Romantik die „Vierte Symphonie“ von Johannes Brahms. Nun konträrer hätte es nicht sein können, denn am Abend zuvor blieb das Folgewerk ebenso im kompositorischen Duktus des 20. Jahrhunderts und wirkte in meinen Ohren wahrhaftiger. Die letzte Symphonie von Brahms unterscheidet sich im Merkmal von ihren drei Vorgängerinnen durch die Diktion vergangener Jahrhunderte. Uralte Sakraltonarten leben in ihrer Melodik wieder auf: mittelalterliches Kolorit, barocke Formen etc.

Ohne Einleitung begann das Allegro non assai das Hauptthema des Satzes belebend, uns die klare transparente Instrumentationskunst des genialen Komponisten vor Augen bzw. vor Ohren führend. Kanonartig, echohaft im Konversationsspiel malten akkurate Holzbläser mit vortrefflich intonierenden Hörnern melodische Harmonien, Bässe und Streicher gesellten sich in fundamentaler rhythmischer Auflockerung hinzu. Marek Janowskis Brahms wirkte teils breit und zurückhaltend, das Werk erstrahlte in herbstlichen  Farben, zu leicht abgedunkeltem Bläsertimbre.

Wie eine Ballade erklang das Andante moderato, als das Horn das von altertümlichen Harmonien getragene Thema einleitete, ein Barden-Lied. Die Celli spannen es fort, die Violinen begleiteten mit geheimnisvollen Figuren, mächtig schwollen die Instrumente an, sanken wieder zurück und verhallten wie im Nebel der Zeit. In einem Scherzo ertönte das Presto giocoso, wie Brahms zuvor keines schrieb, enthüllte eine Seite seines Wesens, welche zuvor in keinem seiner Werke zum Durchbruch kam. Wilder Humor, sprunghafte Läufe voll leidenschaftlicher Spannungen wurden von den hellen Bläsern in grellen Farben gemalt. Der Dirigent animierte das Orchester zu Klangformationen, es schien zu jubeln und fuhr  im jagenden Presto wild auf. Ohne beckmesserisch zu erscheinen irritierten mich lediglich bei Forte-Dimensionen die merkwürdig grellen Violinen-Formationen und zuweilen der fehlende weiche Orchesterfluss zu Lasten des universellen Gesamtklangs. Sorry – ich kenne es anders!

Brahms krönte das  Allegro energico mit einer Chaconne, welche er in den Sonatensatz einarbeite. In handwerklichem Können webte Janowski mit dem gut disponierten Klangkörper die tonalen Variationen des Finalsatzes. Aus der Abgeklärtheit, aus dem Ernst, aus dem düsteren Pathos einiger Partien, vernahmen wir die Stimme eines Menschen, berührte unser Herz die Mahnung, dass alles auf Erden vergänglich ist. Dynamisch bewegt voll thematischer Kraft klang das Werk in klassischer Gestaltungsform aus.

Mit Bravos und langem Applaus bedankten sich das von vielen jugendlichen Zuhörern durchwachsene Publikum.

Gerhard Hoffmann

WIEN/ Staatsoper: LIEDERABEND RENÉ PAPE/ CAMILLO RADICKE

$
0
0


 René Pape. Foto: Michael Pöhn

Wiener Staatsoper: Liederabend René Pape, Camillo Radicke;  16. Dezember 2019 

Mit den Worten „Die ihr des unermesslichen Weltalls Schöpfer ehrt, Jehova nennt ihn, oder Gott, nennt Fu ihn, oder Brahma,…“ aus der in Mozarts Todesjahr fertiggestellten Kantate, KV 619 begann ein außergewöhnliches Konzert der Dresdner Künstler René Pape und Camillo Radicke und mit “ Nun freut euch, ihr Christen, singet Jubellieder„, als letzter Zugabe, endete es schließlich mit jubelndem Applaus.

Dazwischen hörte man ein Programm, das höchsten Ansprüchen gerecht wird, und das mit höchster Musikalität vorgetragen wurde. René Pape, ein Gurnemanz der Spitzenklasse, singt Lieder so ausdrucksstark und eindringlich, dass einem die Wortdeutlichkeit und technische Perfektion kaum bewusst wird.  Papé tritt bescheiden auf, bei ihm steht das Werk im Mittelpunkt. Man merkt, dass er aus der Tradition des Dresdner Kreuzchores kommt.


Camillo Radicke, René Pape. Foto: Michael Pöhn

Auch Camillo Radicke wurde in Dresden ausgebildet. Es gibt  kaum ein Musikzentrum der Welt, wo ihn seine große Karriere nicht hingeführt hat. Es muss da kaum mehr erwähnt werden, dass er auch an diesem Abend ein herausragender Begleiter war.

Das Programm, das mit Hugo Wolfs Liedern nach Gedichten von Michelangelo, „Wohl denk ich an mein vergang’nes Leben“, „Alles endet, was entsteht“ und „Fühlt meine Seele das ersehnte Licht“ fortgesetzt wurde, war sehr durchdacht gestaltet.

Die Künstler wollten  etwas mitteilen, nicht nur schön musizieren. Das Publikum erlebte Kunst als philosophisch- geistige Aussage. Aber niemals belehrend.

Im ersten Teil auch  8 Lieder von Franz Schubert, darunter die populären Lieder „Der Musensohn“ und „An die Musik“, aber so außergewöhnlich phrasiert und gestaltet, dass man nur staunen konnte.

Im zweiten Teil folgten „Drei Lieder nach Gedichten von Shakespeare“ von Roger Quilter und 8 Lieder von Jean Sibelius.

Beides hochinteressant und eindrucksvoll. Man muss den Künstlern danken, das Publikum mit diesen Werken bekannt gemacht zu haben.

Die „Zueignung“ von Richard Strauss  und “ Wenn fromme Kindlein schlafen gehen“ von Robert Schumann beendeten schließlich als mit höchster Kunstfertigkeit vorgetragene Zugaben das Konzert.

Christoph Karner

 

WIEN / Staatsoper: SOLISTENKONZERT René Pape

$
0
0

René Pape mit Camillo Radicke am Bösendorfer. Foto: Wiener Staatsospeer / Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper: SOLISTENKONZERT René Pape

16. Dezember 2019

Von Manfred A. Schmid

Mit Mozarts wenig bekannter Kantate „Die ihr des unermesslichen Weltalls Schöpfer ehrt“ eröffnet René Pape sein Solistenkonzert, in dessen Verlauf der Kammersänger noch mit weiteren selten gehörten Stücken überraschen wird, stehen doch u.a. noch Kompositionen des Briten Roger Quilter sowie ausgewählte Lieder von Jean Sibelius auf dem Programm. Wenn Pape Mozarts „kleine teutsche Cantate für eine Stimme am Clavier“ singt, erinnert er unwillkürlich an den Sarastro, eine Partie, in der er an der Wiener Staatsoper 1993 debütiert hat und in der er hier immer wieder – zuletzt am 30. Dezember 2018 – aufgetreten ist. Wie die Zauberflöte ist auch dieses Werk, ungefähr zur gleichen Zeit wie die Freimaurer-Oper entstanden, und von humanistisch-aufklärerischen Gedanken geprägt. Ernsthaft und feierlich, vielleicht eine Spur zu salbungsvoll-sarastrohaft, trägt Pape diesen Aufruf zu einem humanistischen Miteinander vor, was aber wohl auch an der Natur der textlichen Vorlage liegt: Die Aufforderung „Liebt Ordnung, Ebenmaß und Einklang!“ könnte gut eine Textzeile aus der Zauberflöte sein. Das kann man nur ernstnehmen, oder aber seine Finger (Stimmbänder) davonlassen. Für eine ironische Brechung eignet sich dieses Werk – vor allem im Rahmen eines Liederabends – gewiss nicht.

Noch ein gutes Stück ernster gestimmt sind die im Anschluss dargebotenen Drei Lieder nach Gedichten von Michelangelo, die Hugo Wolf in größter Verzweiflung, gepaart mit einem letzten Aufbäumen gegen sein elendes Schicksal, knapp vor der Einweisung in eine psychiatrische Klink geschrieben hat. Voll Trotz erklingt erklingt „Wohl denk ich oft an mein vergang’nes Leben“, in dessen abgründig- auslotendem Vorspiel der Pianist Camillo Radicke Parallelen zum späten Liszt offenlegt, während „Alles endet, was entsteht“ an Wotans Erkenntnis über den Lauf der Welt denken lässt und so Erinnerungen an Papes Gestaltung dieser Rolle weckt. Das abschließende „Fühlt meine Seele das ersehnte Licht“ bekundet eine resignierende, zweifelnde Haltung.

In fröhlichere Gefilde entführen Pape und sein aufmerksamer Partner am Klavier in den folgenden Liedern von Franz Schubert. Aber auch hier ist die Stimmungslage stets vom möglichen Kippen ins jeweilige Gegenteil gekennzeichnet, ohne aber sich dagegen aufzulehnen. Vielmehr wird dies als der Lauf der Welt hingenommen. So etwa in „Lachen und Weinen“ und „Wonne und Wehmut“, aber auch im nur scheinbar so harmlos wirkenden „Heidenröslein“, wo des Knaben Lust des Rösleins Leid ist. Dass man in manchen Kreisen in Goethes dichterische Vorlage inzwischen längst die verharmlosende Schilderung einer Vergewaltigung zu erkennen glaubt, von dieser Lesart hat sich Pape bei seiner Interpretation jedenfalls nicht beeinflussen lassen. Von inniger Dankbarkeit und Demut erfüllt ist dann seine feine Wiedergabe von „An die Musik“, bis in den gedankenschweren Liedern „Lied eines Schäfers an die Dioskuren“ und „Prometheus“ mit den großen Mächten gerungen und gehadert wird.

Nach der Pause steht der in England vor allem für sein Liedschaffen geschätzte Komponist Roger Quilter auf dem Programm. Seine Drei Lieder nach Gedichten von Shakespeare (Three Shakespeare Songs), 1905 entstanden, sind charmante Vertonungen und verströmen Weltschmerz der Jahrhundertwende in anmutiger Gestalt, weder platt noch kitschig. Vielmehr eine Freude, vor allem wenn sie so stimmig und schwerelos dargeboten werden wie hier von René Pape.

Ebenfalls aus der Zeit die Jahrhundertwende, nämlich von 1898 bis 1915, stammen die zehn Lieder von Jean Sibelius, mit denen Pape den offiziellen Teil beschließt. Im Vergleich zu seinen mächtigen, eigenständigen symphonischen Schaffen und seinem berühmten Violinkonzert finden die Liedkompositionen des Finnen nur wenig Beachtung. Dankbar nimmt man daher die Gelegenheit wahr, in diesen unbekannten Winkel seines Werks hineinhören zu können. Abgesehen von zwei auf deutschen Gedichten beruhenden Liedern,  „Im Feld ein Mädchen singt“ und „Der Wanderer und der Bach“, sowie von zwei Kompositionen auf englische Vorlagen, „Hey, ho, the wind and the rain“ nach Shakespeare und der schottischen Hymne „Be stll, my soul“, werden die übrigen Lieder von Pape in deutscher Übersetzung der schwedischen Originalversionen dargeboten. Das nordische Flair schwingt in den Melodien und in der pianistischen Begleitung immer mit; man hört aber auch Anklänge an Tschaikowski, Wagner (etwa im Lied „Der erste Kuss“) und Mahler. Expressionistisch beeinflusst zeigt sich „An den Abend“. Einen elegisch-feierlichen Schlussakzent setzt die Hymne „Be still, my soul“, die auf einer bekannten Passage aus der Symphonischen Dichtung Finlandia basiert. Pape bringt die im orchestralen Original mit viel Blech instrumentierte Melodie  nicht mächtig schmetternd zum Klingen, sondern vielmehr erfüllt von tiefer Innigkeit.

Für den herzlichen Applaus bedanken sich Pape und Radicke mit der Standard-Zugabe „Zueignung“ von Richard Strauss sowie der Wiederholung des Schubertliedes „Der Einsame“, weil es, wie Pape erklärt, bei diesem Lied zuvor eine textliche Unsicherheit gegeben hätte. Dies wäre mir zwar nicht aufgefallen, wohl aber – nach einem eher zögerlichen Beginn – eine zunehmende Steigerung des Sängers von Programmpunkt zu Programmpunkt. Nach Hause – genauer gesagt: ins Bett schicken will Pape das dankbare Publikum dann mit Schumanns „Wenn fromme Kindlein schlafen gehen“ aus seinem Liederalbum für die Jugend. Da auch danach noch begeistert weitergeklatscht wird, gibt es schließlich noch das auf Deutsch und auf Latein vorgetragene Weihnachtslied „Nun freut euch, ihr Christen“. Weihnachten steht vor der Tür, und man hat, mit diesem Solistenkonzert, wenn man so will, auch schon ein erstes Weihnachtsgeschenk erhalten.

WIEN/ Konzerthaus: GUSTAV MAHLERS 9. SYMPHONIE (SWR-SYMPHONIEORCHESTER/ TEODOR CURRENTZIS)

$
0
0


Teodor Currentzis/ SWR Symphonieorchester. Foto: Helena Ludwig

Teodor Currentzis und das SWR Symphonieorchester mit Gustav Mahlers 9. Symphonie im Wiener Konzerthaus amf 16.12.2019

Gustav Mahler´s neunte Symphonie. Erschütternd… Schon schwer krank komponiert er sie, zerrüttet vom Leben, todtraurig über den Tod seiner geliebten Tochter und auch desillusioniert von der Liebe seiner Frau Alma. Mahler hat mit dieser letzten Symphonie seinen Abschied von der Welt komponiert und jeder einzelne Ton geht nahe. Wie besessen hat er an dem monumentalen Werk geschrieben, an mehreren Sätzen gleichzeitig.. Entstanden in einer kleinen Berghütte in Südtirol von 1909-1910. Mahler, der gerne Singstimmen und Chöre verwendete, hat in dieser „Abschiedssymphonie“ auf Text verzichtet – es gibt auch keine Worte die dem, was er in dieser Musik zu sagen hat auch nur annähernd gerecht werden könnten. Trauer, Verlust, Abschied, Tod, das Dahinschwinden und Verlöschen, das Vergessen. Der Vierte Satz ist das bewegendste, aufwühlendste und eindringlichste was jemals an Musik geschrieben wurde.

Renate Ulm erklärt in ihrem im Bärenreiter Verlag erschienenen Buch „Gustav Mahlers Symphonien“: ….. der nun einsetzende Schlussteil stellt den Abschied der Musik von der Welt des irdischen dar. Der musikalische Verlauf gerät immer weiter ins Stocken und verinnerlicht sich durch dynamische Zurücknahme bin zum vierfachen Piano. (Anm.: heute waren es ein gefühltes 6fach Piano…) In den letzten Takten zitiert Mahler das Schlussmotiv seines Kindertotenlieds „Oft denk´ ich, sie sind nur ausgegangen“. Die verklingende Musik soll mit innigster Empfindung und immer wieder ersterbend gespielt werden. Es bleiben schließlich nur transzendente Sphärenklänge in den Motiven der Streicher übrig, Ewigkeitsmusik – ein Abschied für immer. Das Werk endet mit der letzten Spielanweisung, „ersterbend“. Die Musik verstummt und kehrt nicht mehr zurück…..

Gustav Mahler starb am 18. Mai 1911, Die Uraufführung seines letzten vollendeten Werks wurde posthum mit den Philharmonikern unter Bruno Walter am 26. Juni 1912 in Wien gegeben.

Nun zur Aufführung am 16.12.2019 wo dieser Meilenstein der Musikgeschichte, das Tor zur Moderne, vom griechischen Dirigenten Teodor Currentzis und dem SWR Symphonieorchester im Wiener Konzerthaus aufgeführt – nein – zelebriert wurde. Currentzis ist seit 2016 jährliche mit Zyklen im Wiener Konzerthaus vertreten und immer ein Garant für Musikerlebnisse der herausragendsten und neuen Art. Aufwühlender und mitreißender kann man klassische Musik momentan nicht präsentiert bekommen. Im September diesen Jahres z.B. eröffnete er die Saison im Konzerthaus mit seinem Orchester MusicAeterna und einem neue Maßstäbe setzenden Mozart/Da Ponte Zyklus. Heute hat er uns mit der Neunten seines hochverehrten Lieblingskomponisten Gustav Mahler in den Bann gezogen. Herausragend musizierte das SWR Symphonieorchester, der zweite Satz eine extrem gelungene Karikatur auf den Landler aber was dann im berühmten vierten Satz geschah ist mit Worten nicht zu beschreiben. Während des ergreifenden Spielens wurde das Licht immer mehr abgedunkelt, dann immer wieder kurz heller bis zum Ende hin der Saal ganz im Dunkeln lag. Ersterbend, wie von Mahler vorgegeben. Das machte dieses tieftraurige Ende der Symphonie und auch das Ende Gustav Mahlers noch eindringlicher. Absolute Stille nach dem verrinnen des letzten, kaum wahrnehmbaren Tons, man wagte kaum zu atmen, nur die Beleuchtung der Notenpulte und das regungslose Verharren der Musiker auf der Bühne…. es dauerte gefühlte Minuten bis in dieser ergriffenen Stille der erste Applaus aufbrandete und sich dann rasch zu Begeisterungsstürmen ausdehnte. Ein tief bewegendes und beeindruckendes Konzerterlebnis!

Helena Ludwig

Teodor Currentzis: http://www.teodor-currentzis.com/

SWR Symphonieorchester: https://www.swr.de/swrclassic/symphonieorchester/swrclassic-symphonieorchester-100.html

Bericht Helena Ludwig – https://www.facebook.com/helena.ludwighttps://www.instagram.com/helena_ludwig_austria/

STUTTGART/ Hospitalhof: DER GANZE HUGO WOLF mit Carolina Ullrich, Marcelo Amaral und Walter Sittler

$
0
0

Bildergebnis für carolina ullrich"
Carolina Ullrich. Foto: Privat

„Der ganze Hugo Wolf“ am 16.12.2019 mit Carolina Ullrich, Marcelo Amaral und Walter Sittler im Hospitalhof/STUTTGART

ES WEIHNACHTET SEHR

„Es weihnachtet sehr“ war diesmal das Motto eines Konzerts mit Carolina Ullrich (Sopran), Marcelo Amaral (Klavier) und Walter Sittler (Lesung). Gleich bei „Der Freund“ (Eichendorff) betonte Carolina Ullrich mit weichem Timbre die Klangfarbenveränderungen und harmonischen Stimmungen, die von dieser Komposition ausgehen. Marcelo Amaral war ihr ein sensibler Begleiter. Aus dem „Spanischen Liederbuch“ von Hugo Wolf erklangen dann „Nun wandre, Maria“, „Auf ein altes Bild“ und „Auf eine Christblume II“, wo Carolina Ullrich auch den intimen Seelenschilderungen dieser Musik sehr gut gerecht wurde. Harmonische Stockungen, reine Dreiklänge („Wie glänzt der helle Mond“) und modale Akzente waren nicht zu überhören. Bei weiteren Liedern aus dem „Spanischen Liederbuch“ wie „Die ihr schwebet“, „Auf eine Christblume“ und „Wie glänzt der helle Mond“ verleugnete Carolina Ullrich nicht das Pathos des Intimen und der Pianist unterstrich die reizvollen chromatischen Verästelungen. Man begriff, wie stark Wolfs Melodien aus dem Sprachfall abgeleitet sind. „Die du Gott gebarst, du Reine“, „Ach, des Knaben Augen“ und „Führ mich, Kind, nach Bethlehem“ aus dem „Spanischen Liederbuch“ sowie „Schlafendes Jesuskind“ (Mörike) waren weitere Lieder, die Carolina Ullrich mit starkem Ausdrucksvolumen und sensiblen Klangschattierungen interpretierte. Auch die restlichen Nummern „Wunden trägst du, mein Geliebter“, „Herr, was trägt der Boden hier“ und „Nun bin ich dein“ entstammten dem „Spanischen Liederbuch“. Hier wölbte sich die Stimme facettenreich über den reichen Klangteppich des Klaviers, wobei die durchsichtige Harmonik auch bei Mörikes „Gebet“ positiv auffiel. „Abendglöcklein“, „Epiphanias“ und „Zum neuen Jahr“ waren die letzten Titel, die sich dem Publikum tief einprägten. Ekstatische Stimmungsbilder paarten sich dabei mit verfeinerter Harmonik, die die Sängerin einfühlsam umsetzte. Der Schauspieler Walter Sittler gestaltete als versierter Rezitator den literarischen Teil mit Joseph von Eichendorffs „Weihnachten“, Bertolt Brechts „Die gute Nacht“ („Mehr konnte die Welt für den Christ nicht tun“), Monika Adele Elisabeth Hunnius‘ „Linnäa“ oder Erich Kästners „Selbstgespräch eines zivilisationsmüden Städters“. Dadurch erhielten die tiefsinnigen und auch melancholischen Kompositionen Hugo Wolfs noch ein ganz anderes Gewicht. Musik und Dichtung verschmolzen in beglückender Weise. Obwohl Wolf sich selbst als Ungläubigen bezeichnete, atmeten seine Lieder bei dieser Interpretation eine starke spirituelle Klarheit und klangliche Intensität.    

Alexander Walther


BERLIN/ Deutsches Theater: “ „Life on earth can be sweet“ DONNA von René Pollesch

$
0
0


Judith Hoffmann, Martin Wuttke, Milan Peschel, Bernd Moss. Foto: Arn0 Declair

Berlin/ Deutsches Theater:
 „Life on earth can be sweet“ DONNA von René Pollesch, 16.12.2019

Nach Premieren gibt es im Deutschen Theater immer eine Party mit Live-Musik. Doch nicht nur deswegen sind diese stets ausverkauft und die Stücke von René Pollesch sowieso. Auch diese zweite Vorstellung von „Life on earth can be sweet“ Donna ist voll besetzt.  Pollesch ist in Berlin eine Marke und wird auch weit über Deutschland hinaus geschätzt.

Als die Volksbühne nach Frank Castorf  ins Schleudern geriet, ging er zum Deutschen Theater und begeistert in seiner sehr subtilen Art nun zum dritten Mal auch dieses Publikum. Vielleicht sind ihm viele auch gefolgt, was verständlich wäre. Er macht auch diesmal beides: das Schreiben und die Regie. Aber wer sonst sollte dieses Gedankengewimmel inszenieren und andere dafür interessieren? Oder darüber schmunzeln und auch mal belustigt lachen?

Irgendwie ist das Zauberei.

In dem jetzigen Stück verbirgt sich viel Melancholie hinter dem raffinierten Wortwitz, den Pollesch unermüdlich und in vielen Windungen wie an langen Schnüren in die Gegenwart hineinhäkelt. Es geht um einstige, nun weitgehend vergessene Theaterhelden, von denen das überwiegend junge Publikum wohl noch nicht einmal die Namen kennt.

Ihre Nachfolger im Deutschen Theater werfen sie nun in den Raum, voller Hochachtung, wie delikate Brocken für Feinschmecker. Macht aber nichts, wenn nur wenige wissen, wer gemeint ist, denn Pollesch köchelt mal wieder ein fein gewürztes Spezialmenü für Menschen, die generell gerne genau zuhören und mitdenken wollen.

Ging es bei „Black Maria“ Anfang 2019 um den frühen Film, so geht es in „Life on earth can be sweet“  jedoch nicht nur um Berlins große Theatergeschichte, sondern um eine eigentlich relativ simple Übung für angeblich junge angehende Schauspielerinnen und Schauspieler, die etwas über das epische Theater lernen sollen.   

Spielort aller sich daraus ergebenden Diskussionen, Verwicklungen und  Quasi-Lösungen ist die aus wackeligen verschiebbaren Sperrholzwänden bestehende Bühne, geschaffen von Anna Viebrock. Im Hintergrund bemüht sich ein Mann um die Reparatur einer Duschzelle. Auf Seifenschaum und Wasser rutschen im Vorbeigehen alle nacheinander aus. Slapstick für die ersten Lacher. Doch um was geht’s denn genauer?  

Um die Schilderung eines Straßenunfalls mit mehreren Autos, den einer zufällig beobachtet hat und ihn nun anderen schildern will. Es ist eine kurze Szene von Bertolt Brecht, mit der er 1938 den Studierenden das Epische Theater beibringen wollte.

Damit sind nun hier Judith Hofmann, Jeremy Mockridge, Bernd Moss, Milan Peschel und Martin Wuttke, genannt in alphabetischer Reihenfolge, eineinhalb Stunden vollauf beschäftigt, und schon der Blick auf ihre skurrile Kleidung sorgt für Heiterkeit (Kostüme Nina von Mechow).

Diesen nun folgenden Parcours mitsamt Schnellsprechtraining meistern am besten die älteren aus dieser Gruppe. Ohne Punkt und Komma auf den Tag genau rattert Bernd Moss seine früheren Premieren runter, alle die kleinen Rollen in großen Stücken an diversen Provinztheatern.

Insbesondere die Ex-Volksbühnen-Tätigen Milan Peschel und Martin Wuttke bringen diesen Theaterkarren mit Hilfe der einst als Neuheit bestaunten Drehbühne voran. Gelegentlich tragen sie Augenmasken, als wollten sie die Gegenwart ausblenden, bis sie dann – nach einem Gedanken-Rundumkurs von Hölzchen auf Stöckchen – wieder zu Brechts Unfall im Straßenverkehr zurückfinden.

Vor allem Peschel ist der Wirbelwind, der mit superflinker Zunge, lebhaftester Mimik und flinkem Körper die Aufmerksamkeit auf sich zieht und dabei ganz beiläufig die allgemeinen und besonderen Lebensweisheiten über die Rampe wirft.

Die beiden Jüngeren – Judith Hofmann und Jeremy Mockridge – sprechen langsamer. Beide sind eher die Stimme der Vernunft und versuchen, etwas Ordnung in diese Lehrstunde über das Epische Theater zu bringen. Wenn sie dann alle nach ihren geistigen Irrfahrten doch wieder bei der Aufgabe landen, den Straßenverkehrsunfall zu schildern, endet der Versuch immer mit der Feststellung: in Wirklich ging das alles viel schneller, dreimal, fünfmal oder siebenmal so schnell, wie der junge Jeremy Mockridge schließlich klarstellt. Doch dann fahren Peschel, Wuttke und Moss tatsächlich zum Gaudi des Publikums in roten, gelben und blauen Papp-Cabrios auf die Bühne, was diese Karossen hoffentlich überleben.

Die letzten Szenen setzen noch eins drauf. Doch hinter dieser Tollheit lauert abgrundtief die Trauer. Martin Wuttke (Harry), nun als Lockenkopf im Seidenmantel mit Rüschenkragen, spricht auf Drängen der Freunde seine Traumrolle, den King Lear. Das kann er angeblich wunderbar, aber nur in der Küche oder unter der Dusche, wenn ihm niemand zuschaut. Auf solch eine Idee muss ein Autor erstmal kommen.-

Der Bühnenrücken wird nun zum Publikum gedreht und hinter den Wänden spricht Wuttke fast unverständlich den Text. Die anderen lauschen ergriffen. Zum abgrundtiefen Scheitern eines zu Sensiblen erklingt der Bob Dylan Song „I want you, I want you, I want you so bad, Honey, I want you.“

Ja, was will ein Schauspieler, der an Publikumsunverträglich leidet, wie stark ist noch die Wirkung des Theaters, und wohin will René Pollesch, der ab 2021 Intendant der Volksbühne wird? Jetzt wird sein Stück anhaltend bejubelt und seine Crew ebenfalls. Lustig springt Milan Peschel hin und her. Er hat dieses raffinierte Pollesch-Menü offenkundig besonders genossen und alle daran teilhaben lassen.

 Ursula Wiegand

Weitere Termine: 20. und 21. Dezember sowie am 12., 19. und 24. Januar 2020.

WIEN/ Theater an der Wien: HALKA von Stanislaw Moniuszko

$
0
0


Tomasz Konieczny. Foto: Theater an der Wien/ Monika Rittershaus

Theater a.d. Wien – HALKA v. St. Moniuszko – 17.12.2019

(Heinrich Schramm-Schiessl)

Sie gilt als die polnische Nationaloper und wurde zu einer Zeit komponiert, als Polen – als Spielball der grossen Mächte – wieder einmal von der Landkarte verschwunden war. Moniuszko gilt als einer der wichtigsten Komponisten Polens und ist „Halka“ neben dem „Gespensterschloss“ sein bedeutenstes Werk.

Auch in der Wiener Operngeschichte spielt „Halka“ eine nicht unbedeutende Rolle, fand doch in der Volksoper 1926 die deutschsprachige Erstaufführung statt. Fast vierzig Jahre später gab es ebendort im Dezember 1965 in der so facettenreichen Direktionszeit von Albert Moser  eine Neuproduktion – abermals in deutscher Sprache, allerdings in einer neuen Übersetzung von Marcel Prawy. Christiane Sorell sang die Titelrolle, Ion Buzea den Jontek und Ernst Gutstein den Janusz. Bis zum März 1967 gab es insgesamt 19 Aufführungen.

Die Oper handelt von dem armen Bauernmädchen Halka, das die Geliebte des Edelmannes Janusz ist und von diesem ein Kind erwartet. Dieser hat sich mittlerweile anders orientiert und beabsichtigt Zofia, die Tochter des Schlossherrn zu heiraten. Alle Versuche Halkas Janusz umzustimmen schlagen fehl. Auch Jontek, ihr Jugendfreund, kann sie nicht davon überzeugen, dass es besser wäre, Janusz zu vergessen. Als alle Versuche, Janusz von der Hochzeit abzuhalten nichts bringen, beabsichtigt sie zunächst die Kirche, in der die Trauung stattfindet, anzuzünden, schreckt aber im letzten Moment davor zurück. Letzten Endes stürzt sie sich verzweifelt von einem Felsen in den Fluss.

Die durchkomponierte Musik verfügt sowohl über schwungvolle als auch gefühlvolle Passagen. Moniuszko verarbeitet viele Eindrücke von Zeitgenossen. Da hört man Mendelssohn und Lortzing aber auch mancher Italiener oder Franzose dieser Zeit hat Pate gestanden. Allerdings beinhaltet die Partitur auch Anklänge an dir polnische Volksmusik.

Nun erleben wir dieses Werk in Wien also erstmals im polnischen Original und zwar aus Anlass des 200. Geburtstages des Komponisten in einer Koproduktion des Theaters an der Wien mit dem Teatr Wielki Opera Narodowa Warschau. Demzufolge kommt auch das Produktionsteam aus Polen.

Der Regisseur Mariusz Trelinski verlegt das Werk, wie könnte es im Theater an der Wien anders sein, in eine andere Zeit und an einen anderen Ort. Das Stück spielt demzufolge nicht in Polen am Ende des 18. Jahrhunderts sondern in den 1970er-Jahren in einem Hotel im kommunistischen Polen. Jetzt kann man die zeitliche Verlegung mit der Zeitlosigkeit der Geschichte – die Demütigung von Frauen hat es immer schon gegeben, gibt es leider heute und wird es trotz aller Gegenbenühungen leider auch in Zukunft geben – argumentieren, aber dass das Ganze in einem Hotel spielen muss, nur weil die Regisseure heute gerne eine „Einheit des Ortes“ wollen, ist unverständlich. Man hätte ruhig auch ein polnisches Dorf der 1970er-Jahre auf die Bühne bringen können.

Dabei erzählt der Regisseur  die Geschichte zwar, setzt jedoch zahlreiche veränderte und zum Teil falsche Akzente. Außerdem hat man zahlreiche Dejavus mit dem sogenannten Regietheater. Das beginnt einmal damit, dass die Geschichte in Form einer Rückblende erzählt wird. Dann ist natürlich die Ouvertüre szenisch aufgelöst – fünf Minuten nur Musik vor geschlossenem Vorhang zu hören ist natürlich ein No-Go. Ebenso wird man wieder mit der typischen Ostblocktristesse konfrontiert, wie man sie auch schon zigmale auf der Bühne gesehen hat. Andererseits ist die Personen- und Chorführung durchaus interessant.

Das Bühnenbild von Boris Kudlicka ist ein hauptsächlich aus Glaselementen bestehender Bau, der bedingt durch die Drehbühne von allen Seiten eingesehen werden kann, womit verschiedene Schauplätze ermöglicht werden. Die Kostüme von Dorothée Roqueplo sind der Zeit entsprechend. Diese fast zur Gänze in schwarz-weiss gehaltene Optik ermüdet mit der Zeit das Auge, sodass sich stellenweise das Gefühl einer leichten Fadesse einstellt.

Dabei ist am musikalischen Teil des Abends, zumindest was die Sänger betrifft, nicht allzuviel auszusetzen. Corinne Winters bietet in der Titelrolle eine gute Leistung. Ihr durchaus schön klingender Sopran vermag eher die dramatischen Ausbrüche als die gefühlvoll-tragischen Momente zur Geltung zu bringen, neigt aber manchmal zu einer gewissen Härte. Ausgezeichnet Pjotr Beczala als Jontek. Er ist, wie man im Vorfeld hören und lesen konnte, der Mentor dieses Projekts. Er gestaltet diese etwas im Schatten stehende Rolle – immerhin dauert es mehr als eine Stunde bis er vokal in Erscheinung tritt – mit dem ihm eigenen Temperament und singt mit dramatischen Aplomb, wobei er seine Leistung mit sicheren Spitzentönen krönt. Eine angenehme Überraschung war für mich Tomasz Konieczny, dem ich sonst immer eher reserviert gegenüber stand, als Janusz. Er spielt diesen charakterlich durchaus zweifelhaften Menschen ziemlich glaubwürdig und ist auch stimmlich sehr präsent. Alexey Tikhomirov war als Stolnik sowohl stimmlich als auch darstellerisch zufriedenstellend. Das Gleiche gilt für Natalia Kawalek als Zofia. Von den übrigen Sängern fiel leider Lukasz Jakobski (Dziemba) durch eine etwas fahl klingende Stimme unangenehm auf.

Der von Erwin  Ortner einstudierte Arnold Schönberg-Chor entledigte sich seiner Aufgabe mit der gewohnten Präzision und Qualität.

Nicht ganz so glücklich wurde ich mit dem Dirigenten Lukasz Borowicz. Zwar spielte das ORF-Radiosymphonieorchester in der gewohnten Qualität, aber da klang manches zu grob und zu laut. An manchen Stellen hätte ich mir mehr Einfühlsamkeit gewünscht.

In der Gesamtsicht kann man sagen, dass das Werk zwar nie – zumindest außerhalb Polens – ein echtes Repertoirestück werden wird, aber häufigere Aufführungen hätte es sich schon wegen der durchaus dankbaren Rollen verdient.

Am Ende gab es viel Applaus für alle Beteiligten und angemessenen Jubel für die Hauptrollensänger.

Heinrich Schramm-Schiessl

WIEN / Theater an der Wien: HALKA

$
0
0


Fotos: © Monika Rittershaus

WIEN / Theater an der Wien:
HALKA von Stanislaw Moniuszko
Premiere: 15. Dezember 2019,
besucht wurde die zweite Vorstellung am 17. Dezember 2019

Es gab Zeiten, da blühte der Nationalismus nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, und die Völker der Habsburger-Monarchie zogen sich auf ihre Identität zurück. Man komponierte Opern im nationalen Stil, die Böhmen (Smetana, Dvorak, Weinberger), die Ungarn (Kodaly), die Polen (Moniuszko). Thematisch wählte man Motive aus der eigenen Geschichte, der Folklore, den Märchen, dem Volksleben.

„Halka“ von Stanislaw Moniuszko aus dem Jahr 1858 ist ein klassisches Beispiel dafür. Eine „polnische“ Nationaloper, auch wenn das Theater an der Wien erklärt, dass sich Moniuszko (1819-1872) dabei musikalisch nicht nur polnischer, sondern auch litauischer, ukrainischer und weißrussischer Einflüsse bediente. Und europäischer, möchte man hinzufügen – man hört das „Slawische“ zwar, aber ebenso die Tradition des Opernschaffens zwischen Deutschland und Italien.

Zweifellos bedeutend für den Erfolg der „Halka“ war, dass das Libretto von Wlodzimierz Wolski eine klassische Situation nachzeichnete – nicht nur für Polen, sondern überall in der Welt. Es ist die Geschichte des einfachen Mädchens (wir würden sagen: der machtlosen Frau), die von einem reichen, mächtigen Mann (der seinerseits natürlich reich heiratet) missbraucht und fallen gelassen wird. Aber auch der arme Mann, der sie liebt, fängt die Frau mit dem unehelichen Kind, die ihren Verführer unerschütterlich liebt, nicht auf. Wie alle ledigen Mütter, die in den Tod gehen (das Kind stirbt meist auch, gewollt oder ungewollt), zahlt sie die Rechnung, während die Männer nie zur Kasse gebeten werden. Das soziale Unrecht, das durch alle Zeiten geht und, verbunden mit starker Musik, immer seine ergreifenden Momente hat, wirkt immer.

Das Theater an der Wien ging eine Koproduktion mit dem Teatr Wielki Warschau ein und ließ ein polnisches Team arbeiten. Nun ist das Regietheater mittlerweile auch in den Osten gelangt. Warum eine Handlung stärker, überzeugender und uns näher wirken soll, wenn es nicht um den Edelmann, den Leibeigenen und das Bauernmädchen geht, sondern um einen Playboy, einen Kellner und ein Stubenmädchen? Da muss in Interviews wieder Erklärungs-Akrobatik stattfinden. Sicher, „Menschen im Hotel“ auf der Opernbühne hat schon funktioniert, man denke, wie geschickt an diesem Haus Keith Warner den „Don Giovanni“ dort geparkt hat. Aber das heißt nicht, dass es immer gelingen muss.

Hier ist das Hotel ein hässlicher, „offener“ Bau aus der Kommunistenzeit (Bühne: Boris Kudlicka), die Kostüme mit Ausnahme ganz weniger Farbpunkte in Schwarz-Weiß (Dorothée Roqueplo), das Ganze hektisch beleuchtet, unruhig. Vom Original der Geschichte erzählt sich da nichts, immerhin kommt der Missbrauch der Frau stark zum Ausdruck. Wenn – was oft geschieht – die Natur besungen wird, ist man ganz weit vom Stück entfernt.

Im Grunde hat Regisseur Mariusz Trelinski wenig mehr getan, als die Drehbühne ununterbrochen in Bewegung zu halten, den Chor, wenn nötig, darauf zu arrangieren, irgendwelche Szenen zu „verdichten“, wenn es zu Auseinandersetzungen der Protagonisten kommt, was dennoch nicht sonderlich spannend ausfällt auch nicht dadurch, dass manches traumspielartig gemeint sein soll, Das Grau in Grau drückt sich schwer auf die Stimmung.

Lukasz Borowicz am Pult des ORF Radio-Symphonieorchester Wien sorgt vielleicht nicht für Feinheiten, aber für eine Art „dicker“ Dramatik, der Arnold Schönberg Chor (von den Bauernleuten des Original-Librettos großteils zum Hotelpersonal geworden) tut, was man ihm sagt, und kann es, wie immer.

Dass alle „Halka“-Vorstellungen ausverkauft sind, liegt an einer Besetzung, wie sie das Theater an der Wien nicht alle Tage bietet, aus finanziellen Gründen nicht bieten kann und aus konzeptionellen Gründen nicht bieten will. Hier allerdings findet höchstes Startheater statt, weil es für zwei polnische Sänger offenbar Bedürfnis und Ehrensache war, hier mitzuwirken. Herren mit mächtigen Stimmen, die im kleineren Theater noch größer wirken als in der Staatsoper, die sich mit voller Intensität ins polnische Melos hineinknien.

So überzeugend wie als Jontek, der arme Liebhaber, hat man Piotr Beczala selten gehört, Schmelz, Intensität, Strahlkraft, prachtvolle Bögen. Und ein verwirrt-unglücklicher Mann, wie es sein Schicksal hier will. Und auch Tomasz Konieczny hat mit dem Janusz eine Charakterrolle gefunden, die er nicht nur mit seiner hier bestens passenden, großen Stimme hervorragend bewältigt, er spielt auch Gewissensbisse und Rücksichtslosigkeit, alle Widersprüche der Figur bemerkenswert überzeugend.

Leider kann die Titelheldin in Gestalt der amerikanischen Sopranistin Corinne Winter nicht mithalten. Für die Halka, zumal ihren ergreifenden Schlußgesang mit ihrem toten Kind, würde man eine warme Stimme brauchen – von der Sängerin bekommt man den ganzen Abend hindurch harte, durchdringende Töne. Dass sie mit katatonischer Starre ein heutiges Mißbrauchsopfer glaubhaft macht (wenngleich es sich bei ihr ja um besessene Liebe handelt), ist eindrucksvoll, aber nicht ausreichend. Der Rest der Besetzung – zwei Polen, ein Russe, ein Serbe – sind stilistisch oft sicherer als stimmlich zufriedenstellend.

Das Publikum reagierte während der Vorstellung nur auf Beczalas Arien mit Beifall, klatschte aber am Ende sehr herzlich.

Renate Wagner

Die Online-Klassikplattform „fidelio“ streamt Halka am 19. Dezember 2019 ab 19 Uhr live aus dem Theater an der Wien. www.myfidelio.at

Der ORF sendet Halka am 21. Dezember 2019 um 19.30 Uhr im Programm Ö1.

ORF III zeigt Halka in der Reihe „Erlebnis Bühne mit Barbara Rett“ am 12. Jänner 2020 um 21.30 Uhr.

Film: STAR WARS: DER AUFSTIEG SKYWALKERS

$
0
0

Filmstart: 18. Dezember 2019
STAR WARS: DER AUFSTIEG SKYWALKERS
Star Wars: The Rise of Skywalker
USA / 2019
Regie: J. J. Abrams
Mit: Daisy Ridley, Adam Driver, Oscar Isaac, John Boyega, Carrie Fisher, Mark Hamill, Harrison Ford u.a.

An sich muss alles ein Ende haben. Aber man kennt Hollywood. Wenn irgendwo Geld sprudelt, versucht man die Quelle zu „melken“, so lange noch ein paar Dollar heraus zu quetschen sind. Und gar Millionen? Hundert Millionen? „Star Wars“ war ein Imperium dieser Art. Eine Filmschöpfung, die eine eigene Welt kreierte. Die unsterbliche Figuren schuf. Und Geld brachte…

Ein kleiner Rückblick: Erfunden hat den „Krieg der Sterne“ George Lucas im Jahr 1977, zwei Filme folgten bis 1983. Die zweite Tranche von drei Filmen gab es zwischen 1999 und 2002, gewissermaßen überdigitalisiert und inhaltlich verwirrend ausgeweitet. Lucas hat die Rechte an seinem „Imperium“ dann an Disney verkauft (man will sich nicht vorstellen, um welche Summen), und auch hier gibt es seit 2015 eine Trilogie, die nicht ohne Mühe an das Original angehängt ist, mit weitgehend neuen Protagonisten und kurzem Aufblitzen der Vergangenheit.

Da man nun offenbar endgültig bei dem Finale, dem neunten Film, angelangt ist, könnte man meinen, der Sack werde nun zu gemacht, aber schon munkelt die Branche, es werde zumindest Spin Offs einzelner Figuren geben (so wie „Catwoman“ aus dem „Batman“ herausgelöst wurde usw.) Aber bevor man sich als Zuschauer den Kopf darüber zerbricht, muss man sich nun fragen, was das Ende mit dem Aufbruchstitel „Der Aufstieg Skywalkers“ bringt. Denn Luke Skywalker war ja, zusammen mit Han Salo und mit Prinzessin Leia (und mit Alec Guiness als Obi-Wan Kenobi als kostbare Draufgabe), die Initialfigur der „Star Wars“-Welt. Man soll und darf und will nichts verraten, aber es gelingt so einigermaßen, die neue Hauptfigur, die lange nur den simplen Namen „Rey“ trägt, hier anzukoppeln. Details der ganzen Saga, die – wie gesagt – durch die mäandernde Welt seiner Neuverfilmungen höchst unübersichtlich geworden ist, wird ohnedies nur der eingefleischteste Fan hersagen können.

Tatsache ist, dass sich die letzten drei Filme in Rey eine neue Hauptfigur gesucht und gefunden haben, eine tapfere junge Frau, die gegen die bösen Mächte des Imperiums kämpft. Man hat an der englischen Schauspielerin Daisy Ridley fest gehalten, obwohl sie kein besonders charismatischer Typ ist – tatsächlich schiebt sie ihren schmalen Körper durchs Geschehen und hat darstellerisch meist nur ein- und denselben Gesichtsausdruck zu bieten, egal, was von ihr verlangt wird. Die Dame ist einförmig, aber das Drehbuch ist es auch – nicht gerade ein sprudelnder Ideen-Brunnen, sondern das Wiederkäuen von x-mal Gesehenem. Aus der Überlegung heraus, dass man eine Erfolgsgeschichte nicht allzu sehr beanspruchen sollte (bzw. deren Publikum).

Man findet Rey jedenfalls mit dem attraktiven Poe (Oscar Isaac) und dem liebenswerten Finn (John Boyega) auf der Seite der Rebellen gegen den bösen Imperator Palpatine, auf dessen Seite Kylo Ren/Ben Solo (Adam Driver) agiert, der Rey immer wieder in die „Dunkelheit“ ziehen will. Das erfolgt mit großer Einförmigkeit – Kampf, Schauplatzwechsel, Kampf, Weltall, Wüste, Steppe, wildes Meer, Höhlen, sagenhafte Märchenwelten, das Übliche eben.

Der „Krieg der Sterne“ war stets mit Phantasiegeschöpfen gestückt, die dann auch für Humor sorgten – dieser ist angesichts des überquellenden Pathos eher unterrepräsentiert, Chewbacca (Joonas Suotamo), der aussieht, als wäre er direkt vom Planet der Affen herübergekommen, und C-3PO (Anthony Daniels), wackeliger Blechroboter sind noch da, ein kugeliges Roboterlein rollt gelegentlich in die Handlung, aber der alte Witz ist es nicht.

Neben den Hauptdarstellern kommen die „Oldies“ quasi als Zitate wieder – Carrie Fisher buchstäblich aus dem Grab (mit vor ihrem Tod gedrehten und fugenlos eingefügten Szenen), ein weißhaariger Harrison Ford hat eine kurze Szene, und Mark Hamill als Luke kann schließlich auch als Geist da sein: Übernatürlich geht es immer zu in dieser Welt, wo die magischen Kräfte fließen und die Lichtschwerter in zahllosen Kämpfen erstrahlen. „Möge die Macht mir dir sein!“

Regisseur J. J. Abrams hat für Action gesorgt, aber es ist nichts anderes als „more of the same“ geworden, das man viele Male gesehen hat. Von Klarheit und Übersichtlichkeit der Handlung ist nicht die Rede (war es das je?), aber zum logischen Mitdenken läuft alles ohnedies zu schnell. Und laut. Um am Ende doch das Gefühl zu evozieren: Lassen wir es jetzt gut sein.

Renate Wagner

WIEN/ Musikverein: AUF ROMANTISCHEN PFADEN MIT DEN NÖ. TONKÜNSTLERN (Brahms, Dvorak). Lionel Bringuier

$
0
0

Bildergebnis für lionel bringuier
Lionel Bringuier. Foto: Mariinsky-Theater

Wiener Musikverein: Auf romantischen Pfaden mit den NÖ Tonkünstlern am 17.12.2019

Visite beim Tonkünstler-Orchester Niederösterreich im Wiener Musikverein: Ein voller ‚Goldener Saal‘, ein ruhiges, ein seriös mitgehendes älteres Publikum. „BRAHMS – DVORAK“ steht auf dem Ticket, späte Musikromantik in vollster Blüte ist zu hören. Dirigent Lionel Bringuier, ein jüngerer Franzose, ist allerdings kein geborener Romantiker, der für Antonin Dvoraks „Fünfter“ dem Orchester Feinschliff und eine harmonische Klangbalance abverlangt. Er zieht durch, recht locker, eher leger als mit achtsamen Gefühlen für ein sinfonisches Seelenspiel. Dramatisch bisweilen zu schroff herausschreiend, mit manch scharfen Akkorden, dazwischen erfreuen doch auch zartere stimmungsvolle Passagen.

Gegenpol von Bringuier ist im 1. Klavierkonzert von Johannes Brahms Simon Trpceski, Mazedoniens führender Klaviervirtuose, gewesen. Ohne aufzubauschen, ganz tradierter Klassik hingegeben, ist er lyrisch gestimmt auf Brahms´ romantischen Pfaden seinen Weg gegangen. Dezenteren Töne hingegeben und in den Klavierkaskaden technisch souverän hat er sich einen großen Erfolg beim Publikum eingespielt. 

Meinhard Rüdenauer 

Viewing all 11208 articles
Browse latest View live


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>