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FRANKFURT: ROMEO UND JULIA AUF DEM DORFE von F. Delius. Premiere

Frankfurt: ROMEO UND JULIA AUF DEM DORFE von/F.Delius   22.6.2014

 Romeo und Julia auf dem Dorfe nach der Novelle von Gottfried Keller scheint die einzige geläufige Oper von Frederick Delius neben noch einer weiteren (‘Feninmore und Gerda’) zu sein. Auch Romeo und Julia ist ursprünglich auf englisch (A village of Romeo and Juliette) erschienen, da Delius bereits als Junge Ende des 19. Jahrhunderts nach England und in die USA auswanderte und später als ‘Kosmopolit’ lebte. “The Village of Romeo and Juliette’ kann man getrost als spätromantische Oper bezeichnen, Delius selbst benannte sie ‘Lyrisches Drama in 6 Bildern’. In der Tat scheint Delius mehr im amerikanisch angelsächsischen Raum verbreitet, wo die Oper auch 1910 in London erfolgreich uraufgeführt wurde.

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Foto: Barbara Aumüller

Die Musik ist also spätromantisch, aber unter Umgehung Wagnerscher Dramatik eher als lyrisch sanft zu bezeichnen, sie geht auch etwas in Richtung Debussy’scher impressionistischer Verschwommenheit. Dazu kommt R.Strauss’sche Filigrantechnik in der Orchester-Weichzeichnung. Die Musik gibt aber nirgends, auch nicht in der Sterbeszene des Liebespaares, Probleme auf. Einmal wird kurz aus dem Liebesduett von Wagners ‘Tristan’ zitiert. Vom Franfurter Opernorchester wird das Werk ganz romantisch bis fast süffisant gespielt und ausgekostet, und so entspannt und locker hat man noch selten eine spätromantische Partitur spielen gehört. Daran hat der international renommierte Dirigent Paul Daniel sincher einen großen Anteil, der als ‘Kenner’ dieses sanfte unendliche Fließen der Musik mit Verve in alle Orchestergruppen vermittelte.

 Gleichzeitig wurden im visuellen Bereich auch immer heftige ‘Duftmarken’ gesetzt, die einen nie kalt lassen konnten. Bühnenbildner Christian Schmidt hat der einfühlsamen und Figuren-empathischen Regisseurin Eva-Maria Höckmayr eine Vollbühne auf der Doppel-Drehbühne gebaut, sodass einem oft nahezu schwindlig wurde. Das Prinzip der Inszenierung war hier wieder das der Verdopplung, aber auch Verdrei- und Vervielfachung des Protagonistenpaars.Die Inszenierung schafft dadurch ihr eigenes durchdekliniertes Seelendrama, das insoweit die musikalische Handlung auf ihre Weise zu interpretieren oder in ihrer Vehemenz sogar zu konterkarieren scheint. Dabei ist sicher manches nicht so einfach zu erschließen. So sollte man wissen, daß die Farbe weiß im Japanischen ‘Tod’ bedeutet, wie Christian Schmidt im Programmheft erläutert. D.h. wir sehen schon zu Beginn rechts die reale Stube Vrelis und daneben fast abstrakt schlohweiß etwas versetzt deren Spiegelung, links mit dem Paar als Double darin. Auch der schwarze Geiger, der die Geliebten in die ‘Freiheit’ entführen will, ist ganz in weiß gehalten.

Das ‘Brachfeld’ ist dagegen eindimensional rechteckig die Bühne füllend, hier gibt es auch sich später verkleinernde Bäume und die Liebe kann sich begrenzt entfalten. Das Volk auf dem Jahrmarkt bricht teils einzeln durch Türen ein und bedroht die Liebenden (in streng dörflichen Trachten und exzentrischen Kopfbedeckungen: Kostüme: Saskia Rettig). Kontrapunktisch wirken auch die hohen Treppenaufgänge  mit Kinderpaaren und einem mittelalterlichem Ehepaar, wo Christian Schmidt sich und seine Treppenmanie (zusammen mit Claus Guth) selbst zu zitieren scheint.

Johannes Martin Kränzle ist der Schwarze Geiger mit gewohnter Agilität und flexibel hellem Baritongesang. Den Marti, Vrelis Vater gibt Magnus Baldvinsson mit knorrigem Baß. Sein bäuerlicher Gegner Manz, Salis Vater, ist Dietrich Volle mit wenigen Gesangstupfern, aber präsent und rollen- ‘kompatibel’. Es wirken Chorsoli, Mitglieder des Opernstudios und des Kinderchors mit (darunter schon stimmlich recht distinguiert Chiara Bäumle in der Rolle der Vreli als Kind).

Der Sali wird von Jussi Myllys fast wie ein hoher lyrischer Bariton mit pathetischem Ernst und Würde gegeben, auch sein ebenmäßig schöner Gesang kann ergreifen. In dramatischere Gefilde stößt aber die Vreli der Amanda Majeski vor. Wie schon als Gänsemagd in ‘Königskinder’ und auch bei Rusalka bietet sie einen ganz starken Part mit edel timbriertem Sopran und ganz emotional aufbauender Phrasendurchdringung. Ein ‘Traumpaar’ wie Gott sie schuf hat sich in erster Linie ihr zu verdanken.                         

Friedeon Rosén

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