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WIEN/ Staatsoper: LA CENERENTOLA – nach dem 1. Akt geflüchtet

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La Cenerentola (Akt 1). Wiener Staatsoper, 10.12.2014


Jinxu Xiahou, bestenfalls “achtbar. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

 Es ist manchmal ein Segen wenn man sich die Karten selbst kauft und dementsprechend bei vorzeitiger Flucht aus der Vorstellung kein schlechtes Gewissen haben muss. Die Vorstellung der „Cenerentola“ war eines der schlimmsten Erlebnisse, die ich in der Staatsoper hatte – vergleichbar in etwa mit einem ziemlich missglücktem Don Giovanni vor einigen Jahren.

 Die Vorstellung stand von Anfang an unter keinem guten Stern, da Ildebrando D’Arcangelo ganz kurzfristig absagen musste (es war nicht einmal mehr Zeit für den Rosa Zettel). Direktor Meyer kündigte stattdessen als den Retter der Vorstellung Sorin Coliban an, der vor etwa 15 Jahren diese Rolle einmal studiert hatte und – wie der Künstler auf seiner Facebook-Seite schrieb – die Arie des Alidoro zuletzt 2012 im Rahmen eines Konzertes gesungen hatte. Man muss Coliban nicht nur dankbar sein, dass er einsprang, er war auch einer der ganz wenigen Highlights des ersten Teils der Vorstellung. Ein profunder Bass, dem man allerdings auch anmerkte, dass seine Stimme nicht mehr ganz so flexibel ist. Seine Abstecher ins Wagnerfach merkte man schon. Nichtsdestotrotz konnte er sich großen Publikumszuspruches erfreuen.

 Weiters auf der Habenseite sind Hila Fahima (Clorinda) und Juliette Mars (Tisbe) zu verbuchen, wobei besonders die junge Israelin wieder eine Talentprobe abgab. Es wird interessant sein, sie dann im Juni als Gilda auf der Bühne zu erleben.

 Einen ganz schlechten Abend verbuchte Tae-Joong Yang. Konnte er mich schon als Figaro niemals vollständig überzeugen, so war sein Dandini schlicht und ergreifend schrecklich gesungen. Nach seiner Auftrittsarie gab es nur spärlichen Applaus, dafür einige Buhrufe. Obwohl das Orchester unter Jesús López-Cobos nicht wirklich laut spielte, war er oft nicht hörbar, hatte Probleme mit der Intonation und war einfach nicht staatsopernreif an diesem Abend.

 Alessandro Corbelli hat seine besten Zeiten schon lange hinter sich und sollte an ein Haus wie der Wiener Staatsoper eigentlich nicht mehr engagiert werden. Leider hat ja Juan Diego Flórez den „Don Ramiro“ schon vor einiger Zeit zurückgelegt – er hätte durch seine Stimme und Präsenz den Gesamteindruck noch halbwegs erträglich gestalten können, aber sein Ersatz Jinxu Xiahou fiel mit seiner Leistung erheblich ab. Vergleiche mit Flórez sind naturgemäß unzulässig, aber auch einem Antonino Siragusa kann der Chinese sowohl technisch als auch interpretatorisch nicht das Wasser reichen.

 Nach dieser sehr ernüchternden Bilanz nun zu Elizabeth DeShong. Sie hat eine wirklich fundierte Tiefe und eine durchaus interessant wirkende Mittellage. Doch je höher es hinaufgeht, desto unsicherer wirkte sie. Vielleicht war sie von der wahrhaft furchtbaren Inszenierung gehemmt? Was das Leading Team Bechtolf/Glittenberg/Glittenberg auf die Bühne gestellt hat ist eine Verhöhnung des Publikums. Ich habe selten eine so sinnentleerte Produktion über mich ergehen lassen müssen – beginnend mit den Kostümen (die großen Leidtragenden waren da der Staatsopernchor, der von Martin Schebesta hervorragend einstudiert war) über ein wirklich dummes Herumwacheln. Einfach lächerlich, was da auf der Bühne abging. Die Cenerentola wuselte nur nervig durch die Gegend und war absolut keine Figur, mit der man Mitleid haben musste, außerdem sah sie in ihrem Ballkleid wie ein blaues Lindt-Schokobonbon aus. Dass es möglich ist, auf die Figur von Sängern etwas Rücksicht zu nehmen hat man ja bei der Ariadne-Serie mit Botha bewiesen.

 Selten habe ich mich derartig über eine Vorstellung geärgert – ein zum Großteil unterdurchschnittlicher Gesang in Kombination mit einer wirklich dummen Regie war mir dann doch zu viel und ich habe das Haus nach dem ersten Akt verlassen und dann den Abend mit einem guten Glas Wein ausklingen lassen – ich denke, dass das die richtige Entscheidung war.

 Kurt Vlach

 

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