Quantcast
Channel: KRITIKEN – Online Merker
Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208

ZÜRICH/ Tonhalle: OPERNGALA ELENA MOSUC – Primat der Stimme

$
0
0

Zürich Tonhalle: Operngala ELENA MOSUC 9.4.2015  

Primat der Stimme  

Elena Mosuc präsentierte sich an diesem Galakonzert, das im restlos ausverkauften Tonhalle-Saal Zürich vor einem begeisterten Publikum stattfand, in einer beneidenswerten stimmlichen Verfassung. Schon in der Arie „Bel raggio lusinghier“ („Semiramide“ von Rossini) katapultierte sie ihre vor allem in der extremen Höhe expansive Stimme auf eine Note weit über dem dreigestrichenen C (vermutlich ein Es) und war von Anfang gleich „da“. Keine Einsingarie, sondern gleich zu Beginn ging die Mosuc in die Vollen. Die Koloraturen liefen wir geschmiert und die Stimme verbindet alle Register bruchlos. Gleich tosender Applaus zu Beginn  – und so sang Elena Mosuc gemäss Programm acht grosse Arien aus dem Bereich der Belcanto-Trias Rossini, Bellini, Donizetti und des lyrischen Verdi-Repertoires. Nach dem „Sandwich-System“ folgte jeweils auf eine Ouvertüre oder sinnlose Ballettmusik ein Juwel der Opernliteratur. Die Württembergische Philharmonie war in quasi Bruckner-Besetzung angetreten, womit das Orchester natürlich angesichts des dargebotenen Repertoires unverhaltnimässig gross besetzt war. Entsprechen dick und wenig inspiriert klang das Orchester unter Heiko Mathias Förster, das seine  Pflichteinlagen wie die Ballettmusiken zu „Guilleaume Tell“ und Verdis „Otello“ mehr oder weniger absolvierte. So mutierte das Konzert zu einem Wunschkonzert, was eigentlich schade war für die exzellente gesangliche Leistung von Elena Mosuc. Es ist schon bewundernswert, wie diese Sängerin über die vielen erfolgreichen Jahre ihrer Karriere ihre Stimme gesund gehalten hat. Ihre Technik ist ohne Fehl und Tadel und nie hatte man das Gefühl, es würde irgendetwas nicht funktionieren. Und das ist ein wunderschönes Gefühl für das Publikum, wenn man sich einfach zurücklehnen kann und einer perfekt geführten Stimme zuhören und es geniessen kann. Nach der im Mazurka-Rhythmus bewegten „Son vergin vezzosa“ aus Bellinis „I Puritani“ berührte Elena Mosuc mit einer ungemein schön gesungenen Cavatina der Norma „Casta Diva“ – leider allerdings ohne das vorausgehende Rezitativ „Sediziosi voci“ und – was mich noch mehr erstaunt hat-  ohne die mitreissende Cabaletta „Bello a me ritorna“. Die Norma von Elena Mosuc war vor ein paar Jahren ein belkantistischer Höhepunkt in der Ära Pereira. Dies machte umso mehr schmerzlich bewusst, dass Elena Mosuc zwar auf der ganzen Welt, aber wenig mehr im Opernhaus Zürich zu hören ist. Mit der dramatischen Szene von Donizettis „Lucrezia Borgia“ „Era desso il figlio mio“ setzte die in Zürich verwurzelte Rumänin einen weiteren gesanglichen Höhepunkt.

Nach der Pause sang sie, immerhin nach der tollen Ouvertüre zu „Nabucco“, die Arie „Egli non riede ancora“ aus dem interessanten Frühwerk Verdis „Il Corsaro“. Es ist ja bemerkenswert, wie sehr sich die Stimme von Elena Mosuc für die frühen Verdi-Opern eignet. Das könnte  noch Einiges an neuen Partien für die Sängerin drin liegen! Sehr schön dann, nach dem genialen Vorspiel zum 3. Akt der „Traviata“  die Briefszene und ein wunderschön und lyrisch verhaltenes „Addio del passato“ – mit beiden Strophen: grossartig! Dann wagte sich Elena Mosuc in etwas unsichere Gewässer und sang aus Verdis „Il trovatore“ die Kerkerszene der Leonora „D’amor sull’ali rosee“ mit anschliessender Cabaletta. Sehr schön gesungen, aber nicht wirklich eine Fachpartie für Elena Mosuc; da fehlt ihr – wohl noch – die breitere Mittellage und die bewusst eingesetzte Bruststimme. Ich würde es bedauern, wenn sich Frau Mosuc für ihr kostbares Stimmorgan zu einem gefährlichen Experiment einlassen würde. Ihre Stimme zeichnet sich durch ein belkantistisches Auf-dem-Atem-Singen aus, dramatische Attacke dagegen benötigt harte und mitunter „unschöne“ Akzente. Das wäre schade. Mit dem Bolero aus Verdis „I Vespri siciliani“ beschloss Elena Mosuc ihr fulminantes Arien-Programm, zumindest offiziell. Denn sie hatte sich als Zugabe die ganze Szene der Violetta aus dem ersten Akt der „Traviata“ ausgesucht, die ihr wahrlich zu einem Triumph sondergleichen geriet! Welche Stimm-Schönheit, welche Virtuosa, welche Spitzentöne, welche Phrasierung – einfach alles perfekt!

Hoffen wir doch, Elena Mosuc bald wieder in einer ihrer Glanzpartien am Opernhaus Zürich bewundern zu dürfen.

John H. Mueller

 

             

Diese Seite drucken


Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>