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WIEN Volksoper “IL TROVATORE” in Originalsprache

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Il Trovatore : 3.Akt mit Luna, Azucena und Ferrando

 

Wiener Volksoper
“IL TROVATORE”
16.November 2013   Premiere
Koproduktion mit dem Theater Bonn

 

Melba Ramos und Tito You

Melba Ramos und Tito You

“Nur so radikal sollte man die Verdi-Oper heute spielen”. So titelte man eine Kritik nach der Premiere der Aufführung dieser Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf des “Trovatore” beim Koproduzenten, dem Theater Bonn. Nicht, dass plötzlich die Volksoper sich in einen Wundertempel des Belcanto verwandelt hätte, nicht, dass sich hier die Vollkommenheit einer Regiearbeit gezeigt hätte, aber bei fühlbar Atem anhaltender Spannung im Publikum geschah im letzten Bild so etwas wie eine gelungene Symbiose von Darstellung und Gesang, perfektes Musikdrama wie man es diesem Komponisten nie vorenthalten sollte, ein kleines Wunder eben, was da in zehn Minuten passierte! In erster Linie war dies der Einspringerin des Abends, Chariklia Mavropoulou zu danken, die auch in allen anderen ihrer Szenen als Azucena das Publikum in Bann hielt, mit ausdrucksstarkem Gesang und selbstverleugnerischer Hingabe an die Gestaltung einer gedemütigten, verfolgten, gequälten, aber bis zuletzt rachsüchtigen Mutter heranging. „Ein finsteres, schreckliches Weib“, wie Ferrando schildert, vom Gedanken an ihre Verwechslung und Ermordung des Grafenkindes verfolgt.
Bis zu diesem Zeitpunkt war eine grundsolide gearbeitete Inszenierung, etwa im Stil früherer Musiktheaterarbeiten eines Walter Felsenstein oder eines seiner Schüler zu sehen, in einem, manchmal gar engen Bühnenbild von Dieter Richter und in Kostümen von Renate Schmitzer, für deren zeitliche Zuordnung sich etwa die Zeit des Spanischen Bürgerkriegs anbieten würde. Das wäre aber eigentlich nebensächlich, denn Verfolgung, Folter, Mord und Rache sind zeitlose, in Opernstoffe gewandete Ereignisse. Und wenn sich Hilsdorf gegenüber der Vorlage oft kuriose Freiheiten erlaubt, dann unterscheidet er sich nicht von seinen Kollegen. Während also Manrico noch seine Stretta absolviert, werden die Chorstrophen seinen bereits anrückenden Feinden in den Mund gelegt und haben damit quasi die Funktion eines Spottverses übernommen. Auch wäre in früheren Zeiten die Blasphemie, nach Demontage der gekreuzigten Christusfigur sich selbst auf das am Boden liegende Kreuz zu legen, einem Skandal gleichgekommen. Der Darsteller des Luna tut dies und setzt sich zuletzt noch die Dornenkrone auf. Wir sind heute nachsichtiger, die Schrecken der Kirche verfolgen heute keinen mehr, nicht einmal mehr ideenreiche Regisseure.

Die Klosterszene des 3.Aktes

Klosterszene des 3.Aktes, Luna liegt verhüllt auf dem Kreuz

Der Abend hätte ein mitreißender werden können, aber das Dirigat des Herrn Enrico Dovico, vor allem bis zur Pause, war schlichtweg als lähmend zu empfinden. So bedächtig, geradezu zäh kam die sonst immer als so genial zu empfindende Musik daher, mit Generalpausen, die zum Einschlafen einluden. Herr Dovico sollte sich in dem so gerne als Provinz bezeichneten Graz anhören, wie man Verdi im dortigen Opernhaus derzeit interpretiert. Dass darunter teilweise auch die Interpreten und der Chor litten, diesen Eindruck wurde man nicht los, obwohl sich darunter auch ein Met-Geeichter befand: Stuart Neill hatte als Manrico sein Debüt an der Volksoper, ein Riese von einem Mann, ausladend in alle Richtungen, dazu mit einem entsprechend voluminösen Tenor, der erst im Laufe des Abends etwas heller und flexibler geführt wurde und auch zurückhaltendere Töne produzierte. Die Stretta war zwar nicht „in tono“ aber doch einigermaßen wirkungsvoll und die Stimme in der schon erwähnten Schlussszene auch ausdrucksvoll eingesetzt.
Der Luna des Tito You blieb hingegen nicht nur darstellerisch blass, sein Versuch, in der Phrasierung langen Atem zu zeigen, endete allzu oft in störendem Tremolo, auch klang das Stimmmaterial zu dünn und hell. Da zeigte eher Yasushi Hirano als Ferrando neben seiner darzustellenden Trinkfreudigkeit, wie man mit italienischer Phrasierung auch als raubeiniger Soldat zurecht kommt. Melba Ramos wuchs nach anfänglichen kleinen Unsicherheiten in ihre Rolle hinein, ihre warm timbrierte Stimme gewann an erstaunlicher Höhensicherheit.
Eva Maria Riedl ergänzte als schrecksame Inez und Christian Drescher war der, in Frauenkleidern seine Gegner täuschende Ruiz. Sehr Spielfreudig der Chor der Wiener Volksoper unter Thomas Böttcher.
Größeren Zwischenapplaus bekam nur die Darstellerin der Azucena, die auch den meisten Schlussapplaus einheimste. Das Regieteam musste sich mit nur geringer Zustimmung, aber dafür mit einigen kräftigen Buhs zufrieden geben.

Peter Skorepa
MERKEROnline
Bilder: Wiener Volksoper/Barbara Pallfy

 

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