Wiener Staatsoper; RIGOLETTO MIT GELUNGENEM GILDA – DEBÜT (26.6.2015)
Saimir Pirgu. Foto: Wiener Staatsoper/Pöhn
Sie verkörpert die Gilda als unschuldige „Kindfrau“, besticht durch lyrische Musikalität und hat die Chance ihres Verdi-Rollendebüts eindrucksvoll genutzt. Hila Fahima, die junge bildhübsche Israelin, siegt beim Applaus-Ranking am Ende einer Vorstellung, die man bestenfalls musikalisch als „durchwachsen“ bezeichnen kann.
Der italienische Dirigent Evelino Pido hat offenbar ein erhöhtes Substituten-Aufgebot zum Orchester der Wiener Staatsoper verordnet bekommen, sein Dirigieren schwankt zwischen „verhetzt“ und „lethargisch“. Samir Pirgu hat ebenfalls nicht seinen besten Abend, es dauert bis die Stimme wirklich sitzt, der Schluss-Ton des „ La donna e mobile“ geht daneben. Und doch: der albanische Tenor, der mit Anfang 20 von Abbado entdeckt wurde und bereits vor 11 Jahren als Nemorino an der Staatsoper debütierte, hat sich prächtig entwickelt. Seine Stimme ist größer geworden und hat sich doch lyrische Belcanto-Qualitäten bewahrt. Der Vortrag besticht. Ein Herzog als Herzensbrecher und „Latin Lover“. Besonders schön die große Arie und das Duett mit Gilda.
Leider kann man das so nicht vom Sänger der Titelpartie behaupten. Die Notlösung bei Generalprobe und Premiere ist zur „Dauerlösung“ geworden. Und Paolo Rumetz ist mit dem Rigoletto hörbar überfordert. Sein „Cortigiani“ hat weder die nötige Kraft noch die wünschenswerte lyrische Dimension. An berühmte Vorgänger von Protti bis Cappuccilli oder Bruson darf man gar nicht denken. Am besten ist Rumetz noch in den Szenen mit Gilda, aber auch hier dominieren Kurzatmigkeit und routinierte Larmoyanz. Am besten schlägt sich also die neue Gilda. Hila Fahima begeistert mit weichen Koloraturen in der Arie, reisst im Duett mit dem Herzog regelrecht mit. Und enttäuscht dann doch ein wenig. Im großen Duett mit Rigoletto – in der Stretta – singt sie nicht „hinauf“. Vielleicht wollte sie beim Rollendebüt nichts riskieren. Man wird ja noch hören!
Ein viel zu nobler „Auftragskiller“ war auch Ain Anger als Sparafucile. Es fehlt der „schwarze Bass“, das Geheimnisvolle, das Aggressive. Großartig hingegen Margerita Gritskova als Maddalena. Lasziv, erotisch, vokal nicht zu dominant. Perfekt.
Die schönste (und größte) Stimme das Abends hatte einmal mehr Sorin Coliban als Monterone. Donna Ellen gab eine mütterliche Givanna, Mihail Dogotari einen umtriebigen Marulllo. Und auch James Kryshak (Borsa) und Marcus Pelz (Ceprano) fallen positiv auf – ebenso wie der Chor der Wiener Staatsoper (Leitung Martin Schbesta).Bleibt die Inszenierung von Pierre Audi (Ausstattung Christof Hetzer) zu erwähnen. Sie ist wahrlich misslungen, abgrundhässlich und unlogisch und man gewöhnt sich auch nicht daran. Aber Verdi hält – ähnlich wie Mozart – fast jede Deutung aus. Diese Produktion gehört allerdings nicht dazu
Peter Dusek