BERLIN/ Deutsche Oper: LA RONDINE 3.7.2015
Joseph Calleja und Aurelia Florian sorgen für ein Opernwunder zu Saisonende
„Ich habe Dich gesehen und von der Liebe geträumt.“
Da ist auf einmal einer dieser Momente, der völlig unerwartet kommt, auf den man nicht gewartet hat, der Dich verzaubert und entführt in das magische Zauberreich des Musiktheaters. Nach vielen durchschnittlichen bis guten Opernabenden mit jeder Menge an braven Dutzendstimmen habe ich heute Abend auf einmal die absolute olympische vokale Spitzenklasse erleben dürfen. Wie lange ist es her, dass ich Puccini nicht mehr habe so qualitätsvoll, innig, voller Schmelz und Hingabe, mit emotionaler Italianità habe singen hören? Waren es Domingo/Scotto, Pavarotti/Riccarelli, Gheorghiu/Alagna oder Netrebko/Villazon? Sei es drum. Heute Abend an der Deutschen Oper Berlin haben die wunderschöne und makellos singende rumänische Sopranistin Aurelia Florian und der maltesische Wundertenor Joseph Calleja wieder einmal vorgeführt, was uns allen Oper sein kann. Dass es um Musik geht und nichts anders, dass eine solide biedere Inszenierung mit surrealistischen Einsprengseln (Rolando Villazon) mit ebensolchen, ästhetisch brauchbaren, aber kreuzbraven Bühnenbildern (Johannes Leiacker) und stereotypen 20-Jahre Kostümen (Brigitte Reiffenstuehl) gänzlich nebensächlich werden. Im Augenblick, wo Rollen wie diejenigen der Protagonisten Magda und Ruggero so märchenhaft schön, poetisch gesungen werden wie von Joseph Calleja und Aurelia Florian, dass wirklich der Traum beginnt und man selbst als „alter Opernhase“ wieder diesem ganz spezifischen Zauber verfällt. Dazu trägt auch bei, dass die zwei edel timbrierten Stimmen von Calleja und Florian klanglich bestens miteinander harmonieren. Ein neues Traumpaar der Oper!
Dabei hat sich das Orchester unter der bemühten, aber nur begrenzt inspirierten und stringenten Leitung des Roberto Rizzi Brignoli diesmal nicht unbedingt von seiner besten Seite gezeigt. Vor allem die vielen Parlando-Passagen dieser lyrischen Komödie strömten nicht zu einem rauschenden musikalischen Fluss zusammen, sondern wiesen rhythmische Ecken und Kanten auf. Ein Glück, dass das Buffopaar der Lisette und des Prunier mit solch sympathischen, exzellent singschauspielernden „Bühnentieren“ wie Alexandra Hutton und Alvaro Zambrano besetzt waren. Die beiden kann man wie Zerbinetta und ihre Akolyten in der Ariadne in jedes Stück stellen und man wird seine große Freude daran haben. Auch die Sängerinnen und Sänger der kleineren Rollen waren sehr gut gewählt und mit Lust bei der Sache: Ich möchte hier besonders Stephen Bronk als Rambaldo, Siobhan Stagg als Yvette, Elbenitza Kajtazi als Bianca, und Stephanie Lauricella als Suzy erwähnen.
Das Schlussduett im 3. Akt bescherte schließlich das ganz große Opernglück. Die Geschichte geht ja nicht mit dem üblichen Happy End der Operette aus, sondern erzählt von der Unmöglichkeit der großen Liebe im Alltag. Als Metapher des Scheiterns gilt dann das liederliche Vorleben der Geliebten oder die bürgerliche Moral der Mutter. Im Endeffekt tragisch, dass Liebe in der Vorstellung, im Traum oftmals besser gedeiht als in der Ehe.
Das Publikum hat den Ausnahmerang des Gehörten jedenfalls erkannt und jubelte trotz großer Hitze dankbar, intensiv und anhaltend.
Dr. Ingobert Waltenberger