Dresden/Frauenkirche: DAS „ACELGA QUINTETT“ AUF EINEM MUSIKALISCHEN SPAZIERGANG DURCH BÖHMEN UND MÄHREN – 25.7.2015
„Acelga Qintett“ – noch nie gehört? Wer dieses Bläserquintett, eines der führenden Quartette seiner Generation, einmal gehört hat, vergisst es nicht so schnell. Der Name erklärt sich ganz einfach: „Acelga“ ist die spanische Bezeichnung für die vitaminreiche, belebende Pflanze Mangold, die auch dem Familiennamen der Initiatorin und tonangebenden Flötistin dieses vitalen, energiegeladenen Bläserquintetts entspricht. Nomen est omen.
Fünf sehr gute junge Musiker und Musikerinnen: Hanna Mangold (Flöte), Sebastian Poyault (Oboe), Julius Kirchner (Klarinette), Amanda Kleinbart (Horn) und Antonia Zimmermann (Fagott), die sich schon während ihres Studiums in renommierten Akademien und Jugendorchestern kennenlernten, fanden sich 2012 zu diesem vielversprechenden Quintett zusammen. Im darauffolgenden Jahr wurden sie bereits beim Deutschen Musikwettbewerb in Stuttgart ausgezeichnet und in die 58. „Bundesauswahl Konzerte Junger Künstler“ aufgenommen. 2014 erspielten sie sich beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD einen 3. Platz. Seitdem sind sie gern gesehene Gäste bei Konzertreihen und Festivals im In- und Ausland. Prominenteste Zuhörer ihres Konzertes in der Reihe “AKZENT – Die nächste Generation” in der Dresdner Frauenkirche waren Silvia und Carl Gustav von Schweden (vermutlich auf einer Privatreise).
Ihren vielseitigen „musikalischen Spaziergang durch Böhmen und Mähren“ gestalteten die jungen Musiker aus Deutschland und Luxemburg mit Originalkompositionen und Bearbeitungen. Anstelle von Julis Kirchner wirkte Anne Scheffel, Klarinette mit. Den Reigen eröffnete in einer Bearbeitung “Ein Andante für eine Walze in eine kleine Orgel” F‑Dur” (KV 616) von W. A. Mozart, dessen Verbindungen zu Böhmen bekannt sind („Meine Prager verstehen mich“), gefolgt von den zwei Teilen “Unsere Abende” und “Gute Nacht” aus dem Klavierzyklus “Auf verwachsenem Pfade ” (“Po zarostlém chodnícku”) von Leos Janácek, ebenfalls in einer Bearbeitung, und dem originalen “Bläserquintett D-Dur Nr. 3 (op. 91) des böhmischen Komponisten Antonin Reicha (1770-1836), der mit L. v. Beethoven und J. Haydn befreundet war und zu dessen Schülern F. Liszt, H. Berlioz, C. Gounod und C. Franck zählten. Es wurde mit jugendlicher Frische und viel Musizierfreude gespielt.
Von Josef Bohuslav Förster (1859-1951), einem tschechischen Komponisten, der u. a. von 1903-1918 als Kritiker und Lehrer in Wien lebte – seine Frau, Berta Lauterer gehörte seit 1901 zum Ensemble der Wiener Hofoper - erklang das spätromantisch anmutende, im Kompositionsstil von Antonin Dvorák beeinflusste und mitunter an Richard Strauss erinnernde “Bläserquintett D‑Dur Nr. 3 (op. 91).
Die anschließende “Humoreske” von Antonin Dvorák – in einer Bearbeitung – wurde wirklich mit feinem, liebenswürdigem Humor gespielt, wie mit sehr feinem, spitzem Pinsel gemalt. Der “Slawischer Tanz g-Moll (op. 46,8), eines dieser kleinen Meisterwerke im volkstümlichen Stil, beschloss, ebenfalls in einer Bearbeitung, den vielseitigen „Spaziergang“, durch Böhmens Hain und Flur, der auch Unbekanntes erschloss. Mit einem zweiten “Slawischen Tanz” des Meisters als Zugabe, ebenso hingebungsvoll gespielt, erfreuten die jungen Musiker die begeisterten Zuhörer.
So unterschiedlich die gespielten Kompositionen entsprechend ihrer Entstehungszeit und in ihrem Charakter auch waren, wurden sie doch von den jungen Musikern in sehr ansprechender Weise und im Sinne des Stils ihrer Entstehungszeit wiedergegeben. Das Acelga Quintett spielte nicht nur sehr exakt und stilsicher. Die Einsätze kamen sehr sauber. Die Musizierenden stimmten sich untereinander und mit der Flöte perfekt ab, „warfen sich gegenseitig die Bälle zu“ und hatten etwas von der ursprünglichen und selbstverständlichen Musizierfreude, die besonders den böhmischen Musikern eigen ist. Sie hatten die Musik, die sie spielten verinnerlicht und gaben sie so an das Publikum weiter.
Die Flöte war tonangebend, oft mit glanzvollem Klang, mitunter aber auch – nicht zuletzt durch die Akustik der Frauenkirche bedingt - mit etwas metallisch wirkendem Ton, der aber dem Ganzen Frische verlieh und mit dem Klang der anderen Instrumente harmonierte. Obwohl das Quintett „noch jung ist“, boten seine Mitglieder eine reife, ausgewogene Wiedergabe der sehr unterschiedlichen Kompositionen. Es wurde mit besonderer Klarheit musiziert, jugendlichem Schwung und Elan und auch Sinn für die Feinheiten der Kompositionen, die liebevoll herausarbeitet wurden. Das Besondere aber war der schöne Klang jedes einzelnen, sehr sauber gespielten Instrumentes und der außergewöhnlich festliche, homogene Bläserglanz, der über allem lag und relativ selten zu erleben ist.
Ingrid Gerk