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BIETIGHEIM/ BISSINGEN/ Kirche St. Laurentius: DER MESSIAS von G.F. Händel

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Bietigheim/ Bissingen: MIT TRANSPARENTEM KLANGBILD. Georg Friedrich Händels “Der Messias” in der katholischen Kirche St. Laurentius/BIETIGHEIM-BISSINGEN

In rund drei Wochen schrieb Georg Friedrich Händel 1741 die Partitur des “Messias”. Aus Bibelworten zusammengestellt, schildert dieser Text keine opernhafte Handlung, sondern berichtet im ersten Teil von der Verheißung und Geburt des Messias Christus, im zweiten von Leiden, Tod und Auferstehung des Heilands sowie von der Verbreitung seines Wortes und im dritten Teil von der Erlösung der Welt durch den Auferstandenen.

Der Dirigent Jürgen Benkö, seit 1998 Dekanatskirchenmusiker an der St. Laurentiuskirche in Bietigheim-Bissingen, spannte hier einen großen dynamischen Bogen. Bei aller Monumentalität hatte die Wiedergabe etwas Inniges und Schlichtes, das den Zuhörern unter die Haut ging. Mitglieder der Stuttgarter Symphonieorchester gestalteten das würdig-ernste Grave der Ouvertüre als eindringliche Fuge. So kamen die wunderbaren Feinheiten der Musik gut zu Gehör. Majestätisch-freudig folgte der Chor “Denn die Herrlichkeit Gottes“, und wuchtig unterstrich der voluminöse Bass von Jonathan de la Paz Zaens die ergangenen Verheißungen: “So spricht der Herr“. Ein seherischer Ton durchzog auch den kunstreichen Chor “Er wird sie reinigen”. Hier war die Kantorei an St. Laurentius ganz in ihrem Element. Still-innerliche Freude kennzeichnete die Alt-Arie “O du, die Wonne verkündet” als entrücktes Leuchten, die die mit weichem Timbre agierende Altistin Jasmin Joos ausdrucksvoll zu Gehör brachte. Nach der Bass-Arie, die mit Intensität das “große Licht” beschwor, war man dann harmonisch völlig im Bannkreis des Ereignisses von Bethlehem. Zaghaft-leise, fassungslos vor dem Wunder, sang der Chor “Denn es ist uns ein Kind geboren” und steigerte sich immer ekstatischer in die Freudenbotschaft hinein. Die Hirtenszene wurde wie in Bachs “Weihnachtsoratorium” von einer Pastoralmusik der Streicher eingeleitet. Sphärenhaft erzählte das Streichorchester vom “Engel des Hirten” – eine von Jürgen Benkö eindrucksvoll beschworene Passage. Jubelnd stimmte der Chor das Gloria “Ehre sei Gott in der Höhe” an.

Trotz der raschen Tempi gab es bei dieser Wiedergabe nur selten Schwachstellen. Stark wirkte auch die Sopran-Arie “Erwach zu Liedern der Wonne“, der Melanie Schneider strahlende Kantilenen verlieh. Sanfte Entrücktheit kennzeichnete das pastorale Siciliano “Er weidet seine Herde“. Kunstvolle Koloraturketten prägten zudem den Chor “Sein Joch ist sanft“. Im zweiten Teil begann die Passion des Heilands voller dramatischer Intensität, die Jürgen Benkö immer stärker zu steigern wusste. Voll mitfühlender Trauer sang Jasmin Joos als Altistin “Er ward verschmähet“. Ein schneidender Rhythmus prägte den Chor “Wahrlich, er trug unsere Qual“, der in die ernste Doppelfuge “Durch seine Wunden” mündete. Michael Werner schilderte als schlanker Tenor die Geißelhiebe. Er war kurzfristig für Wolfgang Frisch eingesprungen. Wie Händel hier immer schmerzlichere und dunklere Töne fand, machten Benkö und sein emotional agierendes Ensemble ausgezeichnet deutlich. Das war spannend wie packendes Musiktheater. Die höhnischen Worte der Kriegsknechte zeigten sich im schneidenden Spott des Chors. “Doch du lässest ihn im Grabe nicht” verkündete der Tenor Michael Werner klangfarbenreich und wandlungsfähig. Das Wunder der Auferstehung hellte die Stimmung hier merklich auf. “Du fuhrest in die Höh’” schilderte der wuchtige Bass von Jonathan de la Paz Zaens mit innerer Leuchtkraft. Bewegend wirkte die Chormelodie “Der Herr gab das Wort“. Pompöse kriegerische Klänge prägten die Bass- Arie “Warum entbrennen die Heiden“. Der “Halleluja”-Chor war dann von elektrisierender Präsenz. “Ich weiß, dass mein Erlöser lebt” bewies nochmals die Ebenmäßigkeit von Melanie Schneiders Melodiebögen. Ihre Sopranstimme steigerte sich ebenfalls von Minute zu Minute. Die Welterlösung verkündete der Chorsatz “Wie durch Einen der Tod” in großartiger Weise. Und der Bass verkündete robust “Sie schall’, die Posaun’“.

Der grandiose Schlusschor “Würdig ist das Lamm” leitete zuletzt souverän zur gewaltigen “Amen”-Fuge über. Das wirkte wie ein lichtdurchfluteter Turmhelm, den die Mitglieder der Stuttgarter Symphonieorchester mit Chor und Gesangssolisten beschworen.

Tosender Beifall dankte allen Ausführenden für eine Interpretation, die nur selten Wünsche offenließ.

 Alexander Walther

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