WIENER STAATSOPER, 30. März 2016
Richard Wagner: Parsifal
Großartig, aber noch Luft nach oben!
Violeta Urmana, Stephen Gould. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Nicht ganz auf dem sonst so gewohnt hohen Wagner-Niveau bewegte sich die letzte der heurigen drei Parsifal-Aufführungen rund um Ostern, wobei aber die Bemerkung erlaubt sei, dass dies wirklich Meckern auf hohem Niveau ist. Dennoch – bei Stephen Gould dauerte es anfangs ziemlich lange, bis sein Tenor zur gewohnten stilsicheren Interpretation der Titelrolle fand, leicht gepresst klang er zunächst in den hohen Lagen. Aber spätestens in den Armen der Blumenmädchen kehrte Gould auf sein hohes Niveau zurück und hielt dieses tapfer bis zum Ende. Violeta Urmana muss sich leider den Vergleich mit Angela Denoke gefallen lassen. Die Denoke prägte diese Inszenierung mehr als zehn Jahren und ihre Kundry rüttelt einen einfach wesentlich mehr auf, fasziniert auch in erotischer und darstellerischer Hinsicht nachhaltiger als die Rollengestaltung der Litauerin. Obgleich deren mittlerweile in allen Registern perfekt sitzende Stimme ein unheimliches Volumen besitzt und sie in stimmlicher Hinsicht mit ihrer „Röhre“ die Denoke wohl an die Wand singt, für mich ist die Norddeutsche dennoch erste Wahl für die „wilde Frau“. Vielleicht ungerecht, aber Kritiken sind einmal subjektiv.
Eitel Wonne herrschte hingegen bei den tieferen Stimmen: Da merkte man auch kaum, dass das ursprüngliche Regiekonzept des Amfortas auf Thomas Quasthoff zugeschnitten war, da dem hierzulande leider so selten gastierenden Michael Volle eine ebenso eindrucksvolle Umsetzung der Partie gelang. Fast belkantesk begann er und steigerte sich schließlich im ersten Akt in ein „Erbarmen“, das nicht nur den auf der Bühne stehenden Chor erschütterte, sondern wohl jeden im Auditorium. Um nichts stand ihm da Falck Struckmann nach, der als Gurnemanz sein Wiener Rollendebüt gab. Mit seinem in jeder Lage ideal gefärbtem Bariton gestaltete er alle Monologe abwechslungsreich und bewies damit, dass der schon fast 60jährige Künstler derzeit im Vollbesitz seiner stimmlichen Ausdruckskraft ist. Seine Wortdeutlichkeit war ein zusätzliches Plus, wie auch die übrigen Protagonisten mit meist präziser Aussprache glänzten und so die Untertitelanlage obsolet machten. Ganz am Ende forderte die Monsterpartie zwar Tribut, aber Struckmann hielt grandios durch.
Für die restlichen Rollen zitiere ich aus meiner Rezension aus dem Vorjahr: „Auf der Habenseite – wie fast immer – die Staatsopernchöre (Damen, Herren, Kinder). Wenig weiterentwickelt scheint sich Boaz Daniel (Klingsor) zu haben. Für Ryan Speedo Green konnte ich mich auch diesmal nicht erwärmen, sein Titurel ließ mich echt kalt. Die übrigen Komprimarii fielen wenig auf.“ Einzig Ulrike Helzel möge als erster Knappe wohlwollend erwähnt werden. Und auch die Blumenmädchen hatte man schon verführerischer und exakter gesehen und gehört.
Bleibt zum Schluss noch ein Riesenpluspunkt dieser Aufführung zu erwähnen: Adam Fischer und das Wiener Staatsopernorchester! Perfekt, bewegend, detailreich, dennoch immer den großen Bogen im Auge, so schiffte Fischer das offensichtlich sehr motivierte Orchester durch die Partitur. Über die Mielitz-Inszenierung ist schon alles (viel negatives, aber auch einiges positives) gesagt, schauen wir einmal, ob sie im nächsten Jahr noch auf dem Spielplan steht. Am nächsten Mittwoch (nach der Spielplanpräsentation) wird man mehr wissen. Berechtigter Jubel für die vier Hauptakteure und Ovationen für den Dirigenten!
Ernst Kopica
MERKEROnline