LA GIOCONDA – konzertante Aufführung der „Amci del Belcanto“ in Ternitz – 2.4.2016
(Heinrich Schramm-Schiessl)
Schlussapplaus. Copyright: Heinrich Schramm-Schiessl
Nach 1999 wählten die Amici nunmehr zum zweiten Mal Amilcare Ponchiellis Oper „La Gioconda“ für ihre traditionelle konzertante Opernaufführung aus. Sie sind damit so etwas wie „Entwicklungshelfer“ für ein Werk, das in Italien und besonders in Amerika ungemein populär ist, in Österreich aber ein Schattendasein wir kaum ein anderes Werk führt. Ich erinnere mich in der Vergangenheit nur an eine Aufführungsserie Anfang der 70er-Jahre in Graz und dann an die letzte Premiere der zweiten Direktionszeit von Egon Seefehlner im Mai 1986, die es allerdings nur auf 12 Aufführungen brachte. Es dürfte damals allerdings eher eine Verlegenheitslösung gewesen sein, denn Seefehlner übernahm das Amt noch einmal, da Lorin Maazel nach zwei Jahren das Handtuch geworfen hatte und er dessen Planung nicht komplett übernehmen wollte und somit auf Bewährtes zurückgreifen musste. Bei der „Gioconda“ handelte es sich um eine Inszenierung von Filippo Sanjust, die er Anfang der 70er-Jahre an der Deutschen Oper Berlin herausbrachte.
Warum das Werk gerade in Österreich – ausser bei eingefleischten Opernfans speziell mit Neigung zur italienischen Oper – nie wirklich Fuß fassen konnte, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Das Werk ist musikalisch ungemein vielfältig, enthält – von der Wunschkonzertnummer „Tanz der Stunden“ einmal abgesehen – zahlreiche „Opernschlager“, wie das Duett Laura-Gioconda im 2. Akt, Barnabas „Pescator“, Giocondas große Arie im 4.Akt und natürlich „Cielo e mar“, eine Paradearie vieler Tenöre. Manche behaupten, es läge einerseit an der verworrenen Handlung – was ich, wie immer wenn dieses Argument kommt, in Abrede stellen möchte – und andererseits an der mangelnden Tiefe bei der Charakerisierung der Personen. Auch sei die Titelfigur nicht wirklich eine Symphatieträgerin, sondern sie läuft ständig mit einem imaginären Messer hinter dem Rücken herum. Mag sein, dass das stimmt, aber das trifft auch auf andere Opern zu und erklärt trotzdem nicht, warum es gerade in Österreich keine Aufführungstradition gibt.
Wenn die Amici zu einer Aufführung laden, dann ist Oper auch das, was es ja heute nicht mehr wirklich sein darf, aber – natürlich unter Wahrung eines entsprechenden künstlerischen Niveaus – durchaus auch sein kann – ein Spektakel. Die Sänger, die ja bekanntlich ohne Gage auftreten, sind mit unglaublichem Einsatz bei der Sache und das Publikum dankt es ihnen mit der entsprechenden Reaktion.
Von diesen Künstlern möchte ich heute eine nennen, die schon so etwa wie eine kleine Legende ist – Elena Zilio, die die zwar kleine aber wichtige Rolle der Cieca sang. Sie ist eine Sängerin, die trotz ihres umfangreichen Repertoires – von Monteverdi bis zu zeitgenössischen Komponisten – einem breiten Publikum leider weniger bekannt ist, aber als das gilt, was man eine Säule des Openbetriebes nennt, die unverzichtbar ist. Trotz ihrer schon sehr langen Karriere (Debut 1963!) ist die Stimme noch immer voll intakt und vermag sie etwas, was heute nicht mehr sehr viele Sänger können, nämlich nicht nur singen, sondern auch stimmlich zu gestalten. Ihr Solo im 1. Akt war für mich der Höhepunkt des Abends und wurde vom Publikum auch mit entsprechenden Jubel belohnt. Die Titelrolle war bei Iano Tamar in besten Händen. Sie sang mit unglaublicher Verve und hatte auch mit den schwierigsten Passagen keinerlei Probleme. Sie ging allerdings auch an die Grenzen ihrer Möglichkeiten und sollte sich gut überlegen, diese Partie öfter zu singen. Marianne Cornetti, die ich von ihrer Giovanna Seymur – ebenfalls bei den Amici (2003) – in guter Erinnerung hatte, hat mich als Laura etwas entäuscht. Die Stimme klingt stellenweise ziemlich angestrengt und sie sang auch relativ undeutlich. Den Enzo sang Gustavo Porta mit gut tragender Stimme und toller Höhe. Was mich zeitweise etwas gestört hat, war ein leichtes Schluchzen, wie man es von zahlreichen italienischen Tenören kennt. Sergej Murzaev wartete als Barnaba ebenfall mit einer grossen Stimme und beeindruckenden Höhen auf. Beide großen Szenen („O monumento“ und „Pescator“) gelangen ihm ganz hervorragend. Duccio Dal Monte war mit seiner schönen Baßstimme ein sehr präsenter Alvise und sang seine Arie wunderbar strömend. Die diversen kleinen Rollen wurden vom Amici-Urgestein Stefan Tanzer und dem Debutanten Gerhard Motsch gesungen.
Wie immer verlässlich das Orchester der Staatsoper von Banska Bystrica unter der bewährten Stabführung von Marian Vach. Den „Schlager“ der Oper, den „Tanz der Stunden“ spielten die Musiker durchaus stimmungsvoll. Der Chor des gleichen Hauses (Einstudierung:Iveta Popovicova) entledigte sich seiner Aufgabe ordentlich.
Sowohl während der Vorstellung als auch am Ende grosser Jubel des Publikums.
Heinrich Schramm-Schiessl