Frankfurt: „HÈLÈNE GRIMAUD – ORCH. DELL` ACCADEMIA DI SANTA CECILIA –
SIR ANTONIO PAPPANO“ Konzert in der Alten Oper 17.04.2016
Wiederholt war das italienische Elite-Orchester Orchestra dell´Accademia Nazionale di Santa Celilia mit seinem Chefdirigenten Sir Antonio Pappano im Großen Saal der Alten Oper zu Gast und sorgte wiederum für ein ausverkauftes Haus. Ebenso erfreulich das Wiedersehen- und Hören mit der französischen Ausnahme-Pianistin Héléne Grimaud.
Die charismatische Künstlerin erwies sich wiederum als profiliert meisterhafte Interpretin von Ludwig van Beethovens „Viertem Klavierkonzert“ und gestaltete bereits sehr penibel das Allegro moderato formschön mit markanter Bravour die verträumte, romantische Stimmung dieser Einleitung. Feinnervig, kompakt, variabel gleich sprudelnden Kaskaden erklang die Kadenz in unübertroffener Brillanz. Dem leicht schwermütigen Charakter des poetischen Andante con moto begegnete Madame Grimaud mit nuancierter Sensibilität, ließ die Gegensätzlichkeit von Instrument zum begleitenden Orchester in glitzernden Figurinen erstehen. Ihr Beethoven hat das gewisse Feeling für das Melodische, die gleichwohl artistische Raffinesse und herrliche Phrasierungen. In konzentrierter Werktreue, in betörend schier weltversunkenem Schmelz, lebenssprühend in virtuoser Pointierung vermittelte Héléne Grimaud das heiter gelöste finale Rondo vivace. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, heute Beethoven völlig „neu“ gehört zu haben.
Ohne Frage stand das ästhetische Musizieren aller Beteiligten in bestem Einklang und Sir Antonio lieferte mit dem hervorragend disponierten klangvoll musizierenden Orchestra dell´Accademia nicht nur den weichen Kantilenen-Sound, nein hier wurde auf ganz besonders hohem Niveau ein gemeinsames Kunstwerk geschaffen.
Die überschäumende Begeisterung des Publikums belohnte die charmante Solistin mit einer herrlich elegisch gespielten „Etüde“ (Rachmaninow).
Zur Einleitung des Konzertabends erklang in spritzigen Tempi die Ouvertüre zu „La Cenerentola“ (Gioachino Rossini). Das Qualitäts-Orchester sprühte vor Agilität, Brio und Esprit. Transparent und dennoch satt im Klang ertönten die Streicher sehr transparent im Diskant und vereinten sich mit den akkuraten Bläsersegmenten zu trefflicher Rossini-Brillanz.
Zum Konzert-Finale brachten die italienischen Gäste die „Orgel-Symphonie“ von Camille Saint-Saens zu Gehör, in welcher sich der Komponist auf sehr interessante Weise von seiner sonst gewohnten symphonischen Form absetzte, in dem er zwei der vier Sätze durch Überleitungen miteinander verband. Hinzu kommt noch das schmachtende Grundieren der Orgel in sonoren Farbtupfern während des zweiten Satzes, haftet ihr demnach die duldende Aura des Erhabenen an.
Nun bewies Sir Antonio Pappano mit dem prächtig musizierenden Orchester äußerst differenziert welche Werte in dieser Komposition stecken, förderte die Stimmungen, impressionistischen Couleurs im instrumentalen Wechselspiel der Elemente zutage. Die straff gewählten Tempi verliehen der Symphonie etwas Drängendes und dennoch blieb die Nonchalance dieser recht süffisanten Musik in keiner Weise auf der Strecke. Wunderschön erklang das sinnige Adagio in satten, weichen, runden Tönen der Streicher, in fundamentaler Größe und Noblesse vereint im präzisen vehement-auftürmenden orchestralen Gesamtfluss. Prächtig, konträr in schier pianistischem Zugriff schenkte Iveta Apkalna den Piani repräsentative Akzente um sodann im Finalsatz nochmals die effektvolle Pfeifen-Detonation der Orgel höchst virtuos zu demonstrieren.
Das Publikum war hingerissen ließ seiner Begeisterung freien Lauf und wurde mit der glanzvoll musizierten Ouvertüre zu „Luisa Miller“ (Verdi) verabschiedet. So muss Verdi klingen! Dieser spezifisch-authentisch Klangeffekt scheint von wenigen Ausnahmen abgesehen, lediglich italienischen Orchestern vorbehalten?
Gerhard Hoffmann