DER BETTELSTUDENT – Premiere Volksoper am 30.4.2016
(Heinrich Schramm-Schiessl)
Anja Nina Bahrmann, Lucian Krasznec, Martin Winkler. Copyright: Barbara Palffy/Volksoper
Carl Millöckers „Bettelstudent“ gehört sicher zu den populärsten Operetten, enthält sie doch eine Fülle herrlicher Melodien und hat eine durchaus verständliche Handlung. Die gegenständliche Neuinszenierung ist bereits die fünfte Produktion im Haus am Währinger Gürtel seit 1945 und sie brachte dem Haus einen durchaus verdienten Erfolg. Das beginnt schon bei der Inszenierung. Regisseur Anatol Preissler lässt das Werk „vom Blatt“ spielen, das bedeutet, dass die Handlung so abläuft, wie sie im Text vorgegeben ist und auch in der dort angegebenen Zeit spielt. Da wird nichts hinterfragt oder tiefenpsychologisch ausgedeutet, sondern einfach Unterhaltungstheater geboten, das Operette letztlich ist. Das einzige Manko war, dass man die Dialoge nicht etwas verknappt hat, denn dadurch hatte man zeitweilig das Gefühl, die Aufführung käme nicht vom Fleck. Auch waren manche Scherze doch etwas abgedroschen. Besonders störend empfand zumindest ich, dass die Sachsen – speziell der Kerkermeister und seine Gehilfen – wienerisch sprachen anstatt zu sächseln. Die Bühnenbilder von Karel Spanhak waren hübsch und ermöglichten rasche Umbauten und die Köstüme von Marritt van der Burgt waren bunt und kleidsam und entsprachen der Zeit der Handlung. Die Frisuren des Ollendorf und seiner Entourage waren vielleicht etwas zu verrückt. Die Choreographie von Marga Render ist konventionell, aber durchaus schwungvoll.
Auch musikalisch konnte man zufrieden sein, vor allen Dingen wenn man bedenkt, dass es spezielle Operettensänger, so wie früher, fast nicht mehr gibt. Die „Titelrolle“, den Studenten Symon, sang Lucian Krasznec mit ordentlich geführter Tenorstimme, die auch in der Höhe zufriedenstellend klang. Auch darstellerisch vermochte er zu gefallen. Die zweite Tenorpartie, der Herzog Adam alias Jan Janicki, wurde von Alexander Pinderak ebenfalls sehr ordentlich gesungen und gespielt. Die dankbarste Rolle, den Oberst Ollendorf sang Martin Winkler. Er verfügt zwar nicht über eine besonders schön klingende Stimme und manches Mal liegt ihm die Partie etwas zu tief, aber der Gesamteindruck war dank seiner Pernsönlichkeit gut. Ein bisschen mehr Humor hätte vielleicht nicht geschadet. In seiner „Schwamm drüber“-Arie im 3. Akt durfte er, wie es in Wien gute Tradition ist, zwei aktuelle Zusatzstrophen singen, die natürlich den Ausgang des 1. Durchganges der österreichischen Bundespräsidentenwahl zum Inhalt hatten.
Die Damen standen den Herrn um nichts nach. Anja-Nina Bahrmann sang die Laura mit auch in der Höhe schön klingender Stimme und war auch im Spiel anmutig. Das gleiche gilt für Mara Mastalir als Bronislawa. Elisabeth Flechl blieb als Palmatica leider etwas blass. Von den übrigen Mitwirkenden sei noch Boris Eder als leider nur mäßig lustiger Enterich genannt.
Das Orchester unter Wolfram-Maria Märtig spielt durchaus schwungvoll, auch wenn manches Mal ein etwas subtilerer Klang wünschenswert gewesen wäre. Der Chor in der Einstudierung von Thomas Böttcher entledigte sich seiner Aufgabe zufriedenstellend.
Am Ende der übliche Volksopernjubel, wobei auch das Regieteam einhelligen Appalus ohne negative Begleiterscheinungen bekam.
Heinrich Schramm-Schiessl