Wiener Staatsoper “RIGOLETTO”
10.April 2014 Derniere der Serie
106. und letzte Aufführung dieser Inszenierung
Einem Abschiedsabend der besonderen Art konnte man gestern im Haus am Ring beiwohnen: Auf 106 Abende hatte es die Rigoletto-Inszenierung von Sandro Sequi immerhin gebracht, aber mit ihren 31 Jahren wäre sie nicht die älteste Regiearbeit bei uns gewesen und die ihr anhaftende altertümelnde Fadesse hatten bereits mehrere Generationen von Opernbesuchern ins Herz geschlossen. Pantelis Desyllas hat da durchaus anheimeliges geschaffen, akustisch praktikabel aber wahrscheinlich im Auf- und Abbau umständlich. Man darf sich daher nicht wundern, wenn in Zeiten allgemeiner Budgetnot und einer solchen der Wiener Staatsoper im Besonderen, aber auch angesichts der vielen Lücken, den der Spielplan unseres Hauses aufweist, die Ankündigung einer Neuinszenierung dieses Werkes für die kommende Saison auf allgemeines Unverständnis stößt! Noch dazu haben wir ja die Erkenntnis gewonnen, dass gerade wegen der Auswahl bei neuen Regiearbeiten – ich ziele da auf die Traviata – jedes nur erdenkliche Misstrauen angebracht ist.

War es sein letzter Rigoletto in Wien? Leo NUCCI
Die gestrige Vorstellung gehörte eindeutig Leo Nucci, der seinen kommenden Geburtstag – immerhin ganze 72 wird er am 16.April – glänzend Lügen strafte und diese Serie mit einer bewunderswerten Leistung abschloss. Ob es sein letzter Rigoletto in Wien gewesen sein wird, das steht in den Sternen, und ob er auch in der neuen Inszenierung noch einmal antritt, das wird wohl von deren Stil abhängen. Gestern zeigte er, der derzeit wohl letzte in jener Reihe großartiger Italiener als Rigoletto-Darsteller, die alle hier schon zu bewundern waren, seine ganze Kunst der Kantilene, sein raffiniertes Portamento, die noch immer ungemein kräftigen Höhen, welche die sich schon zeigenden Lücken in den Tiefen vergessen lassen. Er ist jener klassische “Istrione”, ein Gaukler, wie sich einst del Monaco so bezeichnet und dazu bekannt hat.
Ganz liebevoll ging Nucci in den Duetten mit seiner Partnerin Iride Martinez um. Sie rettete nach einem, mit mühevollen Ariadne-Proben reichen Tag den Abend, denn die angesetzte Valentina Nafornita musste wegen einer plötzlichen Indisposition absagen und Direktor Meyer für die Einspringerin eine Verschiebung des Beginns von fünfzehn Minuten ankündigen.
Iride Martinez begann naturgemäß vorsichtig, aber bot im Laufe des Abends stilsicher und koloraturfreudig und mit dem richtigen Gilda-Ton eines lyrischen Soprans eine zu Recht umjubelte Leistung. Ein großes Brava dafür. Nur das unpassende Kleidungsstück im letzten Bild war wohl dem forcierten Einspringen zuzuschreiben. Als hätte sie damit zum Vezianischen Karneval wollen und nicht nach Verona, wie ihr der Bühnenvater befahl.

Piero Pretti als Duca
Als Herzog mit gut geschulter und durchschlagskräftiger Stimme sowie einem angenehmen Timbre und sicheren Höhen stellte sich in dieser Serie Piero Pretti vor. Ein Rohdiamant sozusagen, ein gut aussehender noch dazu, dem es allerdings noch an Raffinesse in der Phrasierung mangelt. Ein wenig zu einheitlich und eindimensional klang da die musikalische Umsetzung, wobei er die besten Momente dann hatte, als er im letzten Akt ein elegantes “La donna é mobile” zum besten gab und die “Bella figlia del amore” anschmachtete. Waren das die Anregungen durch Nadia Krasteva und ihre freizügig gezeigten Schenkel? An ihren Verführungskünsten war, auch gesanglich, jedenfalls nichts auszusetzen. Und Dan Paul Dumitrescu nimmt man eher stimmlich den Profimörder ab, figürlich wirkt er ja wie der gutmütige Onkel der Maddalena.
Das Ensemble ergänzten der rauhstimmige Monterone von Alexandru Moisiuc, Juliette Mars war die besorgte Giovanna und Marullo, Borsa und Ceprano waren der Kurier-Stipendiat Manuel Walser, James Kryshak und Mihail Dogotari. Hila Fahimas Auftritt klang etwas gar piepsig.
Jesús López-Cobos setzte entsprechend knallig die Höhepunkte und forcierte das Tempo zusammen mit dem gut disponierten Chor und dem Staatsopernorchester auffallend. Der Einspringerin widmete er sich allerdings mit hilfreicher Aufmerksamkeit.
Viel Jubel für Martinez und Nucci unterbrach schon die Vorstellung, so dass zuletzt nur etwa zehn Minuten für einen kräftigen Schlussapplaus übrig blieben.
Peter Skorepa
MERKER-Online