WIEN/ STAATSOPER: “LES CONTES D ´ HOFFMANN” am 1.6.2014
Ildar Abdrazakov. Foto: Michael Pöhn/ Wiener Staatsoper
Ein schöner Nachmittag, der Rund um die Erde gesehen werden konnte. Immer wieder Freude macht die wunderbare Inszenierung des Teams Andrei Serban, Richard Hudson und Niky Wolcz . Regie, Ausstattung und Choreographie sind einfach fantastisch zu dieser “Opera fantastique “. Immer ein wenig Realität, die dann sofort wieder in eine Traumwelt tauchend entschwindet.
In der Titelrolle einfach großartig ist der junge Tenor aus Korea, Yosep Kang, der mit dieser Rolle immer vertrauter wird und auch bereits sehr gut spielt, und musikalisch ist alles perfekt, an längeren Pianophasen könnte noch gearbeitet werden, aber das ist schon Würmer suchen. Seinen teuflischen Gegenspieler Lindorf, Coppelius, Miracle und Dappertutto singt Ildar Abdrazakov einfach so wunderschön, wenn man nur die Stimme hört, jeder, jede fällt auf den rein. Eine herrliche Bassstimme mit sehr schönen Höhen, alles sicher technisch im Griff – und auch die Bühnengestaltung ist hervorragend. Aber auch ein Kompliment geht an die Maske, in kürzester Zeit immer wieder aus einem feschen jungen Mann einen grauslichen Alten mit und ohne Glatze und retour auf fesch und auch sehr veränderter Schminke zu zaubern, ist so einfach nicht. Das gilt allerdings auch für die Verwandlung der Dienerrollen. Thomas Ebenstein als sehr bestechlicher “Strizzi” (Kleingauner) Andres, Cochenille, Frantz und Pittichinaccio ist in jeder Rolle eine Studie. Schmierig als Andres, überaus beweglich als Cochenille, bösartig als Pittichinaccio und einfach hinreißend als Frantz mit seiner Arie. In dieser Inszenierung ist ein sehr gekauftes Werkzeug des Bösewichts. Hoffmanns Muse und treuer Begleiter Nicklausse ist Stephanie Houtzeel, eine Sängerin mit schöner heller Mezzostimme, die manchmal etwas angestrengt klingt Die Stimme ist groß genug, sie muss nicht forcieren. Darstellerisch ist alles im grünen Bereich. Die erste Geschichte von Olympia ist bei E. T. A. Hoffmann die Erzählung der “Sandmann”. Daniela Fally als Püppchen Olympia singt einfach ganz großartig, die Stimme sitzt perfekt, alle hohen Spitzentöne kommen aus der Gurgel wie nichts, darstellerisch einfach umwerfend rührend bis komisch zum Totlachen. Das super geschminkte Gesicht mit dieser Schlaufenfrisur sah aus wie eine liebevolle Karrikatur der wunderbaren Mirella Freni als ganz junge Mimi. Ihr “Physikalischer Vater” Spalanzani war Michael Roider mit durchdringender Stimme und skurril wie er sein soll. Das Haus von Crespel in den Erzählungen “Rat Krespel” zeigt Antonias Schicksal. Marina Rebeka als Antonia ist schon fast über die Rolle hinaus. Also eine brave Tochter ist die nicht, ich denke eher das “no, pere” angesagter ist als ein einfach “qui”. So energisch geht sie diese Rolle an, in der Stimme ist von Schwindsucht “Gott sei Dank” nichts zu merken. Sehr schön klingt das Lied von der Taube, aber in den Höhen kann die Stimme doch eher Schärfe bekommen. Mit Hoffmann gelang auch das Duett mit viel Harmonie. Donna Ellen sang die Stimme der Mutter, die natürlich auch Auftritt durch Miracles Hilfe hat, und sich von ihren Verehrern, Frantz natürlich in der ersten Reihe, bewundern lässt. Sie ist und war immer ein Sopran und macht mit dieser Mezzorolle das Beste, was möglich ist für eine Sopranstimme. Sie hat sich damit sicher nicht selbst besetzt. Vater, Rat Crespel ist der in dieser Partie überaus bewährte Walter Fink, der immer noch eine erstaunlich profunde Tiefe zeigen kann. Die dritte Dame Giulietta ist die Geschichte “Abenteuer in der Sylvesternacht”. Nadia Krasteva ist mit samtiger Tiefe, schon fast ein Alt, eine so erotische und schöne Giulietta, dass es eine Freude ist, ihr zuzuhören und ihr umgarnendes Spiel zu sehen. Schade dass ihre Rolle als einzige der drei Frauen keine Arie hat, zumindest keine in den diversen Aufführungspraxen. Der sie verehrende bleiche Schlemil war Tae-Joong Yang mit netter Stimme, fechten kann er gut. Die Kumpane Hoffmanns ins Luthers Keller sind Janusz Monarcha als eben dieser, Carlos Osuna und Mihail Dogotari als quälende, ewig “bsoffene” Studenten Nathanael und Hermann.
Der Chor sehr stimmgewaltig unter Thomas Lang, viel spielen dürfen nur die Studenten, und auch ein großes Lob an die Kompasarie, die da wirklich Kleindarsteller und nicht nur Füllmasse sind. Marko Letonja am Pult begleitete sorgsam und schwungvoll. Das Orchester spielte freudig und in Geberlaune.
Eine sehr schön geprobte Serie, alles passte und das Publikum dankte kurz, aber sehr herzlich.
Elena Habermann