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INNSBRUCK: JEKYLL AND HYDE. Musical von Frank Wildhorn

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Musical-Krimi in Innsbruck: „Jekyll & Hyde“ von Frank Wildhorn (Vorstellung: 6. 6. 2014)

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Randy Diamond begeisterte als Dr. Jekyll und auch  als Mister Hyde. Foto: Rupert Lahrl

Im Tiroler Landestheater in Innsbruck hatte im März das Musical „Jekyll & Hyde“ von Frank Wildhorn Premiere, dessen Uraufführung 1997 am Broadway in New York stattfand. Das Libretto und die Liedtexte verfasste Leslie Bricusse nach der 1886 veröffentlichten Erzählung „The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ von Robert Louis Stevenson.

In Innsbruck wurde das Musical in deutscher Sprache aufgeführt (Übersetzung: Susanne Dengler und Eberhard Storz).

 Die Handlung kurz zusammengefasst: Der Arzt und Wissenschaftler Dr. Jekyll hat die Vision, die dunkle Seite aus den Seelen der Menschen zu verbannen. Man müsste nur das Gute vom Bösen trennen. Er hat bereits ein Mittel entwickelt, mit dem sich die Persönlichkeit aufspalten ließe. Da die Leitung der St. Jude-Heilanstalt ihre Mitarbeit verweigert und er keine Versuchsperson findet, unternimmt Dr. Henry Jekyll einen verhängnisvollen Selbstversuch. Aus den Abgründen seiner Seele tritt sein brutales Alter Ego Edward Hyde hervor, das zunehmend außer Kontrolle gerät. Während Dr. Jekyll sich mehr und mehr von seinen Freunden und seiner Verlobten Lisa zurückzieht, treibt der mordende Hyde unaufhaltsam sein Unwesen. Es gibt nur noch einen Weg, dem Unheil ein Ende zu bereiten…

 Im informativ gestalteten Programmheft findet sich auch ein Beitrag von Susanne Bieler & Krisztina Tolnai, der Stevensons Erzählung mit der Musical-Fassung vergleicht. Ein aufschlussreiches Zitat daraus: „In der Musicalfassung werden mehr tragische Schicksale vorgeführt als in der Erzählung. Durch die Hand Hydes sterben nach und nach sämtliche Kommissionsmitglieder eines Krankenhauses, die sich gegen die Durchführung von Jekylls Experiment an einem Patienten ausgesprochen haben. In der Erzählung wird nur eine Ermordung geschildert, nämlich die des Politikers Sir Danvers Carew. Im Musical hingegen ist er das einzige Kommissionsmitglied, das am Leben bleibt. Er wird in der Wildhorn/Bricusse-Fassung zu einer wichtigen Figur, denn als Lisas Vater ist er einer der wenigen Vertrauten seines künftigen Schwiegersohns.“

 Roger E. Boggasch schuf nach einer Konzeption von Johannes Reitmeier, dem Intendanten des Tiroler Landestheaters, eine dichte Inszenierung, die an Spannung keine Wünsche offenließ und das Publikum voll in ihren Bann zog. Auffallend auch seine gute Personenführung, die sich besonders in der Darstellung der „Zwillingsperson“ Dr. Jekyll / Hyde äußerte. Passend dazu die Gestaltung der Bühne ganz im Stil des berühmten Malers Lyonel Feininger (Bühne: Elke Schlottermüller), die Kostüme, dem 19.Jahrhundert nachempfunden,  entwarf Ursula Beutler. Für die kreativen Lichteffekte sorgte Reinhard Jäkel.

 Eine glänzende, beeindruckende Leistung bot der in Ohio geborene Randy Diamond in der „Zwillingsrolle“ Dr. Henry Jekyll / Edward Hyde. Dass er einige Jahre Erster Solist im Stuttgarter Ballett war, kam ihm sichtlich bei der Gestaltung der Titelfigur zugute. Sensationell sein „Duett-Monolog“ Die Konfrontation zwischen Jekyll und Hyde am Schluss des Stücks. Kein Wunder, dass das Publikum danach in frenetischen Beifall und Jubel verfiel.

 Exzellent auch die erfahrene Musical-Darstellerin Julia Gámez Martin, eine gebürtige Berlinerin, in der Rolle der Prostituierten Lucy Harris im Bordell „Rote Ratte“. Sowohl schauspielerisch wie auch stimmlich konnte sie beeindrucken. Lisa Carew, die Verlobte von Dr. Jekyll, wurde von der deutschen Sopranistin Susanne Langbein ebenfalls eindrucksvoll gespielt und gefühlvoll gesungen. Ihren Vater Sir Danvers Carew spielte der amerikanische Tenor Dale Albright, der durch seine exzellente Wortdeutlichkeit herausstach. Sehr humorvoll die Darstellung der Bordellbesitzerin Nelly durch die amerikanische Mezzosopranistin Kristina Cosumano.  Mit Augenzwinkern spielte der aus Natters bei Innsbruck stammende Bariton Simon Cede den Bischof von Basingstoke, der von Hyde nach einem Besuch bei einer Prostituierten ermordet wird. Witzig auch die Darstellung des Generals Lord Glossop, eines weiteren Mordopfers, durch den Bariton Daniel Raschinsky. Sehr überzeugend stellte der Tenor Florian Stern den Rechtsanwalt John Utterson, Jekylls besten Freund, dar.

 Stimmgewaltig agierte der Chor des Tiroler Landestheaters (Einstudierung: Michel Roberge), für eine Augenweide sorgten die Musical-Tänzerinnen (Choreographie von „Schafft die Männer ran“: Enrique Gasa Valgo).

 Das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck unter der Leitung von Hansjörg Sofka brachte die raffiniert-schaurigen Klangeffekte der Partitur, die auch Rockelemente, Popballaden und dramatische Orchesterklänge aufwies, farbenreich zur Geltung. Hin und wieder hätte man sich eine geringere Lautstärke gewünscht, um eine musikalisch höhere Qualität der Aufführung zu erreichen. Doch dieser Wunsch bleibt bei Musicals wohl in den Wind gesprochen…

 Das begeisterte Publikum belohnte am Schluss alle Mitwirkenden mit nicht enden wollendem Applaus und den Star des Abends Randy Diamond mit exzessivem Jubelgeschrei. Er hätte sich Standing Ovations verdient!

 Udo Pacolt

 

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