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WIEN/Staatsoper RIGOLETTO von Giuseppe Verdi

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„Lassu in cielo“ Caroll und Maltmann in der Schlussszene. Foto Copyright M.Pöhn

Ein neuer Herzog für den Narren
Giuseppe Verdis RIGOLETTO in der Wiener Staatsoper
29. Aufführung in der Inszenierung von Pierre Audi
Donnerstag, 9. Mai 2019      Von Manfred A. Schmid


Alles bleibt in einem kostbaren, musikalischen Rahmen

In der Regel besteht bei der vierten Vorstellung einer Aufführungsserie kein Bedarf mehr für eine weitere Kritik. Sollte nicht etwas Außergewöhnliches vorfallen, ist alles Wesentliche und Bemerkenswerte schon gesagt worden, und jeder weitere Kommentar nur noch redundante Nachbeterei. Im vorliegenden Fall gibt es allerdings eine personelle Umbesetzung, die besondere Aufmerksamkeit verdient: Da der in den ersten drei Vorstellungen – folgt man der Berichterstattung – stimmlich ziemlich angeschlagen wirkende Joseph Calleja seine weitere Mitwirkung abgesagt hat, wartet man diesmal gespannt auf das überraschende Staatsoperndebüt des jungen, aus Ulm stammenden Tenors Attilio Glaser in der Partie des Herzogs von Mantua. Vor allem mit seinem ersten Auftritt als Werther 2017 am Stadttheater Klagenfurt und bald darauf auch in Frankfurt und Zürich hat das Ensemblemitglied der Deutschen Oper Berlin international Beachtung gefunden. Sein bisheriges Repertoire reicht vom Tamino und Alfredo über Narraboth bis hin zu Don Ottavio. Auch den Duca di Mantova hat er zuvor schon an seinem Berliner Stammhaus gesungen.

Für die Partie des Herzogs, des notorischen Verführers und gewissenlosen Eroberers, bringt er eine nicht allzu mächtige, dafür aber nuancenreiche Stimme mit. Dank seiner virilen Ausstrahlung porträtiert er einen charmant um die Gunst werbenden und in Sachen Liebe das Blaue vom Himmel lügenden Lüstling. Die brutalen Züge im Wesen des Herzogs bleibt er allerdings weitgehend schuldig. In der Höhe ist er ziemlich sicher, auch wenn er kein lyrischer Tenor für mühelose Spitzentöne ist. Im ersten Akt noch etwas verhalten, taut Glaser im weiteren Verlauf immer mehr auf. Seine Arie „La donna è mobile“, auf die – wie könnte es auch anders sein – alle Welt gewartet hat, erweist sich dann allerdings nicht als der große Wurf, dafür gelingt sie ihm in der später folgenden, leicht abgewandelten Wiederholung schon um einiges besser. Am besten aber schlägt er sich im großartigen Quartett „Un dì, se ben rammentomi … Bella figlia dell’amore“. Insgesamt ein durchaus erfreuliches Debut mit noch viel Luft nach oben. Aber wie sollte es bei einem knapp 35-jährigen auch anders sein! Die weitere Entwicklung dieses Sängers wird man jedenfalls neugierig verfolgen, auch wenn er sich diesmal als d i e große Zukunftshoffnung für die Welt der Tenöre (noch?) nicht erwiesen hat.

 Ansonsten verläuft in dieser Aufführung alles wie gewohnt und bietet, nachdem sich alle in den vergangenen Abenden aufeinander eingestellt und abgestimmt haben, einen musikalisch homogenen, sehr ausgewogenen Kunstgenuss. Mit Christoper Maltmann steht – nach teilweise nur wenig überzeugenden Leistungen von Ensemblemitgliedern oder Gästen – endlich wieder ein Rigoletto von rollen- und abendfüllendem Format im Zentrum des Geschehens. Mag sein, dass man ihm den lästerlichen, gewissenlosen Narren nicht so sehr abnimmt, aber sein zweites Gesicht als liebend sorgender, dann zutiefst getäuschter und verzweifelt auf Rache sinnender Vater ist von ungemein berührender Art. Andrea Carroll als Gilda begeistert mit ihrem leuchtenden Sopran ebenso wie mit der darstellerischen Gestaltung der angesichts ihrer Verführung verzeihenden und aufopferungsbereiten jungen Frau. Der Sparafucile von Jongmin Park gerät etwas zu salbungsvoll für einen Auftragskiller mit eigenwilligem Ehrenkodex, Nadia Krasteva bringt für die Partie der Maddalena ihren sinnlich-dunklen Mezzo und die erotische Ausstrahlung mit. Auch die übrigen Partien sind rollendeckend besetzt, so dass niemand – einschließlich des Chores – aus dem Rahmen fällt. Und für diesen musikalischen – verdischen – Rahmen der Aufführung sorgt der musikalische Leiter Giampaolo Maria Bisanti mit Umsicht und abwechslungsreicher Dynamik.

An manche Inszenierungen gewöhnt man sich freilich nie. Dazu gehört die von Pierre Audi zu Giuseppe Verdis Rigoletto, in der vor künstlichem Schmutz starrenden Ausstattung von Christof Herzer. Der Hof des Duca di Mantova ist moralisch völlig heruntergekommen: Geschenkt. Doch der Kurzschluss des leading teams, moralische Verkommenheit ruckzuck mit schäbigen, heruntergekommenen, von Hunde-, Vogel- und sonstigem Kot verdreckten Hauswänden, Treppen, Gassen und Hinterhöfen gleichzusetzen, ist einfach zu billig und widerlich. Gottseidank kann man den Unrat – dazu zählen auch die schwarzen, prallgefüllten Müllsäcke in den Winkeln – nicht riechen. Es bleibt aber auch so die hässlichste und abstoßendste Inszenierung seit Menschengedenken. Die nächste Direktion wird sie wohl schleunigst entsorgen müssen!

Die musikalische Seite des Abends ist erfreulicherweise so angetan, dass man allzu gerne – für kostbare Momente – darüber hinwegsieht und sich voll dem Gesang und dem, was aus dem Orchestergraben erklingt, hingibt. Der Applaus?  Freudig bis begeistert – und im Bereich der sich nun offenbar etabliert habenden Norm von fünf bis sechs Minuten.

Manfred A. Schmid


STUTTGART/ Liederhalle: SWR-SYMPHONIEKONZERT Eschenbach; Jansen (Weber, Sibelius, Dvorak)

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 SWR Symphonieorchester am 9. Mai 2019 mit Janine Jansen im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART 

MIT FEUER UND ESPRIT

Zunächst überzeugte Christoph Eschenbach als Dirigent bei der „Freischütz“-Ouvertüre von Carl Maria von Weber, wo aus zartem Pianissimo die gefühlvollen Akkorde der Hörner emporsteigen. Das leidenschaftlich bewegte Allegro wirkte dann elektrisierend. Nach wilder Erregung ertönte ein strahlender Hornakkord. Und über dem Tremolo der Streicher erhob die Klarinette geradezu sphärenhaft ihre Stimme. Der sensible Gesang des zweiten Themas prägte sich hier tief ein. Und im Durchführungsteil setzten sich die dunklen Mächte wieder bedrohlich durch. Drohend und unheimlich erklangen die Posaunen. Überwältigend wirkte zuletzt der Schlussjubel. Eine große Überraschung war dann die hervorragende Geigerin Janine Jansen beim Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47 von Jean Sibelius, wo das Zusammenspiel zwischen Solistin und Orchester bestens funktionierte. Der romantische Impetus dieses Werkes wurde hier voll ausgekostet. Insbesondere der rhapsodische Kadenzenreichtum stach voll hervor. Das Allegro moderato gefiel  durch sein charakteristisches Hauptthema. Auch das lyrische zweite Thema konnte sich bei dieser Wiedergabe sehr gut entfalten. Und auch das dritte Thema im Orchester gewann dank Christoph Eschenbachs konzentriertem Dirigat klares Profil. Bei der frei entwickelten Durchführung trat der romantische Gefühlsausdruck klar und deutlich hervor. Insbesondere die rhapsodische Fortspinnung gelang der Solistin Janine Jansen vorzüglich. Virtuos und wirkungsvoll war der kadenzreiche Solopart. Die elegische Wärme bestach bei dieser durchdachten Interpretation besonders. Beim rondoartigen Allegro-Finale  gingen Solistin, Dirigent und Orchester nochmals ganz aus sich heraus und überzeugten durch ihr mireissend-ekstatisches Zusammenspiel. Als Zugabe spielte Janine Jansen noch sehr gefühlvoll ein Stück von Johann Sebastian Bach.

Zum Abschluss erklang dann in einer atemlos-wilden und feinnervigen Wiedergabe die Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 „Aus der Neuen Welt“ von Antonin Dvorak. Hier konnte das SWR Symphonieorchester unter Christoph Eschenbach seine besonderen Vorzüge noch einmal unter Beweis stellen. Dieses Werk schrieb Dvorak während seines Aufenthalts in Amerika im Jahre 1893. Die Anklänge an Negro-Spirituals und indianische Melodien ragten dabei in ausgezeichneter Weise hervor. An Beethovens Sonatenschema erinnerte das Hauptthema des ersten Satzes nach der spannungsreichen Adagioeinleitung. In Polka-Form meldeten sich die Klarinetten. Fortspinnungen und Umspielungen kennzeichneten dabei den Gruß der Heimat. Im zweiten Thema schwelgten Flöten und Oboen, wobei slawische Wehmut nicht zu kurz kam. Im dritten Thema setzten sich energischere Töne durch. Durchführung, Reprise und Coda ließen das sieghafte Hauptthema zuletzt hell aufleuchten. Christoph Eschenbach  gewann auch dem zweiten Largo-Satz einen unvergesslichen Stimmungszauber ab. Die sehnsüchtige Flötenmelodie des Mittelteils erreichte eine ungeahnte Intensität. Auch der Widerhall des Negro-Spirituals mit den sich emporreckenden Posaunen beschwor ein fremdartig schillerndes Tonbild. Die Melodie des Englisch-Horns besaß klare Konturen. Robust wirkte bei Eschenbach das Scherzo mit seiner rhyfthmisch spitzen Melodie, wobei das tänzerische Aufstampfen nicht zu kurz kam.  Insbesondere das dreiklangfrohe Holzbläserthema der Trio-Episode erreichte eine ungeahnte Intensität. Und in der Coda überließ das Scherzo-Motiv dem Hauptthema des ersten  Satzes das Feld. Leidenschaftlich erregt kam zuletzt das Finale daher, wo Christoph Eschenbach mit dem SWR Symphonieorchester noch einmal mächtig auftrumpfte. Ein markig-trompetenfreudies Hauptthema gemahnte an das Pathos von Tschaikowsky. Und in den Klarinetten blitzte eindrucksvoll eine wunderbare böhmische Heimatmelodie als zweites Thema auf. Melodien aller vier Sätze erstrahlten dann in der Durchführung und endeten in einer emotional ergreifenden Stretta.  

Alexander Walther

CHEMNITZ: TURANDOT

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Edward Randall, Jeffrey Hartmann. Foto: Dieter Wuschanski

„Turandot“  am Chemnitzer Opernhaus am 10.05.2019

Ein stimmgewaltiger Chor, der alle Register zog!

 

Hinrich HORSTKOTTE’s Inszenierung versetzte uns in ein düsteres, brutales, und einem von Gewalt herrschenden China des 20.Jahrhunderts. Mit einigen guten, aber auch eher makaberen Regieeinfällen, wo in einem Bild, einer sogenannten Experimentierküche, veranlasst durch Kanzler, Marschall und Küchenmeister, hier Körperteile, der bereits hin gemeuchelten Turandot – Verehrer in den Kochtöpfen landen. Demzufolge ist außerdem Puccinis Meisterwerk unter der musikalischen Leitung von Attilio TOMASELLO alles andere als zufriedenstellend. Er möge ein guter musikalischer Handwerker sein, was vielleicht Wagner Opern betrifft, aber für Puccini fehlt ihm leider alle musikalische Feinfühligkeit, insbesondere was die Tempi und die lyrische Form  einiger Arien betreffen. Emotional zeigte er sich doch eher in den musikalisch dramatischen Höhepunkten, im Furioso, con fuoco, wo ein wahres musikalisches Feuerwerk aus dem Orchestergraben dröhnend die Szenen beherrschte. Doch mehr mit seiner Partitur und dem Orchester beschäftigt, so fehlte hier doch das Mitatmen mit den einzelnen Solisten auf der Bühne, hier ebenso auch die Einsätze und das Gleichnis mit dem Orchester nicht immer im Einklang standen.


Henker und Opernchor. Foto: Dieter Wuschanski

Einen gut einstudierten und stimmgewaltigen Chor schien das keinen Abbruch zu machen, die ohnehin eines Staatsopernniveaus entsprechen, dank eines großartigen Chorleiters wie Stefan BILZ. Doch solistisch gesehen war dieser Abend doch eher enttäuschend. Jeffrey HARTMANN (Calaf) fehlt es zwar nicht an starken, stahlkräftigen Tönen, aber leider in der tenoralen Höhe. Er schien entweder indisponiert gewesen zu sein, oder die hohen Töne scheinen ihm überhaupt Schwierigkeiten zu bereiten. Enttäuschend auch die Arie „Nessun dorma“, hier man doch immer noch die Interpretation von Carreras (Wiener Staatsoper)im Kopf hat, und hier offenbar auch die Unterstützung des Dirigenten fehlte, der diese so wundervolle Hauptarie, ohne Rücksicht auf den Sänger einfach herunterhudelte. Somit fehlten einfach die feinen musikalischen Nuancen, die natürlich in dieser Arie erforderlich, und möge man doch eher dem Sänger, aber nicht dem Dirigenten verzeihen.

In der Hauptpartie als Turandot erwies sich Irina RINDZUNER nicht gerade als Dramatische, wo ich sie mir als Santuzza schon gar nicht vorstellen könnte, hingegen sie aber mit einer sehr dynamischen, strahlenden Höhe brillierte, wo technisch jeder einzelne Ton saß. Erfreulich dagegen war Leah GORDON (Liú) mit einem sehr wohlklingenden und lyrischen Timbre, wo sie mit ergreifender Demut spielte, und insbesondere mit ihrem so zarten Piano überzeugte.

Ebenso war die restliche Sängerbesetzung durchaus passabel. Hier Ping (Andreas KINDSCHUH), Pang (Tommaso RANDAZZO), Pong (Sunnyboy DLADLA), die Witz aber auch Stimme bewiesen, trotz der von Leichenteilen übersäten Küche, wo außerdem krabbelnde und nackte Frauen über den Tresen weiters dazu beitrugen, dass diese Szene absolut peinlich ist; und wo man sich den Unsinn von Seiten der Regie wirklich hätte ersparen können. Edward RANDALL (Altoum, Kaiser von China) und Magnus PIONTEK (Timur, entthronter König der Tataren) zeigten ebenso stimmliches als auch darstellerisches Format. Hier auch der Rest des Ensembles, in dem doch sehr finsteren und grausamen Gesamtgeschehen über die Bühnenrampe hinaus das Publikum erreichte. Und obwohl auch einiger glanzvollen Kostüme (Hinrich HORSTKOTTE) für die Titelpartie, die hier in silbriger Kühle gekleidet und dadurch sehr frostig erschien, so hätte man doch Puccinis „Märchenoper“ ein wenig phantasiereicher inszenieren können, um eben auch das Bühnenbild weniger statisch, doch umso lebendiger hätte gestalten können. So war eben alles nur statisch und dadurch zeitweise auch sehr ermüdend. Aber vielleicht war es auch bewusst um die Konzentration auf Solisten und Chor zu lenken, und gerade hier der Chor für genug Lebendigkeit auf der Bühne sorgten.

Auf jeden Fall auch genug Anlass dazu gaben, dass am Ende das Publikum begeistert applaudierte, wo man beobachten konnte, dass insbesondere das junge Publikum mit der Inszenierung und musikalischen Leistung sehr zufrieden war. Aber das sind eben die Dinge der Zeit, dass sich die heutigen Opernproduktionen gegen früher, stilistisch, aber auch in ihrer gesamten dramaturgischen und musikalischen Form verändert haben. Was ebenso gut aber auch schlecht sein kann.

 

Manuela Miebach 

DRESDEN/ Semperoper: DREI „SOMMERNACHTSTRÄUME“ IM 10. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN

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Dresden / Semperoper:  DREI „SOMMERNACHTSTRÄUME“ IM 10. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – 10.5.2019

 Shakespeares Komödie A Midsummer Night’s Dream” hat viele Komponisten, u. a. auch Benjamin Britten, zu einer Umsetzung in Musik angeregt und die Musik mancher Komponisten zu diesem Thema wieder andere Komponisten zu eigenen Werken. Felix Mendelssohn-Bartholdy setzte mit seinem „Sommernachtstraum” Carl Maria von Weber ein musikalisches Denkmal, indem er aus der “Overtüre” zu dessen letzter Oper “Oberon” ein Thema, nur wenig abgewandelt, in seine “Sommernachtstraum-Ouvertüre” übernahm. Hans Werner Henze beschäftigte ebenfalls Shakespeares verrücktes Theaterstück, in dem sich Fantasie und Wirklichkeit, Theater und pralles Leben, Traum und Realität auf allen möglichen und unmöglichen Levels vermischen, durchkreuzen und verwandeln bis zum Happyend, und wählte nach der Lektüre drei Szenen (Oberons Weisungen an Puck, das Liebeswerben von Titania und Bottom sowie Pucks Epilog) aus und machte daraus seine “Sinfonia Nr. 8” für großes Orchester, “leichtfüßig und melodienreich”, wie er meinte, und ließ sich dabei von Mendelssohns Musik inspirieren.

Wladimir Jurowski wählte diese drei Werke für ein thematisches Programm im 10. Symphoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden und eröffnete den Reigen mit Webers “Oberon-Ouvertüre”, leise, behutsam, säuselnd, doch dann mit einem gewaltigen Einsatz des Orchesters, der eine sehr dynamische, euphorische Wiedergabe mit extremen Kontrasten einleitete, bei der es zuweilen aber auch langsame, gedehnte und fast “zelebrierte” Passagen gab.

Darauf folgte Hans Werner Henzes „Sinfonia Nr. 8“, bei der jeder der drei Sätze von der Schauspielerin Isabel Karajan, die als Tochter des „großen Karajan“ auch ein Faible fürs Musiktheater hat, mit gut artikulierten Worten aus der Proszeniumsloge, die sich in der Semperoper anbietet, eingeleitet, mit moderner Akzentuierung, sachlich, aber auch dem Inhalt entsprechend Tiere wie in einer Art „Rap ohne Musik“ imitierend oder geheimnisvoll säuselnd als Überleitung zum „Elfenweben“ im 3. Satz.

Unter der Leitung von Wladimir Jurowski interpretierte die Sächsische Staatskapelle sehr klar das musikalische Gewusel von Tierstimmen und temperamentvoller Handlung, wo alles durcheinander schnattert, poltert, prustet, „quakt“, alles auf einmal in einem Großaufgebot aller möglichen Instrumente, schmetternder Posaune, sauberen Bläsern, Trommeln, viel Schlagzeug, Celesta, Klavier und Harfe (sehr gut Astrid von Brück mit neuartigen metallischen Klängen), bis sich die Wogen glätteten und langsam und leise „dahinwogend“ auch die Streicher wieder zu ihrem Recht kamen. Man hörte förmlich die Tiere quaken, blöken und den Esel mit seinem „Ia”, ein Klang-Konglomerat, das gegen Ende in einer großen Steigerung mit viel Emotion und Lautstärke, aber schöner Klarheit lyrisch und verträumt ausklang, aber „leicht und locker“ war es nicht unbedingt.

 Der fantastischen Traumwelt, dem Zauber der feinen „Gespinste“ aus Elfenweben und Fantasie, bei dem Shakespeare den Volksglauben seiner Zeit, der mit der Walpurgisnacht einen besonderen Zauber verband, aufgreift und in Verbindung mit griechischer Mythologie zu einer fantastischen „Zauberkomödie“ verband, wurde dann doch eher die „Bühnenmusik“ für Soli, Frauenchor und Orchester (op. 61) von Mendelssohn gerecht, die auf Wunsch des kunstsinnigen preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., nachdem die „Ouvertüre“ (op. 21), ein Geniestreich des 17jährigen Mendelssohn sehr großen Anklang fand, entstand.

Im Konzert hatte man sich für die vollständige Bühnenmusik entschieden, die vom Publikum mit Spannung erwartet wurde. Flirrende Geigen stimmten in der feinen Musizierweise der Staatskapelle ein, bis das volle Orchester wie ein Paukenschlag und mit einem Paukenschlag einsetzte und Jurowski das Orchester mit Schwung und viel Temperament auch weiterhin leitete. Hier hatte Isabel Karajan ihren großen Auftritt. Die Worte wie alle modernen Schauspieler betonend, folgte sie weniger den Intentionen der Musik, als vielmehr dem gegenwärtigen Zeitgeist mit etwas spröder Stimme und oft großer Lautstärke, die im Gegensatz zur feinsinnigen Musik Mendelssohns stand.

Mit Frack und Violine erhob sie sich aus dem Orchester und spielte anschließend auf ihre Art clownesk mit allen möglichen Instrumenten und Utensilien des Orchesters, von der Violine, deren Bogen sie wie zum Fechten in einem Scheinduell oder auch als Selbstmordwaffe benutzte, über den großen Schalltrichter von Tuba oder Tenorhorn, der ihr in langer Folge abwechselnd “ (etwas ermüdend) als „Hut“, Oberschenkel-„Bandage“ oder auch Armschild diente, wie ein Kind das mit dem Orchester mittun möchte, aber mit den Instrumenten bis hin zum Instrumentenwagen und Spiel mit den Instrumentenhüllen, noch nichts anzufangen weiß. Sie trieb ihre Possen mit der Ernsthaftigkeit des Orchesters, löste auch Heiterkeit aus, „grunzte“ als Tier im Handlungsablauf, legte sich auf die Bühne schlafen zur Gute-Nacht-Musik, sehr gut ausgeführt von den Damen des Dresdner Kammerchores sowie Tuuli Takala, Sopran und Stepanka Pucalkova, Mezzosopran (seit dieser Spielzeit Mitglied des Solistenensembles der Semperoper und kurzfristig eingesprungen für die erkrankte Christina Bock) als Solistinnen, deren Stimmen sich in schöner klanglicher Übereinstimmung verbanden.

Schließlich fing Isabel Karajan auch noch fast zu „singen“ an, aber nur fast. Bei ihrer Interpretationsart, „schrie“ sie mitunter die Worte unverhältnismäßig lautstark und kontrovers zur eher zartbesaiteten Musik, die vom Orchester auf hohem Niveau wiedergegeben wurde heraus, was eigentlich nicht nötig war, vor allem nicht, wenn sich Musik und Wort überlappen. Schließlich “wischte“ der sieghaft gespielte „Marcia funebre“ den „Spuk“ weg und auf ihre Worte: “und jetzt noch der Epilog“, antwortete Jurowski erleichternd „um Gottes Willen, jetzt kommt der Tanz“ – von Rüpeln („Bergamasca“). Und schließlich kam die Musik wieder voll zu ihrem Recht. Die Kapelle spielte mit den ihr eigenen Feinheiten in kongenialem Zusammenspiel, bei dem ein Musiker auf den anderen hört, und ließ das Konzert feinsinnig ausklingen.

 

Ingrid Gerk

 

STUTTGART/ Schauspielhaus: OTHELLO von William Shakespeare

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Foto: David Baltzer

„Othello“ von William Shakespeare am 10.5.2019 im Schauspielhaus/STUTTGART

SCHICKSAL EINES FREMDEN

Als General der Republik Venedig ist Othello eigentlich kein Mann zum Heiraten, weil er im Grunde genommen nur den Krieg kennt. Obwohl ihn sein Soldatenberuf ganz ausfüllt, verliebt sich Desdemona trotzdem in den angeblichen Kriegshelden. Desdemona ist auch in der in die heutige Welt übertragenen Inszenierung von Burkhard C. Kosminski für Othello ein Halt in einer für ihn eigentlich ausweglosen Welt. Hier wird er als Fremder nur geduldet und auch als Kriegswaffe eingesetzt. Itay Tiran mimt Othello hier in all seiner Zerrissenheit, der von Misstrauen in seine Umwelt geplagt wird. Für diese Gesellschaft bleibt er auch ein Fremder und Ausländer, dem man nicht trauen kann. Matthias Leja spielt schillernd und undurchsichtig Othellos Fähnrich Jago, der die mörderische Intrige gegen ihn in Gang setzt. Seine Gestaltung besitzt dabei durchaus Dämonie. Katharina Hauter zeigt als Desdemona leisere Zwischentöne, aber auch leidenschaftliche Gefühlsausbrüche.

In eindringlichen Videosequenzen von Sebastian Pircher (Kostüme: Ute Lindenberg) sind Militäreinsätze zu sehen – Flugzeuge und Kriegsschiffe zeigen hier ungeheure Präsenz. Auf der drehbaren Bühne von Florian Etti können sich die Protagonisten recht gut entfalten, auch wenn nicht jede Szene gleich stark beeindruckt. Die Hochzeitszeremonie zwischen Desdemona und Othello endet in einem rauschenden Konfettiregen. Zwischendurch hört man Musik aus Wagners „Fliegendem Holländer“ (Musik-Arrangement: Hans Platzgumer). Michael Stiller bietet als Othellos Leutnant Cassio ebenfalls eine bemerkenswerte Charakterstudie, während Peer Oscar Musinowski den jungen Soldaten Roderigo eindringlich darstellt, der in Desdemona verliebt ist. Als Senator Brabantino überzeugt ferner Elmar Roloff, der Othello heftig anklagt, seine Tochter durch Zauberkünste verführt zu haben. Umso klarer bekennt sich Desdemona weiterhin zu Othello als ihrem rechtmäßigen Gatten. „Den Vater trog sie, so mag’s dir geschehen!“ schickt ihr ihr empörter Vater mit auf den Weg. Jago kann Othello nicht verzeihen, dass er Cassio und nicht ihn zum Leutnant machte.


Itay Tyran (Othello), Matthias Leja (Jago), Katharina Hauter (Desdemona). Foto: David Baltzer

Dieses zynische Verwandlungsspiel vermag Matthias Leja als Jago in ausgezeichneter Weise darzustellen. Jago hetzt Roderigo und Cassio gegeneinander auf  – dabei wird Cassio seines Amtes als Leutnant enthoben. Er lässt Othello auch beobachten, wie Cassio mit Desdemona spricht und macht ihn damit rasend eifersüchtig. In Form eines Taschentuchs versucht Jago, Desdemona als Ehebrecherin zu entlarven. Othello misshandelt seine Frau nun auf offener Bühne aufgrund dieser falschen Verdächtigungen. Das hat Burkhard C. Kosminski sehr packend inszeniert. Die Schauspieler steigern sich dabei in einen regelrechten Fieberwahn hinein, der den Zuschauern unter die Haut geht. Zuletzt liegt Desdemona in einem blutroten Bett und wird hier von Othello getötet. Dabei rinnt Blut in Form von roter Farbe in gespenstischer Weise von der Decke herab.

Marietta Meguid stelt Jagos Frau Emilia dabei glaubwürdig dar, ‚die Othello den schrecklichen Betrug ihres Mannes offenbart. Als Othello sich mit dem Messer selber richtet, kann Jago nur noch eiskalt feststellen: „Ich hasst‘ den Fremden!“ Auch das Metaphysische kommt bei dieser Eifersuchtstragödie in der elektrisierenden Inszenierung von Burkhard C. Kosminski nicht zu kurz. Man vermisst zuweilen jedoch eine genauere Analyse der Frage, wie es denn überhaupt zu der Liebe zwischen Othello und Desdemona kam. Verleumdung, Eifersucht, Verblendung, Rache und Gerechtigkeitswahn bilden dabei einen erschreckenden Kosmos unterschiedlichster Wahrnehmungsgrade. Darauf zielt diese Aufführung in recht geschickter Weise ab. In Kosminskis Inszenierung nimmt die Liebesthematik einen bedeutenden Platz ein. Othello rechtfertigt vor der politischen Führung Venedigs seine heimliche Heirat mit Desdemona durch einen Bericht seiner erfolgreichen Liebeswerbung. Jago beschreibt eine fingierte Untreue Desdemonas in Gestalt animalischer Sexakte mit Cassio, wobei Itay Tiran als Othello seine exzessiven Rachegelüste gegenüber Desdemona und Cassio plastisch verkörpert. In grellen Videosequenzen werden diese seelischen Grenzen drastisch beleuchtet. Aber die von Othello des Ehebruchs angeklagte Desdemona hält an der ursprünglichen  Liebesintensität gegenüber Othello fest. Der Liebe zwischen Othello und Desdemona fehlt auch in Burkhard C. Kosminskis Inszenierung der Übergang zur Geschlechtlichkeit. Im Ehebett hat ein Geschlechtsakt nicht stattgefunden. Die Kälte zwischen Desdemona und Othello endet deswegen in hoffnungsloser Verzweiflung. Die Intrigen Jagos können immer wieder wie gewaltige Sprengsätze explodieren. Deutlich wird bei Kosminski aber auch, dass Desdemona der Geist und das Wesen Othellos sehr zugänglich sind. Umso schlimmer ist für sie seine Zerstörungswut aus sinnloser Eifersucht. Zuletzt hat diese Liebe keine Chance mehr.

In weiteren Rollen überzeugen Marco Massafra als Montano, Robert Rozic als Gratiano sowie Myriam Quintana Galleguillos als eine Gefangene, die von Cassio schließlich erschossen wird. Ihre Kinder trauern um sie. Ferner zeigen als Soldaten Harald Hald, Dirk Helbig, Tobias Holzner, Roland Möll, Stefan Reis und Martin Uhlirz starke Präsenz. Olena Shvab gesellt sich als Soldatin hinzu. Als Kinder gefallen weiterhin Konstantin Harms, Mia Hellebronth, Clara Schwind, Marlene Schwind und Salomea Stojanova. Der Schwarze wird als hässlich, grausam, geil und gefährlich verteufelt. Wie wenig Desdemona  mit diesen Vorwürfen umgehen kann, macht Katharina Hauter überzeugend deutlich. Das Zitat Othellos „Und wenn ich dich nicht liebe, so ist das Chaos wieder da“ wird zuletzt Wirklichkeit. Matthias Leja handelt als Jago hier wie ein eiskalter Geschäftsmann, er zeigt bis zuletzt bei Othellos Selbstmord keine Schuldgefühle.

Und es bleibt bei dieser Inszenierung auch offen, ob er überhaupt für seine Taten bestraft wird.    

Alexander Walther

MANNHEIM/ Nationaltheater: DON CARLO

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Foto: Hans Jörg Michel/ Nationaltheater Mannheim

Mannheim: Don Carlo 10.5.2019
 
Das Nationaltheater zeigt Verdis Don Carlo in der vieraktigen italienischen Fassung wieder in der Regie von Jens-Daniel Herzog von 2013. Damals begann anscheinend die Mode, im Kostümbild zwischen Spielzeit der Oper (hier: spanische Spätrenaissance) und moderner heutiger Zeit zu changieren. So sehen wir Carlo die Oper über im spanischen Infantendress mit kurzer Pluderhose, Wams und Halskrause, am Ende bei seiner Abreise mit Trenchcoat und Koffer, so wie Posa zu Beginn an den Hof gekommen war. Als Höfling und Begünstigter Philipps II. agiert er in einem dunklen Straßenanzug. Der König selbst ist, wie auch Elisabetta, durchgehend in der spanischen Hofmode zu sehen. Prinzessin Eboli intrigiert in einem schick designten modernen Kleid, wie auch die Hofdamen in dezent bunten relativ kurzen Kleidern der heutigen Mode huldigen. Auch der Großinquisitor, seine Inquisitorenschar und die Militärs halten sich eher an heutige Kleidervorschriften. Für diesen vielfältigen Kleiderfundus zeichnen die beiden KostümbildnerInnen Verena Polkowski und Mathis Neidhardt verantwortlich. Die Regie versucht durch kluge Gänge das Drama anschaulich zu machen, manchmal ergibt sich aber auch Rampensingen. Das Bühnenbild von M. Neidhardt macht die Allpräsenz des Escorials durch Verschiebungen seiner Flügel in den verschiedenen Szenen deutlich, die Fassade erscheint aber abgewaschen glanzlos.
 
Das Orchester untermalt leidenschaftlich und ist in den verschiedenen Instrumentengruppen immer eindringlich virtuos unter der trefflichen Leitung von Benjamin Reiners präsent. Die klanglich starken Chöre fallen immer wieder bedrohlich in den Escorial ein, werden aber dort von Priesterschaft und Inquisitoren schnell eingebremst. Die Sopranstimme aus der Höhe gibt hier vorn an der Rampe knieend mit gefalteten Händen sehr schönstimmig Natalja Contrak.
 

Die Eboli singt mit fast herbem Mezzo Julia Faylenbogen, bringt ihre teils kessen, teils untröstlichen Arien in schönen Linien auf den Punkt, eine runde Leistung. Die Elisabetta der Miriam Clark ist dazu ein aufgehellteres Pendant, dabei aber sehr ergeben in ihr Schicksal, wozu sie auch ihren Don animiert. Eine insgesamt vorzeigbare Gestaltung. Den Großinquisitor gibt mit schneidiger bassaler Emphase, leicht dämonisch, Thomas Jesatko. Dem Posa des Nikola Diskic steht ein aufleuchtender, wohlproportionierter quasi Heldenbariton zu Verfügung, den er auch sehr gediegen einsetzt. Irakli Kakhidze ist ein wirklich jugendlich-dramatischer, ja schwärmerischer Tenor mit tollen Höhen, der seinen Weg trotz seiner Liebes- und Vater-Traumata freudig beschreitet. Sung Ha ist ein resignativer Baß, der trotz absoluter Macht erkennt, daß er seine Ziele nicht erreicht. Er kann das auch mit warmem aber temperamentvollem bis autoritativ voluminösem Baß zum Ausdruck bringen.

Friedeon Rosén

BERLIN/ Deutsche Oper: RIENZI in der „Wagner-Woche“. 18. Aufführung der Inszenierung von Philipp Stölzl

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BERLIN / Deutsche Oper: RIENZI, Wagner -Woche, 10.5.2019

18. Aufführung seit der Premiere am 24.1.2010 in der Regie von Philipp Stölzl

 

Rienzi, dieses vom Komponisten selber als „Schreihals“ in fünf Akten weggelegte Zwitterkind zwischen frühen noch von Bellini beeinflussten Opernanfängen und dem Beginn von Wagners Reifephase mit dem ,Fliegenden Holländer‘ wurde durch Hitlers Leidenschaft für die Musik endgültig diskreditiert. Daher findet es nur selten Eingang in das Repertoire, und wenn dann nur als mehr oder weniger amüsante Faschisten-Persiflage, wie im vorliegenden Fall, wo Charlie Chaplin, kulturgeschichtliche Ausflüge zu George Grosz&Co, aber auch das gesamte filmische Arsenal der Nazi-Propaganda einen optisch ganz schön überfrachteten Abend aus der Regietheater-Mottenkiste ergeben.  Dabei kennt niemand diese Oper ganz, wird doch immer nur eine extrem zusammengestrichene Version gespielt. In diesem Fall an der Deutschen Oper hat man aus den 6 Stunden netto Musik 2 1/2 gemacht. Warum es von dieser durchaus interessanten frühromantischen Chor-Oper mit motivischen Tannhäuser- und Lohengrin-Vorwegnahmen weder eine einzige komplette Platteneinspielung gibt noch innovative Inszenierungsversuche abseits der üblichen, ist mir ein Rätsel. Schließlich ist ja auch unsere Welt politisch nicht stehen geblieben und hat sich mit völlig neuen digitalen, oligarchen oder konzernzentrierten Machtambitionen und -instrumenten herumzuschlagen. Die tägliche Zeitungslektüre liefert jede Menge an anschaulichen Beispielen. 

 

Musikalisch  ist der Abend geprägt durch eine triumphalen Sangesleistung des Ensemble-Mitglieds Annika Schlicht als Adriano. Die junge schwäbische Mezzosopranistin mit beeindruckendem Altfundament und dramatischer Attacke macht als Sohn des adeligen Verschwörers Steffano Colonnas und Geliebte der Schwester Rienzis den seelischen Zwiespalt, die Zerrissenheit in den Loyalitäten beeindruckend hörbar. Mit glühend dunklen Tönen und luftig aufschwingenden Höhen ist sie das vokale und emotionale Epizentrum der Aufführung. Bei der extrem anfordernden Arie „Gerechter Gott“ kommt allerdings auch Annika Schlicht gegen Ende kurz an ihre Grenzen. 

 

Irene sollte eigentlich von Elisabeth Teige gesungen werden. Wegen einer plötzlichen Erkrankung hat sie sich dankenswerterweise bereit erklärt, die Partie der Irene zu spielen. Also musste man sich kurzfristig auf die Suche nach einer „Ersatz-Irene“ machen, was bei einem so selten gespielten Stück in unterschiedlichsten Strichvarianten ein äußerst schwieriges Unterfangen darstellt. Zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn ist Camila Ribero-Souza im Theater eingetroffen. Sie hatte die Partie der Irene einmal vor acht Jahren gesungen und das auch in einer völlig anders gekürzten Version als an der Deutschen Oper Berlin. Die tapfere brasilianische Sängerin mit offenkundigem Blattsingvermögen, akustisch leider ungeschickt auf der Bühnenseite platziert, verfügt über einen leuchtenden jugendlich dramatischen Sopran.  Sie sang bereits im Tannhäuser die Venus und Elisabeth an einem Abend. Im Liebesduett mit Adriano im ersten Akt und im großen Duett mit Rienzi im fünften Akt setzt sie Maßstäbe an dem für diese Rolle so schwierigen Spagat zwischen belkantesk leichtgängigen Verzierungen und dramatischer Durchschlagskraft. Das gilt auch für  die Ensembles, wo schon einmal ein hohes Cis fällig wird. 

 

Seit der Premiere mit dabei und unverzichtbar schon wegen der vielen vorfabrizierten Videos ist Torsten Kerl in der Titelpartie. Auch er hat ein Double (Uri Burger), von dem während der Ouvertüre zuerst nur eine Hand sichtbar über den Rand des Chefsessels baumelt. Panoramafenster, Obersalzberg: Rienzi trägt weiße Uniform, sieht aus wie ein Rad schlagender kindischer Göring, der zum Trichter-Grammophon dirigiert und auch einen zirkustauglichen Salto rückwärts auf dem Schreibtisch vollführt. Im ersten Akt gibt es dann den wirklichen Torsten Kerl: Er verfügt über einen höhensicheren, metallisch näselnden Tenor mit enormen Durchhaltevermögen. Er ist ein Routinier im besten Sinn des Wortes, die Partie liegt ihm trotz der immens hohen Tessitura hörbar in der Gurgel. Eigentlich ist die Partie eine undankbare Wurzen, hat Rienzi doch aktelang jede Menge an rezitativischen und ariosen Ansprachen zu singen sowie Ensembles zu pfeffern, bevor er im fünften Akt in der lyrisch verinnerlichten Arie „Allmächt’ger Vater, blick herab!„ Wunder an Legato und italienischer Phrasierung schaffen soll. Torsten Kerl kann das natürlich auch nicht, aber liefert eine hoch achtenswerte Gesamtleistung mit Stil und Kondition.

Das Rauf- und Runtersingen des gesamten Wagner Tenorfach hat allerdings auch schon seinen Tribut gefordert, so kommen die höchsten Höhen nicht ohne einen kleinen Anschleifer  aus.

 

Von den kleineren Partien fällt Derek Welton in der Rolle des Kardinals Orvieto mit balsamischem Bass auf, die Antagonisten Steffano Colonna und Paolo Orsini sind mit Andrew Harris und Dong-Hwan Lee, die beiden Rienzi-Vasallen Baroncelli und Cecco del Vecchio mit Clemens Bieber und Stephen Bronk tauglich besetzt.

 

Die Hundertschaft des Chors der Deutschen Oper Berlin kann sein hohes Niveau erneut unter Beweis stellen. Exzellent von Jeremy Bines präpariert, gelingen der glorreichen Formation vor allem in zweiten Teil große eindringliche Momente. Homogenität, runde klangvolle Piani und satte Forteentladungen, alles zur Wonne des Publikums. 

 

Am Pult stand Evan Rogister, ein aufstrebender Stern am Dirigentenhimmel, zumindest was seine Engagements zwischen Washington, der MET und dem Bolshoi Theater Moskau anlangt. Er arbeitet handwerklich sauber,  der erste Teil klang bisweilen jedoch zu behäbig. Italienisches Fluidum, wie vom Dirigenten der Premiere, Sebastian Lang-Lessing, im Programmheft eingefordert („Man sollte an das Stück musikalisch wie an einen frühen Verdi herangehen“)  war nicht auszumachen. Der berühmte romantische Sound des Orchesters der Deutschen Oper Berlin war auch diesmal das Atout der Aufführung. Wagner ist hier an der Bismarckstrasse immer in guten orchestralen Händen. 

 

Zum Schluss dankt das Publikum mit kurzem, heftigem Applaus; mit vielen Bravi für die Damen Schlicht und Ribero-Souza, Torsten Kerl, den Chor und Orchester. 

 

Dr. Ingobert Waltenberger

WIEN/ Staatsoper/ Staatsballett: LE CORSAIRE

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Staatsoper, Wiener Staatsballett: „LE CORSAIRE“, 10.5.2019  – geblümtes Orient-Spektakel als exzellente Tanzshow

Auf in das geblümte Märchenland des historischen romantischen Balletts! „Le Corsaire“: 1856 für das Ballet der Pariser Opéra erdacht und gestaltet. Mit dem Glücksfall der stimmungsvoll untermalenden Musik von Adolphe Adam. Allerdings, damals so üblich und auch heute, auf tänzerische Effekte zielend: schnittige Einlagen von Delibes, Pugni, Drigo, Oldenburg fügen sich bruchlos ein. Und da dieser altbackene Corsaire orientalisches Kolorit vorgibt, darf sich der unvoreingenommene Betrachter am düsteren Meeresstrand, in der Höhle der Freibeuter oder im Palast des Paschas an gertenschlanken Haremsdamen, gedemütigten Sklavinnen oder einer Schar muslimischer Freibeuter wie anderer Schurken erfreuen. Naiv, naiv, doch durchaus unterhaltsam und abwechslungsreich anzusehen.

Ballettchef Manuel Legris studierte seine nachgestaltende Version dieses Orient-Spektakels 2016 mit dem Wiener Staatsballett ein, und für acht Abend ist es nun wieder ins Repertoire aufgenommen worden. Erster Abend (3.5.): trocken, zu rustikal vom Opernorchester unter Dirigent Valery Ovsianikov aufgespielt. Zweiter Abend (10.5.): musikalisch schon solider, doch an beseelteren Stimmungen hat es trotzdem gemangelt. Aber …. auf der Bühne ist ein tänzerisches Feuerwerk von drei Paaren wie dem Reigen der untertänigen Gespielinnen zu sehen gewesen. Von Kimin Kim als Korsar Konrad angeführt demonstrierten Maria Yakovleva (bei all ihrer technischen Perfektion darstellerisch ein poesievolle Médora), Liudmila Konovalova (Gulnare, klar, hochpräzise in der Linienführung), Ioanna Avraam (eine rassige Zulméa), Davide Dato als der so ungemein geschmeidige Birbanto und Mihail Sosnovschi als kraftvoller Lanquedem Ballettartistik par excellence. Nikisha Fogo, Nina Tonoli und Natascha Mair fügten sich mit Bravour als Odalisken im ausladenden Divertissement mit dessen Girlanden-Zauber ein.

Kim, koreanischer Startänzer des St. Petersburger Mariinski-Theaters, verblüffte mit seiner unglaublichen Sprungkraft. Elegant wie kraftstrotzend und selbstsicher kostete er seine Flug-Figuren aus. Insgesamt, mit „Le Corsaire“ in ein anderes Jahrhundert zurückversetzt: Drei Akte vom Mädchenhandel am Basar bis zum Schiffbruch ohne plausible Story, mehr perfekter Balletteusen-Drill als verströmende Sinnlichkeit, doch Tanzartistik auf höchstem Niveau – solch ein Ballettzirkus vermag auch ohne Tiefgang zu erfreuen.

 

Meinhard Rüdenauer

 

 


VENEDIG/ Teatro La Fenice: TURANDOT

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10.05.2019. Teatro la Fenice. „Turandot“

Eine große Oper für ein zu kleines Haus? Das ist nur bedingt richtig. Puccinis letzte Oper erfordert große stimmen, ein gutes Orchester und eine ordentliche Inszenierung.

Letzteres ist gegeben, denn das Leading Team hat ganze Arbeit geleistet: die Regie von Cecilia Ligorio lässt die Geschichte mit vielen richtigen Details erzählen, ohne das Werk zu stören. Turandot ist die Despotin, die sich ihren Freiern mit einigem Geschick und viel Grausamkeit entzieht und auch Kalaf mit allen Mitteln loswerden möchte. Kalaf hat die Zähigkeit, auch um den Preis von Lius Tod sein Ziel zu erreichen. Auf der beiden Zukunft lastet also Schuld. So weit, so klar.

Die Bühne ist karg aber ausreichend bestückt (Alessia Colosso), nur ein Podium dient der Trennung Hausmacht zu den Eindringlingen. Ein bisschen Nebel, schöne Kostüme (Simone Valsecchi), mehr brauchte es nicht, um das Geschehen anschaulich zu gestalten.

Die großen Stimmen waren da. Oksana Dyka in der Titelrolle konnte ihren mächtigen Sopran bestens einsetzen, wenn sie loslegte, blieb kein Auge trocken. Walter Fraccaro sang den Kalaf mit seiner gewohnt kräftigen Stimme, mühelos setzte er sich gegen die Klangwogen durch. Ein triumphales „Vincero“ krönte seine Leistung. Auch Carmela Remigio als Liu war bestens bei Stimme, nach anfänglicher Unsicherheit steigerte sie sich, sehr berührend war dann ihre Todesszene. Ausgezeichnet sangen auch Marcello Nardis (Altoum); Simon Lim (Timur), sowie die drei Minister (Alessio Arduini als Ping, Paolo Antognetti als Pang und Valentino Buzza als Pong).

Eine weniger erfreulich Leistung bot das Orchester. Unter der bemühten Leitung durch Daniele Calligari spielten die Damen und Herren sehr uneinheitlich. Nebst Lärmorgien der grausamen Art waren zwischendurch recht verwaschene Klänge zu hören, die als Begleitung für die Sänger wenig hilfreich waren. Als Entschuldigung mag die räumliche Beengtheit im Orchestergraben dienen, die eine volle Entfaltung der Qualitäten der Klangkörpers doch einigermaßen erschweren. Womit mein Einleitungssatz seine Berechtigung erhält.

Johannes Marksteiner

NEW YORK / WIEN / Die Met im Kino: DIALOGUES DES CARMÉLITES

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Alle Fotos: Metropolitan Opera

NEW YORK / WIEN / Die Met im Kino:
DIALOGUES DES CARMÉLITES von Francis Poulenc
11.
Mai 2019

Es war der Dirigent Alain Altinoglu, der meinte, mit „Dialogues des Carmélites“ (1957) sei es Francis Pouenc gelungen, auch nach Puccini und Strauss eine publikumswirksame Repertoireoper zu schreiben. Ganz so ist es natürlich nicht. Die „Karmeliterinnen“, wie wir sie kurz gefasst nennen, leben durch die enorme Qualität ihrer Musik, die – ungewöhnlich für die späten fünfziger Jahre und damals fast mutig – total tonal auf das Publikum zukommt, singbar, ausdrucksstark, sich um das permanente Leid des Geschehens rankend.

Sie ist allerdings alles andere als opernhaft spektakulär: Die Puccini-Heldinnen leiden und sterben auch, tun dies aber in einer opernhaften Ästhetik, die letztlich hohen Unterhaltungswert hat und gewissermaßen „schöne“ Gefühle von Mitleid und Zuneigung erweckt. Das ist bei den „Karmeliterinnen“ nie der Fall. Sie schielen nicht nach der gewissermaßen gerührten Anteilnahme des Publikums, sie kommen ihm in dieser Nonnentragödie aus der Französischen Revolution gnadenlos hart entgegen. Historisch korrekt ist die Geschichte der 17 Frauen, die lieber in den Tod gingen als gewissermaßen „abzuschwören“, Gertrud von Le Fort machte daraus die „Letzte am Schafott“, durch Georges Bernanos wurde die „Begnadete Angst“ ein Stück, Poulenc schrieb sich danach sein Libretto selbst. Unspektakulär und von Anfang bis zum Ende tremolierend tragisch. Gar zu fest steht die düstere Geschichte doch nicht im Repertoire der Opernhäuser…

Schon wenn die junge Adelige Blanche de la Force ins Kloster kommt, wird sie von der Oberin Mme. De Croissy fast brutal verhört und abgewiesen. Dennoch wird sie als Novizin aufgenommen – und man erlebt eine der schlimmsten, grausamsten (und auch längsten) Sterbeszenen, die einem Opernbesucher zugemutet werden kann: Die Oberin wird nämlich von ihrem Glauben in der Todesangst nicht getröstet, sondern scheidet mit aller wütender Verzweiflung aus dem Leben. Dazwischen erlebt man die Szene zwischen Blanche und der jungen, unbeschwerten Constance, die so schwer zu spielen ist (Patricia Petibon ist es einst im Theater an der Wien am besten gelungen), wo sich auch in scheinbare Fröhlichkeit Todesahnung senkt. Daneben gibt es durchaus unfromme Konkurrenzgefühle, wenn die starke Mère Marie (eigentlich die unheimlichste Rolle des Werks) von einer Mme Lidoine als neue Mutter Oberin ausgehebelt wird – und da ist sie schon, die Revolution, die Nonnen werden in die Welt geschickt, die verschreckte Blanche versteckt sich, aber als ihre Mitschwestern dem Tod ins Auge sehen, was man zu „Salve Regina“ in erschütternder Länge miterlebt, wobei immer wieder dazwischen das Fallbeil zischt, dann geht Blanche nach Constance auch noch auf die Guillotine, obwohl sie es nicht müsste… Nerven zerreißendes menschliches Heldentum, das dem Zuschauer alles abverlangt, wenn er sich auch auf den Inhalt des Werks einlässt und von einer Düsternis in die nächste gleitet.

Wenn man nun – sagen wir es offen – das Pech hatte, die „Karmeliterinnen“ nicht nur in der fabelhaften Carsen-Inszenierung in Erinnerung zu haben, die das Theater an der Wien 2008 und 2011 zeigte, sondern auch in der absolut verstörenden Interpretation von Calixto Bieito 2011 in der Komischen Oper in Berlin (die Nonnen, die keine waren, turnten in einem vielstöckigem Gestänge herum, das wie eine Lagerhalle wirkte, von der Handlung wenig erkennbar – dieses aber exzessiv ausgereizt), dann ist die vom Datum her nicht eben jugendfrische Inszenierung des mittlerweile verstorbenen Briten John Dexter an der Metropolitan Opera in New York ein wahrer Klassiker. 1977 geschaffen (nicht nur die Staatsoper hat Uralt-Inszenierungen), wird sie immer wieder hervorgeholt, weil man es einfach nicht besser machen kann.

Auf einem weißen Holzpodest, das ein großes Kreuz darstellt, wird die Handlung mit minimalem szenischem Aufwand, in historischen Kostümen immer in höchstem Erkennungswert dargeboten. Nicht nur die geradezu „choreographische“ Ausrichtung der Nonnen-Szenen beeindruckt, die das katholische Zeremoniell und die Würde der Geschichte bedienen, sondern eine bis in kleinste Gesten ausgefeilte Personenregie, die offenbar sorglich tradiert wird. Die derzeitige Besetzung hat sie zu wahren Meisterleistungen verinnerlicht.

Für Isabel Leonard ist die Blanche nach der Marnie und der Melisande ihre dritte Riesenrolle, die sie in dieser Spielzeit in ihrem Stammhaus singt, aber es ist die ganze Figur, die so faszinierend wirkt, wobei die Schwankungen im Seelenleben dieser Blanche (im Poulenc-Libretto nicht immer ganz logisch) glaubhaft ausbalanciert werden. Ihr heller Mezzo ermöglicht ihr auch die Höhen der Rolle mühelos zu bewältigen. Dass ihre Freundin seit Studientagen, Erin Morley, die Constance singt (die beiden erzählten im Pausengespräch mit Renée Fleming, dass sie sich kennen, seit man sie in die Opernschule der Met geholt hatte), beweist, dass Peter Gelb auch „hauseigen“ besetzt – Sängerinnen, die hier herangewachsen und nach und nach zu Stars geworden sind (was den Wiener Operndirektor in seiner „Nachwuchs“-Pflege nur bestärken kann). Morley ist vielleicht eine Spur zu ernsthaft für die Constance, die etwas mehr Charme, Leichtigkeit, Unbefangenheit haben müsste, um einen echten Kontrast zu der seelisch beschwerten Blanche zu bieten, aber sie hat diese superhelle, superhohe Stimme, die perfekt zur Rolle passt.

Da ist dann noch Adrianne Pieczonka als die neue Oberin, die nach der Klosterschließung ihre Nonnen im Alltagskleid zum Bekenntnis ihrer Berufung zusammen holt (und damit ihren Tod herbeiführt), und wenn sie auch einmal nicht allerbestens bei Stimme ist wie diesmal, so singt und spielt sie die Partie doch mit der Strahlkraft ihres Soprans. Allerdings steht ihr Karen Cargill stimmlich mit tollen Tönen um nichts nach, die eigentlich die positivste Mère Marie ist, an die man sich erinnert – sie bricht alles, was an der Rolle bösartig dominant erscheinen könnte, durch Menschlichkeit.

Und doch, der Höhepunkt lag bei der schieren Unerträglichkeit. Noch vor zehn Jahren war die Finnin Karita Mattila Hauptrollen-Star der Met, die Tosca dort und überall, jetzt ist sie mit Ende 50 und schon brüchiger Stimme im „Charakterfach“ – und spielte Wesen, Leben und vor allem das schauerliche Sterben der Mme. De Croissy mit einer Schonungslosigkeit und Kraft, die einem die Zehennägel aufstellte. Das muss man aushalten. Die „Karmeliterinnen“ machen einen wirklich fertig – bis zum Fallbeil am Ende.

Da nützt es nichts, wenn das Orchester unter Yannick Nézet-Séguin die Vielfältigkeit und Ausdruckskraft der Musik wahrlich auskostete: Man weiß, es ist ein Meisterwerk. Man hört es. Aber allzu oft würde man es sich (würde ich es mir) nicht antun… Man hat ja auch nur Nerven.

Renate Wagner

WIEN/ Staatsoper/ Staatsballett: LE CORSAIRE

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WIEN/ Staatsoper/ Staatsballett: Adolphe Adam et al.: »Le Corsaire« am 10.5.2018

»Le Corsaire«, 3. Akt: Nina Tonoli, Nikisha Fogo und Natascha Mair als Odalisken (von rechts nach links) © Wiener Staatsballett/Ashley Taylor
»Le Corsaire«, 3. Akt: Nina Tonoli, Nikisha Fogo und Natascha Mair als Odalisken (von rechts nach links). Foto: Ashley Taylor

Nach einer Woche Pause stand am Freitag die zweite Vorstellung von Manuel Legris’ Le Corsaire auf dem Programm. Diesmal ward ein Gast als Conrad aufgeboten: Kimin Kim, Principal Dancer des Balletts des Mariinski-Theaters. Vorgestellt hatte sich Kim dem Wiener Publikum im Sep­tem­ber 2018 als Albrecht in Giselle; damals eher enttäuschend. Die Partie des Conrad tanzte er mit der Wiener Compagnie bereits bei deren Gastspiel in Japan im vergangenen Jahr. Somit war es nur ein Rollen-Debut am Haus.

http://www.dermerker.com/index.cfm?objectid=B8292EB0-74DA-11E9-A7FF005056A64872

 

Ulrike Klein/ www.dermerker.com

MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: TOSCA

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Stefano La Colla (Cavaradossi), John Lundgren (Scarpia). Foto: Wilfried Hösl/ Bayerische Staatsoper

München: Bayerische Staatsoper: „TOSCA“, 10.05.2019:

Auf die Tosca-Serie Anfang Mai hatten sich viele Münchner Opernfans schon lange sehr gefreut, bot sie doch wieder einmal eine hochkarätige und zum Teil auch außergewöhnliche Besetzung der Hauptpartien. John Lundgren, der seit einigen Jahren vor allem in Wagner-Partien große Erfolge feiert, sang zum ersten Mal in München den Scarpia und zeigte, wie auch schon im März als Jack Rance In „La fanciulla del West“, dass ihm auch italienisches Repertoire sehr gut liegt. Er zeichnete Scarpia als kalten, durch und durch zynischen und brutalen Mann, der sich seiner Machtfülle absolut bewusst ist und sie schamlos für seine persönlichen Zwecke ausnutzt. Vor allem im zweiten Akt schuf er durch sein in jeder Sekunde überzeugendes Spiel und mit seiner zwar nicht allzu dunkel timbrierten, aber kräftigen und frei strömenden Stimme eine so bedrohliche Atmosphäre, dass es einem als Zuschauer Angst und bange werden konnte.


Anja Harteros (Tosca). Foto: Wilfried Hösl/ Bayerische Staatsoper)

Diese starke Gestaltung verlangte nach einer ebenfalls sehr eindrucksvollen Persönlichkeit als Tosca. Anja Harteros erfüllte diese Anforderung voll und ganz. Ihre Tosca war einerseits eine starke, selbstbewusste Frau, die Scarpia sehr lange standhält und nur einen kurzen Moment schwach wird, bevor sie ihn tatsächlich besiegt. Andererseits brachte sie auch die romantische, zärtliche, fast verspielte Seite der Partie wunderbar berührend zum Ausdruck. Ihre hervorragende musikalische Gestaltung machte die Vorstellung zu einem besonderen Erlebnis, das einem noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Insbesondere „Vissi d’arte“ sang sie so klangschön, mühelos, gefühlvoll und leidenschaftlich, dabei aber immer stilvoll und ohne Übertreibungen, dass man sich nur schwer eine bessere Darbietung vorstellen kann.

Auch Stefano La Colla konnte als Cavaradossi voll überzeugen. Seinem heldischen, strahlenden Tenor machte die Partie keinerlei Mühe. Besonders die kraftvollen Passagen im ersten und zweiten Akt, inklusive mächtiger, durchdringender, aber trotzdem klangschöner „Vittoria“-Rufe, gelangen ihm ausgezeichnet. Aber auch in den lyrischeren Stellen und in den fein gestalteten Arien „Recondita armonia“ und „E lucevan le stelle“ konnte er das Publikum für sich einnehmen. Dirigent Andrea Battistoni und das Bayerische Staatsorchester musizierten sehr temperamentvoll und brachten sowohl die der Musik innewohnende Leidenschaft als auch die bedrohliche Charakterisierung von Scarpias Welt sehr gut zum Ausdruck. Manchmal geriet der Orchesterklang allerdings etwas laut, so dass die Sänger Gefahr liefen, übertönt zu werden. Am Ende lang anhaltender Applaus eines begeisterten Publikums!

Gisela Schmöger  

GELSENKIRCHEN/ Musiktheater im Revier: DAS RHEINGOLD. Premiere

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GELSENKIRCHEN/ Musiktheater im Revier: DAS RHEINGOLD. Erster Halt im Bahnhof Walhalla

Die Gelsenkirchener Produktion ist kein Remake der Weimarer Inszenierung, die Schulz 2006 im Rahmen eines kompletten Zyklus herausbrachte. Seine Inszenierung spielt im legendären „Rheingold Express“, der bis 1987 die Strecke Amsterdam-Basel befuhr und hier von der Bühnenbildnerin Heike Scheele rekonstruiert wird. Die Idee hört sich auf den ersten Blick mutig und originell an, weist dann aber viele Schwachstellen auf.


Das Rheingold – die Rheintöchter auf dem Gepäckträger. Foto: Monika und Karl Forster


Die Götter im Zugabteil. Foto: Monika und Karl Forster

https://www.deropernfreund.de/gelsenkirchen-mir.html

 

Rudolf Hermes/www.deropernfreund.de

WIESBADEN/ Kurhaus: „JULIA FISCHER – AUGUSTIN HADELICH – ACADEMY OF ST. MARTIN IN THE FIELDS“

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Wiesbaden / Kurhaus: „JULIA FISCHER – AUGUSTIN HADELICH – ACADEMY OF ST. MARTIN IN THE FIELDS“

  Meisterkonzert im Kurhaus 11.05.2019

Wiesbaden Musik eine Konzertreihe im Kurhaus neu gegründet servierte als Abschluss im ersten Bestehungsjahr elitäre Gäste: Julia Fischer und Augustin Hadelich zwei renommierte Vertreter der internationalen Violinisten-Szene in Begleitung des vortrefflichen Ensembles Academy of St. Martin in the Fields.

Zu Beginn erklang das „Konzert für 2 Violinen, Streicher und Basso continuo BWV 1043“ von Johann Sebastian Bach. Die Entscheidung für Bach ist sinnvoll, denn seine Musik ist die Basis, ist zeitlos resistent gegenüber Moden, im besten Sinn unverwüstlich. Bach aufzuführen bedeutet Konzentration auf das Wesentliche, die Befreiung von Ballast einer Art Neuorientierung des musikalischen Kompasses.

Die beiden ausgezeichneten Solisten schienen eine klare stringente Bach-Auffassung zu vertreten, denn kaum war das Vivace in seiner herben Aussage verklungen, erblühte der friedvolle Gesang der beiden Violinen im Largo – ma non tanto wie ein Wunder auf. Elegisch in traumhafter Magie floss die Melodie dahin, öffnete die Herzen, befreite die Seelen von aller Last und schien zum Himmel empor zu streben. Wie im Sturm federnd leicht flog das thematische Allegro atmosphärisch, beeindruckend wie Fischer die straffen Tempi beherrschte und Hadelich zu ebenso unglaublicher Virtuosität animierte. Schlank im Ton dennoch präzise und hell mit sparsamem Vibrato versehen ergänzten sich die beiden Künstler in vorbildlicher Weise. Transparent bestens artikulierten sich die Musiker der Academy zum formativen hinreißenden Gesamtorchesterklang.

Gleich einem Donnerschlag und nichts für zartbesaitete Ohren folgten akustische Kontraste mit dem „Concerto grosso Nr. 1 für 2 Violinen, Cembalo und Streichorchester“ von Alfred Schnittke. Für seine „Polystilistik“ ist der Komponist bekannt, seine Aphorismen in gedrängter Musikfülle in Anspielung auf die Zwölftontechnik kamen in diesem Werk nun weniger zum Ausdruck. Dennoch erinnerte ich mich zuweilen der Worte Scarpias aus „Tosca“  E strimpellan gavotte.  Eine unterschwellige Unruhe durchzog die fünf Sätze des Concertos, versöhnte manche malträtierten Zuhörer-Ohren mit dialogischen Strukturen melodischer Elemente und schöner Klänge. Thematisch-variiert sinnierte das Cembalo Ansätze eines Tangos und verhalf so mancher Kontroverse zu harmonischer Sachlichkeit.

Mit großer Kompetenz und Hingabe stellten sich Julia Fischer und Augustin Hadelich dieser enormen Herausforderung und meisterten in bewundernswerter Eleganz und Virtuosität Unglaubliches. In weitem dynamischem Spektrum erschlossen die beiden Künstler einen Klangkosmos der besonderen Art, entfalteten ihr technisches Können zu diesen vertrackten Disharmonien in klanglichen Differenzierungen des fein abgestimmten Dualsystems der Komposition. In sehr engagagierter und eindringlicher orchestraler Präzision untermalte das englische Chamber-Orchestra den eigenwilligen Sound.

Das zunächst leicht verschreckte Publikum dankte dennoch sehr herzlich den beiden sympathischen Künstlern.

Nach der Pause folgte wiederum ein Werk des 21. Jahrhunderts und zwar die „Chamber Symphony“ des russischen Komponisten Andrey Rubtsov. Nun wirkte das viersätzige, 17-Minutenwerk keineswegs sphärisch aber dennoch weit versöhnlicher in den Ohren der Zuhörer. Der zeitgenössische Komponist ließ so manches bekannte Thema der Konzertliteratur in diesem Werk aufblitzen, bediente sich weniger atonaler Töne und somit entstand eine Short-Symphony von klarer Konstruktion und teils sehr klangvoller Intensität.

Vortrefflich musizierte die Academy of St. Martin jene interessanten Weisen.

Zum Abschluss erklangen wiederum klassische Töne und zwar die „Serenade für Streichorchester C-Dur“ aus der Feder von Peter Iljitsch Tschaikowsky. Keine andere Schöpfung des genialen russischen Komponisten huldigte so sehr dem Geist der deutschen Musik wie dieses musikalische Kleinod.

 Im Allegro finden wir sogleich Händel- und Schumann-Anklänge, mag es uns zwar merkwürdig berühren, doch Tschaikowsky fühlte sich den beiden Großen stark verbunden, als dass er seine Huldigung hätte schmälern mögen zugunsten stilistischer Bedenken. Vortrefflich in herrlicher Instrumentation der akkurat musizierenden Academy erklang Valse – Moderato und im folgenden Elegia gab sich der Komponist weichen Regungen hin, allein dieses Tonstückes  wegen verdient das Werk wahrhaft seinen Namen Serenade. Auf wunderbare Weise intonierten die englischen Gäste in transparenter Orchestrierung das finale Andante – tema russo im lustigen Kehraus mit seinem spaßhaften Tanz.

Das Publikum erfreut, feierte das Orchester mit Bravos und überschäumender Begeisterung.

Gerhard Hoffmann

ST.GALLEN: L’ELISIR D’AMORE

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Gaëtano Donizetti: L’elisir d’amore, Theater St.Gallen, Vorstellung: 12.05.2019 (Nachmittag)

(7. Vorstellung seit der Premiere am 23.03.2019)

Belcanto im Kinderzimmer

Ulrich Wiggers Inszenierung des Liebestranks funktioniert auch mit der zweiten Besetzung reibungslos. Fast noch besser als in der dritten Vorstellung (https://onlinemerker.com/st-gallen-theater-lelisir-damore-neuinszenierung) gelang der Übergang von den im Film streitenden Kindern zum Lebendigwerden der Spielsachen in ihrem Zimmer. In ihrer ersten grossen Szene setzt Adina die zerrissene Seite wieder zusammen, so dass sie dem Chor dann die Geschichte von Tristan und Isolde erzählen kann.

Dirigent Stéphane Fromageot hatte wohl vergessen sich über die aktuelle Auslastung des Hauses zu informieren und dirigierte, als sei es ausverkauft. Darunter hatten nicht nur die Sänger zu leiden, auch das Sinfonieorchester St.Gallen klang nicht so sicher wie sonst. Bei so laut dirigiertem und dramatisch interpretierten Belcanto geht leider viel verloren. Entsprechend wirkten auch die Chöre (Chor des Theaters St.Gallen und Opernchor St.Gallen) ausgesprochen rustikal.

Lavinia Dames Sopran klingt für die Partie der Adina zu reif und klingt, sobald es in die Höhe geht und/oder dramatisch wird, unangenehm schneidend. Technisch sicher hat sie die Rolle szenisch ansprechend interpretiert. Giulio Pelligra hat die für Nemorino nötigen Höhen, war aber durch das Dirigat zum unablässigen Forcieren gezwungen und konnte so keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Christopher Bolduc überzeugte durch die enorme Musikalität seines fast zu lyrisch angelegten Belcore. Es fehlte etwas das Militärische. David Stout gab routiniert den Dulcamara und Sheida Damghani war eine unauffällige Gianetta.

Weniger kann  manchmal vielmehr sein!

Weitere Aufführungen:

Mittwoch 15. Mai 2019 19:30-21:50; Freitag 17. Mai 2019 19:30-21:50;

Montag 27. Mai 2019 19:30-21:50; Dienstag 11. Juni 2019 19:30-21:50;

Donnerstag 13. Juni 2019 19:30-21:50

12.05.2019, Jan Krobot/Zürich


Film: GRETA

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Filmstart: 17. Mai 2019
GRETA
Irland, USA / 2018
Regie: Neil Jordan
Mit: Isabelle Huppert, Chloë Grace Moretz, Maika Monroe u.a.

Frances McCullen ist Kellnerin, eine reizende, unschuldsvolle junge Frau in New York, die mit einer guten Freundin zusammen lebt. Wer immer in dieser Stadt eine Handtasche fände, würde sie behalten oder wegwerfen… aber Frances findet die Daten der Eigentümerin und bringt sie ihr zurück: Auftritt Greta, und der Psychothriller von Regisseur Neil Jordan (der lange künstlerisch geschwiegen und überhaupt bessere Zeiten gesehen hat (zwischen „Mona Lisa“ und „The Crying Game“, „Interview mit einem Vampir“ und „Michael Collins“), hebt an.

Also steht Chloë Grace Moretz (die noch jünger wirkt als ihre 22 Jahre) mit ihrem reizend harmlosen Gesicht vor Isabelle Huppert, die sie hoch erfreut herein bittet. Alterslos und immer etwas rätselhaft, könnte diese französische Klavierlehrerin die Mutter dieser jungen Frau sein, die gerade selbst ihre Mutter verloren hat. Und die Tochter dieser Greta, was ist mit dieser? Zwei Frauen mit Komplexen, das könnte eine echte Beziehung ergeben in einer Welt der Einsamkeit (obwohl Francis in ihrer Mitbewohnerin Erica eine echte Freundin hat, die sich bis zum Ende des Films als Stimme der Vernunft bewährt…).

Aber so harmlos geht es nicht zu im Kino, der Zuschauer weiß ja, dass er in einen Krimi / Thriller gekommen ist – und besondere Überraschungen erlebt man nicht. Greta ist eine Besessene, die sich als Angst erregende Stalkerin herausstellt, und wenn sie Francis, die sich zunehmend gegen die Besitzansprüche wehrt, kidnappt (was niemanden sonderlich überrascht), fließt auch Blut und es kommt zu einiger tobenden Verzweiflung. Gut ausgedacht das – doch noch! – Happyend für die Heldin, womit nicht Greta gemeint ist.

Filme dieser Art leben von den Darstellern, in diesem Fall Darstellerinnen, und wenn man die Huppert hat, ist schon das Meiste gewonnen. Sie ist herrlich hintergründig, changiert die Stimmungen, mit denen sie die junge Frau manipulieren will, zeigt uns aber auch (Gesicht und Körpersprache sind eine souveräne Demonstration großen Schauspieler-Handwerks) ihre eigene innere Spannung und Entschlossenheit. In einer Szene steht sie in Regenmantel und mit Hut wie weiland Marlene Dietrich vor dem Restaurant, in dem Francis arbeitet, und starrt durchs Fenster… da kann man schon Gänsehaut bekommen. Sie verfolgt Francis ins Restaurant, mit Anrufen, mit Drohungen, schließlich mit Gewalt. Gut und schön. Dennoch bleibt die Frage im Grunde unbeantwortet, warum eine Schauspielerin wie die Huppert sich einen Film antut, der im Rahmen seines Genres abgegriffen und zweit- bis drittklassig ist.

Auch Chloë Grace Moretz als Francis ist bemerkenswert, anfangs wirklich die Unschuld in Person, nachher kriecht ihr der Schrecken in die Glieder, sie beginnt verständlicherweise zu paniken, und eingesperrt von einer Verrückten kann sie nur zu toben beginnen. Stephen Rea (wie lange hat man ihn nicht gesehen!) sucht als Detektiv vergeblich nach ihr, Freundin Erica (Maika Monroe) ist schlauer.

Der Regisseur zieht eine Routine-Geschichte, die durchaus an Einförmigkeit krankt, routiniert ab und verlässt sich zu Recht auf seine Darstellerinnen. Dennoch ist kein Film daraus geworden, den man sich unbedingt merken wird.

Renate Wagner

WIEN/ Volksoper/ Staatsballett: PETER PAN – Choreographie Vesna Orlic. Uraufführung

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Peter Pan ( Keisuke Nejime) und sein Schatten. Foto: Ashley Taylor/ Staatsballett

Ballett-Uraufführung in der Wiener Volksoper:

„PETER PAN“, 11.5.2019 – auf turbulenter Abenteuerreise ins Nimmerland

Es geht rund, und wie! Als eine naiv-vergnügliche Erzählung für Kinder oder als eine flotte Nummern-Show für Erwachsene? Beides möchte erreicht werden, szenische Effekte mit ihren Turbulenzen und skurrile Pantomime nehmen überhand. Choreographin Vesna Orlic, die Leiterin der der Volksoper zugeteilten Dependance des Wiener Staatsballetts, hat bei der aufwendigen Erarbeitung dieses neuen Stückes auf Teamarbeit gesetzt. Dies hat mit ihren voll ambitionierten Tänzern bestens funktioniert, und der Premierenabend wurde im Haus als großer Erfolg gefeiert.

Nun, der Peter Pan ist ja kein Newcomer auf der Bühne. James Matthew Barrie hatte ihn 1904 in London ins Leben gerufen, und oft und oft ist er seither in den verschiedensten Versionen zwischen dem Kinderzimmer der Familie Darling und der geheimnisvollen Insel Nimmerland herum geschwebt. Der Direktion der Volksoper schien ist jetzt angemessen, diesen englischen Traumjungen, der so gar nicht erwachsen werden möchte, nun auch dem eigenen Publikum vorzusetzen. Locker, so etwa im Stil einer getanzten Revue, für Kinder wie für Große schmackhaft.

Und die Musik soll ja auch ins Ohr gehen. Smash! Erich Wolfgang Korngolds Kult-Melodien zu den alten Hollywood-Schinken „Captain Blood“ oder „The Adventures of Robin Hood“ passen schon ganz gut dazu. Oder angegraute Film-Schlager von Max Steiner, Franz Waxmann, Miklós Rózsa, Leroy Anderson. Und die Volksopern-Musiker Guido Mancusi, Sebastian Brugner-Luiz und der dirigierende Wolfram-Maria Märtig sind dem von Gerald C. Stocker und Orlic ausgedachten Musikkonzept gefolgt und haben diesem bunten Pasticcio noch einige Knaller aufgesetzt.

Zu einem Stück für Kinder gehören heute technische Effekte dazu. Eine Fotowand mit Videoeinspielungen und Schattenfiguren sowie die phantasievolle Ausstattung von Alexandra Burgstaller mit den bunten Flecken am nächtlichen Himmel tragen zu so mancher Behexung beim turbulenten Ausflug ins Reich der Träume bei. Am Beginn ein Vorspann in Metro-Golden-Mayer-Manier, darauf die Hochzeit von Mr. und Mrs. Darling, ein Baby kommt – ja, dann ist die kleine Wendy da und munter wird im Kinderzimmer herum getollt. Anfangs als Erzählung aufgebaut, wendet sich dann, wenn Peter Pan im Anflug ist, das Spektakel mehr und mehr in Richtung ausgelassener Action. Nach der Pause, auf festen Füßen im Nimmerland, reiht sich nun, lose gefügt und gepaart mit Sketches, eine Show-Nummer an die andere, in denen Pointen ausgespielt und fesch herum gesprungen wird.

Bildergebnis für volksoper peter pan
Foto: Wiener Staatsballett/ Ashley Taylor

Einige Höhepunkte: Der zündende Ritualtanz der Tigerlily (Tainá Ferreira Luiz) zu Rhythmen der trommelnden Indianerschar. Das groteske Grüppchen der rüpelhaften Piraten kann bei seinem Freudentanz ganz schön wuchtig wirken. László Benedek vermag als eitler Geck Captain Hook mit seiner Eisenhaken–Hand und mit einem Spitzenschuh humpelnd tanzend als perfekter Komödiant zu punkten. Super gelungen: seine Flamenco-Parodie. Mila Schmidt tritt als liebe wie lebhafte Wendy diese traumwandlerische Abenteuerreise an. Suzanne Kertész springt als grazile Fee Tinker Bell helfend bei. Ja, Keisuke Nejime ist ein artistischer Peter Pan durch und durch, der mit forscher Leichtigkeit die Fäden zieht. Und, nicht vergessen, sein aufdringlicher ‚Schatten‘ Robert Weithas steht ihm da nicht viel nach. Und, und …. eine Ensembleleistung ohne Schwachpunkte wird geboten. Hoppla, das Captain Hook verfolgende Krokodil, ein ganz schön ausgewachsenes Ungeheuer, robbt dann auch noch gemächlich über die Bühne. Also, an Einfällen mangelt es bei diesem nächtlichen Ausflug nicht, und unbeschwert darf man sich in ein solch ausgelassenes Kinderspiel fallen lassen.

Meinhard Rüdenauer

WIEN/ Konzerthaus/ Großer Saal: GUSTAV MAHLER SYMPHONIE Nr. 8

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Wiener Konzerthaus, Großer Saal: Gustav Mahler, 8. Symphonie, 11. Mai 2019

Nachdem der letzte Ton dieses gewaltigen Werkes verklang,  blieben die Arme von Maestro Franz Welser- Möst erhoben und der ganze Saal war vollkommen still, erfüllt von einer geradezu unwirklichen, elektrischen Spannung.

Alle waren sich bewusst, gerade Zeuge einer außergewöhnlichen Aufführung, die viele der bedeutendsten Wiener Künstler versammelte hatte, geworden zu sein. Danach brach stürmischer, sehr lang anhaltender Applaus im ausverkauften großen Konzerthaussaal aus.

Wie sollte man diese 8. Symphonie Gustav Mahlers beschreiben, wo der Meister doch selbst an Willem Mengelberg schrieb, das Werk sei sein bisher größtes und so eigenartig in Inhalt und Form, daß sich darüber gar nicht schreiben läßt. „Denken Sie sich, daß das Universum zu tönen und zu klingen beginnt.

Und Welser-Möst sagte: „ Es geht in diesem Stück um einen großen spirituellen Kontext. Es geht um Gnade, es geht um Liebe und es geht um Erleuchtung“

Dieses Werk vereint Höhepunkte der europäischen Kultur mit „Veni, creator spiritus“ (Komm, Schöpfer Geist) und der Schlussszene aus Goethes Faust.

Vereint sangen die ausgezeichneten Sänger des Wiener Singvereins, der Wiener Singakademie und der Wiener Sängerknaben.

Es erübrigt sich fast zu schreiben, dass sie alle perfekt studiert waren; jeder, darunter viele bekannte Gesichter, war mit Leib und Seele dabei.

Die Leistung von Johannes Prinz, Heinz Ferlesch und Jimmy Chiang, die diese Chöre formten, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Und natürlich die Wiener Philharmoniker in Riesenbesetzung : man müsste zum Poeten werden, um alles Erlebte und Gehörte und Gesehene zu beschreiben.

Bei dieser Aufführung gab es keine Einzelstars, alles war eine Einheit, das kollektive Erklimmen eines Achtausenders im Himalaya.(abgewandeltes Zitat von Welser-Möst).

Aber natürlich muss man das ganz hervorragende Solistenensemble mit Erin Wall, Sopran, Emily Magee, Sopran, Regula Mühlemann, Sopran, 
Wiebke Lehmkuhl, Alt, Jennifer Johnston, Alt, Giorgio Berrugi, Tenor,  Peter Mattei, Bariton und Georg Zeppenfeld, Bass erwähnen.

Christoph Karner

WIEN / Akademietheater: MACHT UND WIDERSTAND (Gastspiel Hannover)

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Foto: Website Burgtheater

WIEN / Akademietheater des Burgtheaters:
MACHT UND WIDERSTAND von Ilija Trojanow
Gastspiel des Schauspiel Hannover
11.
und 12. Mai 2019, besucht wurde die zweite Vorstellung

Wenn man einen Krieg verloren hat, zeigt man besser nicht mit dem Finger anklagend auf die anderen. (Etwa in der Art: Wer hat mehr Menschenleben auf dem Gewissen, Hitler oder Stalin – und am Ende „siegt“ wahrscheinlich Mao…) Das ist der Grund dafür, dass man sich hierzulande lieber nicht mit dem Kommunismus auseinandersetzt, mit seinen – nie eingestandenen und nie gesühnten – Verbrechen. Ilija Trojanow, geflüchteter Bulgare, der nach vielen Umwegen heute in Wien lebt, kann hingegen auf den „realen Kommunismus“ in seiner Heimat zurückblicken – oder genauer: Darauf, wie sich auch nach der „Wende“, die ja nicht nur die DDR betraf, im Grunde nichts geändert hat: dieselben Menschen in den Führungspositionen, dieselbe Machtausübung, dieselbe Vertuschungspolitik.

Trojanow hat darüber 2015 den Roman „Macht und Widerstand“ geschrieben, Regisseur Dušan David Pařízek hat ihn für eine Koproduktion des Deutschen Theaters Berlin und des Schauspiels Hannover auf die Bühne gebracht. Als „Hannoveraner Gastspiel“ sah man den Abend nun auf der Bühne des Akademietheaters – die zweite Vorstellung nicht ganz voll, aber der Jubel danach frenetisch.

Und das ist einzusehen. Dušan David Pařízek, den man für seine sinnlose, geistlose, bösartige Verschandelung Grillparzers („König Ottokar“ am Volkstheater) am liebsten mit hartem Lager bei Wasser und Brot und Berufsverbot bestraft hätte, beweist bei einem Thema, das ihm offenbar mehr liegt, eine starke Hand – ganz abgesehen davon, dass es ihm hier nicht um Verbiegung der Vorlage geht, sondern um deren bühnengerechte Umsetzung. Was nicht völlig leicht ist, da es sich im Grunde nur um eine politische Diskussion handelt, die aber mit nur vier Darstellern geradezu fulminant lebendig geworden ist.

Pařízek hat sich als sein eigener Bühnenbildner nur ein Rahmengerüst gebaut, darin Tische und Stühle, und man ist überall, wo man sein will, wie auch die Darsteller „alles“ spielen – bloß Samuel Finzi muss außer seiner Hauptfigur „nur“ noch eine keifende Ehefrau unternehmen, die anderen sind, was benötigt wird, auch wenn es einmal ein Hund ist… Was schon impliziert, dass hier durchaus mit drastischer Komik gearbeitet wird, ohne dass das Thema den Zuschauer je aus dem Würgegriff entlässt.

Das Stück spielt „nach der Wende“, also nach 1989, aber doch so weit in der neuen Zeit, dass die „Alten“ von einst sich diese nach altem Muster eingerichtet haben. Damals wie früher steht ihnen der „Anarchist“ Konstantin Scheitanow gegenüber, der wegen Stalin-Verunglimpfung fast hingerichtet worden wäre, dann „nur“ ein Jahrzehnt Gefängnis mit Folter, Gewalt und versuchter Gehirnwäsche überlebt hat – und heute nicht nur den Täter, sondern auch die Beweise für sein Schicksal sucht. Aber der neue Beamtenstaat schottet sich gnadenlos gegen alle Versuche ab, die Vergangenheit aufzuarbeiten (da müsste man ja zugeben, was an Verbrechen geschehen ist) – und mehr noch: sein Peiniger von einst, der Geheimdienstoffizier Metodi Popow, ist erneut in Amt und Würden und voll Suada nicht nur ein Verteidiger dessen, was geschehen ist, sondern auch dessen, was fast unverändert im neuen Gewand von „Demokratie“ und EU-Liebäugeln geschieht…

Da stehen sie nun, Samuel Finzi (auch er, wie der Autor, in Bulgarien geboren, beide fast gleich alt) als Konstantin und Markus John als Metodi, und sie vertreten ihre Standpunkte: Gespenstisch, wie locker dem Apparatschik, der es sich immer „gerichtet“ hat, die verlogenen Rechtfertigungen von den Lippen fließen, das Wegwischen der Gewalttaten (eh nicht so schlimm gewesen), die man als unvermeidlich erklärt, der zynische Missbrauch der Macht, das Kaufen und Manipulieren von hilflosen, in Angst gehaltenen Menschen…

Dagegen muss Samuel Finzi seinen Zorn über den sinnlosen Gang durch die Institutionen ausdrücken, den man ihm aufzwingt (Geräusche zeigen, wie er an real nicht vorhandene, aber perfekt „gespielte“ Wände stößt), mit einer Geschichte, die niemand hören will außer seine Nachbarin, die Krankenschwester (eine der Rollen von Sara Franke), die ihrerseits den Kummer ausspuckt, wie gnadenlos in den Spitälern mit den armen Leuten verfahren wird…

Ihre zweite große Rolle hat die Darstellerin als jene Frau, deren Mutter, schuldlos im Lager (wenn man nicht genügend „Insassen“ eingeliefert hatte, wirkte das schlecht, also schickte man Menschen unter fadenscheinig konstruierten Vorwänden dorthin), von Metodi Popow vergewaltigt wurde. Keine Frage, dass er sich aus der Vater-Problematik so ölig herauswindet wie aus allen Vorwürfen, die ihn treffen – und doch so gar nicht treffen. Nur wenn in einer Szene mit ihm die Art von „Folter“ gespielt wird, die er immer angewandt hat – da bricht er wutentbrannt-heulend (und doch etwas entsetzt) aus…

Und da ist dann noch, prächtig in jeder Variation, Henning Hartmann als all die vielen Leute am Rande, die man braucht, vor allem die Wendehälse, die sich in jedem System finden und schnell zurecht finden. Und wenn alle es tun, knirscht Konstantin mit den Zähnen, ist es ja „normal“… So normal, wie die Angst war, in der man lebte, und die Resignation, in der man sich wiederfindet. Nur dass das System seine Kinder frisst und auch die Apparatschiks ganz schnell entfernt, wenn sie nicht mehr „passen“, scheint einen Hauch von historischer Gerechtigkeit in sich zu tragen. Aber was nützt das Menschen wie Konstantin, der hilflos keine Chance hat, gehört zu werden?

Nun zumindest Autor Ilija Trojanow und Regisseur Dušan David Pařízek haben ihm die Sprache der Empörung gegeben, die das Publikum wohl verstanden und mit Jubel honoriert hat.

Renate Wagner

FRANKFURT/ Oper: RODELINDA von G.F.Händel. Premiere

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Jakub Józef Orliński (Unulfo), Fabián Augusto Gómez Bohórquez (Flavio), Božidar Smiljanić (Garibaldo), Martin Mitterrutzner (Grimoaldo) und Statist der Oper Frankfurt (Wache) sowie oben Lucy Crowe (Rodelinda). Copyright: Monika Rittershaus

Frankfurt: Rodelinda von G.F.Händel 12.5.2019 –  Premiere

An der Oper Frankfurt wird die selten gespielte Händel-Oper ‚Rodelinda, Regina de‘ Longobardi“ aufgeführt. Ein kleines hochgefahrenen Orchester, das teils auf Originalinstrumenten (Barockoboen, Barockfagott, Naturhorn, Laute und Barockgitarre) spielt, steht zur Verfügung. Es ergibt sich daraus mit den Streichern ein kompakter Sound, der vom Cembalo aus vom Barockspezialisten Andrea Marcon eindrucksvoll moderiert wird. In den 3 Stunden Musik wächst das Ensemble mit schlagkräftigem Sound zusammen. Aber es kommt auch zum Ausdruck, daß die Händel’sche Musik, die zwar viele interessante Farben und kompositorische Finessen beinhaltet, den ganzen Abend schwer trägt, und bei dem immer ablaufenden Schema Rezitativ – da-capo-Arie – Ensemble, besonders in der 1.Hälfte, Langeweile aufkommt. Auch wenn das bei einigen von Händels Highlight-Opern gut kaschiert erscheint, liegt es meiner Ansicht nach auch daran, daß bei ihm keine Chöre vorkommen. Händel, der ja in seinen Oratorien zeigt, daß er gut für Chöre schreiben kann, hält sie in seinen Opern außen vor, vielleicht ja nur aus Kostengründen, er war ja im Haymarket Theater sein eigener Unternehmer. So, ohne Chor, nimmt man besonders in der 1.Hälfte der Regie von Claus Guth wahr, daß in einem möndänen Haus ein paar Personen sich kabbeln und streiten. Aber was wirklich vorgeht, ist zumindest für jemand, der das Libretto nicht kennt, schwer nachzuvollziehen. Endlich stellt sich heraus, daß eine Frau, Rodelinda, deren Mann verschwunden, totgeglaubt ist, sich anderer Männer zu erwehren hat, die Anspruch auf den verwaisten Langobardenthron erheben. Der Anwärter Grimoaldo verrät dabei seine Verlobte Edwige, die damit auch in den ‚Familienkrach‘ hineingezogen wird, da ein dritter, Garibaldo aus Turin, seinerseits ein Auge auf Edwige geworfen hat. Nach diesen Vorgeplänkeln spielt sich das ganze ein wenig nach dem Schema von “Die Heimkehr des Ulisse“ ab. Der König Bertaldo, der zu den Hunnen geflüchtet war, kehrt zurück, und es gelingt ihm, zuerst incognito, Frau, Kind und Krone zurückzugewinnen. Der Schluß wirkt wie ein ‚deus ex machina‘, da Bertaldo eigentlich aus Hilflosigkeit geflohen war, aber nun indem er den Verbündeten der Gegenpartei verschont, seinen Gegner Grimoaldo für sich einnimmt.

Wegen der verwirrenden Aktionen der verschiedenen Kontrahenten hat Claus Guth in seiner Regie versucht, das Ganze aus der Sicht des Kindes der Rodelinda darzustellen, das auch die Geheimgespräche unter dem Tisch belauscht, und dadurch traumatisiert wird. Seine Horrorvisionen der Protagonisten werden als Zeichnungen an die Wände projiziert (Video: Andi A. Müller). Dieser Junge Flavio wird von dem kleinwüchsigen kolumbianischen Schauspieler Fabian Augusto Gomez Bohorquez in seiner Wuseligkeit exzellent gespielt.

Das Bühnenbild von Christian Schmidt (auch Kostüme) ist ein sog. Georgean House, wie es unter King George in England im 18.Jahrhundert in Mode kam. Es ist ganz weiß mit authentischer Fassade, und mittels der Drehbühne werden die Innenräume sichtbar, die nach vorne dann offen sind. Das Haus ist zweistöckig und somit kann oben und unten gleichzeitig gespielt werden. die Fassade kommt aber besonderes häufig zum Einsatz (bei langen traurigen Arien), und auch wenn sie mit „Naturvideos“ belegt wird, ergibt sich doch ein Abnutzungseffekt. Bei den Kostümen fallen bei den Männern auch Zylinder und schwarze lange Flattermäntel auf, die Damen (Edwige) in sexy designtem Kleid, schwarzen Strümpfen, großem Flachhut, beide treten sich in großen Roben schwarz – weiß gegenüber, die sie manchmal neckisch übers Knie ziehen. Die beiden Countersänger Bertarido und Unulfo treten in grauen heruntergekommen Reisekleidern mit Bündel auf. Als weitere Horrorvisionen des Knaben treiben sechs anscheinend choreographierte StatistInnen in großen Masken ihr (Un)wesen.

Als Rodelinda debutiert in Frankfurt Lucy Crowe. Sie bietet eine fast „weiße“ Sopranstimme, die nicht sehr durchgebildet erscheint. Das ist natürlich ein musikalisches Handicap bei dieser Oper, da sie den meisten Gesangsanteil darzubieten hat. Gerade auch in der Höhe wirkt die Stimme matt, blüht nicht auf. Sie ist zwar bemüht, szenisch Präsenz zu manifestieren aber ungepaart mit der adäquaten Stimme ist das fast vergebene Liebesmüh‘.

Auch bei ihrem Mann Bertarido ergibt sich kein anderes Bild. Der Counter von Andreas Scholl ist hier einfach zu dünn, um in der Rolle zu reussieren. Von anderem Kaliber erscheint da sein Gegenspieler Grimoaldo, das frühere Ensemblemitglied Martin Mitterrutzner, der frisches tenorales Temperament hereinbringt. Seine Verlobte Edwige, Katharina Magiera, kann mit pointiertem Mezzostrahl aufwarten und Händel-kompetentes Ariengut anbringen.


Jakub Jozef Orlinski Unulfo). Foto: Monika Rittershaus

Auch der zweite Countertenor Jakub Jozef Orlinski liefert einen eher weichen leicht verschwommenen Gesang ab, obwohl er scheint’s als große Counterhoffnung gilt. Baßbariton Bozidar Smiljanic (Garibaldo) kann dagegen auch stimmlich einigermaßen auftrumpfen.

Friedeon Rosén

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