Foto: Michael Hug
Basel: Basler Münster – «Bruckner + Bach und Gabrieli» – Sinfonieorchester Basel (SOB), Sebastian Bohren (Violine), Ferhan & Ferzan Önder (Klavier), Ivor Bolton (Leitung)
– 17./18.06.2020 – besuchtes Konzert: 17.06.2020
Besinnliche Festlichkeit
Während des coronabedingten Lockdowns liess sich auch das Sinfonieorchester Basel (SOB) nicht in die Knie zwingen und nutzte die wechselhafte Zeit, neue digitale Konzertformate «at home» auszuprobieren. So konnte es den Kontakt zu den Basler Konzertbesuchern erfolgreich halten – und sicher dabei auch noch neue Freunde gewinnen.
Nach den so lange herbeigesehnten Lockerungen gibt es beim SOB keine Halten mehr: Diese denkwürdige, ja dramatische Saison wird – soweit es eben möglich ist – ordentlich beendet. Das heurige Konzert bildet zudem den Abschluss des grossen Bruckner-Zyklus sowie das Ende der «Wanderjahre» des SOB: Im August wird das frisch renovierte Stadtcasino mit seinem schönen Konzertsaal wiedereröffnet.
Allen Mühen und Einschränkungen zum Trotz gelingt es den Verantwortlichen des SOB den gut 200 Konzertbesuchern im Mittelschiff des Münsters ein attraktives Konzert zu präsentieren.
Festlich beginnt der Abend mit der «Sonata Octavi Toni, Ch. 184» aus «Sacrae Symphoniae (1597)» von Giovanni Gabrieli in der Bearbeitung für vier Hörner, vier Trompeten, drei Posaunen und einer Tuba von Roger Harvey. Es ist eine feierliche, aber nicht freudig überbordende «Fanfare», welche der Freude, dass wir wieder Konzerte geniessen können, Ausdruck verleiht, gleichzeitig auch bewusst macht, dass die Krise noch nicht ausgestanden ist. Die 12 Bläser des SOB musizieren ergreifend und füllen den Kirchenraum mit feierlichem Wohlklang.
Eigentlich hätte er an diesem Abend mit Sofia Gubaidulinas «Offertium» beim SOB debütieren sollen. Das Schutzkonzept lässt jedoch die dazu benötigte Orchesterbesetzung nicht zu. Das ist für den jungen Schweizer Violinisten Sebastian Bohren kein Anlass seinen Auftritt in Basel abzusagen. Im Gegenteil! Mit Johann Sebastian Bachs «Ciaccona» aus der «Partita Nr. 2 d-Moll für Violine solo, BWV 1004» zieht der junge Künstler das Publikum in seinen Bann. Sebastian Bohren gelingt ein technisch bestechender, wunderbar phrasierter, höchst emotionaler Vortrag. Im Interview im Programmheft bezeichnet sich der Künstler sich als «Mensch mit seinem Widerspruch» (nach C. F. Meyer), «immer unterwegs zu dem, was mich innerlich bewegt». Diese Auseinandersetzung mit sich, der Musik und seinem Instrument wird bei seinem Vortrag deutlich erlebbar – so vielschichtig und aussagekräftig ist sein Spiel. «Ich gehe gerne weg, komme aber auch gerne wieder zurück», meint der junge Künstler im Interview – ja, sein Zurückkommen wünschen wir uns in Basel!
Zum grossen Glück haben die Schönberg-Schüler Hanns Eisler, Erwin Stein und Karl Rankl sie geschrieben – die Kammerorchester-Fassung der «Sinfonie Nr. 7 E-Dur, WAB 107 (1883)» von Anton Bruckner, sonst wäre der Basler Bruckner-Zyklus wohl (vorerst) unvollendet geblieben. Mit dem Bruckner-Spezialisten Ivor Bolton am Pult und den Geschwistern Ferhan und Ferzan Önder am Flügel gelingt dem Sinfonieorchester Basel eine fein differenzierte Aufführung des Werks. Maestro Bolton arbeitet die verschiedenen Stimmungen sorgfältig heraus und zaubert insbesondere im ersten Satz Klangbögen und -farben, welche zuweilen vergessen lassen, dass wir «nur» die Kammerorchester-Fassung von Bruckners Meisterwerk erleben. In den Folgesätzen kommt es zu einigen akustischen Verwischungen, welche jedoch den nicht idealen akustischen Bedingungen im Münster zuzuschreiben sind. Den Auftakt zum «Scherzo» hätte ich mir von den beiden Pianistinnen gerne etwas akzentuierter gewünscht. Ansonsten fügen sich die Geschwister Önder sehr gut ins Orchester ein und meistern ihren anspruchsvollen Part souverän.
Grosser dankbarer Applaus für diesen denkwürdigen Abend für die Aufführenden auch für die Verantwortlichen hinter den Kulissen, welche dieses Konzert unter äusserst schwierigen Umständen aufgegleist haben. Danke – danke Ihnen allen!
Michael Hug